Die Fünf von Miami, noch eine Seite des kubanischen Konflikts

Vicente Poveda (dpa)

BERLIN (dpa) Adriana Pérez O Connor ist 33 Jahre alt und Kubanerin. Als man sie bittet, sich vorzustellen, spricht sie als erstes von ihrem Mann. Sie ist seit 15 Jahren mit ihm verheiratet, aber in den letzten fünf Jahren haben sie sich nicht ein einziges Mal gesehen. Sie stehen nur brieflich miteinander in Kontakt.

Ihr Ehemann, Gerardo Hernández, ist 38 Jahre alt und einer der sogenannten "Fünf von Miami", einer Gruppe von kubanischen Agenten, die im September 1998 in den Vereinigten Staaten festgenommen und zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden.

Sie werden der Verschwörung gegen die Sicherheit der Vereinigten Staaten beschuldigt. Sie weisen jedoch diese Anschuldigungen zurück und versichern, dass sie nichts Anderes getan hätten, als Informationen über im Süden Floridas ansässige antikubanische Gruppen zu sammeln, die vorhatten, terroristische Aktionen gegen die Insel durchzuführen.

Adriana ist Chemieingenieurin, ihr Mann ist zu zwei Mal lebenslänglich verurteilt worden. Das birgt die Möglichkeit in sich, dass er sein ganzes Leben im Gefängnis verbringen muss. Für Adriana ist er, gemeinsam mit Fernando González, Ramón Labañino, Antonio Guerrero und René González ein politischer Gefangener der Vereinigten Staaten.

Deswegen glaubt sie, es müsse weltweit bekannt werden, dass sie für "eine gerechte Sache" gekämpft haben. "Auch wenn es heute nur fünf Kubaner sind, können es morgen fünf Kämpfer gegen den Terrorismus sein, fünf Kämpfer zur Verteidigung des Weltfriedens", sagte sie der dpa Presseagentur in Berlin während eines Besuchs, der die Bekanntmachung des Falles in Europa zum Ziel hat.

In jedem Fall betrachtet die kubanische Seite "die Fünf" bereits als Helden und sie haben sich in den letzten Jahren als einen der Hauptprüfsteine zwischen Washington und Havanna verwandelt. In zahlreichen Ländern haben sich Komitees zur ihrer Befreiung gebildet.

Unabhängig von der Klärung des Geschehens – Kuba besteht darauf, dass sie nur versucht hätten, sich Informationen über die Anti-Castro-Dissidenz in Miami zu beschaffen – sind die Familien der Gefangenen der Auffassung, dass diese eine ungerechte Behandlung erfahren haben und dass im Prozess die Gesetze der Vereinigten Staaten in verschiedenen Punkten verletzt wurden.

So beklagt sich Adriana zum Beispiel, dass das US-amerikanische Außenministerium ihr kein Visum zum Besuch ihres Mannes gewährt, ein fundamentaler Bestandteil des US-amerikanischen Rechts, aber auch diverser internationaler Abkommen. Auch Olga Salanueva kann ihren Ehemann René nicht besuchen, der im Besitz eines US-amerikanischen Passes ist. Seine fünfjährige Tochter kennt er kaum.

Außerdem heben die Familienangehörigen die langen Perioden der Isolierung hervor, -17 Monate in Strafzellen -, denen die Gefangenen ausgesetzt waren. Sie sprechen auch von der Behinderung der Verteidigung, der nach ihrer Aussage der Zugang zu den Dokumenten des Falles verweigert wurde.

Ebenso beklagen sie, dass der Prozess in Miami abgehalten wurde, "einer Stadt, die Kuba feindlich gesinnt ist" und dass das Strafmaß "übermäßig" sei und nicht im Verhältnis zur Tat stehe. In verschiedenen Punkten haben sie darin Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International bekommen.

Adriana versichert, dass sie seit der Festnahme ihres Mannes versucht habe, ihr Leben zu leben, weiter zu arbeiten. Aber trotzdem ist es auch eine Tatsache, dass sie nicht aufgehört hat überall hinzureisen, um den Fall bekannt zu machen. So besuchte sie Anfang Oktober außer Deutschland auch Holland und Belgien. In Brüssel sprach sie mit verschiedenen Europaabgeordneten über die fünf Kubaner. Der Fall wurde auch den Parlamenten Großbritanniens, Russlands, Mexikos und Kanadas vorgestellt.

Die Kubanerin bekräftigt, dass "es für alle Familien eine schwierige Situation ist, sehr vielschichtig und traurig, mit dem Gefühl eines Risses innerhalb der Familie".

Sie sagt, dass sie weiter nach vorn schauen "wegen der Liebe, die sie mit diesen Männern verbindet" und sie erzählt, dass diese, "trotz der Entfernung, nicht aufgehört haben, Gedichte zu schreiben, Liebesbriefe, Briefe der Ermutigung. Sie haben nicht aufgehört, von ihren Träumen zu sprechen, von ihren Ideen und ihren Wünschen, zu ihren Familien zurückzukehren".

In ihrem konkreten Fall versichert sie, dass bereits mehr als die Hälfte ihres Lebens als verheiratete Frau so vergangen sei, aber dass sie weiterkämpfen werde, weil "die Liebe sie in allem geeint hat". Außerdem sagt Adriana, dass ihr Ehemann, Karikaturist und mit Diplom in Internationalen Beziehungen, jemand mit "außergewöhnlichen Eigenschaften" ist, eine Person, "von der niemand weder innerhalb noch außerhalb Kubas irgendetwas Negatives sagen kann".

Alles in allem scheint es ein Licht am Ende des Tunnels zu geben. Im Augenblick ist der Berufungsprozess vor dem Gericht des XI Distrikts in Atlanta im Gange. Am vergangenen 29. September legte die Staatsanwaltschaft die Antwort auf die von der Verteidigung im April und Mai vorgelegten Eingaben vor und man erwartet einen baldigen Richterspruch. Das Urteil könnte im ersten Trimester 2004 ausgesprochen werden.

In jedem Fall ist es für Adriana nicht leicht, auch wenn sie die Hoffnung nicht verliert. Was die Erfolgsaussichten angeht, sagt sie: "Was die rechtliche Argumentation angeht, so müssen wir gewinnen, das sagen auch die Anwälte. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass dieses ein politischer Prozess ist und dass das Gesetz nicht gerecht angewandt wurde."

Deutsch: ¡Basta Ya!

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