Antiterroristas. cu, 4. Juni 2004
Ein Interview mit Leonard Weinglassvon Bernie Dwyer, Radio Havana Cuba3. Juni 2004
Leonard Weinglass der bekannte Zivilrechtsanwalt aus New York stieß vor einigen Jahren zum Verteidigerteam der fünf kubanischen politischen Gefangenen und ersetzte damit Antonio Guerreros früheren Anwalt, der das Team aus Gesundheitsgründen verlassen musste. Seitdem hat Leonard Weinglass unermüdlich an den rechtlichen Aspekten des Falles gearbeitet, insbesondere für die Berufung vor dem "11th Cuircuit Court of Appeals" in Atlanta, vor dem am 10. März diesen Jahres eine Anhörung stattfand. Außerdem hat er sich an Kampagnen für Gerechtigkeit für die Fünf beteiligt und auf zahlreichen Veranstaltungen sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa gesprochen.
Bernie Dwyer von Radio Havana Cuba hatte Gelegenheit, am 3. Juni telefonisch mit ihm zu sprechen. [Bernie Dwyer]: Es ist gut, wieder einmal mit Ihnen zu sprechen, Herr Weinglass. Sie sind in letzter Zeit als Gast verschiedener Juristen und politischer Aktivisten viel herum gereist, um über den Fall der fünf kubanischen politischen Gefangenen in den USA zu sprechen. Im April waren sie in Europa. [Leonard Weinglass]: Ja, ich war in Berlin und Antwerpen. In Deutschland war ich von verschiedenen Gruppen eingeladen, speziell aber auch von einer Gruppe von Anwälten und Richtern, die in Berlin praktizieren und Gericht halten. [BD]: Wie, glauben Sie, würden die Juristen, mit denen Sie gesprochen haben, den Fall auf professionellem Niveau analysieren? [LW]: Aus der europäischen Entfernung sehen sie den Fall in politischem Zusammenhang. Im Allgemeinen wissen sie von der vier Jahrzehnte dauernden Geschichte, sie wissen von den aggressiven Aktionen und den militärischen Übergriffen gegen Kuba und sind nicht überrascht, aber, ich würde sagen, etwas geschockt von den Umständen der Fünf. Sie glauben, dass von Anfang an, unter Berücksichtigung der Geschichte, die Anklage ungerecht ist und die Urteile für die Fünf exzessiv und ungerechtfertigt sind. [BD]: Haben sie irgend eine Ahnung von dem Einfluss der rechtsradikalen anti-kubanischen Gruppen in Miami, und in wie weit das ein Gerichtsverfahren beeinflussen kann? [LW]: Ich fand sie über den Standort Miami überraschend gut informiert. Sie waren überhaupt nicht überrascht, als ich ihnen Miami beschrieb. Sie schienen es zu wissen. Sie schienen die Verbindungen zwischen dem extrem rechten Flügel in den Vereinigten Staaten und dem rechten Flügel in der Exilgemeinde in Miami zu kennen. Sie waren sich dieser Faktoren sehr bewusst und darum sehr aufgeschlossen für meine Darstellung der Art und Weise, in der das alles abgelaufen ist. [BD]: Wie reagierten die normalen Menschen, die gekommen waren, um Ihnen zuzuhören? Waren die Reaktionen der Europäer anders als jene in den USA? Die Gruppen, die gekommen waren, um mich reden zu hören, machen sich zum großen Teil aufrichtige Sorgen um Kuba und haben bessere Kenntnisse der Geschichte als die meisten Amerikaner. Ich empfand sie als weit empfänglicher. Die Fragen waren weit mehr politischer als rechtlicher oder technischer Natur. Sie waren sehr froh, spezifischere Informationen über den Fall zu bekommen als zuvor. [BD]: Am 20. Mai nahmen Sie gemeinsam mit Alice Walker an einem Treffen in San Francisco teil, Wie war das Publikum und wie reagierte es?
[LW]: Das Publikum war gemischt. Es waren sowohl informierte Leute da, als auch Leute, denen der Fall neu war. Aber ich muß sagen, dass die Leute, die Informationen über den Fall besaßen, meistens allgemeine Eindrücke hatten und sehr froh waren, spezifischere Informationen zu bekommen, die sie nutzen können, mehr Interesse an dem Fall in ihren Regionen zu erregen. So freute ich mich, mit ihnen über spezifische Aspekte des Falles sprechen zu können. [BD]: Ich kann mir vorstellen, dass die Fünf ungeduldig auf das Ergebnis der Berufung warten. [LW]: Natürlich tun sie das. Ich habe von einigen von ihnen gehört, und jeder will sofort verständigt werden, und sobald die Entscheidung gefallen ist, werde ich losfahren, um sie, hoffentlich alle, zu besuchen und mit ihnen die Entscheidung durchzugehen, weil wir dann weitere Schritte unternehmen müssen, und wir müssen analysieren und sehen, welche Schritte von da an notwendig sind. [BD]: Als Folge der Grausamkeiten im Gefängnis Abu Ghraid im Irak hat es jetzt eine Menge Artikel über die Bedingungen in US-Gefängnissen gegeben. Würden Sie sagen, dass einer oder jeder der Fünf auch eine derartige Misshandlung erhalten hat?
[LW]: Natürlich, vor etwas mehr als einem Jahr wurden sie alle in Straf-Isolationszellen gesteckt. Das war allerdings eine Anordnung der Administration in Washington und nicht das Produkt von irgend welchen zwischenmenschlichen Beziehungen zu den Wachen. Ich hatte noch nie von einer mißbräuchlichen Behandlung auf diesem Niveau gehört. [BD]: Olga Salanueva, die Frau von René González, und Adriana Pérez, verheiratet mit Gerardo Henández, warten immer noch auf Visa für die Vereinigten Staaten, um ihre Ehemänner besuchen zu können. Gibt es irgend welche Bewegungen der US-Einwanderungsbehörde, ihnen zu erlauben die USA zu betreten?
[LW]: Darüber gibt es meines Wissens nichts Neues. Allerdings bezeichnet Amnesty International im Zuge einer internationalen Kampagne die Behandlung von René und Gerardo als gleichbedeutend mit Folter, weil man ihnen den Besuch der Ehefrauen und, in Renés Fall, der kleinen Tochter verweigert. Die Behauptung, dies sei eine Art von Folter, gewinnt wegen der Enthüllungen aus dem Irak und Afghanistan in der internationalen Gemeinschaft jetzt an Glaubwürdigkeit. |