Anwalt Richard Klugh spricht über die aktuelle Situation der Cuban Five

Bernie Dwyer, 3. September 2009

Transkript des Telefoninterviews seitens des in Miami ansässigen Anwalts Richard Klugh, einem der Vertreter der Cuban Five im Berufungsprozess, mit Bernie Dwyer von Radio Havana, Cuba, am 1. September 2009

Drei der fünf Kubaner, Ramón Labañino, Antonio Guerrero und Fernando González erwarten im Bundesgefängnis in Miami die Anhörung ihrer vom 11. Appellationsgericht in Atlanta beantragten Neuverhandlung ihres Strafmaßes.
Sie werden momentan in Isolationshaft der selben Sondereinrichtung gehalten, in der sie 2001 17 Monate lang auf ihren Prozess gewartet hatten.

Anmerkung der Verfasserin [Bernie Dwyer]: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Interviews sind Ramón, Tony und Fernando in dem allgemeinen Gefängnis, aber immer noch getrennt von einander.

Interview:

Bernie Dwyer (RHC): Drei der Cuban Five, Ramón, Antonio und Fernando sind nun im Bundesgefängnis in Miami. Können Sie uns über den Hintergrund ihrer Überführung aus ihren verschiedenen Gefängnissen nach Miami und dessen Anlass informieren?

Anwalt Richard Klugh (RK): Ramón, Antonio und Fernando wurden während der vergangenen zwei Wochen aus verschiedenen Einrichtungen in Kentucky, Colorado und Indiana dorthin überführt, um an der Anhörung der Neuverhandlung ihres Strafmaßes vor dem Bezirksrichter teilnehmen zu können, wie sie das Appellationsgericht angeordnet hatte.

BD: Haben sie untereinander Kontakt?

RK: Zurzeit sind sie von einander getrennt und auch getrennt von allen anderen Mitgefangenen. Sie sind in Isolationseinrichtungen, die gewöhnlich für Sonderbehandlungen genutzt werden, und es ist unklar, ob sie alle die Sondereinrichtungen oder die Isolationszellen vor der Strafneubemessung verlassen dürfen oder nicht. Wir hoffen, dass das geschieht.

BD: Wird ihnen der Kontakt mit den Anwälten erlaubt?

RK: Ja, die Anwälte besuchen sie und können mit ihnen sprechen. Die Neuverhandlung ist etwa in anderthalb Monaten, und daher müssen sie mit ihnen sprechen können. Das ist genau der augenblickliche Stand. Es ist ein relativ kurzer Zeitraum, bevor die Neuverhandlung stattfindet.

BD: Dürfen sie Familienbesuche haben und Anrufe entgegennehmen?

RK: Ja, sie dürfen. Es gibt immer eine Verzögerung, wenn es eine Verlegung so wie diese gegeben hat, aber sie sind nicht von Familienbesuchen ausgeschlossen.

BD: Können sie Briefe von Unterstützern und Freunden erhalten?

RK: Absolut, und natürlich wird jeder dazu ermutigt, ihnen an die Namen zu schreiben, mit denen sie im Gefängnisdirektionsbüro eingetragen sind, an die Adresse des Bundesgefängnisses in Miami.

BD: Können Sie uns Hintergrundinformation darüber geben, warum Drei der Fünf, Antonio, Fernando und Ramón, für eine Neuverhandlung zum Gericht zurückgehen dürfen und Gerardo Hernández und René González nicht?

RK: Gerardo war wegen der umstrittenen Verurteilung mit Bezug zu den "Brothers to the Rescue" [Brüder zur Rettung] nicht zu einer Neuverhandlung berechtigt, weil er wegen dieser Anklage schon eine lebenslängliche Strafe erhalten hatte, und wir hatten keinen Erfolg bei der direkten Berufung zur Rücknahme dieser Verurteilung.
Er wurde als für eine Neuverhandlung nicht berechtigt befunden. Was René betrifft, so basierte sein Strafurteil auf Beschuldigungen, nach denen er wirklich nicht viel Recht auf eine Berufung hatte. Sie waren keine Strafurteile, bei deren Verhängung sich das Bezirksgericht an irgendwelche Rechtsbeschränkungen halten musste.
Und so wurden die Argumente, die die Gerichte bei den Anklagepunkten und auf die Verurteilungen von Ramón, Antonio und Fernando anwandten, nicht auf René angewandt. Diese erste Strafe von fünfzehn Jahren ist nach den Richtlinien des Bundes nicht Gegenstand der Überprüfung, weil es keine Richtlinie für die Verschwörung oder das Handeln als nichtregistrierter ausländischer Agent gibt.

BD: Wie würden Sie die kommende Gerichtsverhandlung eigentlich einstufen?

RK: Es ist eine Gelegenheit zur Neubetrachtung der vorherigen Strafurteile und zum grundsätzlichen Neubeginn auf einem niedrigeren Strafniveau für jeden von ihnen, und hoffentlich wird dies letztlich in einer wesentlichen Senkung der Strafmaße enden.
Sie hätten das Recht auf eine Berufung nach diesem neuen Strafurteil, wenn es rechtliche Fehler hinsichtlich der Verhängung dieser Strafen geben sollte.

