Übersetzung des Briefes von Antonio vom 12. November 2004
12. November 2004
Liebe Josie und lieber Dirk,
jetzt haben wir November, genau genommen den dritten Tag des Monats, und wir haben das erwartete Ergebnis der Wahlen dieses Landes. Der Gewinner ist bereits sehr gut bekannt in der Welt. Dieses Land wird den selben Präsidenten haben, den es schon in den vergangenen vier Jahren hatte. Jawohl, den selben Präsidenten, der dieses Land unter irreleitenden Vorgaben, unter Verwendung falscher Beauptungen in den Krieg führte.
Der selbe Präsident, der die Stimmen der Weltgemeinschaft, die Stimmen des Friedens missachtete, und ohne Billigung der Vereinten Nationen einen Krieg begann.
Einen Krieg, in dem ein Land - Irak - gegen den Willen der breiten Mehrheit seiner Bürger besetzt wurde, einen Krieg, in dem Tag für Tag mehr und mehr Männer, Frauen und Kinder sterben,... darunter auch eine ständig wachsende Zahl von amerikanischen Soldaten.
Der gewählte Präsident ist genau die Person, die kürzlich harsche und drakonische Maßnahmen erlassen hat, um die Blockade gegen Kuba und seine Bevölkerung zu verschärfen, und versucht so mit ungesetzlichen Methoden, die gerechte und souveräne Kubanische Revolution zu unterdrücken; ... eine Blockade, die bei der Abstimmung in der UNO am 28. Oktober von 179 Nationen abgelehnt wurde, während nur 3 Länder den Befehl des Imperiums ausführten und den Antrag der Vereinigten Staaten unterstützten.
So ist es also nicht vonnöten, dass ich Euch diese gut bekannte Person beim Namen nenne.
Meine Brüder und ich hoffen, dass die Richter des "11th Circuit Court of Appeals" bald eine endgültige Entscheidung über unsere Berufung fällen werden. Die Stärke unserer Argumente und unserer Wahrhaftigkeit lässt uns optimistisch in Bezug auf eine gerechte Entscheidung sein. Aber, egal, was letztlich dabei herauskommt, die Entscheidung wird auf keinen Fall unsere Redlichkeit, unsere Denkweise, die im Kampf und in der Gewissheit auf den Sieg geboren wurde, verändern, noch wird sie etwas an unserer Überzeugung ändern, dass eine bessere Welt möglich ist - für diejenigen unter uns, die danach streben. Ich glaube, dass unsere Gedanken übereinstimmen - an diesem "besonderen" Tag. Und ich glaube auch, dass unsere Freundschaft unzerstörbar ist und sich durchsetzen wird!
Handschriftlich:
Ich habe Eure Karte erhalten. Ich hoffe, dieser Brief wird Euch nach einer wundervollen Kubareise in Deutschland erreichen. Ich bin sicher, dass ich von Euren Erlebnissen dort erfahren werde. Grüße an alle Freunde. Eine große Umarmung.
Der Verlust von Armen und Beinen
2.
Der buddhistische Mönch
betet, sein Haupt zum Himmel erhoben,
dass die Bombardierungen aufhören mögen.
Seine Haut ist zu rein, als dass er
entlang der Autobahn
von Tokyo nach Nagasaki gewandert sein könnte.
Von San Franzisko bis in die Wüste
schlagen die Flammen aus den Falten
seines gelben Gewandes. Er sagt: "Fühle!"
und ich spüre den Schmerz der Frau,
die ihre Schwester nicht wiederfinden konnte.
Ich werde wahnsinnig in diesem Trümmerhaufen.
Die Umrisse von Körpern werfen Schatten
auf die Gemäuer jeden Gebäudes.
Ich sehe ihre kleinen eingeäscherten Knochen.
3.
Ich bin der Dreck unter dem Fußtritt.
Ich habe gehungert, bis mein Haar ausfiel
und meine Fingernägel gegessen.
Ich bin in Texas, Puertoriko und Mississippi
genotzüchtigt worden
von einem weißen Mann, der den Hass
wie ein Kosewort im Munde führt
im Angesicht Gottes und des Grabes,
das mich aufnehmen sollte.
Ich bin in den Bergen von Guatemala
von einer Bajonettspitze aufgespießt worden,
während ich in die runden Vogelaugen meiner Kinder sah
und betete, dass sie nichts fühlen mögen
und betete, dass sie für immer fühlen mögen.
Gedichte von Barbara Kingsolver
aus ihrem Buch "Ein anderes Amerika"
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