Übersetzung des Antwortbriefes von Gerardo Hernández Nordelo vom 03.05. 2006:
Liebe Josie und lieber Dirk,
ich kann nicht glauben, dass ich eure Antwort auf meinen letzten Brief schon erhielt und ich meinen nächsten Brief noch nicht geschrieben hatte, von dem ich dachte, dass es "ein paar Tage" gedauert hätte, seit ich meinen vorherigen geschickt hatte. Die Zeit vergeht hier sehr schnell, und ich habe meine "dringenden" Sachen noch nicht erledigt, wenn ich schon wieder andere habe, um die ich mich kümmern muss.
Ich hoffe, es geht euch gut. Ich bin wohlauf, wie auch meine vier Brüder. Wir warten immer noch - wie ihr wisst - auf das Ergebnis der Berufungsverhandlung. Und es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, wie lange es noch dauern wird.
Vielen Dank dafür, dass Ihr mir den Artikel aus dem "Herald" geschickt habt. Ich wusste davon, hatte ihn aber nicht gelesen. Diese ignoranten Leute "träumen" weiter von etwas, von dem sie wissen, dass es nie passieren wird.
Euer Spanisch wird immer besser [zu schmeichelhaft, Anm.d.Ü.]! Eines Tages werde ich davon überrascht, dass ich von euch einen Brief auf Spanisch bekomme. Gratulation!
Danke, dass ihr mich über die vielen Aktivitäten unserer Freunde in Deutschland auf dem laufenden haltet. Ich kann sehen, dass die Kampagne dort immer stärker wird und ihr einige wichtige Erfolge errungen habt, und ich bin euch allen sehr dankbar.
[...]
Manchmal ist es sehr schwierig - trotz der gemeinsamen Sache und der guten Absichten - jeden davon zu überzeugen, gemeinsam zu handeln und in die selbe Richtung vorzustoßen. Hoffentlich wird es sich bessern.
Adriana geht es gut. Sie hat in ihrem Institut (Ernährungsforschung) eine Menge Arbeit, und in Verbindung mit unserem Kampf hält sie das die ganze Zeit über sehr beschäftigt. Vor zwei Wochen haben mich meine Mutter und meine Schwester besucht. Ich erinnere mich nicht, ob ich euch erzählt habe, dass meine Mutter unter Alzheimer leidet. Physisch geht es ihr gut, aber sie verliert ihr Kurzzeitgedächtnis. Es ist eine traurige Situation für die Familie. Glücklicherweise ist sie dauernd von meiner Schwester, ihren Enkelkindern und Urenkeln umgeben und erhält immer viel Fürsorge und Liebe. Ich war sehr glücklich, sie zu sehen.
Es scheint so, dass die Probleme, die ich hier mit der Post hatte (große Verzögerungen sowohl bei der eingehenden und ausgehenden Post) mehr und mehr abnehmen. Ich hoffe, dass die Lage sich vollständig klärt.
Nun muss ich schließen. Nochmals danke an euch und eure Kameraden dort für eure kontinuierliche
Solidarität, die uns eines Tages befreien wird!
Grüße und beste Wünsche von den Fünf und eine starke Umarmung von Adriana und mir.
¡Venceremos!
Gez.: Gerardo
Übersetzung der beiliegenden Postkarte an Condoleezza Rice:
Vorderseite: (Adriana, Olga und Ivette als) "Geiseln einer Ungerechtigkeit"
Rückseite mit Anschrift:
Text: Ms Condoleezza Rice,
Adriana Pérez und Olga Salanueva sind die Ehefrauen der kubanischen politischen Gefangenen Gerardo Hernández und René González, denen es, während sie seit 1998 in den Vereinigten Staaten gefangen gehalten werden, verboten ist, sie zu sehen.
Diese Situation hat zur Folge, dass die kleine Ivette González, Tochter von René und Olga, auch daran gehindert wird, ihren Vater zu sehen, weil sie nicht zusammen mit ihrer Mutter reisen darf.
Wir bitten Sie darum, dafür zu sorgen, dass diese Familienmitglieder einander wiedersehen können.
Hochachtungsvoll
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