Bekanntmachung des "National Committee to Free the Cuban Five"
Interview mit Richard Klugh, einem der Anwälte der fünf Kubaner
Die Petition an den Supreme Court ist zum 30. Januar 2009 fällig
Thomas Goldstein, "einer der aktivsten und angesehensten Experten für Petitionen beim U.S. Supreme Court hat sich bereit erklärt, sich an dem, wie wir glauben, sehr erstreitenswerten und zwingenden Fall zu beteiligen." "Es ist zu diesem Zeitpunkt sehr hilfreich für uns, eine Amicus-Unterstützung zu erhalten." *)
Liebe Freunde der Cuban Five,
Frage: Können Sie uns bitte einen Rückblick auf das Urteil des Drei-Richter-Gremiums vom 11. Bezirksberufungsgericht vom 4. Juni dieses Jahres geben?
Antwort: Das Gericht entschied sich in einer 2-1 Entscheidung, die Strafurteile in dem Fall zu bestätigen. Das am signifikantesten strittige Strafurteil ist das für Gerardo Hernández wegen Komplizenschaft an dem Abschuss der Flugzeuge der Brothers to the Rescue. Bei diesem Strafurteil war das Gericht deutlich gespalten. Es gab in dieser Angelegenheit drei verschiedene Urteilsbegründungen von drei verschiedenen Richtern. Eine der RichterInnen (Bezirksrichterin Phyllis Kravitch) dachte, dass die Beweislage insgesamt und total fehlerhaft sei, dass jeder Beweis dafür fehle, dass Gerardo Hernández an einer Verschwörung teilgenommen habe. Frage: Was wird der nächste Schritt im Berufungsprozess sein?
Antwort: Der Fall ist nun beim U.S. Supreme Court eingereicht. Der Supreme Court hat uns einen Zeitaufschub für die Einreichung der Petition zur writ of certiorary [Aktenanforderung, Anm. d. Ü.] **) gewährt. Sie ist nun am 30. Januar 2009 fällig. Die Regierung wird zwei oder drei Monate Zeit für die Beantwortung haben. Dann wird uns ein kurzer Zeitraum zur Verfügung stehen, darauf zu antworten. Und das Gericht könnte bis Mai 2009 entscheiden, ob es den Fall oder irgend einen Teilaspekt davon anhören will. Frage: Wie lauten die Hauptanliegen, die die Verteidigung zur Berufung vortragen will?
A.: Alle Verurteilungen sollten aufgrund der Nichterfüllung, einen Gerichtsortswechsel zu gewähren, des strafrechtlichen Fehlverhaltens und der unangemessenen und diskriminierenden Auswahl der Jury aufgehoben werden. Wir werden auch darlegen, dass Gerardo Hernández' Verurteilung wegen Verschwörung, Mord begehen zu wollen, aufgehoben werden sollte und dass seine lebenslängliche Strafe für Spionageverschwörung an die untere Instanz hätte zurück verwiesen werden sollen. Frage: Hinsichtlich der fälschlichen Verurteilung wegen Mordverschwörung gegen Gerardo erinnere ich mich an drei Anhörungen, bei denen wir anwesend waren, zuerst in Miami, und dann die zweite und dritte Anhörung in Atlanta. In den drei Anhörungen machten Stanley Birch, der Vorsitzende des Gremiums sowie auch Phyllis Kravitch Anmerkungen, die die Behauptungen der Staatsanwaltschaft über Verschwörung seitens Gerardos, anzweifelten. Dennoch stimmte Birch in der letzten Urteilsbegründung vom 4. Juni mit William Pryor für die Verurteilung und machte damit das Abstimmungsergebnis 2 zu 1. Was war passiert?
