Granma, 18. Februar 2005

EINE DISKUSSION MIT DEM DIREKTOR FÜR MULTILATERALE ANGELEGENHEITEN DES AUSWÄRTIGEN AMTES

Kubas immenses Ansehen bei der Menschenrechtskommission

  • Stellungnahmen zu Kubas Wahl in das Ständige Komitee
  • Die 61. Sitzung wird zum Lackmustest für die HRC

Von Mireya Castañeda

Als die Gruppe der lateinamerikanischen und karibischen Länder der Menschenrechtskommission (HRC) Kuba in das Ständige Komitee wählte, war dies zweifellos eine immense Anerkennung des Ansehens von Kuba nach zehn Jahren Arbeit in dieser Organisation.
Die Nachricht schlug bei den von den Großmächten kontrollierten Medien wie eine Bombe ein und hatte Kommentare gegen Kubas Anwesenheit in diesem Komitee zur Folge.
Warum eine solche Reaktion? Die Gründe wurden Granma International von einem kubanischen Diplomaten erklärt, dessen Dynamik und klarer und treffender Stil, Fragen zu beantworten, schon während seiner Zeit als Leiter der HRC-Delegation in der Periode 1959 -1960 bekannt war. Ich spreche von Juan Antonio Fernández, dem Direktor für multilaterale Angelegenheiten des Auswärtigen Amtes.

Worum handelt es sich beim Ständigen Komitee?

Das Ständige Komitee ist Teil dessen, was unter der Bezeichnung "Vertrauensprozess 1503" bekannt ist, und es ist der HRC verantwortlich und macht bezüglich angeblicher Verletzungen Berichte über Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen. Es ist der erste Schritt in dem Prozess, bevor die Berichte die Kommission erreichen. Davor gehen sie ins Kommunikations-Komitee, in dem der Experte Miguel Alfonso Martin Kuba repräsentiert.

Was ist die Funktion [des Ständigen Komitees]?

Das Ständige Komitee berichtet über Vorschläge, die zuvor vom Kommunikations-Komitee gemacht wurden. Es analysiert und erörtert jeden Fall und dann gibt es verschiedene Optionen: die Berichte nicht weiter zu verfolgen, ihnen einen schwebenden Status zu verleihen und nach weiteren Informationen zu forschen oder man reicht sie weiter an die Kommission.

Nach welchen Standards muss das Komitee seine Analysen durchführen?

Es muss zeigen, dass es sich um ernste, großangelegte und fortgesetzte Verletzungen der Menschenrechte handelt. Das heißt nicht, dass nicht auch Einzelfälle als ernst, großangelegt und systematisch betrachtet werden können. Die Gruppe trifft ihre Entscheidungen und übergibt ihre Untersuchung der HRC, und während der nächsten Periode - vom 14. März bis zum 21. April - wird es zwei Sitzungen geben, um die Vorschläge durchzugehen und eine Entscheidung zu treffen. Das Ständige Komitee spielt eine wichtige Rolle, weil sie das Eingangstor zur HRC ist.

Wer sind seine Mitglieder?

Es hat fünf Mitglieder, eines aus jeder regionalen Gruppe. Am Ende des letzten und zu Beginn diesen Jahres wurden vier Mitglieder gewählt. Die Gruppe aus Afrika wählte Simbabwe, die Gruppe Westeuropa und Andere wählte die Niederlande, die osteuropäische Gruppe wählte Ungarn und die Gruppe Asien und Ozeanien wählte Saudi Arabien. Nur die lateinamerikanische Gruppe scheiterte daran, einen Kandidaten zu wählen.
Unser Kandidat war vor einem Jahr nominiert worden und wir warteten nur auf die Bestätigung der Gruppe Lateinamerika und Karibik die sich ein wenig verspätet hatte. Das hing mit gewissen Manövern hinter den Kulissen zusammen, und zwar, wie wir wissen, von einer Macht außerhalb der Region, die interessiert daran war, dass Kuba nicht gewählt wird. Doch schließlich, vor zwei Wochen, kam als Antwort auf den Vorschlag von Argentinien, dem Koordinator der Gruppe, die Bestätigung, und die Wahl war glücklicherweise beendet.

Die Wahl provozierte verschiedene Reaktionen. Können Sie dazu Stellung nehmen?

Nach der Wahl lasen wir Presseorgane, die von den Großmächten kontrolliert werden, und Erklärungen von sog. Nichtregierungs- und Regierungsorganisationen, von denen einige ganz klar für die CIA arbeiten. Ich beziehe mich da im wesentlichen auf "Reporter ohne Grenzen", Human Rights Watch" [Menschnrechts-Beobachter] und den Sprecher des State Department, all jene, die unter Benutzung beleidigender Formulierungen, die Mitgliedschaft in der HRC von sowohl Simbabwe als auch Kuba kritisierten. Kuba hat jetzt seine eigene Stimme.
Ich glaube, das wichtigste an unserer Wahl ist die Anerkennung der Rolle, die Kuba in der Kommission gespielt hat, und das Prestige, das Kuba dort genießt. Die Tatsache, dass wir eine eigene Stimme haben können, absolut unabhängig und frei, ist in mehr als zehnjähriger Anwesenheit in der HRC exakt das Ergebnis unserer ethischen Haltung bei der Verteidigung der gerechtesten Anliegen, die von der Kommission aufgegriffen wurden, und der Zurückweisung der enormen Politisierung, der Doppelmoral, der Scheinheiligkeit, die von den 90ern bis heute die Arbeit der HRC behindern, was zu einer Abnahme ihrer Glaubwürdigkeit führte, eine Tatsache, die, wie ich glaube, jeder zugeben muss.