BD: Gibt es irgend eine Möglichkeit, dass der Richter längere Strafen verhängen könnte?

RK: Es gibt immer eine theoretische Möglichkeit für eine solche Änderung, aber ich glaube, es ist hinreichend bekannt, dass sich jeder der Fünf während seiner Haft exemplarisch verhalten hat. Ich glaube, dass sie bei anderen Personen innerhalb des Bundesgefängnissystems wegen ihres guten Verhaltens, ihrer guten Arbeit mit anderen Gefangenen usw. hoch angesehen sind. Es gibt wirklich nichts, was auf irgend einen Grund deuten könnte, sie noch höher zu bestrafen, als sie es ohnehin schon sind.

BD: Wenn wir auf jemanden wie René sehen, der 15 Jahre absitzt, gibt es irgend einen Mechanismus, wonach er wegen guter Führung Strafverkürzung bekommen könnte?

RK: Es gibt innerhalb bestimmter Grenzen eine Bestimmung im Bundessystem für eine Milderung, sodass wir hoffen, er könnte mindestens innerhalb der nächsten beiden Jahre entlassen werden.
Manchmal bedarf es eines Gerichtsverfahrens, um sie zu zwingen, die Entlassung eines Gefangenen in der letzten Phase seiner Haft zu erlauben. Ich weiß nicht, ob wir in der Position sind, dass wir prozessieren müssen oder nicht, aber wir sind definitiv darauf vorbereitet, darauf zu dringen, dass ihm jede Gelegenheit für eine baldige Entlassung geboten wird.

BD: Wissen Sie bereits, wer der Richter bei der Anhörung für die neue Bemessung der Strafe sein wird?

RK: Es wird die selbe Bezirksrichterin sein, die die ursprüngliche Strafe verhängt hat, und im Wesentlichen das gleiche Personal. Einige der Regierungsanwälte arbeiten nicht mehr für diese, aber in Wesentlichen wird es das gleich Personal sein.

BD: Bringt das die Staatsanwaltschaft und die Richterin in eine Situation, dass, wenn sie neue Strafen verhängen, offenbar wird, dass sie beim ersten Strafmaß einen Fehler begangen haben?

RK: Das Berufungsgericht hat bereits festgestellt, dass einige der Strafmaße, die in den ursprünglichen Urteilen angewandt wurden, zu harsch sind, und das ist der Grund, aus dem wir diese Neubemessung der Strafen haben. Also werden die Prinzipien, die wir vor dem Berufungsgericht vertreten haben, die Grundlage für den Neubemessungsprozess bilden. Und natürlich ist es unsere Hoffnung, dass als Ergebnis davon, die Urteile erheblich abgemildert werden.

BD: Die Ansicht, dass einige der ursprünglichen Strafmaße zu harsch seien, kam vom 11th Circuit Court of Appeals in Atlanta?

RK: Ja

BD: Haben Sie das Gefühl, das Sie mit dem Wechsel der Administration irgend eine Veränderung in der Herangehensweise des Gerichts an den Fall der Fünf erwarten können? Sie wurden während der Bush-Administration verurteilt. Meinen Sie, das es unter der Obama-Administration irgend einen Unterschied geben wird?

RK: Ich glaube nicht, dass das notwendigerweise geschieht. Es ist so viel Zeit vergangen. So viele Dinge haben sich seit den ursprünglichen Urteilen verändert. Alles was die Menschen darüber gelernt haben, was eine erhebliche Strafe verdient und was nicht, könnte uns in diesem Prozess helfen, glaube ich.
Aber ich weiß nicht, ob auf der politischen Ebene die individuelle Entscheidung in diesem Fall diesen Einfluss hat. Nach meiner Erfahrung hat es normalerweise nicht diesen Einfluss.
Für uns ist der wichtigste Teil des Falles, der übrig bleibt, der von Gerardo und der Versuch, etwas zu tun, das ihm die Gelegenheit gibt, freigelassen zu werden.

BD: Können Sie in dieser Phase etwas dazu sagen, wie die Neubemessung im Gericht vonstatten gehen wird?

RK: Jeder der drei wird von seinem ersten Anwalt vertreten. Joaquin Mendez vertritt Fernando, Leonard Weinglass vertritt Antonio und Bill Norris vertritt Ramón. Jeder von ihnen bereitet individuelle Argumente und Erklärungen vor, warum geringere Strafen verhängt werden sollten.
Es ist sehr wichtig, daran zu erinnern, dass Antonio und Ramón lebenslängliche Strafen bekommen haben, und die Hoffnung ist, dass ihre Strafen erheblich auf ein Strafmaß gesenkt werden, das eher einer Anklage entspricht, in der nicht von tatsächlich begangener Spionage die Rede ist.

Dieses Interview mit Rechtsanwalt Richard Klugh wurde am 1. September 2009 von Radio Havana Cuba ausgestrahlt.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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