Realcuba's Blog

Die "Menschenrechtskampagne" gegen Kuba

Von Cliff DuRand, 20. Mai 2010

Miami und New Jersey sind die Basisstationen der tollwütigsten Anti-Castro-Cubano-Amerikaner. Sie würden für die Herbeiführung eines Regime-Wechsels in Kuba alles tun und konnten seit 50 Jahren auf die Unterstützung der US-Regierung zählen, und das können sie immer noch, obwohl die Stimmung innerhalb der cubano-amerikanischen Gemeinde von ihrer harten Linie abgewichen ist. Jedes Mal, wenn in Washington eine neue Administration ihr Amt antritt, finden sie einen Weg, jede Art von Annäherung an Havanna politisch unmöglich zu machen. Als beispielsweise Bill Clinton Präsident wurde, befürchteten sie eine Erwärmung der Beziehungen zu Kuba. Um das zu verhindern, erzeugten sie einen Zwischenfall. Die Flugzeuge der in Miami ansässigen Brothers to the Rescue flogen über Havanna und ließen dort Anti-Castro-Flugblätter fallen. Die kubanischen Behörden warnten sie und die US-Behörden, das sei ein nicht hinnehmbarer Verstoß gegen die Souveränität des Luftraums. Man stelle sich vor, was passiert wäre, wenn kubanische Flugzeuge das Gleiche über Washington, D.C., getan hätten. Gut, Kuba reagierte auf die gleiche Weise. Als beim nächsten Mal drei Flugzeuge der Brothers to the Rescue in den kubanischen Luftraum eindrangen, wurden zwei von ihnen abgeschossen. Das machte es für die Clinton-Administration politisch erforderlich, eine harte Haltung gegenüber Kuba einzunehmen, und es kam das Helms-Burton-Gesetz. Mission erfüllt.
Jetzt erleben wir ein ähnliches Szenario bei der Obama-Administration. In der Befürchtung, dass die neue Administration ihre Versprechungen, mit den Führern zu sprechen, mit denen die USA Differenzen hat und ihre Zusicherungen, die Unabhängigkeit der Länder innerhalb der Hemisphäre zu respektieren (zeitweilig forderten sie alle die USA auf, das Embargo gegen Kuba zu beenden), wahrmachen könnte, bemerkte die Mafia von Miami, dass etwas zur Vermeidung dieser Gefahr getan werden müsse. Und daher erleben wir jetzt eine konzertierte Kampagne gegen den "kubanischen Missbrauch der Menschenrechte." Kleinere Vorfälle werden zu etwas Größerem aufgebauscht und über die Massenmedien ausposaunt, insbesondere in den USA und Europa. Lassen Sie uns einige Vorfälle, von denen wir so viel gehört haben, näher betrachten.
Da gibt es den Fall Orlando Zapata Tamayo, ein Gefangener in einem kubanischen Gefängnis, der am 23. Februar nach einem langen Hungerstreik verstarb. Er wird als politischer Dissident dargestellt, der gegen Castros Diktatur protestiert habe. Tatsächlich war er ein trivialer Krimineller, der wegen verschiedener Handlungen immer wieder im Gefängnis war (sein schlimmstes Vergehen bestand darin, jemanden mit der Machete niederzuschlagen) keines davon war im geringsten politisch motiviert. Seinen Hungerstreik führte er, weil die Gefängnisbehörden seine Forderung verweigerten, ihm ein Mobiltelefon, ein Fernsehgerät und eine eigene Kochstelle in seiner Zelle zu gewähren. Dissidenten griffen seinen Protest auf, um ihn als Mitdissidenten zu präsentieren und sogar Amnesty International erklärte ihn zum "politischen Häftling". Er wurde zum Aushängeschild für die politische Unterdrückung in Kuba, insbesondere nach seinem Tod, trotz der bestmöglichen zur Verfügung stehenden medizinischen Versorgung.
Wer sind denn dann die politischen Dissidenten in kubanischen Gefängnissen? Beweisen sie nicht die politische Unterdrückung? Was an dieser Schlussfolgerung nicht stimmt, ist, dass sie nicht wegen ihrer politischen Ansichten oder gar wegen der Äußerung dieser Ansichten inhaftiert sind, sondern wegen des Gesetzesverstoßes, Geld von der US-Regierung angenommen zu haben. Die selbe Handlung als nichtregistrierter ausländischer Agent würde einen in den USA auch ins Gefängnis bringen. (1) Aber als Kuba 2003 75 Dissidenten vor Gericht stellte und strafverurteilte, weil sie Agenten einer ausländischen Regierung seien, die geschworen hatte, die kubanische Regierung zu stürzen, wurde dies von den USA als Menschenrechtverletzung dargestellt. Ich füge einen Artikel hinzu, den ich damals zu dieser Angelegenheit geschrieben hatte.
Diese 75 Dissidenten sind wieder in die jüngst vergangene Berichterstattung zurückgekehrt. Ihre Ehefrauen waren jeden Sonntag nach der Kirche auf einem friedlichen Marsch für die Freilassung ihrer Ehemänner. Indem sie sich "Damas en Blanco" nennen, spaziert diese kleine Frauengruppe ruhig auf der Fünften Avenue im Stadtteil Miramar von Havanna. Diese Demonstrationen, die praktisch schon seit sieben Jahren kaum wahrgenommen stattfinden, sind nun plötzlich zur Hauptnachricht in der internationalen Berichterstattung geworden. Das kommt daher, dass einige von der Medienkampagne gegen ihr Land aufgebrachte Kubaner Gegendemonstrationen zur Ablehnung der Damen in Weiß durchgeführt haben. Dies führte zu einigen hässlichen Auseinandersetzungen, die als ernste Menschenrechtsverstöße seitens der kubanischen Regierung dargestellt wurden. Man kann die Bilder dieser Auseinandersetzungen auf der Website von Miami Herald ansehen, s.: http://www.miamiherald.com/2010/03/18/1534853/protesters-punched-drag...
