Diskussion über die Perspektiven des Falles

Radio Havana Cuba, 12. Juli 2009

Könnten Sie uns Ihre Perspektive vom jetzigen Stand des Falles der Cuban Five aus gesehen übermitteln?

THOMAS GOLDSTEIN (Experte für Supreme Court-Verfahren): Die direkten Berufungsanträge im Fall der Cuban Five sind in schwerer Enttäuschung über die Ablehnung des Supreme Court's, die Überprüfung des Falles anzunehmen, geendet. Wir glauben natürlich, dass der Supreme Court die schweren Mängel des Falles hätte in Betracht ziehen und die Verurteilungen der Fünf aufheben müssen. Doch die Bemühungen für die Fünf sind nicht beendet, sie haben in der Tat nicht abgenommen.
Zurzeit sind drei Bestrebungen im Gange. Erstens hat das Verteidigerteam der Vereinigten Staaten zuvor einen Sieg errungen hinsichtlich der Strafurteile für Drei der Fünf. Und jetzt bereiten sich die Anwälte auf die Wiederaufnahme der Strafverfahren vor, was wahrscheinlich vor Ende des Jahres stattfinden wird und dann werden wir den Umfang der Haftstrafen erfahren. Wir sind optimistisch, dass die Richterin die schrecklichen Auswirkungen der langen Haftstrafen für die Fünf und ihre Familien und die Wahrnehmung aller Mängel dieses Falles seitens der internationalen Gemeinde in Betracht ziehen wird, und dass sie wesentlich kürzere Strafen verhängen wird. Aber das ist eine Frage, die die Richterin abwägen muss.

Also ist Gerardo (Hernández) nicht an der neuen Strafverhandlung beteiligt?

GOLDSTEIN: Was die neue Strafregelung betrifft, die erste dieser Bestrebungen, so ist Gerardo nicht daran beteiligt. Die zweite betrifft Gerardo sehr wohl. Im U.S.-Strafverfahrenssystem gibt es eine direkte Berufung, die abgeschlossen ist. Dann gibt es das nachträgliche Gerichtsurteilsverfahren. In Bundesgerichtsfällen nennt man das gelegentlich 22-25. Das ist die Nummer des Gesetzes. Und das Verteidigerteam arbeitet jetzt sehr schwer an den Anträgen für das nachträgliche Gerichtsurteilsverfahren. Sie müssen im Juni nächsten Jahres angenommen werden. Es kann früher geschehen, aber bis dahin müssen die Anträge gestellt sein.
Und das Verteidigerteam beabsichtigt, das Argument durchzusetzen, dass die Verurteilungen insgesamt hinfällig sind. Und eines der Grundargumente wird die Absurdität der Verurteilung von Gerardo wegen Verschwörung, Mord begehen zu wollen, sein. Wir glauben, dass wir in der Lage sein werden, dem Gericht zu zeigen, dass es neue Beweise dafür gibt, die das Gericht nie in Betracht gezogen hatte, dass er nichts mit irgend einem Plan zu tun hatte, irgend jemanden im Zuständigkeitsbereich der USA oder irgendwo anders zu töten, und das Verteidigerteam und die Familien bleiben auf der Korrektur dieses Unrechts sehr deutlich bestehen.
Drittens gibt es auch ein politisches Bestreben. Ich bin kein Diplomat, und dies ist eine Frage, die zwischen den Regierungen erhoben werden wird, aber uns ist bewusst, dass unter den Angelegenheiten, die zwischen den Regierungen diskutiert werden, der Fall der Fünf sein wird. Das war immer ein grundlegendes Anliegen der kubanischen Regierung und der internationalen Gemeinde. Es wurde von anderen Nationen und anderen Regierungen gegenüber den Vereinigten Staaten angesprochen, und es ist möglich, dass es eine politische Lösung gibt - in einem Fall, der offensichtlich politische Beiklänge hat. Daher hoffen wir gleichzeitig, dass, wenn sich die Beziehung zwischen den beiden Regierungen verbessern können, dass dann der Fall der Fünf ein Bestandteil davon sein kann und dass dann eine Art von Neubeginn stattfinden kann. Die Anwälte können helfen, aber dies ist eher wieder eine Frage der Diplomatie, als die was im Gerichtssaal passiert.

Gehört zur Arbeit der Anwälte möglicherweise auch eine Anrufung des Präsidenten (Barack Obama)?

GOLDSTEIN: Zur Arbeit der Anwälte gehört unbedingt auch, an die U.S.-Regierung zu appellieren, in einem Fall in Aktion zu treten. Aber wir erkennen auch, dass dies Bestandteil einer breiteren politischen Diskussion zwischen den Ländern sein sollte. Dann würde es sowohl Anwälte und die Familien als auch die Regierungen einbeziehen.

