Quelle: Shepherd Express
Wer sind die Cuban Five?Der Shepherd interviewt den legendären Menschenrechtsanwalt Leonard Weinglass Von Michael Timm 8. November 2007
Die Website des Nationalkomitees zur Befreiung der Cuban Five nennt die fünf, als die "Cuban Five" bekannten Männer "fälschlich angeklagt", betitelt sie als "politische Gefangene" und argumentiert, dass sie ironischerweise wegen Handlungen gefangen gehalten werden, die den Terrorismus gegenüber ihrem Heimatland Kuba verhüteten - einen Terrorismus, der angeblich in den Vereinigten Staaten geplant wurde. Der Shepherd Express sprach mit Weinglass am Telefon in Vorausschau auf seinen Vortrag. Shepherd: Wer sind die Cuban Five? Was geht Amerikaner das an?
Weinglass: Die Cuban Five sind fünf kubanische Männer, zwei von ihnen sind amerikanische Staatsbürger, die in die Vereinigten Staaten kamen, um [und von der kubanischen Regierung beauftragt waren, Anm. des Interviewers] die Aktivitäten dieser Gruppen in Südflorida zu überwachen, die im Laufe der vorangegangenen Jahre an gegen Kuba gerichtete terroristischen Aktivitäten beteiligt waren. Die Kubaner schickten sie, nachdem ihre an das Außenministerium und an die Vereinten Nationen gerichteten Proteste fehl geschlagen waren, eine Antwort von der amerikanischen Regierung zu erhalten. Sie kamen ohne Waffen, ohne Sprengstoff, sie begingen keine Sabotageakte, keine Brandstiftung, niemand wurde verletzt, dennoch wurden sie vom FBI verhaftet und der Spionageverschwörung angeklagt. Und einer von ihnen wurde sieben Monate später aufgrund des Abschusses von zwei Flugzeugen, die gerade in den kubanischen Luftraum eindrangen, angeklagt, Verschwörung zum Mord begangen zu haben. Shepherd: Warum ist dieser Fall für den Kampf gegen den Terrorismus und die nationale Sicherheit wichtig?
Weinglass: Also, der Präsident der Vereinigten Staaten hat deutlich gesagt, dass jedes Land, das Terroristen beherbergt, sich des Terrorismus genau so schuldig macht wie die Terroristen selber. Was dieser Fall enthüllt, ist, dass die Vereinigten Staaten jahrzehntelang Gruppen beherbergt haben, von denen sie wissen, dass sie an terroristischen Aktivitäten beteiligt waren. Und nach der Bush-Formulierung würde es dieses Land selber des Terrorismus schuldig machen. Shepherd: Wo steht der Fall jetzt? Was kommt als nächstes? Was ist Ihre Strategie? Weinglass: Der Fall hat einen eigentümlichen Rechtsverlauf genommen. Am 20. August diesen Jahres haben wir den Fall zum dritten Mal vor dem Berufungsgericht des Bundessystems in Atlanta, Georgia, dem 11. Bezirksberufungsgericht, verhandelt. Es ist selten, dass ein Fall dreimal in Berufung geht. Wir warten gerade auf die Entscheidung des Drei-Richter-Gremiums des 11. Bezirks. Und dieses Urteil sollte um den Ersten des nächsten Jahres oder kurz danach jederzeit erfolgen. Wir hoffen, dass das Berufungsgericht die Verschwörung zum Mord insgesamt streichen und die anderen lebenslänglichen Anklagen wegen Verschwörung zu Spionage an ein neues Verfahren zurück verweisen wird. Shepherd: Wie genau haben die Cuban Five Informationen gesammelt oder sind sie gegen die Terroristen vorgegangen? Wie genau haben sie diese Gruppen infiltriert? Wie und warum führten diese Aktionen zu ihrer Verhaftung?
Weinglass: Also, sie infiltrierten eine Gruppe, Brothers to the Rescue genannt, die Kuba während der Zeit regelmäßig illegal überflogen hatte, erfolgreich sowie andere Gruppen, die an Terroranschlägen beteiligt waren, wie Commandos F-4 und andere Organisationen. Und sie schickten dann die gewonnene Information über die jeweils geplanten Anschläge dieser Gruppen nach Kuba. Dann konnte Kuba Verteidigungsmaßnahmen ergreifen. Shepherd: Gibt es von den Anklagen gegen die Cuban Five welche, die sie nicht bestreiten?
Weinglass: Also, die meisten der Anklagen sind geringer. Sie betreffen die Nutzung falscher Namen, was so stimmt. Sie betreffen auch das Versäumnis, sich beim Justizminister als Agenten eines fremden Landes registrieren lassen zu haben. Das entspricht auch der Wahrheit. Aber im Hinblick auf diese Anklagen lautete die Verteidigung, dass diese formalen und nicht gewalttätigen Gesetzesverstöße aufgrund der Rechtfertigung oder Notwendigkeit entschuldigt werden sollten. Das ist ein Lehrsatz in unserem Gesetz, der es einer Person erlaubt, formal gegen das Gesetz zu verstoßen, wenn die Absicht dieser Handlung darin besteht, ein größeres Unglück zu verhüten. Auf der Rechtsfakultät lernen wir, dass eine Person unbefugt in das Anwesen des Nachbarn eindringen darf, wenn das Haus des Nachbarn in Brand steht, und wenn die Person es tut, um einen Eimer Wasser auf die Flammen zu gießen. Shepherd: Wer sind die kubanischen Terroristen, die angeblich unbehelligt in Amerika operieren? Sind die Vereinigten Staaten ein staatlicher Sponsor des Terrorismus'?
