Interview mit Weinglass, dem Anwalt von Antonio GuerreroGloria La Riva, 22. November 2006
Es wurden neue Berufungsanträge gegen die Verurteilungen der Cuban Five eingereicht. Gloria La Riva, die Koordinatorin des National Committee to Free the Five, führte mit Leonard Weinglass, dem Anwalt von Antonio Guerrero, einem der Fünf, folgendes Interview:
Gloria La Riva (GLR): Können Sie bitte den Stand der Berufung zu diesem Zeitpunkt erklären und uns nach dem 9. August, als den Cuban Five ein neues Verfahren verweigert wurde, auf den neusten Stand bringen?
Leonard Weinglass (LW): Am 9. August 2006 erhielten wir das Urteil des gesamten Gerichtes in Atlanta. Mit 10 zu 2 Stimmen bestätigte dieses Gericht die Richterin, die eine Ortsverlegung des Prozesses abgelehnt hatte. Es gab einen starken 53-seitigen Widerspruch der beiden Richter dazu, die zu dem Drei-Richter-Gremium gehörten, das ursprünglich zugunsten der Ortsverlegung gestimmt hatte. GLR: Wäre das eine mündliche Anhörung? LW: Ja, wenn es das Gericht so wünschte, und wir warten darauf, von dem Gericht davon zu hören. Wenn wir nichts weiteres darüber hören und ein Antwortschreiben nicht nötig ist, werden wir auf das Urteil des Gremiums warten. Wir können nicht sagen, wann es ergeht. Nach unseren günstigsten Schätzungen wird es wahrscheinlich zwischen Februar und Mai sein, innerhalb dieses Zeitrahmens. Wir können nicht sicher sein. Man muss im Kopf behalten, dass es dasselbe Gremium ist, dass 16 Monate brauchte, um die Sache der Ortsverlegung zu entscheiden. Es ist sehr schwer vorhersagbar.
GLR: Sie erklären, dass zwei Richter die Sachverhalte überprüfen. Wenn es zwischen den beiden Meinungsverschiedenheiten gäbe, was geschähe dann? GLR: Was sind die unmittelbar nächsten rechtlichen Schritte, wenn es kein zufriedenstellendes Ergebnis oder einen Teilsieg in dem kommenden Urteil gibt? LW: Wir können gegen jede Sache, die das Gremium gegen uns entscheidet, in Berufung gehen. Das wäre zuerst bei dem gesamten Gerichtshof des 11. Bezirks, den wir schon wegen der Ortverlegung anriefen. Dann würden wir über einen direkten Antrag beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten um eine Überprüfung dieser Sachverhalte sowie auch des Anliegens der Ortsverlegung bitten, das wir auch vor den Obersten Gerichtshof bringen können. Das käme in Frage, wenn wir vor dem Gremium verlieren. GLR: Wenn Sie auf dieser Ebene keinen Erfolg haben, welche Möglichkeiten haben die Anwälte dann? LW: Alles worüber wir bisher gesprochen haben, nennt man direkte Berufung. Das ist eine unmittelbare Berufung gegen das Urteil. Wenn wir irgendwo verlieren, einschließlich vor dem Supreme Court, dann haben wir das Recht auf eine mittelbare Berufung. Das wäre eine Berufung unter Anwendung des von der Verfassung garantierten "habeas corpus" [Jeder Festgenommene oder Inhaftierte hat das Recht, ohne Verzug und öffentlich vor einem Richter zu erscheinen und angehört zu werden, damit der Richter entscheidet, ob die Festnahme rechtmäßig war oder nicht. Denn: Habeas corpus! Du hast ein Recht an deinem Körper inne.], wobei keine Punkte, die bereits behandelt und über die bereits entschieden wurde, wiederholt, sondern neue bisher nicht verhandelte uns zur Verfügung stehende Aspekte behandelt würden. GLR: Das Verteidigerteam hat während der Berufung sehr sorgfältig gearbeitet. Haben Sie eine Botschaft an die Unterstützerbewegung in den Vereinigten Staaten und der ganzen Welt?
LW: Die Anstrengungen der Unterstützer sind eine große Hilfe, dies ist eine Lehrstunde in Geschichte. Dies ist in jedem wichtigen Fall so gewesen und war es auch in diesem Fall. Wir sind überzeugt, dass der Sieg, den wir hatten, und das war ein nie dagewesener Sieg im August 2005, die Antwort auf die Unterstützung hier und international war. GLR: Sie haben in den letzten Wochen vor zahlreichen Zuhörern über die Cuban Five gesprochen, am 23. September vor einem Forum in Washington, DC, während der Vorstellung von Salim Lamranis Buch in New York, am 16. Oktober vor Hunderten von Jurastudenten und Professoren im William Mitchell College of Law in Minneapolis, als auch vor der National Lawyers Guild in Austin, Texas. Wie waren die Reaktionen auf Ihre Ausführungen über die Fünf von den Leuten, die zum ersten Mal von dem Fall hörten?
LW: Ich glaube, sie waren etwas geschockt und konnten nicht glauben, dass die Leute nichts von der Verhandlung gehört hatten, die zu der Zeit, als sie stattfand, die längste der Vereinigten Staaten war. Es war ein Verfahren, dass wichtige Aspekte der Außenpolitik einschloss, in dem der Kubaberater des Präsidenten unter Eid aussagte; zwei pensionierte Generäle, ein Admiral und zwei Beamte der kubanischen Regierung sagten dort aus. GLR: Nach der Rücknahme des Sieges der Fünf gab es in diesem Sommer eine Menge Interviews mit Ihnen. Haben Sie ein Gefühl für die Ansichten und Empfindungen dieser Reporter bekommen, z.B. verglichen mit der Behandlung des Terroristen Posada Carriles durch die US-Regierung?
LW: Erstens erinnert es mich an die kürzliche Gesinnungsänderung der Medien gegenüber dem Irakkrieg, worüber sie jetzt eine Menge schreiben in der Art wie "Wo waren wir als wir die Gelegenheit hatten, alle diese Lügen, die uns in diesen Krieg gezogen haben, aufzudecken? Warum waren wir nicht schlauer und aggressiver?" Die Reaktionen der Medien auf Posada Carriles und neuerer Entwicklungen war, "Warum haben wir diesen Fall nicht genauer verfolgt, als er passierte? Es gibt eine Menge "mea culpa" [meine Schuld]. Es gibt eine Menge Selbstbeschuldigungen und Gefühle von Unwürdigkeit, dass man nicht besser aufgepasst hat. Es gibt das Gefühl, dass über den Fall von Posada genau berichtet werden muss und zwar zusammen mit dem Fall der Fünf.
LW: Antonio habe ich Mitte Oktober besucht, der ist so produktiv wie nie zuvor. Er gibt ein neues Buch heraus mit seinen Gedichten, Kalligrafien und Illustrationen. Es enthält auch ein Porträt von Nelson Mandela, der es unterzeichnet und an Antonio zurückgeschickt hat. Ich besitze eine Kopie davon. GLR: Wie ist ihre Stimmung? Sie besitzen alle viel Energie, sie sind inspiriert, sehr klar, optimistisch, aber realistisch darüber, wessen sie gegenüberstehen und warum. Dies sind Männer, die ihr Leben einer edlen und gerechten Sache gewidmet haben und dies in Geist und Gesinnung reflektieren. GLR: Im Namen aller der Cuban-Five-Solidaritätsbewegung danken wir Ihnen Leonard, Richard Klugh und dem ganzen Verteidigerteam für alles, was Sie für die fünf kubanischen Helden tun. LW: Danke
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db) |