Wochenendausgabe von CounterPunch, 11.-13. September 2009
Die Verweigerung meiner BegnadigungIch bin jetzt Obamas politischer GefangenerVon Leonard Peltier, exklusiv für CounterPunch
Das Justizministerium der Vereinigten Staaten hat seinen hehren und pompösen Namen wieder einmal zum Gespött gemacht.
Nach der gesetzlich nach 30 Jahren Haft möglichen Begnadigung entsprechend erfolgten Freilassung eines früheren und auch noch jetzigen Schülers des Anführers des Todeskultes, Charles Manson, der versucht hatte, Präsident Gerald Ford zu ermorden, der eines anerkannten kroatischen Terroristen und eines weiteren, des versuchten Mordes an Präsident Ford Schuldigen, befand der U.S.-Ausschuss für Begnadigungen, dass meine Freilassung "die Respektlosigkeit vor dem Gesetz fördern" würde. Wenn die U.S.-Bundesregierung nur ihre eigenen Gesetze respektiert hätte, ganz zu schweigen von den staatlichen Vereinbarungen nach der U.S.-Verfassung und dem Obersten Gericht des Landes, wäre ich nie verurteilt, noch gezwungen worden, mein halbes Leben in Gefangenschaft zu verbringen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass jedes Gesetz in diesem Land ohne Einverständnis der Urbevölkerung geschaffen wurde und auf unsere Kosten unterschiedlich angewandt wird. Nichts müsste doch eigentlich mehr ernsthafte Fragen über die angebliche Rechtsprechung des FBIs aufwerfen als meine Erfahrung im Land der Indianer. Die Formulierung der Begnadigungskommission wurde von dem bald scheidenden U.S.-Anwalt Drew Wrigley in die Welt gesetzt, der anscheinend hofft, mit der FBI-Kavallerie in das Büro des Gouverneurs von North Dakota zu reiten. So tritt Wrigley in die Fußstapfen von William Janklow, der seine politische Karriere auf sein Renommé als Indianerverfolger aufgebaut hatte, indem er vom Stammesanwalt (und mutmaßlicher Vergewaltiger einer minderjährigen Einheimischen) zum Staatsanwalt, Gouverneur von South Dakota und zum U.S.-Kongressabgeordneten aufstieg. Einige mögen sich daran erinnern, dass Janklow sich dafür verantwortlich erklärte, Präsident Clinton davon abgebracht zu haben, mich zu begnadigen, bevor er wegen Totschlags verurteilt wurde. Janklows historischer Vorgänger, George Armstrong Custer, hoffte gleichfalls, dass ein ruhmreiches Massaker an den Sioux ihn in das Weiße Haus katapultieren würde, und wir alle wissen, was mit ihm geschah. Aber im Unterschied zu den Barbaren, die in den Korridoren der Macht nach meinem Blut schreien, sind Ureinwohner human gesonnene Menschen, die für ihre Feinde beten. Dennoch müssen wir realistisch genug sein, um uns für unsere eigene Freiheit und die Gleichheit der Nationen zu organisieren. Wir bilden 5 % der Bevölkerung von North Dakota und 10 % von South Dakota und wir könnten diesen Einfluss dazu nutzen, unsere eigene Macht über die Reservate zu verstärken, worauf wir uns konzentrieren sollten. Wenn wir uns als einen Wahlblock organisierten, könnten wir die gesamte Voraussetzung für den überwiegend rassistischen Konkurrenzkampf zwischen den Dakotas besiegen. In den 1970ern waren wir gezwungen, die Waffen zu ergreifen, um unser Recht aufs Überleben und auf die Selbstbestimmung zu behaupten, aber heute geht es um einen Krieg der Ideen. Das Völkerrecht ist auf unserer Seite. In Anbetracht des Charakters der drei neulich erlassenen Begnadigungen, könnte es scheinen, als sei mein größtes Verbrechen, indianisch zu sein. Aber die Wahrheit ist, dass mein größtes Vergehen in meiner Unschuld besteht. Im Iran werden politische Gefangene gelegentlich freigelassen, wenn sie sich der lächerlichen Anklagen, deretwegen sie vor Gericht gezerrt wurden, um sie und gleichdenkende Bürger zu diskreditieren und einzuschüchtern, schuldig bekennen. Das FBI und seine Sprachrohre haben das gleiche vorgeschlagen, wie die Begnadigungskommission es 1993 gemacht hatte, als sie entschied, dass meine Weigerung, mich schuldig zu bekennen, der Grund für die Verweigerung der Begnadigung sei. Seine Unschuld zu behaupten, bedeutet gleichzeitig vorauszusetzen, dass die Regierung im Unrecht ist, wenn nicht die eigentlich Schuldige. Das amerikanische Rechtssystem ist so eingerichtet, dass der Angeklagte nicht für das Verbrechen selbst bestraft wird, sondern für die Weigerung, das wie auch immer angebotene Einlassungsarrangement, zu akzeptieren und für das gewagte Unterfangen, das Rechtssystem zu nötigen, das dem Angeklagten zustehende Recht zu gewähren, die vom Staat in einem aktuellen Prozess erhobenen Anklagen zu widerlegen. Solche Anmaßung wird ausnahmslos mit Anträgen der Staatsanwaltschaft auf die höchstmöglichen Strafen