Die neuen Schriftsätze der Anwälte für die Cuban Five

Nächste Etappe des Rechtsstreites

Von Christopher Banks

13. März 2012

Mit ihren neuen, beim Bundesgericht in Miami im Februar eingereichten, Schriftsätzen erheben zwei der Cuban Five - Fernando González und Ramón Labañino - Einspruch und begründen mit starken Argumenten, warum ihre Verurteilungen und die ihrer drei Landsleute aufgehoben werden müssten.
Zum Kern ihres Habeas-Corpus-Antrags gehört die umwerfende Enthüllung, dass viele Journalisten aus Miami, die die Fünf während des Verfahrens von 2000 bis 2001 verunglimpft hatten, auf der Gehaltsliste der US-Regierung standen, der selben Regierung, die die Fünf mit Strafe verfolgte.
In den Vereinigten Staaten erlaubt das Habeas-Corpus-Gesetz den Gefangenen, deren eigentlicher Rechtsstreit erschöpft ist, ihre Inhaftierung noch einmal anzufechten, insbesondere dann, wenn entlastendes Beweismaterial auftaucht, das während des Prozesses nicht bekannt war. Wegen des von Bill Clinton 1996 eingeführten Antiterrorismus-Gesetzes und des geltenden Todesstrafegesetzes, haben Angeklagte nur noch ein willkürlich auf ein Jahr beschränktes Zeitfenster, um ihr Recht wahrzunehmen.

Geheime Zahlungen seitens der Regierung an Journalisten von Miami enthüllt

2006 eröffnete der Reporter Oscar Corral den "Miami-Herald" mit einer Titel-Story, die aufdeckte, dass 10 Miami-Journalisten regelmäßig Zahlungen von der US-Regierung für Sendungen auf Radio- und TV-Martí für deren Umsetzung der mehrere Millionen Dollar schweren Regierungspropaganda erhalten hatten, deren Absicht es ist, die Konterrevolution in Kuba zu fördern. Keiner der bei Miamis bekanntesten und einflussreichsten Medien angestellten Reporter, hatte je irgend jemandem gegenüber offenbart, dass er Tausende von Dollar von der Regierung erhalten hatte.
Die Aufdeckung einer verdeckten Medienoperation der Regierung in Miami ist äußerst wichtig. Hatte doch das Verteidigerteam der Cuban Five von Anfang an dafür gekämpft, dass der Prozess nach außerhalb von Miami verlegt würde - auch ohne von den Zahlungen der Regierung an Journalisten gewusst zu haben. Miami ist eine so von Vorurteilen und Hysterie gegenüber Kuba infizierte Stadt, dass es für die Fünf unmöglich war, dort ein faires Verfahren zu erhalten. Natürlich hätten die Cuban Five vor allem nie verhaftet werden dürfen, da ihre Mission darin bestand, Kuba vor dem von den USA begünstigten und in Miami beheimateten Terrorismus zu schützen.
Die Staatsanwaltschaft kämpfte ihrerseits aus nur zu offensichtlichen Gründen - unter Ausnutzung der durch die Umgebung negativ beeinflussten Medien - mit Zähnen und Klauen darum, dass der Fall der Fünf nirgendwo anders verhandelt werden würde als in Miami.