Weinglass: Gut, es gibt eine ganze Anzahl von Gruppen. Einige von ihnen sind bekannt und benannt. Andere sind nicht bekannt und benannt. Noch andere heuern für ihr schmutziges Handwerk Söldner aus Mittel- und Südamerika an. Aber alle richten großen Schaden für das kubanische Volk an. Ich muss dabei sagen, dass sie in Kuba keine militärischen Anlagen angreifen. Es handelt sich um einen klassischen Fall von Terrorismus. Sie greifen Zivilisten und zivile Einrichtungen an, um das kubanische Volk dazu zu bringen, einen Wechsel in der Regierung Kubas zu fordern. Das ist klassischer Terrorismus. Shepherd: In wie weit hat die Politik diesen Fall beeinflusst?
Weinglass: Gut, dieser Fall war von Anfang an politisch und ist es immer noch. Ursprünglich enthielten die Anklagen auch "Verschwörung, Spionage begehen zu wollen", eine sehr schwache Angelegenheit - es ist der erste Fall in der Geschichte, in der keine Geheimdokumente vorkommen. Aber nachdem die Anti-Castro-Gruppen in Florida eine Kampagne lostraten, um den Fall aufzubauschen, fügte die Regierung sieben Monate nach der ursprünglichen Anklage noch "Verschwörung, Mord begehen zu wollen" gegen einen einzigen der Fünf, nämlich Gerardo Hernández, hinzu. Auch dafür gibt es keinen Präzedenzfall. Sie [die Anklage] bezieht sich auf den Abschuss von Flugzeugen durch die kubanische Luftwaffe, wobei vier Menschen ihr Leben verloren. Die Anklage lautet, dass einer der Fünf Verbindungen zum kubanischen Piloten hatte, um den Zwischenfall herbeizuführen. Und die Beweise der Regierung, dass Gerardo mit dieser Episode etwas zu tun gehabt habe, scheiterten kläglich. Und wir glauben, dass das 11. Bezirksgericht diesen Anklagepunkt komplett streichen wird. Shepherd: Was bedeutet dieser Fall für die Beziehungen zwischen den USA und Kuba? Welche Auswirkungen wird er schließlich haben?
Weinglass: Gut, ich glaube, wenn die Regierung die Realität über das, was hier passiert ist und was den Fünfen angetan wurde, einsieht und die Fünf freilässt, damit sie nach Hause gehen können, ich glaube, das wäre eine positive Geste gegenüber der kubanischen Regierung. Shepherd: Wie können die Leute diese Situation ändern? Ist irgendeine Abhilfe oder so möglich? Weinglass: Die Leute können in die verschiedenen Free-the-Five-Komitees eintreten. Es gibt inzwischen weltweit über 200 davon, eins in Wisconsin, das meine Reise finanziert. Und es gibt sie praktisch in jedem Land. Es gibt 200 in der Welt. Und wir hoffen, dass irgendwie die Leute guten Willens in der Regierung die Stimmen derer hören, die über diese Ungerechtigkeit verärgert sind, und positiv reagieren. Shepherd: Gibt es irgend welche Präzedenzfälle bezüglich der Verhandlung gegen ausländische Agenten unter ähnlichen Bedingungen?
Weinglass: Es hat erhebliche Verfahren in den Vereinigten Staaten gegeben, die meisten wegen Spionage. Meistens waren [US-]Amerikaner darin verwickelt, die dieses Land verrieten. Leute wie Aldrich Ames, Robert Hanssen, [John Anthony] Walker, jeder von ihnen hat Hunderte wenn nicht Tausende von Dokumenten an die Sowjetunion weitergegeben, normalerweise für Geld, und in einigen Fällen hat es das Leben amerikanischer Agenten gefährdet. Jeder von ihnen bekam lebenslänglich - die selbe Strafe, die drei der Fünf ableisten, in einem Fall in dem kein Geheimdokument vorkommt. Shepherd: Was hoffen Sie werden die Gäste Ihres bevorstehenden Vortrags lernen oder mit auf den Weg nehmen? Weinglass: Ich glaube fest daran, dass, wenn die Informationen verfügbar und bekannt sind, die Leute handeln werden. Und das ist einer der Gründe, warum ich nach Wisconsin gekommen bin, in der Hoffnung, Informationen zu liefern, die uns die Medien über diesen Fall verschweigen. Zu der Zeit, als das Verfahren stattfand, im Jahr 2000, war es das längste Verfahren der Vereinigten Staaten, aber außerhalb Miamis wurde nicht berichtet, trotz der Tatsache, dass zwei Generäle, ein Admiral und der Berater des Präsidenten der Vereinigten aussagten - allerdings zugunsten der Verteidigung. So etwas war noch nie passiert, und es fand keine Erwähnung in den Medien. Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)
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