A: Bei dem ursprünglichen Drei-Richter-Gremium hatten wir das Gefühl, dass alle Richter die Unzulänglichkeit der Beweislage begriffen hätten. Bei der mündlichen Anhörung vor dem neuen Gremium hatten wir wieder das Gefühl, dass die Mehrheit begriffen hätte, dass es keinen Sinn mache, Gerardo für den Abschuss verantwortlich zu machen. Obwohl die Mehrheit des Gremiums der Ansicht gewesen sein mag, dass Gerardo in diesem Anklagepunkt unschuldig sei, war schließlich die Mehrheit überzeugt, dass nach vorausgehender Interpretation des Bundesrechts, die Vorgaben des Elften Gerichtshofs für die Bestätigung von Urteilen eine so geringe Hürde für die von der Regierung erhobenen Anklage wegen Verschwörung darstellen, dass er [der Gerichtshof] das Urteil nicht umstoßen könne. F: Und was war das für eine Theorie, die die Staatsanwaltschaft benutzte? A: Die Theorie der Staatsanwaltschaft, mit der das Urteil bestätigt wurde ist, dass Gerardo der Verschwörung für schuldig befunden werden kann, ein Verbrechen nach [US-] amerikanischer Rechtssprechung begehen zu wollen, auch wenn er lediglich das Recht eines Landes, sich gegen eine feindselige und illegale Verletzung seiner Souveränität zu verteidigen, unterstützt hatte. Diese Theorie, die vom Bezirksgericht komplett zurückgewiesen wurde, weil sie den Rahmen des Strafrechts sprenge, wurde in der letzten Entscheidung des Gremiums wiederbelebt. Das brachte Gerardo in eine prozesstechnisch benachteiligte Lage. Wir glauben, dass diese Theorie nicht einmal der Regierung zur Verfügung stehen sollte. Aber die zweiköpfige Mehrheit sah das im Juni anders. F: Sie sprechen über die Prüfungsmaßstäbe des Elften Gerichtshofs.
A: Im Zusammenhang mit der Anklage "Verschwörung Mord begehen zu wollen" glauben wir, dass die Maßstäbe für die Beweisführung weit höher anzulegen sind, als es bei der Berufung geschah. Das ist besonders wahr, wenn wir es mir einer Aktion einer Regierung zu tun haben - dem Abschuss der Flugzeuge der "Brother to the Rescue" [Brüder zur Rettung] - was prinzipielle gesetzliche und souveräne Rechtfertigung in historischer Beziehung besitzt, und wo Gerardo keine Grundlage hatte, vorher zu wissen, was seine vorgesetzten Offiziere oder vorgesetzten Regierungsbeamten letztendlich tun würden. F. Es gibt eine Anzahl von Anfragen von US- und internationalen Juristen- und Menschenrechtsorganisationen, die sich mit dem Fall der Cuban Five befassen danach, wer Amicus-Curiae-Anträge zu dem Fall stellen könnte. Was schlagen sie vor? A: Es ist sehr, sehr hilfreich für uns, in dieser kritischen Zeit Unterstützung durch Amicus zu bekommen. Es gibt so viele grundsätzliche Dinge in diesem Fall, die für jeden Menschen in diesem Land und den Menschen in aller Welt relevant sind. Die rechtliche und faktische Unterstützung, die Amicus-Anträge liefern können, ist etwas, das wir begrüßen und was wir uns wünschen. F: Wie lang ist die Frist für Amicus-Anträge? Welche juristischen Dokumente können Anwälte und Organisationen für die Vorbereitung ihrer Amicus-Anträge durchsehen? A: Eine der ersten Quellen sind die Berufungsdokumente. Das ist vermutlich der einfachste Weg, den Fall noch einmal durchzugehen. Diese Berufungsanträge und Gerichtsentscheidungen sind auf Ihrer Free-the-Five-Website. Was die Frist angeht, würden wir es begrüßen, wenn die Amicus-Anträge vor der Aktenanforderungs-Petition oder innerhalb von sieben Tagen danach kämen. F: Wann wird die Neufestlegung der Strafmaße für Ramón Labañino, Antonio Guerrero und Fernando González stattfinden? A: Das ist noch nicht entschieden. Es ist möglich, dass es passiert, bevor der Supreme Court entscheidet, aber wahrscheinlicher ist nachher. Es hängt davon ab, wie die Verfahren voran kommen, sowohl im Supreme Court als auch anderswo. F: Das geht jetzt schon über zehn Jahre lang, und die Mühlen der Justiz mahlen sehr langsam. Viele Verzögerungen basieren auf den Formalitäten, die