Granma, 7. Oktober 2004

1963, EL COMPLOT [Das Komplott, Anm.d. Übers.], VON FABIAN ESCALANTE

Kennedy und Fidel, Ziele der selben Verschwörung

VON JEAN - GUY ALLARD - Sonderbericht für Granma International -

"Ein MORDANSCHLAG auf einen Präsidenten ist eine sehr komplexe Operation: es ist keine Angelegenheit eines einsamen Marihuanarauchers, der es allein auf sich nimmt, aus einem Schnellschussgewehr aus dem II. Weltkrieg zu schießen." In 1963: El Complot (1963: Die Verschwörung), stellt Fabián Escalante Font, über 30 Jahre lang Leiter und Mitstreiter des kubanischen Geheimdienstes, die kubanische Sicht einer Verschwörung dar, bei der nicht nur die Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy geplant war, sondern auch die Ermordung des kubanische Präsidenten, Fidel Castro.

Escalantes 250 faszinierende Seiten umfassende Analyse wurde kürzlich von Ocean Press Herausgebern (www.oceanbooks.com.au) im Laufe einer Pressekonferenz mit dem Autor in Havanna auf dem internationalen Markt veröffentlicht.

"Wir verbinden die Mordanschlagsversuche auf Fidel nicht mit der Ermordung Kennedys. Sie stellten diese Verbindung her", erklärt der General im Ruhestand in Bezug auf die Arbeit des Komitees, das sich zur Aufgabe gemacht hatte, die große Anzahl von CIA-Mordkomplotten auf ausländische Regenten zu untersuchen, die von Senator Frank Church geleitet wurden, der 1978 Havanna besuchte.

"Dies geht nicht auf meine Initiative oder auf die des kubanischen Geheimdienstes zurück. Diese Verbindung zwischen Kennedys Ermordung und den Mechanismen des CIAs, den Cubano-Amerikanern und der Mafia wurde von US-Behörden hergestellt. Wir verfolgten den Faden, den sie uns in die Hand gaben."

DIESE VERSCHWÖRUNG HATTE EINEN OFFIZIELLEN HINTERGRUND

Fabián Escalante ist sich sehr im Klaren über das Dallas-Verbrechen: "Dies ist eine Verschwörung, die einen offiziellen Hintergrund hatte, ich hege keinen Zweifel darüber!"

"Ich denke, dass ich aufzeige, wie die ganze Operation organisiert war und wie sie grundsätzlich darauf ausgelegt war, Lee Harvey Oswald zu beschuldigen, weil Oswald nach Havanna kommen sollte. Durch ein reines Wunder, einen Zufall, kam er nicht, nachdem er alles nur Erdenkliche dafür getan hatte, um nach hier zu reisen. Stellen sie sich vor, wenn Lee Harvey Oswald Ende September, Anfang Oktober - in der Zeit wollte er reisen - in Havanna gewesen wäre, nur für einen Tag!"

Andererseits behauptet der Autor. dass alle Untersuchungen von Kennedys Ermordung bestätigt haben, dass vier Schüsse abgefeuert wurden "und auch aus verschiedenen Richtungen", was zu der unvermeidlichen Frage führt: Warum sind dann über 100 Leute, die auf irgendeine Weise in Zusammenhang mit dem Verbrechen standen, auch gestorben, nachdem Kennedy getötet worden war?

"Wir beschlossen in den 1990ern, dieser Frage nachzugehen." deutete der General an, der nach seiner Pensionierung von der Staatssicherheit 1993 dem Innenministerium vorschlug, ein Studienzentrum zu schaffen, das in Verbindung mit der Organisation steht, die eng mit den vielen Siegen der Kubanischen Revolution über die US-Destabilisierungspläne verbunden ist.

"Wir stießen auf verschiedene Berichte von Personen, die beabsichtigten, eine Gruppe von Kubanern am 18. November 1963 in Dallas zu stationieren, einschließlich Pedro Luis Diáz Lanz, die Novo Sampol Brüder, Luis Posada Carriles, Orlando Bosch, Virgilio Paz, Antonio Veciana und andere."

Antonio Vecianas Organisation war schon vor der Ermordung Kennedys in Dallas, Fabián Escalante merkte an: "Das wurde vollständig aufgezeigt. Mit anderen Worten, Antonio Vecianas Gruppe organisierte sich ungewöhnlicher Weise in Dallas und sein Büro befand sich in einem Haus, wovon der Sheriff von Dallas berichtete - das sage nicht ich, sondern er - dass Lee Harvey Oswald dabei gesehen wurde, als er es betrat. Wie seltsam! Was für eine Koinzidenz!"

Zu der Zeit war Dallas ein Waffenhandelszentrum für die italienische Mafia, die Waffen von der US-Armee kaufte und an kubanische Gruppen weiterverkaufte. "Und Dallas, gemeinsam mit New Orleans und Miami waren die Städte, die eine Achse für Waffenhandel und illegalen Sprengstoff bildeten."

