Fernando
Fernando

 

Erklärung von Fernando González Llort bei der Gerichtsverhandlung am Dienstag, dem 18. Dezember 2001

Euer Ehren:

Ich schließe mich meinen Genossen an, die hier vor mir ihre Anerkennung und ihren Dank für die professionelle Haltung des Herrn Richard, der Übersetzerinnen, die so effizient gearbeitet haben, und für die der US-Marshalls ausgedrückt haben.

Ich schließe mich ebenfalls den Aussagen von jedem meiner Brüder bei deren Urteilsverhandlungen an. Ich fühle mich durch die Freundschaft dieser Genossen und Brüder geehrt, die ihre ungerechten Urteile mit so viel Mut und Würde entgegennahmen.

Ebenfalls möchte ich für die professionelle Arbeit der Anwälte danken, die uns Fünf vertreten, und im Besonderen Joaquín Méndez und dem Büro des Amtsverteidigers des Süddistrikts von Florida.

Wenn es für mich nicht ganz eindeutig wäre, dass der Fanatismus, der Haß und die Irrationalität gegenüber Kuba nur von einer Minderheit innerhalb der an diesem Ort wohnenden kubanisch-amerikanischen Gemeinschaft erzeugt und angeregt werden, hätte ich es nicht akzeptiert, von einem Mitglied dieser Gemeinschaft vertreten zu werden. Seine professionelle Einstellung zu diesem Fall ist ein Beweis dafür, dass die Mehrheit der kubanisch-amerikanischen Gemeinschaft in Florida eine vernünftige Haltung gegenüber ihrem Herkunftsland einnimmt, selbst wenn ihre Meinung sich von der der kubanischen Regierung unterscheidet - im Gegensatz zu denen, die die spanischsprachigen Medien beherrschen und mit ihrem gegen Kuba gerichteten Geschrei, etwas anderes vermitteln wollen.

Dies wird auch durch die Tatsache belegt, dass Hunderttausende von Cubano-Amerikanern jedes Jahr nach Kuba reisen und ihren Verwandten dort Geld schicken.

Diejenigen, die glauben, dass die kubanischen Radiosender in Miami und die extremistischen Organisationen in dieser Stadt die Denkweise der Mehrheit der in dieser Stadt lebenden Cubano-Amerikaner repräsentieren, sind in die Falle gegangen, die ihnen diese extremistische, aber wirtschaftlich mächtige Minderheit gestellt hat. Sie versuchen, ein Bild der Einigkeit zu verkaufen und geben vor, die Gefühle von Hunderttausenden hier wohnender Kubaner zu präsentieren, auch wenn das nicht der Fall ist.

Euer Ehren:

Ich dachte ursprünglich, die Staatsanwaltschaft käme heute in diesen Gerichtssaal, um für mich ein Urteil von einem Jahr auf Bewährung zu fordern. Schließlich war dies das Strafmaß, das diese Staatsanwaltschaft dem Herrn Frómeta anbot, als er von einem Undercover-Agenten der Regierung eine "Stinger"-Rakete, C-4-Sprengkörper, Granaten und andere Waffen kaufte, und zwar ungeachtet dessen, dass Herr Frómeta dem selben Undercover-Agenten seine terroristischen Absichten und den von ihm beabsichtigten mörderischen und skrupellosen Gebrauch dieser Materialien gestand.

Später dachte ich erneut darüber nach und bemerkte, dass es etwas illusorisch wäre, von seiten der Staatsanwaltschaft dieselbe Art der Behandlung zu erwarten. Denn ich bin ein Kubaner von drüben, von der Insel, und daher kommen bei meiner Verurteilung noch andere Erwägungen ins Spiel. Diese schließen die totale Unwissenheit darüber, was Kuba wirklich ist, und den Haß und die Irrationalität meinem Land gegenüber ein, die von einer extremistischen Fraktion angeregt werden, die das kontrolliert, was man hier über Kuba sagt und die jegliche anders lautende, mehr an Vernunft orientierte Meinung zum Schweigen bringt.

