Ergebnisbericht über unsere Treffen in Havanna in der Zeit
vom 27. Oktober - 02. November 2004 (Josie Michel-Brüning)

  • 1. Treffen mit den Ehefrauen und Müttern der Fünf Kubaner am 27.10. in den Räumen des ICAP um 10:00 h

  • 2. Treffen mit dem "Comite Internacional por la Justicia y Libertad de los Cinco" am 28.10. in der Wohnung eines seiner Mitglieder, Lucrecia aus Guatemala

  • 3. Treffen mit Prof. Dr. RA Rodolfo Davalos am 31.10.
  • 4. Treffen mit Bernie Dwyer von Radio Havana und Roberto Ruiz Rebo vom Erziehungskanal des kubanischen Fernsehens am Abend des 1.11. und Interview mit Bernie Dwyer bei Radio Havana am 2.11. um 14:00 h

1. Treffen mit den Ehefrauen und Müttern der Fünf Kubaner: Von den Verwandten der Fünf kamen Mirta Rodríguez, die Mutter von Antonio, Irma Sehwerert, die Mutter von René, Magali Llort, die Mutter von Fernando, Adriana Pérez, die Ehefrau von Gerardo, Olga Salanueva, die Ehefrau von René, Rosa Aurora Freijanes, die Ehefrau von Fernando (Wir berichteten z.B. am 2. Juni 2004 unter "News" über ihren Besuch in Ecuador), die Ehefrau von Fernando und Elizabeth Palmeiro, die Ehefrau von Ramón (Wir berichteten z.B. am 31. Mai 2004 über ihren Besuch in Österreich). Die anwesenden Vertreter des ICAPs waren Elio Gamez, Gabriel Benitez und Ariane als Übersetzerin ins Englische, Deisy Francis Mexidor nahm als Pressevertreterin teil und Frank Schwitalla in seiner Eigenschaft als Netzwerkvorsitzender, sowie die Vertreter von Basta ya, Günter Belchaus, Dirk und Josie Brüning.
Gabriel, Günter, Rosa, Irma, Dirk, Elizabeth, Josie, Frank, Mirtha, Olga, Adriana, Magali, Elio