sie beschrieben haben. A: Das ist sicher hart. Es ist hart zu warten, besonders wenn man uns Recht gibt, was wir, wie wir glauben, auch haben. Es ist eine lange Zeit. F: Was kann juristisch passieren, wenn der Supreme Court den "Writ of Certiorari" abweist? A: Die Angeklagten haben dann immer noch juristische Optionen, einschließlich einer Prozedur, die Urteile und Strafen in dem Bezirksgericht zu annullieren. Und das muss innerhalb eines Jahres passieren, nach dem der Supreme Court entschieden hat, es benötige einen Vorgang nach dem "Habeas Corpus-Gesetz" [Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit]*) genannt "motion to vacate judment/conviction" [Antrag auf Annullierung]. Das unterliegt einer Frist von einem Halben Jahr. Nahezu allen "Habeas"- und Nachverurteilungs-Rechtsstreiten wurden nach einem Bundesgesetz von 1996 Fristen auferlegt. Wir hätten eine Frist von einem Jahr nach Beendigung des Prozesses vor dem Supreme Court, einen ersten Antrag nach "Habeas Corpus" zu stellen. Es gibt nachfolgende Habeas-Rechte, aber der erste Antrag muss innerhalb eines Jahres gestellt werden. F: Heißt das, dass jedwede Angelegenheit, jede verbleibende Angelegenheit der Berufung, dann vorgelegt werden muss.? A: Das ist richtig F: Inwieweit können das öffentliche Bewusstsein und die Unterstützung der Cuban Five helfen, ihre Freiheit zu erlangen? A: Die Unterstützung der Fünf ist standhaft und wächst noch. Jeder der sich die Zeit nimmt, die Ungebührlichkeiten der Staatsanwaltschaft, die offensichtlich politisch motiviert sind, zu betrachten, kann klar sehen, dass einige Aspekte dieses Falles einfach nach einer Revision schreien. Ich glaube, dies ist ein Fall, der vom Supreme Court angesprochen werden muss. Das war von Anfang an mein persönlicher Eindruck. Ich glaube, der Supreme Court könnte ein Zeichen setzen, eine wichtige Vorgabe für die Gerechtigkeit in den Vereinigten Staaten. Das könnte dem Ansehen der USA in der Welt und der Verbesserung bilateraler Beziehungen helfen. F: Sie haben Fernando González besucht. Können Sie uns etwas über ihn erzählen? A: Ich habe Fernando im Juli gesehen. Er verfolgt sehr aufmerksam die Angelegenheiten und den Fortgang des Falles, sowie die Aktionen zur Unterstützung der Fünf. Fernando ist eine sehr starke und gelassene Persönlichkeit. Er ist extrem höflich und respektvoll, nicht nur gegenüber den Anwälten, sondern auch gegenüber den Staatsanwälten und dem Gerichtssystem. Er ist sicher dankbar für all' die Unterstützung und er versucht, die Korrespondenz so weit wie möglich zu beantworten. Ein Gentleman, wie ich ihn mit einem Wort beschreiben würde. F: Welche Botschaft würden sie an die Menschen in aller Welt richten, die in die politische Unterstützung der Cuban Five eingebunden sind?
A: Meine Botschaft wäre eine der Dankbarkeit. Diese rechtliche Lage verlangt großen Tribut von den Angeklagten, den Anwälten und ihren Familien. Zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich um Gerechtigkeit und Fairness sorgen, ist von fundamentaler Bedeutung und ein großer stützender Aspekt in diesem Fall. Auch wenn wir noch keinen substantiellen Teil der Berufung gewonnen haben, wird jeder der Fünf von diesem Rückhalt gestützt.
Deutsch: ˇBasta Ya! (jmb, db) Anmerkungen:
*) Amicus Curiae (auch amicus curić, Pl. Amici Curiae, lat.: Freund des Gerichts) bezeichnet eine Person oder eine Organisation, die sich an einem Gerichtsverfahren beteiligt, ohne selbst Partei zu sein. Diese Beteiligung kann z.B. als "Äußerung Dritter" in einem zweiseitigen Verfahren erfolgen.
**)Certiorari ist ein Rechtsterminus (lat. certioro, certiorem facio - etwa bestimmen, zulassen, bestätigen), der auf die Prozesslehre von Ulpian zurückgeht und die Prozesshandlung bezeichnet, mit der ein übergeordnetes Gericht (iudex ad quem) sich an ein untergeordnetes Gericht (iudex a quo) wendet, um seine Entscheidung zu überprüfen. |