Während unseres Prozesses in diesem Gerichtssaal starb Esteban Ventura Novo in Miami, und ich erwähne dies, weil es meiner Ansicht nach etwas symbolisiert.

Esteban Ventura Novo war vor dem Sieg der Revolution unter Fulgencio Batistas Diktatur in Kuba einer der Chefs der Polizei. Er war verantwortlich für die Folterung, die Ermordung und das Verschwinden von Dutzenden junger Menschen in der kubanischen Hauptstadt. All dies geschah mit Einwilligung und Unterstützung der US-Regierung, die zur damaligen Zeit von Eisenhower angeführt wurde.

Als die Revolutionsregierung die Macht in Kuba übernahm, wurden Ventura Novo und andere Übeltäter, die wie er Verbrechen am kubanischen Volk begangen hatten, von der Regierung dieses Landes empfangen und gedeckt. Viele von ihnen wurden von den US-amerikanischen Nachrichtendiensten in ihrem schmutzigen Krieg gegen eine Regierung beraten, angeleitet und finanziert; die sich offensichtlich der Unterstützung ihres Volkes erfreute und sich deren bis heute erfreuen kann.

Dies kennzeichnete den Anfang einer langen Geschichte von Aggressionen gegen Kuba in allen seinen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Eine Geschichte, in der sich die wirtschaftliche, die biologische und die psychologische Kriegsführung durch Propaganda und Drohung mit militärischem Angriff mit dem Terrorismus verbanden, mit Sabotagen, paramilitärischen Aktionen und Anschlägen auf das Leben der politischen Führungspersönlichkeiten der Revolution; sie hatten fast alle ihren Ursprung im Süden Floridas.

Die Staatsanwaltschaft wird sagen, dies sei Propaganda und Paranoia Kubas. Ich frage mich, ob sie die Nerven hätte, nach Kuba zu fahren und dies den Müttern, Ehefrauen und Kindern zu sagen, deren Familienangehörige Opfer dieser Anschläge wurden. Solche Erklärungen der Staatsanwaltschaft beweisen fehlende menschliche Sensibilität und deren Unfähigkeit, sich in die Lage anderer zu versetzen.

Die Aktivitäten der im Süden Floridas ansässigen terroristischen und paramilitärischen Gruppen kubanischer Herkunft wurden systematisch von Einrichtungen der US-Regierung als Werkzeug der Außenpolitik gegen Kuba benutzt, mit Unterstützung dieser Einrichtungen, durch ihr schlichtes Gewährenlassen oder ihre nachsichtige Behandlung konnten die extremistischen Gruppen ihre Verbrechen ausführen, ohne ernsthafte Strafverfolgung fürchten zu müssen, auch wenn jemand tatsächlich verhaftet wurde.

Die terroristischen Gruppen des ultra-rechten Flügels in Miami wurden von der CIA geschaffen, ausgebildet und finanziert. Dies war dem kubanischen Volk bis zum Überdruß klar. Falls bei den in diesem Gerichtssaal Anwesenden noch irgendein Zweifel bestünde, dann brauchten sie sich nur die von der US-Regierung selbst in den Jahren 1997 und 1998 freigegebenen Dokumente anzusehen, in denen die Entscheidungen hoher Führungspersönlichkeiten dieses Landes deutlich dargestellt sind.

Eines dieser Dokumente bezieht sich auf ein Treffen, an dem hochrangige Regierungsbeamte unter Führung des damaligen Vizepräsidenten Richard Nixon teilnahmen und bei dem der "Plan für Undercover-Aktionen gegen das Castro-Regime" bewilligt wurde. In einem Memorandum über das besagte Treffen kommentiert einer der Teilnehmer, General Goodpaster, wie folgt: "Der Präsident sagte, dass er keinen besseren Plan kenne, um diese Situation zu meistern. Das große Problem besteht in der Einschleusung und der fehlenden Sicherheit. Alle müssen bereit sein zu schwören, dass er (Eisenhower) nichts darüber weiß (...) er sagte, unsere Hände sollten bei allem, was geschieht, rein bleiben."