Gleich zu Anfang übermittelten wir die Grüße des ganzen Komitees und die besonderen Grüße, die uns einzelne Mitglieder aufgetragen hatten. Mit den Grüßen von Klaus Czyborra stellten wir z.B. in Aussicht, dass zum nächsten U.Z.-Pressefest in Dortmund 2005, wie schon zum vorherigen 2003, die Fünf wieder offiziell eingeladen würden, um dann zumindest eine ihrer Angehörigen bei uns begrüßen zu dürfen. Und wir verwiesen auf den Erfolg, den Adrianas Auftritt 2003 bei den dort so zahlreichen Teilnehmern (ca. 50.000) erzielen konnte. Er brachte einen Durchbruch für den Bekanntheitsgrad der Fünf und trug entscheidend zu der Höhe des Geldbetrages bei, den wir schließlich für die ganzseitige Anzeige in der New York Times stiften konnten. Auch Magalis Auftritt in Aachen war für die dort Anwesenden sehr überzeugend. Leider konnten wir Anfang September 2004, gegen Ende unserer Sommerferien, nicht so viele Zuhörer für sie gewinnen. Ich sagte, dass "wir" jede Gelegenheit versuchten zu nutzen, die uns die Medien mit verfälschten Nachrichten über Kuba böten, um nicht nur auf ihre Fehler hinzuweisen, sondern bei dieser Gelegenheit auch auf den Fall der Fünf hinzuweisen. Als ein Ergebnis unserer Bemühungen nannte Dirk den Artikel in der Süddeutschen Zeitung von Georg Hohmann (s.unten) - Dann wurde die erste Freude des Wiedersehens mit den Ehefrauen und Müttern der Fünf bzw. des ersten persönlichen Kennenlernens bald von dem Umstand getrübt, dass sich im Fall der Fünf momentan von juristischer Seite nichts zu bewegen scheint, obwohl wir noch die Hoffnung äußerten, dass sich nach den unmittelbar bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA die Haltung der kommenden US-Regierung zugunsten der Fünf ändern könnte. (Wie man nach dem am 2. November erfolgten erneuten Wahlsieg von George W. Bush weiß, können wir jedenfalls diese Hoffnung begraben. Um so mehr müssen wir aus Europa auf die Einhaltung von US-Gesetzen und die des Völkerrechts drängen. Die Fünf werden wohl weiterhin, wenn nicht ein Wunder geschieht, dem Kampf gegen die eigentlichen Terroristen dieser Welt ihr Gesicht leihen müssen.)
Auch unsere Erinnerung an den erfolgreichen Auftritt von Leonard Weinglass in Berlin und unser Bericht, dass die Süddeutsche Zeitung am 9. Juli 2004 einen umfangreichen Artikel über die Verbindung der Bush-Administration mit dem Bacardí-Konzern, ihre im Hinblick auf Bushs Wiederwahl regelrecht abhängige Position von den terroristischen Exilkubanern und mit Erläuterung des Falles der Fünf in diesem Kontext, sowie die Erwähnung der mehrfachen Ausstrahlung der Bacardí-Dokumentation schien an der gedrückten Stimmung der Frauen nichts ändern zu können.
Alle Frauen machten deutlich, wie sehr sie ihre Ehemänner bzw. Söhne vermissen und deren Situation und damit auch ihre eigene beklagen, weil eben keine baldige Aussicht auf ihre Freilassung besteht.
Zur Erinnerung: Adriana konnte ihren Gerardo seit über 6 Jahren nicht mehr sehen, Olga ihren René seit über 4 Jahren nicht. Das Gleiche gilt für beider jüngste Tochter, die sechsjährige Ivette, wobei das letzte Treffen 2002 mit René im Gefängnis eher traumatisch für alle Beteiligten gewesen sein dürfte, weil René für die Dauer des Besuchs an einen Stuhl gefesselt worden war, s. frühere Übersetzungen entsprechender Artikel auf dieser Website. Seit Ende Januar 2003, nach Intervention von Amnesty International auf Betreiben vor allem der britischen Solidarity Campaign, konnten nach zahllosen Anträgen Rosa Freijanes, Magali Llort, Irmita González, die ältere Tochter von René, dessen Mutter Irma Sehwerert und Mirta Rodríguez, die Mutter von Antonio, jeweils bis zu dreimal in die USA einreisen, um ihre Angehörigen im Gefängnis zu besuchen, und Elizabeth Palmeiro konnte Ramón zusammen mit ihren Töchtern "sogar" viermal besuchen. Aber jedesmal wurden ihre Anträge nicht als dringende humanitäre Angelegenheit behandelt, sondern, wenn, nur mit Verzögerungen bearbeitet und einmal vor Ort war dann der vorher vereinbarte Besuch im Gefängnis doch nicht gewährleistet, wie es am Beispiel von Mirta deutlich wird, denn als sie sich an ihrem 5. und letzten vereinbarten Besuchstag von ihrem Sohn verabschieden wollte, erfuhr sie, dass Antonio gerade heute in ein anderes Gefängnis in Springfield, Montana, verlegt worden sei, damit dort eine ebenfalls lange beantragte Leistenbruchoperation an ihm vorgenommen werden könne. Wie wir aus den Briefen von Antonio wissen, ließ diese Operation nach zunächst verschärften Haftbedingungen in dem anderen Gefängnis dann noch geraume Zeit auf sich warten.
Wegen der geringen Aussicht auf eine grundsätzliche oder gar baldige Sinnesänderung der US-Regierung zugunsten Kubas und eines günstigeren Klimas innerhalb der USA für die Anwendung ihrer eigenen Gesetze, das z.B. eine neue gerechte Gerichtsverhandlung an einem neutralen Gerichtsort außerhalb von Miami ermöglichen könnte, legten alle anwesenden Frauen momentan den größten Wert auf die Erlangung bzw. Gewährleistung ihres Besuchsrechts.
Graciela Ramírez betonte in diesem Zusammenhang, dass eines ihrer jetzt angestrebten Ziele sei, Hunderttausend Unterschriften für das Besuchsrecht der Mütter und Ehefrauen im Gefängnis zu erlangen.
Daraufhin fragte uns Elio, wie viele Unterschriften das deutsche Komitee inzwischen gesammelt hätte.
Wir konnten ihm die genaue Zahl nicht nennen, da unsere gesammelten Unterschriften immer ans Netzwerkbüro in Berlin geschickt werden, von wo aus sie dann jeweils stapelweise nach San Francisco in das Büro des US-Komitees von "Free the Five" gehen. Nach der zuletzt aus Berlin genannten Zahl von Mitte Juli, dürften es mittlerweile an die 11.000 sein. Die meisten davon gelten zunächst "nur" der Befreiung der Fünf, da wir erst seit Adrianas Besuch beim U.Z.-Pressefest in Dortmund, Juni 2003, ausdrücklich auch für das Besuchsrecht der Angehörigen der Fünf im Gefängnis sammeln. Wir hatten u.a. 5 englische Exemplare unseres Faltblatts "Menschenrechtsverletzungen" mitgebracht, mit dem wir auf die Verweigerung des Besuchsrechtes für Olga und Adriana und dessen Erschwerung für die übrigen Angehörigen aufmerksam machen und gaben es bei dieser Gelegenheit an die Umsitzenden weiter, zusammen mit 5 Ausdrucken von dem spanischsprachigen Faltblatt, das von Katrien Demuynck in Zusammenarbeit mit dem ICAP erstellt worden war, mit der anhängenden Petition an das Menschenrechtskomitee des Europäischen Parlaments, die europaweit unterstützt werden soll.
Wir äußerten die Hoffnung, dass diese Petition und auch entsprechende Bemühungen des deutschen Komitees EU-Parlamentarier für die Vertretung des Falles zu gewinnen in der kommenen europäischen Freundschaftskonferenz in Luxemburg breite Unterstützung finden würden. Unsere Hoffnung erschien uns berechtigt, weil wir schon vor unserer Abreise nach Kuba erfahren hatten, dass nicht nur Katrien Demuynck, sondern auch Gloria La Riva daran teilnehmen wollte, die natürlich dem Anliegen der Fünf mehr Gewicht verleihen kann, als es z.B. uns Basta ya-Mitgliedern unter der Schirmherrschaft des Netzwerks aus Deutschland möglich wäre.- Frank erinnerte an unsere Postkartenaktion, mit der wir nicht nur die Befreiung der Fünf, sondern auch für das bis dahin zu gewährende Besuchsrecht der Angehörigen plädieren. - Beim Anblick unseres "Menschenrechtsfaltblattes" machte uns Deisy übrigens gleich auf einen Fehler aufmerksam: Die jüngste Tochter von Elizabeth und Ramón heißt nicht "Laura", sondern "Lizbet". Wir versprachen, diesen Fehler zu korrigieren. - Eingangs hatte ich schon zur Betonung unserer Solidarität das Manuskript meines Vortrages, den ich am Vortag auf dem internationalen José Martí Kolloquium gehalten hatte, mit einer Widmung für die "Familienangehörigen der fünf kubanischen Helden" an Magali übergeben. Darin ist nachzulesen, wie sehr wir die moralische Integrität der Fünf, ihre integrative Kraft sowohl für das kubanische Volk und für die internationale Solidargemeinschaft schätzen und natürlich das Vorbild ihrer Familienangehörigen und das des kubanischen Volkes. Daher plädieren nicht wenige aus den internationalen Komitees dafür, wie u.a. auch Dirk und ich, sich der Idee von James Petras anzuschließen, die Fünf für die Nominierung zum Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Unserer Meinung nach könnte allein die Veröffentlichung dieses "Ansinnens" zur Entlarvung der aktuellen US-Politik vor der Weltöffentlichkeit und schließlich zur Befreiung der Fünf beitragen. Weil ich mich mit Magali bisher auf Englisch unterhalten konnte, hielt ich sie für die Geeignete, meinen Vortrag den anderen Angehörigen der Fünf zu übersetzen. Es stellte sich aber im anschließenden "inoffiziellen" Teil unseres Treffens heraus, dass Irma, Renés Mutter, viel besser Englisch spricht, denn sie hatte ja vor der kubanischen Revolution jahrelang in den USA gelebt, und René wurde in den USA geboren, weil seine Eltern vor dem Batista-Regime geflohen waren, alldessen war ich mir in der Erregung des Augenblicks jedoch nicht mehr bewusst gewesen.
Während der offiziellen Gesprächsrunde betonte Günter, dass sein Engagement für die Fünf schon vor der Gründung des Komitees bestehenden Korrespondenz mit Fernando und Antonio herrühre.
Frank betonte die übergeordnete Position des Netzwerkes, das viele Aufgaben innerhalb der Kuba-Solidarität in Deutschland wahrnehme, das Netzwerk unterstütze zwar die Komiteearbeit, doch das Komitee träfe seinen eigenen Entscheidungen.
Deisy Francis Mexidor berichtete im Anschluss an das Treffen aus ihrer Sicht. Ihr Bericht endet mit dem Zitat des Netzwerkvorsitzenden Frank Schwitalla, der allen Kubanern für ihr ermutigendes Beispiel dankte, nachzulesen auf www.antiterroristas.cu vom 28.10.2004.
Natürlich sollen wir alle Komiteemitglieder ganz herzlich von alen Angehörigen der Fünf grüßen.

