Brief von Antonio vom 06.12.2002Übersetzung des Briefs: # 58741-004U.S. Penitentiary P.O. Box 7000 Florence, CO 81226, USA 6. Dezember, 2002
Liebe Freunde Josie und Dirk,
¡DANKE FÜR EURE BEDINGUNGSLOSE UNTERSTÜTZUNG!hier schreibe ich euch noch einmal einen Formbrief, um in der Lage zu sein, die zahlreichen Briefe von brüderlichen Freunden, die jede Woche eintreffen, zu beantworten. Über mein jetziges Leben kann ich euch erzählen, dass ich vor über 5 Wochen damit begonnen habe, als Tutor in der Bildungsabteilung zu arbeiten. Ich unterrichte von 7.30 h bis 9.00 h einen Grundkurs für Englisch dann unterrichte ich von 9.00 bis 10.30 h andere Schüler in Mathematik (für das GED-Examen). Nach dem Mittagessen muss ich zwar an die Arbeit zurück kehren, aber am Nachmittag brauche ich keine Klasse zu unterrichten, ich muss dann nur die Arbeiten der Schüler korrigieren, so finde ich Zeit, noch einige Briefe zu schreiben oder mich mit juristischen Sachen zu beschäftigen, die unser Wiederaufnahmeverfahren betreffen. Meine Arbeit von montags bis freitags endet jeweils um 15.30 h. Das Unterrichten ist für mich eine interessante und angenehme Aufgabe. Mein persönliches Verhältnis zu allen Bewohnern, besonders zu meinen Zellengenossen ist zufrieden stellend. Grundsätzlich widme ich meine Zeit dem Schreiben und Lesen. Ich fühle mich der Poesie fast unzertrennlich verbunden. Manchmal spiele ich Schach. Ich versuche eine gute physische Kondition aufrechtzuerhalten, indem ich wenigsten jeden Tag gehe. Wenn möglich, esse ich gesund. Ich sehe kaum fern. Ich hatte die Gelegenheit, abends einen kubanischen Sender zu hören (Radio Rebelde), aber mit vielen Schwierigkeiten; von den restlichen Sendern höre ich nur einen Lokalen, in dem klassische Musik gespielt wird und den „National-Public-Radio"-Sender, an dem ich samstags oder sonntags gerne das Programm „Praire Home Companion" höre. Von dem Wiederaufnahmeverfahren wisst ihr vielleicht schon, dass Leonard Weinglass einen Antrag auf eine neue Verhandlung an das Bundesbezirksgericht in Miami gestellt hat. Es ist ein sehr stichhaltiger Antrag mit Argumenten, die meiner Meinung nach unwiderlegbar sind. Meine Brüder haben sich dem Antrag über ihre Anwälte angeschlossen. Nun sollten wir abwarten, was die Regierung darauf erwidern wird – „bruising“ [ um sich schlagend? - Unsicherheit seitens der Übersetzerin] und das Recht nur für sich in Anspruch nehmen. Wir werden hier nicht aufhören und damit fortfahren, uns gegen die moralisch ungerechtfertigten Anklagen der Spionage und des Mordes zu wehren. Der kolossale Arm der Vernunft hebt die Gerechtigkeit täglich höher empor. Offen gesagt bin ich innerlich voller Optimismus und Zuversicht im Hinblick auf ein gerechtes Ende für uns. Ich lebe jeden Tag meines geschäftigen Lebens mit Genugtuung, weil ich mich durch meine ehrenvolle und menschliche Aufgabe nützlich fühle, und diese Freude vervielfacht sich, wenn ich eure Gegenwart im Herzen spüre. Unsere brüderliche Verbundenheit und Solidarität wachsen gleichzeitig um so mehr, je größer und solider unser Glauben an den Sieg wird. Ich möchte allen Freunden danken, die mir ihre Fotos für das Album für brüderliche Freunde schicken konnten. ¡ VENCEREMOS ! Nehmt eine herzliche Umarmung von meinen Brüdern und mir Handschriftlich: Danke für euren Brief. Es war sehr schön zu erfahren, dass es in Deutschland ein Komitee gibt. ¡ VIVA LA AMISTAD! Mit besten Wünschen Gez.: Antonio Guerrero
|
|