Ich frage mich: Was können wir innerhalb von 30 oder 40 Jahren erwarten, wenn sie entscheiden, Dokumente über das freizugeben, was heute geschieht?

Der Großteil der Cubano-Amerikaner, die heute, 40 Jahre später, weiterhin aktiv bei ihren terroristischen Aktionen gegen Kuba sind, sind den Sicherheitsorganen der Vereinigten Staaten gut bekannt, denn sie gehören zu ihnen und von ihnen lernten sie alles, was sie über die Handhabung technischer Mittel und über Arbeitsmethoden wissen.

Ihre Verbindungen mit den Fundamentalisten, der extremen Rechten der US-Politik hat sie in Zusammenhang gebracht mit den dunkelsten Episoden der jüngeren Geschichte dieses Landes: die Ermordung des Präsidenten Kennedy, der Watergate-Skandal, die Ermordung von Orlando Letelier und Ronni Moffit und die geheimen Waffenlieferungen an die Contras in Nikaragua unter Verletzung der vom Kongreß verabschiedeten Gesetze. Ihr Handeln richtete sich immer gegen die Interessen des Volkes der USA.

Vielleicht garantiert ihnen die Komplizenschaft mit und die Loyalität zum politischen Sektor dieser Gesellschaft Straflosigkeit für ihre Aktionen gegen Kuba und bietet ihnen die Sicherheit, dass ihre Aktivitäten von den Behörden übersehen werden und dass sogar politischer Druck zu ihren Gunsten ausgeübt wird, wenn sie verhaftet werden. Die Tatsachen beweisen jedenfalls, dass es so gewesen ist.

Dies ist der Fall bei Luis Posada Carriles und Orlando Bosch - beide mit langen Geschichten in Verbindung mit der CIA. Zusammen waren sie die Drahtzieher bei der Sprengung eines kubanischen Verkehrsflugzeugs mitten im Flug am 6. Oktober 1976, bei der 73 unschuldige Menschen starben.

Orlando Bosch lebt dank des vom ehemaligen Präsidenten George Bush erlassenen "bedingten Straferlasses" frei in dieser Gemeinschaft, obwohl er selbst von den Behörden des Justizministeriums dieses Landes als eine Gefahr und als bekannter Terrorist angesehen wird.

Eine wichtige Rolle bei der Erteilung des "bedingten Straferlasses" durch den Präsidenten spielten der Druck und die Empfehlungen der republikanischen Kongreßabgeordneten für den Bundesstaat Florida, Ileana Ros-Lethinen. Sie ist folglich eine Verteidigerin und Beschützerin von Terroristen.

Die von der Verteidigung vorgebrachten Beweise – Dokumente, von denen das FBI Kenntnis hatte, wie wir in dem Prozeß sahen – bestätigen, dass Orlando Bosch nicht aufhörte, weiter von Miami aus Verschwörungen anzuzetteln, um Terrorakte gegen Kuba zu begehen. Aber er wurde nicht verhaftet.

Am vergangenen 22. August wurde in der Tageszeitung "The Miami Herald" eine ganzseitige Anzeige veröffentlicht, in der ein "Kubanisches Patriotisches Forum" unter anderem Prinzipien festlegt, die den Gebrauch jeglicher Methoden beim Kampf gegen Kuba anerkennen und unterstützen. Einer der Unterzeichner dieser Erklärung ist Orlando Bosch. Soviel Straffreiheit kann er für seine Taten in Anspruch nehmen.

Der Fall von Posada Carriles ist noch schändlicher. Nach seiner Flucht aus einem Gefängnis in Venezuela, in dem er sich wegen seiner Beteiligung an der Sprengung eines kubanischen Verkehrsflugzeugs befand, bei der 73 unschuldige Zivilisten starben, taucht er in Mittelamerika mit falschem Namen und unter dem Befehl des Oberstleutnant Oliver North auf, Beamter des Nationalen Sicherheitsrates der Reagan-Administration, der in eine illegale Aktivitäten verwickelt war, den sogenannten Iran-Contra-Skandal, die später von einem Sonderstaatsanwalt untersucht wurden.

