16. Oktober 09
Lieber Bruder Günter,
Deine Glückwünsche voll Brüderlichkeit und mit einem historischen Foto* habe ich erhalten.
Briefe von Freunden beginnen unter unserer neuen Anschrift im Bundeshaftzentrum in Miami einzugehen.
Wie unermeßlich ist die Solidarität, die uns vereint!
Welch unzerstörbare Liebe!
Die Überstellung nach Miami dauerte lange, vor allem für Fernando und Ramón, die 10 Tage in Oklahoma blieben. Ich kam als Letzter in diesem Transitzentrum an. Ich kam direkt ins "Loch", in dem sich bereits meine Brüder befanden, aber von ihnen erfuhr ich nichts bis zu dem Tage, an dem wir das Flugzeug nach Florida nahmen. Klar, daß ich einen Versuch unternahm, mit ihnen zu sprechen und sie zu begrüßen, aber die Polizisten, die uns beförderten, hielten uns die ganze Zeit über isoliert und ohne uns auch nur ein einziges Wort wechseln zu lassen. Das war bereits ein Zeichen für das, was noch kommen würde.
Als wir in Miami ankamen, wurden wir mit einer Isolierung empfangen, die noch strikter war, und das bekannte "Loch" wurde zum Ziel der Drei, klar, in verschiedenen Abteilungen, damit ich ja nicht wieder einmal ihnen eins meiner Gedichte vorlesen konnte. Unter diesen Strafbedingungen hielt man uns eine Woche lang, bis wir zu den Schlafsälen der allgemeinen Gefangenengemeinschaft überführt wurden, jeder von uns in einem anderen Stockwert und in einem anderen Flügel. Dies alles hatten wir ja hier schon durchgemacht.
Wir haben bereits mit den Vorbereitungen mit unseren Anwälten begonnen. Es kommen Tage intensiver Arbeit in dem Maße, wie der 13. Oktober näher kommt. Wir wissen, daß alle unsere Freunde zur Zeit jedes Ereignis näher verfolgen und daß beim elften Jahrestag unserer ungerechten Einkerkerung einmal mehr sich in zahllosen Winkeln der Welt die Forderung nach unserer Freiheit erhebt. Es wird sehr schwierig sein, allen zu antworten, aber ich werde wenigstens versuchen, ihnen diese Zeilen zukommen zu lassen, in denen ich ihnen unsere ewige Dankbarkeit für ihreUnterstützung erneuere und daß sie in jedem Augenblick in unseren Herzen sein werden. WIR WERDEN SIEGEN!
Eine feste Umarmung von den Fünf.
Grüße an die Freunde in Deutschland.
Gewiß wirst Du erneut eine wundervolle Reise nach Kuba haben. Dort werden wir einander eines Tages sehen, nimm das als sicher an.
Antonio Guerrero
*) Es handelt sich um das Foto von der Demo für die Befreiung der Fünf am 12. September 2009 vor dem Brandenburger Tor
Übersetzung: Günter Belchaus