Tausende von Berichten über Folter in Guantánamo und Abu Graib.

Diese Kritiken und Sorgen sind nicht zufällig. Was in der Vergangenheit vorging, war, dass der Block der Großmächte, die westlichen Länder und die Vereinigten Staaten, all diese Mechanismen leicht manipulieren konnten, da das Ständige Komitee seine Zeit ausschließlich dafür verwandte, Vorschläge zu angeblichen Menschenrechtsverletzungen der Länder des Südens einzureichen, und wir wurden jedesmal verurteilt und keiner machte sich über irgend etwa Sorgen. Zum Glück haben sich die Dinge und damit auch das Komitee geändert, und es hat zahllose, Hunderte, wenn nicht Tausende von Berichten über Dinge gegeben, die nach der öffentlichen Meinung der Welt, die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen darstellen, begangen an einem Ort, den Präsident Fidel Castro einmal als "Internationales Folterzentrum" bezeichnet hat, nämlich in der Marinebasis Guantánamo auf unserem Territorium. Dazu kommen noch Berichte von ekelerregenden Folterungen und Misshandlungen im Gefängnis von Abu Graib im besetzten Irak. Auch gibt es Hunderte von Berichten über unsere fünf Helden, Berichte aus aller Welt. Das ist eine Angelegenheit, mit der sich zahlreiche Organisationen und Kuba-Solidaritäts-Gruppen beschäftigen. Das Komitee beschäftigt sich auch mit zahlreichen Verletzungen der Menschenrechte in industrialisierten Ländern im Zusammenhang mit Rassismus, wachsender Ausländerfeindlichkeit in der entwickelten Welt, Anti-Immigrationspolitik, die ebenfalls Menschenrechte verletzt, Diskriminierung von Minderheiten und indigener Völker. Jetzt sind sie besorgt.
Jetzt sind sie besorgt über Kubas Anwesenheit im Ständigen Komitee, weil sie auf der Anklagebank sitzen und nicht wir. Warten wir die endgültigen Entscheidungen über diese Berichte ab, einige sprechen dafür einige dagegen.

Ansehen in der HRC

Kuba genießt ein gewisses Ansehen in der HRC. Wer sagt das? Wir sind kein verurteiltes Land, unser Ansehen ist immens. Nicht wie das der Vereinigten Staaten, die aus der Kommission entfernt wurden und folglich ihren Sitz abgaben und darum nicht mitstimmen können. Wir wurden immer gewählt.

Welche Form wird die 61. Sitzung der HRC annehmen?

Es wird eine besonders komplexe Situation geben. Die HRC geht durch eine ernste Identitäts- und Glaubwürdigkeitskrise wegen der Scheinheiligkeit und der Doppelmoral, die praktiziert wurden. 15 Jahre lang hat Kuba das beklagt, und es scheint, als ob es offene Ohren erreicht hat. In einem Bericht der Gruppe "Bedrohungen, Herausforderungen und Wechsel" an den UN-Generalsekretär heißt es: "In den letzten Jahren haben abnehmende Glaubwürdigkeit und Professionalität die Fähigkeit der Kommission, ihre Funktionen auszuführen, geschwächt. Die Kommission kann nicht glaubwürdig sein, wenn sie bei der Beurteilung von Menschenrechtsfragen unterschiedliche Standards anwendet".

Ein Lackmustest für die HRC

Diese Sitzungsperiode wird ein Lackmustest dafür, ob man auf dem Weg zu einer Korrektur vorwärts kommt und die selektiven Verurteilungen unterlässt. Während der letzen Sitzung z.B. kam es nicht einmal zu einer Diskussion über die Aggression gegen den Irak. Kubas Vorschlag, den Status der Gefangenen in Guantánamo, wo systematisch gefoltert wird, zu untersuchen, hängt heute noch in der Luft.

Können Sie darlegen, worin Kubas Teilnahme bestehen wird?

Wieder einmal sind wir darauf vorbereitet, uns den Manövern gegen unser Land entgegenzustellen. Wir sind bereit, die Wahrheit zu verteidigen und werden auch selbst einige Anträge stellen, und zwar zum Recht auf Nahrung, zur Auslandsverschuldung, zur Verurteilung des Einsatzes von Söldnern, zum Recht auf Frieden und zur Verurteilung der Situation unserer in den Vereinigten Staaten inhaftierten fünf Helden.

Deutsch: ¡Basta Ya!

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