Dies alles ist dokumentiert und den Sicherheitsdiensten der Vereinigten Staaten bekannt. Sie wissen auch, dass es die Cuban American National Foundation (CANF) war, die die Flucht von Posada Carriles aus dem Gefängnis in Venezuela finanzierte und organisierte.

Heute befinden sich Luis Posada Carriles und weitere drei in Miami lebende Cubano-Amerikaner – alle mit einer langen Vorgeschichte der Beteiligung an Terrorakten gegen Kuba, auch auf dem Staatsgebiet der USA – in Panama in Haft, weil sie an einer Verschwörung beteiligt waren, die mit C-4-Sprengsätzen die Aula der Universität in der Hauptstadt von Panama, in der sich Fidel Castro mit Tausenden von panamaischen Studenten treffen sollte, in die Luft jagen wollte.

Von Miami aus werden die im Gefängnis in Panama einsitzenden Terroristen unterstützt: Man sammelt über die kubanischen Radiosender öffentlich Geld für ihre Verteidigung. Man übt Druck auf die Behörden Panamas aus und man arrangiert die gerichtliche Verteidigung der Terroristen, während gleichzeitig die Bedingungen für eine eventuelle Flucht der Beschuldigten geschaffen werden.

Man muß eigentlich hier nicht hinzufügen, dass die Terroristen in den von den rechtsextremen Kubanern kontrollierten Radiosendern und Zeitungen als Patrioten und nicht als vulgäre Terroristen, die sie in Wirklichkeit sind, betrachtet werden.

All das geschieht unter den Augen der Behörden dieses Landes.

Man könnte ausführlich die vom Süden Floridas aus organisierten terroristischen und paramilitärischen Aktivitäten und Mordversuche an führenden kubanischen Politikern aufzählen. Bezüglich letzterem legte die Church-Kommission des US-Senats 1975 eine Teilliste derjenigen Mordversuche vor, an denen die CIA aktiv beteiligt war und zwar sogar mit Unterstützung des organisierten Verbrechens. So weit geht ihr Mangel an Ethik.

Welche Wahl bleibt dem kubanischen Volk, um seine Souveränität und Sicherheit zu verteidigen?

Wir alle hier in diesem Gerichtssaal sind vertraut mit dem Begriff des "hinreichenden Tatverdachts", der unter anderem verwendet wird, um die Anwendung von Mitteln und Methoden der kriminalpolizeilichen Ermittlung, die Durchführung von Durchsuchungen, Verhaftungen, etc. zu rechtfertigen. Wer von der US-Regierung kann in diesem Gerichtssaal sagen, dass in den letzten 42 Jahren kein "hinreichender Tatverdacht" bestand, um die Untersuchung der vom Süden Floridas aus geplanten und finanzierten Aktionen gegen Kuba zu rechtfertigen und legal zu begründen?

Während unseres Prozesses drohte die Staatsanwaltschaft den Zeugen der Verteidigung während einer vor Heuchelei triefenden Show mit der Anwendung des RICO-Gesetzes, wenn sie in diesem Gerichtssaal aussagten. Dies alles geschah, um verhindern, dass die Terroraktionen ans Licht kämen, an denen diese Herren beteiligt waren.

Das RICO-Gesetz, das vom Kongreß hauptsächlich verabschiedet wurde, um das organisierte Verbrechen zu bekämpfen, ist seit mehr als 20 Jahren in Kraft. Niemals wurde es hier in Miami auf irgendeine terroristische Gruppe angewandt, obwohl die Regierung über die notwendigen Informationen verfügte, es auch zu tun. Da haben sie ein Beispiel dafür, dass es sehr wohl Gesetze gibt für die strafrechtliche Verfolgung dieser Personen und Gruppen.

Das Problem ist, dass nicht der kleinste politische Wille vorhanden ist, es zu tun. Wenn dieser politischer Wille existierte, hätten viele der terroristischen Organisationen, die heute öffentliche Büros in Miami unterhalten, gezwungen werden müssen, sie zu schließen und ihre Mitglieder hätten verhaftet werden müssen.

