Irma Gonzàlez (hier im Bild), die älteste Tochter von René González, einem der fünf kubanischen Gefangenen in den USA, sprach neulich mit Anett Ríos Jauregui von der Granma. Als sie über ihren letzten Besuch vor drei Wochen redete, erzählte Irma, dass man ihr sagte: "Einen Kuss, wenn du ankommst, einen Kuss und eine Umarmung, wenn du gehst, unter den selben Bedingungen, du darfst ihn nicht berühren." Später äußerte sie sich dankbar über Kuba und seine Bevölkerung: "Welche Regierung und welches Volk auf dem Planeten würde so darum kämpfen, fünf Männer zu befreien?"
Februar 2004
Die Prozedur beim Eintritt in das Gefängnis im South Carolina der Vereinigten Staaten, wo René González Sehwerert einsitzt, ist für seine Tochter Irma González Salanueva immer die gleiche. Die Wachen überprüfen die Liste der zugelassenen Besucher, sie wird durchsucht, ihre Hand abgestempelt und darf so "clean" passieren.
Der Besucherraum ist so groß, dass er 80 Leute fasst, schätzt Irma. Die Sitze sind aus grünem Plastik und bestimmten Reihen angeordnet. Eine Gruppe von Wachhabenden bleibt zur Beobachtung im Raum. Je nach ihrer Toleranz sind einige "Freiheiten" erlaubt.
"Dieses Mal sagten sie zu mir: ‚Ein Kuss, wenn du kommst, ein Kuss, wenn du gehst und eine Umarmung unter den gleichen Bedingungen, du darfst ihn nicht berühren.’
Wir müssen während der ganzen Zeit sitzen bleiben – wir dürfen nur aufstehen, um auf die Toilette zu gehen. Das einzige, was erlaubt ist, sind Gespräche."
Der letzte Besuch bei ihrem Vater ist 3 Wochen her. Sie und ihre Großeltern sind die einzigen der Familie, die René gelegentlich im Gefängnis besuchen. Ihre Mutter, Olga Salanueva sowie ihre fünfjährigen Schwester, Ivette, waren zu einem Besuch nicht in der Lage. Beiden wurde die Möglichkeit, ihren Ehemann bzw. Vater zu sehen verwehrt.
"Als ich sechs Jahre alt war, ging mein Vater in die Vereinigten Staaten. Wir sahen uns wieder, als ich 12 war. Mein Vater dachte, dass er sich am Leben zweier Töchter erfreuen könne. Ich war 14 Jahre, als er verhaftet wurde und Ivette war ein kleines Baby. Er möchte alles über sie wissen und "sieht" sie durch mich. Er fragt mich begierig über alles aus, was sie tut und sorgt sich sehr um ihre Erziehung."
Während sie das Glück hat, mit ihrem Vater zusammen sein zu dürfen, trägt Irma eine große Verantwortung für die Übermittlung seiner Nachrichten an alle, wenn sie nach Kuba zurück kehrt und umgekehrt. Sie wiederholt warmherzig die Nachrichten seiner Familie für René. "Es ist schwierig für mich," sagt sie, "denn ich spreche mehrere Stunden mit ihm, manchmal über einfache Sachen – Sachen, an die ich mich nicht mehr erinnere, wenn ich in Kuba bin. Es ist eine große Verantwortung, zum Beispiel die Botschaften zu behalten, die er meiner Mutter schickt... Unsere Aufgabe ist, ihn aus dem Gefängnis zu bekommen, aber im Moment wünsche ich mir für meine Eltern, dass sie Gelegenheit haben, mit einander zu reden."
Irma ist 19 Jahre alt und studiert Psychologie ("Ich mag es, Leuten zu helfen, glücklich zu sein"). Sie glaubt nicht, dass ihr Leben besonders schwierig ist. "Es gibt Leute meines Alters, die ihre Mutter oder ihren Vater verloren haben. Ich habe noch beide. Ich habe über meinen Vater gesprochen, aber ich sollte auch über meine Mutter sprechen. Sie war es, die mich großzog, sie war bei mir, als mein Vater verhaftet wurde, sagte mir die Wahrheit, kämpfte mit den Unstimmigkeiten innerhalb unserer Familie (wir lebten ein revolutionäres Leben, doch mein Vater verließ die Insel. Wie erzählst du das deiner Tochter – ‚Dein Vater hat uns verlassen, aber du musst ihn lieben?’)
Unser beständiges Leben – jedenfalls, soweit es mich betrifft – ist meiner Mutter zu verdanken. Ja, es ist ein bisschen schwierig, aber man muss es bewältigen. Ich sehe mich nicht als Opfer. Ich weiß, dass er tun musste, was er getan hat. Natürlich wollte ich diese Jahre der Trennung nicht, noch ihn im Gefängnis zu sehen, noch an dem Tag dabei zu sein, als er verhaftet wurde, aber so ist Leben. Ich bin für die Unterstützung meiner Familie dankbar. Wenn mein Vater eine große Figur ist, dann ist es meine Mutter auch."
Irma holt freundlicherweise ein Fotoalbum von ihrer Reise nach South Carolina im vergangenen Jahr hervor. Die Fotos zeigen René mit Irma, mit seinen Eltern, mit seinen Freunden im Gefängnis. Seine Uniform ist beige und er hat seinen Bart abrasiert ("er ließ seinen Spitzbart, weil meine Mutter das mag", sie lächelt).
"Was ich am meisten an meinem Vater bewundere, ist, dass er sich nie beklagt. Er lächelt immer. Ich habe ihn nie über irgend jemanden schlecht reden hören, nicht einmal über die Rechtsextremisten, mit denen er in Miami zusammen war. Er ist ein nobler, selbstloser Mann. Jeder mag ihn. Er ist bescheiden – sehr intelligent, aber bescheiden. Er studiert ständig, immer auf der Suche, Sachen zu lernen, die anderen helfen.
Wenn er jemanden kritisiert, tut er das freundlich. Seine große Fähigkeit, Menschen zu mögen, fasziniert mich – seine Stärke, seine Zuneigung, die er anderen anbietet, seinen Rat. Ich bewundere ihn, aber nicht als einen Helden. Er ist vor allen Dingen mein Vater, und er sagt, jeder hätte in seiner Position das selbe für sein Land getan. Ich bewundere ihn, weil er ein guter Mensch ist. Er ist mein Idol. Er denkt nie an sich selbst, sondern nur daran, was für die Welt das Beste wäre, für die Zukunft."
Irma erzählt, dass sie ihrer Mutter immer sagt, dass sie unauffällig sein möchte: "Es ist ein bisschen schwierig. In meiner Klasse fühle ich mich gut, weil ich da nur eine unter anderen bin. Ich möchte nicht nur ‚Renés Tochter’ sein. Aber es ist mir nicht lästig, weil ich weiß, dass es um seine Befreiung geht und dass ich helfen muss. Obwohl es unbequem ist, durch die Straßen zu gehen und erkannt zu werden, beruhigt es mich, die Zuneigung und das Interesse zu sehen, dass die Leute in Kuba zeigen. Welche Regierung und welches Volk auf dem Planeten würde so darum kämpfen, fünf Männer zu befreien? Es ist eine wunderschöne Sache, die den Mangel an Privatleben ausgleicht. Wenn so viele Leute um seine Befreiung kämpfen, ist es das mindeste, was ich tun kann."
Deutsch: ¡Basta Ya!