Denken Sie daran, dies ist eine Zeitung, die der Kubanischen Revolution feindselig gesinnt ist, und man daher die schrecklichsten Fotos erwartet. Aber wenn Sie genau auf das sehen, was auf diesen Bildern vorzugehen scheint, sehen Sie zwei Dinge, die die Polizei tut. 1. Sie drängt die verärgerte Menge ab, um die "Damen in Weiß" zu schützen. 2. Sie lädt sie in einen Bus und bringt sie weg. Die "Damen in Weiß" werden nicht verhaftet oder ins Gefängnis geworfen. Sie werden zu ihrer eigenen Sicherheit weggebracht und frei gelassen, damit sie nächsten Sonntag wieder demonstrieren können. Es gibt keine Anzeichen von Polizeigewalt. Die Damen praktizieren passiven Widerstand, setzen sich hin, sodass sie von der Polizei weggetragen werden müssen. Aber es gibt keine Szenen von Gewalt, keine Polizeiknüppel, Schlagstöcke oder Elektroschockpistolen.
Nun, als jemand der selbst schon gewaltlosen zivilen Widerstand geleistet hat, kann ich nicht anders, als den kühlen Mut und die Entschlossenheit der Frauen angesichts der feindseligen Menge zu bewundern. Aber das macht ihre Sache nicht gerechter. Noch ist ihr Abtransport ein Menschrechtsverstoß. Aber so wird es in der internationalen Medienkampagne dargestellt, um Kuba zu verunglimpfen.
Also warum wird dieser einzelne Selbstmord eines Gefangenen in Kuba - der einzige seit vielen Jahren - zu einer Hauptmeldung, wenn es jede Woche mehr Selbstmorde von US-Soldaten gibt? Warum werden Demonstrationen gegen Proteste in Kuba zu einer Hauptmeldung, wenn gleichzeitig in Honduras Todesschwadronen die Führer der Gegner der durch einen Putsch (wenn auch mit US-Unterstützung) an die Macht gekommenen Regierung töten? Es ist nicht so, dass diese Ereignisse keine Nachricht in Kuba sind, es ist die Überbetonung über jede Verhältnismäßigkeit, die mich beunruhigt. Es ist sicherlich Teil einer Kampagne zur Dämpfung jeden Fortschritts in der Annäherung von den USA und Kuba, indem die kubanische Regierung verunglimpft wird.
In dieser Geschichte wird Kuba als intolerant gegenüber Kritik und nicht Willens, sich zu ändern, dargestellt. Die Wirklichkeit unterscheidet sich stark von dieser Karikatur. Ignoriert wird die lebhafte Debatte, die derzeit in Kuba über eine ganze Menge Schlüsselangelegenheiten geführt wird. Aber dies sind Debatten darüber, wie der Sozialismus verbessert werden kann, wogen die Dissidenten (wenn sie überhaupt ein Programm haben) die Rückkehr zum Kapitalismus vorschlagen. Deswegen werden sie von der Mafia in Miami und der US-Regierung unterstützt. Und darum haben sie keine wirklichen Anhänger in Kuba.
Rafael Hernández, Herausgeber von "Temas", Kubas führender Zeitschrift für soziale Analysis, liefert uns eine hilfreiche Liste der tatsächlichen Themen der öffentlichen Debatte: Dezentralisierung, Teilnahme und effektive politische Kontrolle der Bürokratie durch das Parlament, Neuordnung und effektivere Gestaltung der Wirtschaft, Stärkung des privaten Sektors, Steigerung der Zusammenarbeit, Verbesserung des Einkommensniveaus in Einklang mit Arbeit und Kaufkraft, Beendigung allgemeiner staatlicher Beihilfe und Boni, neue Sozialpolitik für die riskantesten Sektoren, Berücksichtigung der öffentlichen Meinung in den Medien, Vergrößerung des Raumes für freie Rede, Stärkung von Gesetz und Verfassungsordnung und die Demokratisierung von Institutionen (einschließlich politischer). (2)
Das ist die wirkliche Zivilgesellschaft in Kuba. Sie lebt und zwar gut und braucht die "Stärkung" durch die USA nicht. Sie braucht es lediglich, akzeptiert und von unserer Regierung und ihrer Verbündeten in Miami, die eine Rückkehr zum Neokolonialismus und Kapitalismus wollen, in Ruhe gelassen zu werden. Von den Kubanern wurde diese Option vor einem halben Jahrhundert entschieden zurückgewiesen.

Anmerkungen:

1. Der US-Penal-Code unter Kapitel 115 "Hochverrat, Volksverhetzung und subversive Aktivitäten" Absatz 2381 schreibt vor, dass jeder US-Bürger, der innerhalb der Vereinigten Staaten oder irgendwo sonst mit einem Land, das die US-Behörden als Feind betrachten "Verbindungen unterhält" oder es "unterstützt ... ist des Verrats schuldig und soll den Tod erleiden oder nicht unter fünf Jahren ins Gefängnis kommen und mit einer Geldstrafe von nicht unter 10.000 $ belegt werden."

2. Rafael Hernández, "Die Ressourcen der kubanischen Opposition" (29. März 2010)
Cuba-L Analysis (Albuquerque)
http://cuba-l.unm.edu/?nid=76929&q=RafaelHernandez&h=Pablodebelgica

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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