Dies ist nur eine kurze Zusammenfassung der Realität, mit der das kubanische Volk konfrontiert war und mit der es seit mehr als vierzig Jahre leben mußte. Das kubanische Volk hat das Recht, sich zu verteidigen, denn bis jetzt hat die US-Regierung, die dafür zuständig ist, die Gesetze in diesem Land umzusetzen und neue zu verabschieden, wenn dies zur Bekämpfung von kriminellen Aktionen erforderlich ist, sehr wenig oder nichts getan, um die gegen Kuba gerichteten Aktivitäten zu stoppen.

In diesem Kontext erreichen wir die 90er Jahre. Kuba durchläuft hauptsächlich aufgrund äußerer Faktoren die kritischste wirtschaftliche Lage in den letzten 40 Jahren.

Die in Miami ansässigen und mit der extremen Rechten der USA verbündeten terroristischen Gruppen glaubten, dass die Stunde gekommen sei, der revolutionären Regierung Kubas den Gnadenstoß zu versetzen. Deshalb intensivierten sie ihre politischen Aktivitäten und gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Terroranschläge.

Die CANF wurde aufgrund ihrer wirtschaftlichen Ressourcen, zur einflußreichsten Organisation der kubanischen Gemeinschaft und der Einfluss erstreckt sich auf Schlüsselpolitiker in der Regierungsstruktur der USA.

Ihre Strategie war, den Kongreß zur Verabschiedung von Maßnahmen zu bewegen, die das kubanische Volk wirtschaftlich ruinierte, in der falschen Hoffnung, dass dieses sich dann gegen die revolutionäre Regierung erhebe. Gleichzeitig organisierte und finanzierte die CANF von Miami aus eine Welle von terroristischen Anschlägen in Kuba, um die sich bereits erholende Wirtschaft zu schädigen.

Die Welle von Terrorangriffe gegen touristische Einrichtungen in Kuba wurde von der CANF finanziert und organisiert. Der Hauptterrorist, Luis Posada Carriles, erkannte gegenüber der Tageszeitung The New York Times seine Verantwortung bei der Planung dieser Attentate und deren Finanzierung mit Geld aus dieser Organisation an. In den von dieser Zeitung am 12. und 13. Juli 1998 veröffentlichten Artikeln gibt Posada Carriles indirekt zu, dass er als bewaffneter Arm der CANF fungierte. Im selben Interview erklärt er, dass die US-Behörden keine Mühe machten, ihn über die Terroranschläge auf Hotels in Kuba zu verhören, und er führt den Mangel an Interesse daran seiner langjährigen Beziehung mit ihnen zurück. Er sagte wörtlich:

"Wie Sie sehen (...) Das FBI und die CIA belästigen mich nicht, und wir stehen einander neutral gegenüber. Jedesmal wenn ich ihnen helfen kann, tu ich es auch."

In den folgenden Tagen sollte sich die gegen Kuba gerichtete Presse in Miami daran machen, die in der New York Times veröffentlichen Erklärungen und schwerwiegenden Geständnissen aus dem Gedächtnis der Gemeinde mit etwas aus der lokalen Presse zu löschen, das so etwas wie eine fixe Idee von ihnen darstellt: eine angebliche Krankheit des Präsidenten Fidel Castro. Es machte nichts, dass die Geschichte eine Farce war und innerhalb weniger Tage platzte. Sie tat ihren Dienst, sie ließ die Allgemeinheit vergessen, was die New York Times veröffentlicht hatte und das Echo, das die Erklärungen von Posada Carriles in dieser Zeitung hervorgerufen hatte.

Aber das FBI und andere US-Behörden hätten nicht vergessen dürfen, denn die erwähnten Artikel wurden am 12. und 13. Juli veröffentlicht. Genau 26 Tage vor der Veröffentlichung dieser Artikel erhielt eine offizielle US-amerikanische Delegation, zu der auch Mitglieder des FBI gehörten, in Havanna umfassende Informationen mit Film- und Tonbandaufnahmen, die Beweise für die Beteiligung der CANF und hochrangiger Mitglieder dieser Organisation bei der Organisierung und Finanzierung von Terroranschlägen gegen Kuba enthielten. Viele dieser Dokumente wurden von der Verteidigung hier als Beweismaterial vorgelegt.