LEONARD WEINGLASS (Anwalt von Antonio): René González wird nicht für eine Neubemessung des Strafmaßes zurückgehen, und Gerardo auch nicht. Die drei, die zurückgehen, werden Strafen nach Normen erhalten, die sich von denen von 2001 unterscheiden. Nach den neuen Normen werden die lebenslangen Strafen, glauben wir, aufgehoben werden, und es wird Strafen geben, die geringer als lebenslänglich sind. Wir werden erhebliche Reduzierungen ihrer Strafen fordern. Natürlich wird Fernandos Strafe herabgesetzt, vielleicht auf ungefähr 15 Jahre.
Für Antonio und Ramón wird es keine lebenslangen Strafen mehr geben, aber wir wissen nicht die Größenordnung. Dennoch sind wir relativ sicher, dass sie mit der Herabsetzung der Strafen in einen anderen Typ von Gefängnis verlegt werden. Ein Gefängnis, das weniger streng ist, als das, in dem sie waren. Also, um ihre Frage zu beantworten, ich kann nicht vorhersagen, wie die Strafen ausfallen werden, außer dass ich Ihnen versichern kann, dass sie verkürzt werden. Und es wird keine lebenslangen Strafen geben. Aber es werden eine Anzahl von Jahren sein, die ich nicht vorhersehen kann, wir rechnen mit einer Verbesserung für die Drei.

Bei der Neubemessung des Strafmaßes haben sie Gerardo vergessen. Warum das, weil er zwei lebenslange Strafen bekommen hat?

WEINGLASS: Gerardo hätte eingeschlossen werden müssen. Wir sind mit dem Fehler des Gerichts, Gerardo zurückzuweisen, nicht einverstanden. Aber wenn es uns gelingt, die Verurteilung wegen Verschwörung, Mord begehen zu wollen, auszuräumen, woran wir gerade arbeiten, dann wird auch Gerardo für eine Neubemessung des Strafmaßes zurückgeschickt werden, genau wie Ramón und Antonio. Also müssen wir zuerst das Urteil wegen Verschwörung, Mord begehen zu wollen, ausräumen, was uns, wie wir hoffen, gelingen wird.

PHIL. HOROWITZ (Anwalt von René): Zu den Aktionen, die unternommen werden müssen, um diesen Punkt auszuräumen (Verschwörung, Mord begehen zu wollen), ich spreche im Allgemeinen als Anwalt von René, werden Anstrengungen unternommen, zu zeigen, dass es noch andere Beweise gibt, die beim Verfahren nicht vorlagen. Diese werden zeigen, dass Gerardo mit den Beschuldigungen in Punkt Drei nichts zu tun hat. Und die Bemühungen gehen dahin, Gerardo von jeder Verantwortung für die Vorwürfe in Punkt Drei freizusprechen.
Da René nicht für die Neubemessung der Strafmaße in Betracht gezogen wurde, kann in seinem Fall nur sehr wenig getan werden. Ich sage nicht, dass nichts getan werden kann, aber wenig, nicht so viel wie bei den anderen Vier. Renés Fall ist sehr unterschiedlich, weil er 2001 zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Während wir hier sitzen, fast 11 Jahre nach Renés Verhaftung, wird seine Strafe in wenig mehr als zwei Jahren abgesessen sein, in ungefähr 27 Monaten. Und zur Zeit freut sich René darauf, nach Hause zu seiner Frau und seinen Kindern zu kommen. Und er hat seine Frau seit 2000 nicht mehr gesehen. Und er freut sich auf die Gelegenheit, nach Hause zu kommen.
Die 27 Monate, die er noch hat, beruhen auf seiner Gefängnisstrafe und nur darauf. Sein Entlassungsdatum ist der 11. Oktober 2011. Wenn sich nichts ändert, wird er bis dahin im Gefängnis bleiben. Also muss er keinem Bewährungshelfer oder anderem Beamten Rechenschaft ablegen. Er wird sich in der selben Lage befinden, wie jetzt auch, vorausgesetzt, es wird in den nächsten zwei Jahren keine Veränderungen geben. Nach seiner Freilassung wird er einer dreijährigen überwachten Entlassung unterliegen, was eine Art Bewährung ist. Wir beabsichtigen, das Gericht zu bitten, ihm als kubanischen Bürger aus einleuchtenden Gründen des Mitgefühls zu erlauben, nach Hause zu seiner Familie zurückzukehren.

A propos "Mitgefühl", er hat seine Frau nicht mehr gesehen...

HOROWITZ: Er hat seine Frau seit ungefähr August 2000 nicht mehr gesehen. Und die US-Regierung hat immer wieder den Wunsch seiner Frau Olga, ihn zu besuchen, abgelehnt.
Ich weiß, dass immer wieder Anträge auf Visa gestellt werden. Mit dem Wechsel der Administration in Washington ist die Hoffnung auf Ausstellung der Visa gestiegen. Und wir hoffen, in der nahen Zukunft positive Ergebnisse zu erleben.

BILL NORRIS (Anwalt von Ramón): Das Gericht hat den 13. Oktober als Datum für die Neubemessung des Strafmaßes genannt. Das ist ein vorläufiges Datum, und es gibt für uns eine Menge zu tun, um uns darauf vorzubereiten. Der erste Schritt ist natürlich, die drei Betroffenen zurück in Miami zu haben, um uns dort mit ihnen zu treffen und den Gerichtsgang vorzubereiten. Die zweite Sache ist, vom Gericht die Direktiven der Regierung zu erhalten, uns die zusätzlichen Informationen zu geben, die wir brauchen, um uns darauf vorzubereiten sie angemessen zu vertreten. Und die dritte Sache ist es, mit der Regierung Möglichkeiten der Annäherung und der Zustimmung zu einem Ergebnis, das fair für die Drei ist, zu diskutieren. Und mit fair meinen wir natürlich ihre baldigste Rückkehr nach Kuba.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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