Antonio
Antonio

 

FAMILIENBESUCH

Liebe Freunde,

Ihr wißt alle, daß ich ein sehr spezielles Wochenende gehabt habe. Das heißt, das speziellste das jemand an einem Ort wie diesem haben kann: der Besuch seiner geliebten Wesen. Die Bedingungen, das habe ich schon vergangenes Jahr kommentiert, sind besser als die im Zuchthaus, bleiben aber unbequeme Bedingungen, unter denen Dir zum Beispiel nicht gestattet ist, den Dir zugewiesenen Platz zu verlassen, ein Plastikstuhl, die ganzen Stunden, die die Zeit des Besuchs dauern mag. Klar, die Aura von Liebe und Freude, die uns umgibt, läßt die Zeit und die Unbequemlichkeiten vergessen. Ich wage zu sagen, daß wir, meine Mutter, meine Schwester, mein Sohn und ich, diejenigen sind, die den meisten Lärm machen und gleichzeitig am meisten lachen, vor allem über die Einfälle von Tonito, der nicht aufhört, dass "Kind" zu sein, das mit Liebe und Zuneigung Herzen erfreut. Ein Gefangener meiner Einheit, der ebenfalls gerade Besuch hatte, kommentierte mir gegenüber, uns so glücklich zu sehen erfüllte ihn mit großem Neid und er bemerkte, daß große Liebe bei uns überbordet. Ein anderer, als er uns dabei zusah, wie wir einander porträtierten, sagte mir am Samstag, unsere Fotos seien die originellsten, weil keiner von uns sich ernst gab, wie es gewöhnlich andere machen, und daß wir Glück ausströmten. Wieso soviel Glück nach langen Jahren des Erduldens dieser ungerechten Gefängnishaft? Es ist das Glück der reinen und freien Seele. Es ist das Glück zu wissen, daß man unschuldig ist. Es ist das Glück, bei jedem Besuch unser Volk zu fühlen und unsere Freunde in der ganzen Welt, die in jedem Augenblick Gegenstand unserer Gespräche sind. Es ist das Glück der unzerstörbaren Liebe.

Heute beschränke ich mich darauf, Euch über diese ersten Momente des Besuchs in Kenntnis zu setzen und irgendwie die Nachrichten zu beantworten, die mir am Wochenende zugegangen sind.

Ich weiß, es gibt andere wichtige Tatsachen, die uns allen Sorgen bereiten und die uns, die wir den Frieden lieben, in unserem Empfinden schmerzen.

Fünf Umarmungen und die Umarmung meiner Angehörigen.
Wir werden siegen!

Tony

FCI Florence
21. März 2011

Liebe Freunde und Angehörige,

es war sehr schwierig für uns, hier in Colorado zu Besuch bei Tony zu sein und die Nachricht vom Tod von Leonard Weinglass zu erhalten.

Seit dem Augenblick, als Weinglass die Verteidigung meines Bruders als sein Anwalt übernahm, entwickelten wir ein Verhältnis mehr als das zwischen Anwalt und Familie, er war ein Freund, ein Berater, ein Kämpfer für diese Sache, für die ihm weder Schwierigkeiten noch Entfernungen zu groß waren, um mit aller Welt über die Ungerechtigkeit gegenüber den Fünf zu reden, mit Mut und Professionalität. Ich hatte Gelegenheit, mit ihm in der kalten Jahreszeit und bei Schnee in die Ukraine zu reisen, und so wickelte er über mehrere Tage hinweg ein intensives Programm ab; er wollte mit den jungen Leuten der Universität in Kiew, wo mein Bruder studiert hatte, über die Ungerechtigkeit gegenüber Antonio reden und über den Grund seiner Verteidigung im Kampf gegen den Terrorismus. Für mich war beeindruckend zuzuhören, wie er den Zuhörern die Würde der Fünf als ein Beispiel für die Jugend und für die Menschen, die den Frieden verteidigen, vermittelte.

Immer wenn wir uns mit ihm in Havanna treffen konnten, meine Mama, mein Neffe und ich, umarmten wir ihn kräftig und küßten ihn, er gab uns jedes Mal Hoffnung auf eine Rückkehr von Tony. Wir hatten die Gelegenheit, ihn bei seiner Verteidigung während der Verhandlung am 13. Oktober 2009 über die Neufestsetzung der Strafe zu sehen und empfanden großen Stolz, weil er der Anwalt meines Bruders war, wir hatten volles Vertrauen in seine Arbeit; so hat es uns immer mein Bruder vermittelt, und so erwies sich Leonard in jedem einzelnen Schritt bei der Verteidigung in diesem Fall.

Uns umfaßt zutiefst Traurigkeit, es ist ein großer Schmerz, nicht nur deshalb, weil mein Bruder seinen Anwalt verloren hat und auch wegen des Verfahrens von Gerardo und seiner Arbeit für die Fünf, sondern weil man einen für diese Menschheit und für die nordamerikanische Justiz wertvollen Menschen verloren hat; aber es gibt menschlich Wesen, die ewig weiterleben werden, auch wenn sie physisch nicht mehr vorhanden sind, wegen dessen, was sie für die Menschheit getan haben, und wegen des Beispiels, das sie allen gegeben haben, und so ist es mit Leonard Weinglass, er wird immer gegenwärtig sein.

Mit Schmerz und Liebe für ihn erweisen wir ihm im Namen unsrer Familie Ehre und übermitteln seinen Angehörigen unser tiefempfundenes Beileid.

Mirta, Tonito und Maruchi
(Mutter, Sohn und Schwester von Tony Guerrero)

24. März 2011

Deutsch: ¡Basta Ya! (gb)

 

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