Nach mehr als drei Jahren wartet Kuba immer noch darauf, dass das FBI irgend etwas unternimmt, um irgend welche darin verwickelte Personen zu verhaften.

Am 26. Oktober 1990 erschien Herr Ángel Berlingueri, damals Sonderagent des FBI in deren Büro in Miami, in der Radiosendung "Mesa Redonda", die von dem Sender WAQI "Radio Mambí" ausgestrahlt wird. Zufällig war dieser Agent acht Jahre später an meiner Verhaftung beteiligt und sollte später in diesem Saal aussagen.

Er trat in dem selben Radiosender auf, mit dem selben Gastgeber und im selben Programm, das gewöhnlich für Sammlungen zur Finanzierung der fanatischen Aktivitäten gegen Kuba, der Verteidigung von Terroristen und als Forum für die gegen Kuba gerichtete Propaganda genutzt wird.

Dort trat dieser Sonderagent des FBI auf.

Es fällt auf, dass in seinen Worten und Erklärungen an das Publikum über die angeblichen Aktivitäten von Agenten im Dienst der kubanischen Regierung im Süden Floridas nichts erwähnt wird, was mit der nationalen Sicherheit der USA zu tun hat. Trotzdem wird sehr wohl anerkannt, dass es hier in Miami Gruppen gibt, die Komplotte schmieden, um die kubanische Regierung zu stürzen. Das verletzt das Neutralitätsgesetz, aber das Problem wurde natürlich während seines Auftritts nicht behandelt.

In der selben Sendung gab der FBI-Agent zu, dass von Miami aus Aktionen und Attentate gegen die kubanische Regierung verübt werden und dass das Ziel der kubanischen Regierung darin besteht, über diese Pläne auf dem Laufenden zu bleiben. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, verabschiedet dieser FBI-Agent sich bei seinen Zuhörern damit, dass sie wissen sollen, dass i>"wir kämpfen und das selbe Ziel haben: Kuba soll so schnell wie möglich frei sein."

Soweit ich weiß, wurde das FBI nicht dazu gegründet, für die Freiheit irgend eines anderen Landes zu kämpfen, noch gehört das zu seinen Aufgaben. Jedoch erklären diese Aussagen sehr deutlich, was auf der politischen Agenda des FBI-Büros in Südflorida steht.

Diese Erklärungen wurden im Oktober 1990 zu Beginn eines Jahrzehnts gemacht, in dem gleichzeitig die Terroranschläge auf Kuba von Südflorida aus zunahmen.

Erklärungen wie diese, ausgesprochen von einem FBI-Agenten in einer Radiosendung mit den obenerwähnten Charakteristiken, können einzig dazu dienen, die Organisatoren von Terroraktionen gegen Kuba anzuspornen und ihnen die Sicherheit zu bieten, für ihre Aktionen nicht verfolgt zu werden.

In dem selben Sender, in dem selben Programm und mit dem selben Moderator, trat nur wenige Tage nach der Entscheidung der Geschworenen in unserem Prozeß Herr Héctor Pesquera, der für das FBI-Büro in Südflorida zuständige Agent, auf.

Was kann Kuba angesichts dieser Tatsachen tun, um sich zu verteidigen und gegen terroristischen Pläne zu wappnen? Kann man den FBI-Behörden in Südflorida vertrauen, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die mit der Sicherheit Kubas zu tun haben?

Kann sich jemand von der US-Regierung offiziell registrieren lassen, der hier ist, um Einsicht in die Aktivitäten terroristischer Gruppen zu nehmen und sie zu verhindern, um den Tod von unschuldigen Menschen zu vermeiden?