JMWAVE: "MEHR KRIMINELLE ALS DIE BOTSCHAFT IN BAGHDAD"

Für Fabián Escalante war 1963 das Jahr, in dem sich die Cubano-amerikanische Mafia konsolidierte und ein Eigenleben zu führen begann: "Bis dahin diente die exilkubanische Bewegung als eine Fundgrube von Akteuren für die Pläne der CIA, sie waren Gelegenheitssoldaten für die CIA."

Aber als 1962 Miamis größte operative Basis, JM/WAVE, organisiert wurde, traten die konterrevolutionären Aktionen in eine neue Phase.

Die CIA-Station in Miami war riesig: "Sie beherbergte mehr Kriminelle als die jetzige US-Botschaft in Bagdad, von der behauptet wird, dass sie über 1.000 Beamte hat. In der JM/WAVE waren 4.000 Kubaner und 400 Leute an US-Personal. 4.400 Leute!"

Diese große Basis, ausschließlich für den Angriff auf Kuba eingerichtet, hatte natürlich einen hohen Bedarf.: "Sie begann Unternehmen zu organisieren, die in vorderster Linie standen, denn sie brauchten Schiffswerften, um die Boote reparieren zu können, die nach hier fuhren, um die Insel anzugreifen. Sie brauchten ein Flugunternehmen für ihre Luftfahrt. Sie mussten Waffen kaufen, sie brauchten Banken und Immobilien. Und sie begannen, sie mit konterrevolutionären Kubanern zu besetzen."

Und diese Individuen bemerkten, dass der kalte Krieg gleichzeitig zweierlei Zwecken dienen konnte, betonte der General, "Einen Krieg gegen uns herbeizuführen und dabei selber Millionen von Dollar zu verdienen! Und im Jahr 1962 fingen sie an, ihre Chance wahrzunehmen, die im Jahr 1963 dann schon gesichert war."

Von diesem Augenblick an begann die Miami Mafia, ihre eigene Stärke wahrzunehmen: "Wir machen und stürzen Präsidenten," so sagten die Anführer in Miami immer wieder.

"Es ist klar, worum sich in Miami alles dreht. Sie setzten einen Präsidenten ab, denn sie töteten Kennedy und sie setzten einen Präsidenten ein, denn sie brachten Bush dort hin, wo er heute ist."

"UND SIE SAGEN ES SO, IN ALLER RUHE"

Von Januar bis in den August 1962, erlebte Kuba etwa 5.870 Sabotage und Terrorakte, Mordanschlagsversuche und Ermordungen, erinnert Escalante.

"Und so wird darüber gesprochen, in aller Ruhe, es scheint das Blut von keinem dieser Leute in Wallung zu bringen. Es ist eine Schande."

Viele Leute haben gefragt, wie Kennedy die Beziehungen zu Kuba gehandhabt hätte, wenn er in Dallas nicht erschossen worden wäre. "Er hätte wahrscheinlich eine friedliche Koexistenz mit Kuba gewollt", sagt der Autor von 1963: El Complot.

Doch er deutete an: "Nicht wegen des positiven Ausgangs, sondern weil er schon wusste. dass mit Gewalt nicht das Geringste zu erreichen sei. Sie hatten schon militärische Gewalt ausprobiert, die größte Geheimoperation, die die Vereinigten Staaten bis dahin unternommen hatte.

PORTER GOSS, FRÜHERER OPERATEUR UND NEUER CHEF DER CIA

Inbezug auf die Verabredung der Bush-Administration mit dem Kongressabgeordneten, Porter Goss, aus Florida - einem früheren Operateur der Organisation in den 1960ern, der an den antikubanischen Aktivitäten der JM/WAVE teilnahm, nun neuer Chef der CIA, hinterfragte der General die Absichten solcher Individuen.

Er dachte, dass diese Entscheidung im Hinblick auf "Stärkung der operativen Einheit" getroffen worden sein könnte, "um aktiven Einheiten Vorrang zu geben, wie Spezialkommandos, der Rekrutierung von Agenten, dem Eindringen, der Sabotage, dem Terrorismus. Es ist eine uralte Praxis des US-Geheimdienstes," behauptete er.

Escalante erinnerte dann daran, wie die Terroristen, Orlando Bosch und Vergilio Paz Ende 1974 sogar so weit gingen, mit der Diktatur von Pinochet Tauschhandel zu treiben, um im Gegenzug die Anerkennung ihrer konterrevolutionären Organisation zu erhalten: "Wir werden töten, wer auch immer getötet werden soll, und wir werden eine Bombe legen, wo immer wir sie platzieren sollen," und sie legten eine Bombe in das kubanische Passagierflugzeug, sie sprengten Letelier in die Luft. Sie ermordeten Linke und Rechte."

Wer könnte leugnen, dass das eine terroristische Mafia ist?" schloss Escalante.

1963: El Complot von Fabián Escalante ist verfügbar bei www.amazon.com.

Deutsch: ¡Basta Ya!

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