2. Treffen mit dem "Comite Internacional...": Seine Mitglieder kommen aus 5 verschiedenen Nationen. Graciela Ramírez und Hector Celano sind beispielsweise Argentinier, Lucrecia, unsere Gastgeberin, ist aus Guatemala, die palästinensischen Mitglieder konnten wir an diesem Abend nicht kennenlernen, kurz vor der Beendigung unseres Treffens kam noch ein junger Mann aus Nicaragua dazu, dessen Namen ich mir nicht merken konnte. Zu den kubanischen anwesenden Mitgliedern gehörte z.B. Celia, die Tochter von Armando Hart und Haydee Santamaria, Maria Antonio Medrano de Fraguela, Gabriela und die Ehefrau von Hector Celano. Günter Belchaus, Dirk und ich wurden von ihnen allen herzlich empfangen.
Unsere Unterhaltung führten wir in einem Gemisch aus Englisch, Spanisch und Deutsch, Celia sprach z.B. auch ein wenig Deutsch. - Ein wichtiges Thema dieses Abends war, welche Anstrengungen wir unternehmen könnten, Nobelpreisträger oder Mitglieder des norwegischen Parlaments zu gewinnen, damit die Fünf in die Kandidatenliste für die Nominierung zum Friedensnobelpreis aufgenommen würden. Dirk und ich berichteten dazu, dass wir auf dem José-Martí-Kolloquium u.a. eine Irin getroffen hatten, Dr. Micheline Sheehy Skeffington, die Mitglied des irischen Komitees zur Befreiung der Fünf ist und zur Zeit in Galway lebt und arbeitet. Sie erzählte uns, dass eines ihrer Mitglieder im Namen ihres Komitees in Dublin schon deswegen an Nelson Mandela geschrieben, aber natürlich noch keine Antwort erhalten habe und dass ihrer Kenntnis nach die "Deadline" für entsprechende Vorschläge an das norwegische Parlament im kommenden Dezember sei. Wir überlegten, ob wir auf dem kommenden Treffen in Luxemburg vielleicht Mitglieder des norwegischen Komitees träfen und uns mit ihnen austauschen könnten. Wir wussten ja, dass ein norwegischer Parlamentarier schon einmal Fidel Castro wegen seiner Verdienste um die so genannten Dritte Welt Länder vorgeschlagen hatte.
Hector mit Ehefrau, Celia, Günter, Lucretia und Josie