Was kann Kuba tun, um sein Volk zu verteidigen, wenn aus Florida kommende und mit Waffen zum Angriff auf die Insel beladene Boote zwar von den US-Behörden gestoppt werden und aber diese sich mit einer Erklärung zufrieden geben wie: "Wir fischen Langusten"? Das hörten wir in diesem Saal von einem Agenten des ATF, der ein mit Waffen und Kuba-Karten beladenes Boot nur vierzig Meilen vor der kubanischen Küste stoppte.

Am 23. Juli 1998 gab die Zeitung Miami Herald Aussagen des Terroristen Tony Bryant wieder, der darüber lachte, wie die FBI-Beamten ihn verhört hatten, nachdem sein Boot mit Sprengkörpern an Bord in der Nähe von Havanna auftauchte. Laut der Aussagen Bryants gegenüber der besagten Zeitung versprach er, es nicht mehr zu tun, und sie ließen ihn gehen.

Was kann Kuba tun, wenn Terroristen wie Virgilio Paz und José Dionisio Suárez, die Orlando Letelier und Ronnie Moffit in der Hauptstadt dieses Landes in die Luft sprengten und danach auf der Flucht vor der Justiz waren, nur 7 Jahre ihrer Strafe absitzen und dank der Hilfe der CANF, die ihre Anwälte bezahlten, freigelassen werden? Ich kenne Wiederholungsfälle, die zu längeren Strafen verurteilt wurden.

Die ersten Worte eines dieser Individuen gegenüber der Presse waren Worte des Dankes an die CANF, an Armando Pérez Roura und den Radiosender WAQI für deren Anstrengungen für die Freilassung beider. Es ist der selbe Sender und der selbe Moderator, bei dem die FBI-Agenten Berlingueri und Pesquera auftraten.

Die Wahrheit ist, dass Kuba keine andere Alternative bleibt, als Leute hier zu haben, die ihre Regierung aus Liebe zu ihrem Land und nicht für Geld über die terroristischen Pläne auf dem Laufenden halten und die Ausführung dieser Pläne wenn möglich verhindern. Das ist der Grund für meine Gegenwart hier.

So lange die Lage so bleibt, wie ich sie beschrieben habe, hat Kuba das moralische Recht, sich auf die Weise zu verteidigen, wie meine Kameraden und ich es getan haben.

Euer Ehren:

Am vergangenen 11. September waren wir alle Zeugen einer schrecklichen und kriminellen Tat. Eine verabscheuungswürdige Tat, die den Großteil der Weltbevölkerung konsternierte, die von diesen Ereignissen über die Fernsehsender erfuhr. Die über Jahre hinweg gegen Kuba begangenen Terrorakte wurden von keinem dieser Sender übertragen.

Man erlaube mir, daran zu erinnern, dass ebenfalls an einem 11. September, aber im Jahr 1980, der bei den Vereinten Nationen akkreditierte kubanische Diplomat Félix García in New York City von einem der Terroristen ermordet wurde, der sich heute gemeinsam mit Posada Carriles in Panama in Haft befindet.

In Folge der in New York und Washington begangenen Terroranschläge ist das weltweite Bewußtsein für die Notwendigkeit der Beseitigung des Terrorismus gewachsen.

Wenige Stunden oder auch nur Minuten nach diesen Ereignissen gaben alle Analytiker und hochrangigen Beamten der Regierung dieses Landes über die Medien Erklärungen ab, informierten und äußerten ihre Standpunkte. Alle betonten die Notwendigkeit der Verbesserung der nachrichtendienstlichen Arbeit und des Eindringens in die Gruppen, die solche Aktionen durchführen, sowie von Maßnahmen gegen diejenigen, die sie unterstützen und ihnen Zuflucht bieten.

Ich bin überzeugt, dass die Vereinigten Staaten stolz wären auf jenen ihrer Söhne, der die Gelegenheit und das Privileg gehabt hätte, Taten wie die des vergangenen September zu verhindern. Jeder, dem dies gelungen wäre, der hätte dem Land und der Menschheit einen großen Dienst erwiesen.