Nur die Spitze des Eisbergs

Unmittelbar in Anknüpfung an die Enthüllung von Oscar Corral führte das "National Committee to Free the Cuban Five" den dreijährigen Kampf zur weiteren Aufdeckung der Verbindung zwischen der US-Regierung und den Reportern von Miami in Bezug auf den Fall der Fünf.
Mehrere nach dem "Freedom of Information Act" vom nationalen US-Komitee und der Zeitung "Liberation" mit Unterstützung des Rechtsbeistandes der "Partnership of Civil Justice Fund" gestellten Anträge enthüllten eine viel umfangreichere und tiefere Verstrickung als zuvor bekannt war. Die leitende Agentur von Radio- und TV-Martí ist der "Broadcasting Board of Governors, BBG" [Vorstand der Regierungssender, Anm. d. Ü.], der dem US-Außenministerium unterstellt ist. Tausende von Seiten der freigegebenen Verträge haben bewiesen, dass der "BBG" den gesamten Stab von rechtsgerichteten Miami-Journalisten beschäftigt. Die Verträge zeigen Regierungszahlungen von annähernd 1 Million $ an 27 Journalisten.
Entscheidend daran ist, dass die Verträge bis auf 1999 zurück gehen, nämlich auf ein Jahr vor Beginn des Prozesses gegen die Fünf. Mit anderen Worten: Die selben Miami-Journalisten, die die nie dagewesene Medienkampagne gegen die Fünf vor und während ihres Verfahrens anführten, wurden insgeheim vom Ankläger in der Sache, der US-Regierung, bezahlt. Es besteht ein stark begründeter Verdacht, dass die Zahlungen sogar noch weiter zurück zu verfolgen sind, doch der BBG verweigert die völlige Aufdeckung.
Diese explosive, zum Zeitpunkt des Prozesses nicht bekannte Enthüllung ist der Hauptbestandteil des Habeas-Corpus-Antrags aller Cuban Five. Wenn sie während des Prozesses bekannt geworden wäre, hätte das Verfahren zweifellos nicht in Miami stattgefunden.
Gerardo Hernández, der eine unrechtmäßige Strafe von zweimal Lebenslänglich verbüßt, einmal für die falsche Beschuldigung der Verschwörung zum Mord, konzentriert seinen Habeas-Corpus-Antrag auf unzureichende Verteidigung seiner tatsächlichen Unschuld an dem Abschuss der beiden Flugzeuge von "Brothers to the Rescue", die in den kubanischen Luftraum eingedrungen waren. Sein Antrag bezieht sich ebenfalls auf die gekauften Reporter.

Die Habeas-Corpus-Anträge und die absurden Ausflüchte der Regierung

Der erste Schritt in dem Habeas-Corpus-Prozess war die Einreichung eines Schriftstückes, mit dem dieser formell beantragt wird. Dann wurde von jedem Anwalt der fünf Antragsteller ein Memorandum mit ausgearbeiteten Argumenten eingereicht.
Die Antwort der Regierung [bzw. Staatsanwaltschaft] zu Fernandos und Ramóns Memorandum wurde Ende 2011 beim Gericht eingereicht.
In der Antwort der Regierung behauptete US-Staatsanwältin Carolyn Heck-Miller einfach, ohne die Zahlung der riesigen Geldsummen seitens der Regierungsagentur an die Journalisten von Miami zu leugnen, dass die Journalisten von den Zahlungen an sie unbeeinflusst gewesen seien. "Die spekulative Folgerung [der Angeklagten], dass die BBG-Zahlungen für die Dienstleistungen von Radio Martí, die Journalisten beeinflusst und deren Nichtregierungsveröffentlichungen gestaltet hätten, entbehrt jeder bewiesenen Grundlage."
In der Antwort von Ramón Labañino an Heck-Miller vom 19. Februar schrieb sein Anwalt William M. Norris: "Die Antwort der Regierung auf die Argumente für eine rechtliche Anhörung des Antragstellers ist , offen gesagt, schockierend. In keinem Punkt erkennt die Regierung an, dass es unzulässig ist oder im Widerspruch zu grundsätzlichen Normen eines Fair Plays steht, wenn Journalisten heimlich dafür bezahlt werden, am Gerichtsort Artikel zu verfassen, in denen die Schuld eines angeklagten ausländischen Agenten behauptet wird ...
Aber jeder objektive Beobachter - angefangen von der Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen bis hin zu einem früheren US-Präsidenten und Amnesty International - hat erklärt, dass in diesem Fall erhebliche Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Urteilsspruchs erregt würden, und zwar aus genau diesem Grund."
Heck-Miller behauptete darüber hinaus, die Zahlungen seien "moderat" gewesen und daher nicht ausreichend, die Ansichten der Journalisten zu beeinflussen. Norris erinnert Heck-Miller daran, dass "die Zahlungen alles andere als moderat gewesen sind - ein Journalist, Pablo Alfonso, erhielt während des Verfahrens allein von der Regierung 58.600 $ (insgesamt wurden mehr als 250.000 $ gezahlt) und er publizierte Artikel direkt über das Verfahren, in denen die Angeklagten als wahrscheinlich schuldig bezeichnet werden."
Mit einem besonders absurden Argument der Regierung behauptet Heck-Miller, dass die Staatsanwaltschaft und das Justizministerium nichts von den Zahlungen des Außenministeriums an Reporter aus Miami gewusst haben könnten. Norris' Antwort widerlegt erneut die Staatsanwältin: "Es ist wahrscheinlich, dass in einem Fall dieser Größenordnung, der so viele komplexe außenpolitische Aspekte enthält, das Außenministerium (das das "Office of Cuba Broadcasting" überwacht) vor der erstrebten Anklage zumindest konsultiert wurde."
Joaquin Méndez, Jr., der Rechtsanwalt von Fernando González, ging in seiner Antwort an Heck-Miller vom 17. Februar sogar noch weiter: "Dieses Verfahren wurde von den höchsten Ebenen der nationalen Regierung genehmigt, nicht nur von einem lokalen Staatsanwalt. Und dieser Fall betraf nicht einen einzelnen kriminellen Zwischenfall, sondern einen Aspekt eines besonders wichtigen nationalen Planziels hinsichtlich der kubanischen Regierung; der Fall befasste sich mit Themen wie ... angebliche Spionageverschwörung; die beteiligten Behörden (das BBG, das Außenministerium, das Justizministerium, u.s.w.) waren nicht nur ‚Teile der selben Regierung', sondern sie arbeiteten auch auf das selbe Ziel hin."
In einem Fall mit falschen Anklagen wegen Spionage hieße es für jeden, der der Behauptung der USA glaubt, dass das Außenministerium nicht involviert gewesen sei, die Realität zu verleugnen.