vergolten, wenn nicht auf eine höhere Instanz für Strafmaßrichtlinien verwiesen wird, die schrittweise ausgeschaltet werden sowie auch die Möglichkeiten für eine Begnadigung. So sehr Nicht-Ureinwohner die Indianer auch hassen mögen, wir sitzen alle im selben Boot. Der Versuch, diesem System bei der Regierung über die Stämme nachzueifern, ist, gelinde gesagt, Mitleid erregend. Es war erst in diesem Jahr, dass der U.S. Supreme Court im Troy-Davis-Fall die Unschuld als legitimen Verteidigungsgrund anerkannte. So, wie die Zeugen, die genötigt worden waren, gegen mich auszusagen, widerriefen die Zeugen gegen Davis ihre Aussagen, dennoch wurde Davis beinahe doch hingerichtet. Es hätte sein können, dass ich selbst jetzt auch schon hingerichtet worden wäre, wenn nicht die kanadische Regierung einen Antrag zur Aussetzung der Todesstrafe als Bedingung für meine Auslieferung gestellt hätte. Die alte Ordnung wird durch den Obersten Richter des Supreme Court, Antonin Scalia, entsprechend vertreten, der in seinem abweichenden Urteil im Davis-Fall erklärte, "Dieser Gerichtshof hat nie die Ansicht vertreten, dass die Verfassung die Hinrichtung eines Verurteilten verbietet, der ein vollständiges und faires Verfahren erhalten hatte, jedoch später in der Lage war, einen "Habeas Court" zu überzeugen, dass er 'eigentlich' unschuldig ist. Ganz im Gegenteil, wir haben diese Frage immer wieder ungeklärt gelassen, indem wir erheblichen Zweifel anmeldeten, dass irgend eine Behauptung von angeblicher 'eigentlicher Unschuld' von der Verfassung anerkennbar ist." (1) Der angesehene Senator aus North Dakota, Byron Dorgan, der jetzt der Vorsitzende des Komitees für indianische Angelegenheiten ist, nutzte die selbe Begründung, als er schrieb, "unser Rechtssystem hat Leonard Peltier des Verbrechens, dessen er angeklagt war, für schuldig befunden. Ich habe das Material des Verfahrens überprüft und glaube, das Urteil war fair und gerecht." Es ist eine absurde und unverständliche Erklärung für Ureinwohner und auch, dass es so sein sollte, dass Unschuld und Schuld rein juristische Angelegenheiten seien, die nicht notwendigerweise auf materiellen Fakten gegründet seien. Es ist eine Binsenwahrheit, dass alle politischen Gefangenen wegen der Verbrechen verurteilt wurden, wegen derer sie auch angeklagt worden waren. Die Wahrheit ist, dass die Regierung möchte, dass ich mich fälschlicherweise bekenne, um die Rechtsgültigkeit eines ziemlich schlampig ausgearbeiteten Verfahrens zu bestätigen, eines Verfahrens, dessen Aufdeckung Tür und Tor für eine Untersuchung der Rolle der Vereinigten Staaten bei der Ausbildung und Bewaffnung von Schlägertruppen eröffnen würde, um die basisdemokratische Bewegung in Pine Ridge gegen die Marionettendiktatur zu unterdrücken. In Amerika darf es per Definitionem keine politischen Gefangenen geben, sondern nur diejenigen, die vor Gericht ordnungsgemäß schuldig gesprochen wurden. Es wird als zu strittig erachtet, öffentlich zu erwägen, dass die Bundesregierung Beweise fabrizieren und unterdrücken könnte, um diejenigen zu besiegen, die als politische Feinde erachtet werden. Es ist jedoch eine nachweisbare Tatsache in jeder Etappe meines Falles. Ich bin jetzt ein politischer Gefangener Obamas, und ich hoffe und bete, dass er an seinen Idealen festhält, die ihn dazu drängten, sich für das Präsidentschaftsamt zu bewerben. Aber wie es auch Obama selber bestätigen würde: wenn wir von ihm erwarteten, dass er unsere Probleme löste, dann hätten wir seine Kampagne missverstanden. Nur wenn wir unsere eigenen Gemeinden organisieren und unsere vermeintlichen Anführer dazu drängen, können wir den Wandel herbeiführen, den wir alle so dringend benötigen. Bitte unterstützen Sie das Leonard Peltier Defense Offense Committee in unseren Bemühungen, die Regierung der Vereinigten Staaten zur Einhaltung ihres eigenen Wortes zu bringen. Ich danke Euch allen, die Ihr während all' dieser Jahre an meiner Seite standet, irgend einen Namen zu nennen, würde jedoch viele andere ausschließen. Wir dürfen in unserem Kampf für die Freiheit nie die Hoffnung verlieren. In dem Geist von Crazy Horse
Leonard Peltier (1) Hervorhebung von der Übersetzerin anlässlich der Ähnlichkeit im oben erwähnten Fall mit dem Verfahren nach dem "Habeas Corpus Act", das die Anwälte jetzt auch für Gerardo Hernández und je nach der Höhe der neuen Strafurteile für Ramón Labañino, Antonio Guerrero und Fernando González auch für diese Drei anstrengen sowie für René González wollen.
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)
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