Präsident Bush sagte in seiner Ansprache bei der gemeinsamen Sitzung des Kongresses der Nation am 20. September 2001:

"Heute Abend sind wir ein Land, das angesichts der Gefahr erwachte und zur Verteidigung seiner Freiheit aufgerufen wurde."

Euer Ehren:

Mein Land und mein Volk wurden mehr als vierzig Jahre lang dazu gezwungen, angesichts der Gefahr zu erwachen, und aufgerufen, ihre Freiheit zu verteidigen. Ich bin stolz, einer derjenigen gewesen zu sein, der mein Volk vor diesen Gefahren warnte.

An dem selben Abend äußerte Präsident Bush später in seiner Ansprache:

"...Wir werden uns zusammentun, um unsere Nachrichtendienste zu stärken und um die Pläne der Terroristen zu kennen, bevor sie handeln, und um sie zu finden, bevor sie zuschlagen."

Kuba, das 42 Jahre lang unter terroristischen Angriffen gelitten hat, hat ebenfalls das Recht, sich so zu verteidigen. Heute hat sich die US-amerikanische Nation dem Kampf gegen den Terrorismus angeschlossen, etwas, das für mein Land seit vielen Jahren eine Notwendigkeit und eine Realität war.

Es kann keinen doppelten Standard geben. Der Terrorismus muß bekämpft und beseitigt werden, ob er nun gegen ein großes und mächtiges Land oder gegen kleine Länder begangen wird. Es gibt keinen schlechten und guten Terrorismus.

In dem Bericht über Orlando Bosch, der von dem Unterstaatssekretär für Justiz, Joe D. Whitley, vorgelegt wurde, der wegen seiner Verwaltungsposition weniger politischem Druck oder außenpolitischen Erwägungen ausgesetzt war, sagte der US-Regierungsbeamte: "Die Vereinigten Staaten können die dem Terrorismus anhaftende Unmenschlichkeit nicht tolerieren und zum Diskussionsgegenstand machen. Ein Zufriedenstellen derer, die Gewalt anwenden, würden nur noch mehr Terror hervorbringen. Wir müssen Terrorismus als allgemeines Übel betrachten, selbst wenn er sich gegen die richtet, für die wir keine politische Sympathie empfinden."

Euer Ehren:

Heute werden Sie diese Etappe unseres Prozesses abschließen und das Urteil verkünden, das Sie für angemessen erachten.

Zum Schluß möchte ich einfach wiederholen, dass ich niemals die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten in Gefahr gebracht habe, noch war dies meine Absicht, noch die meiner Gefährten.

Was ich tat, tat ich aus Liebe zu meinem Land und der Überzeugung, dass die Geschichte beweisen wird, dass dies die einzige Chance ist, die dem kubanischen Volk zur Verhinderung des Todes unschuldiger Menschen und der Zerstörung meines Landes durch Terroranschläge geblieben ist.

Es liegt in den Händen der US-Regierung, diesen Taten ein Ende zu bereiten. Kuba hat seinen Willen zur Zusammenarbeit mit den US-Behörden in diesem und anderen Bereichen, wie dem Drogenhandel, bewiesen. Das dient den besten Interesse beider Völker, da es auch die nationale Sicherheit der USA betrifft.

Es ist Sache der Behörden dieses Landes sich zu entscheiden, auf der Grundlage von Prinzipien zu handeln und den gefährlichen Einfluß einer kleinen, aber wirtschaftlich mächtigen Gruppe von Mafiosi und Rechtsextremisten der kubanischen Gemeinschaft in Miami abzuschütteln.

Ich vertraue ehrlich darauf, dass Kuba es eines Tages nicht mehr nötig hat, dass Personen wie ich freiwillig und aus Liebe zu ihrem Land und ihrem Volk in dieses Land kommen, um gegen den Terrorismus zu kämpfen.

Die erste Verantwortung eines jeden Menschen mit Selbstachtung gilt seinem oder ihrem Land. In den Jahren der Haft wird mich immer die Würde begleiten, die ich von meinem Volk und seiner Geschichte gelernt habe.

Vielen Dank.

Fernando González Llort


 

Zurück