Die Regierung behauptet das Unmögliche

Nachdem Heck-Miller behauptete, die Staatsanwälte der Regierung hätten keine Kenntnis über von der Regierung bezahlte Journalisten aus Miami gehabt - und nicht verpflichtet gewesen seien, Kenntnis davon zu haben - stellt sie unlogischerweise fest, dass die Cuban Five und ihre Anwälte davon gewusst haben sollten (!) und da sie verabsäumt hätten, die relevanten Fakten während der ersten Berufung vorzulegen, könnten sie die Beweise jetzt nicht mehr vorbringen. Das kann als das großartige Finale der atemberaubenden Absurdität von Heck-Miller betrachtet werden.
Fernandos und Ramóns Anwälte spießen abwechselnd Heck-Millers widersprüchliche Behauptung auf:
Joaquin Méndez schrieb: " ... sich vorzustellen, dass die Verteidigung 1999 oder 2000 gewusst haben soll, was der Miami Herald 2006 auf der Titelseite als Nachricht über seine eigenen Reporter publiziert, übertrifft alles in der Rechtssprechung aufgeführte, worauf die Regierung sich stützt."
William Norris, Jr., fügt hinzu: "Die relevante Information, das heißt, dass die Regierung diese Journalisten bezahlt hat, war nicht öffentlich verfügbar - der Miami Herald erfuhr es nur durch eine Anfrage nach dem "Freedom of Information Act" [Gesetz zur Freiheit der Information] - und als es (2006) enthüllt wurde, ‚löste es einen Feuersturm der Proteste unter den Cubano-Amerikanern und anderen im Großraum Miami aus'. Der Autor des Originalartikels im Miami Herald erhielt zahlreiche Todesdrohungen von Anti-Castro-Aktivisten und musste sein Haus verlassen. Natürlich waren die Fakten in der Angelegenheit keine banalen Tatsachen, die nur darauf warteten, zitiert zu werden."

Eine Anhörung zum Beweismaterial?

Ob die maßgeblichen rechtlichen Argumente der Fünf im Zusammenhang mit wachsender weltweiter öffentlicher Unterstützung zu einer Gewährung einer Anhörung zum Beweismaterial, in der die Angelegenheit der Verbindung zwischen der Regierung und der Medien in ein helleres Licht gestellt werden kann, führen wird, wird man sehen. Die Anwälte warten darauf, zu erfahren, ob die Richterin Joan Lenard eine Anhörung gewährt oder nicht. Lenard war auch Richterin in dem ursprünglichen Verfahren.
Dies ist ein langer Prozess. Er hat den Fünfen schon 13 ˝ Jahre ihres Lebens und der Zeit mit ihren Familien geraubt, wegen des "Verbrechens", Leben zu retten.
Es bedarf der fortgesetzten und entschlossenen Anstrengung Tausender aktiver Unterstützer, der Anwälte der Fünf und des kubanischen Volkes, um ihre Freiheit zu erreichen.
Inzwischen werden das Nationale Komitee, das Liberation Newspaper und die Stiftung "Partnerschaft für zivile Gerechtigkeit", weiterhin Informationen ausgraben und die Öffentlichkeit mobilisieren, gemeinsam mit der weltweiten Bewegung, um für die Freiheit der Fünf zu kämpfen.

Deutsch: ˇBasta Ya! (jmb, db)

(Quelle: National Committee to Free the Cuban Five vom 13. März 2012)

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