Sie bekundeten Ihre Anerkennung für Günters bisherige Bemühungen in dieser Sache und darüber, dass es ihm gelungen war, vier Bundestagsabgeordnete dazu zu bewegen, an den US-Kongress zu schreiben.
Außerdem hat sich das internationale Komitee vor allen Dingen auf den Kampf zur Erlangung des Besuchsrechts der Familienangehörigen verlegt. Dabei nutzen sie z.B. Gracielas Verbindung zu RA Rafael Rodríguez, Vorstandsmitglied der Rosenbergstiftung für Kinder von politischen Gefangenen (die Übersetzung ihres Interviews unmittelbar nach seinem Besuch bei René vom 06.05.04 ist unter INFORMATIONEN in der Rubrik "Berichte von den und über die Familien der Cuban Five" zu finden, und weitere Übersetzungen vom 4. Oktober 2004: Unter dem Titel "Ein Imperium gegen ein Kind: Die Geschichte von Ivette González Salanueva" [s.a. unter 27. u. 28. Mai 2004 und 18. u. 21. Juli 2004] unter INFORMATIONEN in der Rubrik "Veröffentlichungen, Reden und Interviews der mit dem Fall befassten Juristen", sowie auch die Übersetzung seiner Anzeige in dem Wochenmagazin für Intellektuelle, "The Nation", die am 4. Oktober unter www.antiterroristas.cu veröffentlicht wurde).
Wie wir erfuhren, hat die Anzeige von RA Rodríguez in "The Nation" 7.500 $ gekostet. Das internationale Komitee in Kuba will noch 2.000 $ dazu beitragen, weiß aber nicht, wie es das Geld in Dollar in die USA überweisen soll. Graciela fragte, ob ein Transfer des Geldes über uns Deutsche möglich sei. Vor diesem Hintergrund wurde es für uns verständlicher, dass sich das Komitee in Kuba dazu entschlossen hat, Ivette als betroffenes Kind von Menschenrechtsverletzungen mehr in den Vordergrund zu stellen. Gabriela zeigte uns dann am Computer die spanische Version einer kindgerechten Bilderbuchgeschichte über Ivette, die auch schon ins Englische und Französische übersetzt worden sei. Günter sagte, dass er gerade an deren Übersetzung ins Deutsche arbeite. Wir fanden Text- und Bildgestaltung wirklich sehr ansprechend. Sie fragten uns, wie viele Exemplare wir in Deutschland dächten, brauchen zu können. Wir ließen diese Frage unbeantwortet, weil wir zuerst innerhalb unseres Komitees darüber beraten wollten, ob dieser Ansatz in Deutschland überhaupt vertretbar sei. Außerdem überreichten sie uns etliche englischsprachige Plakate, die wir allerdings wegen der Transportprobleme nicht alle mitnehmen konnten. Am Schluss tauschten wir unsere Visitenkarten aus, und am nächsten Tag fanden wir an der Hotelrezeption noch einen Band von "El dulce abismo" mit herzlichen Grüßen und Widmung von Graciela vor. Wir sahen sie leider nicht mehr und konnten uns nur noch per E-Mail bedanken.-

3. Treffen mit Prof. Dr. RA Rodolfo Davalos am 31.10.: Nachdem wir schon einmal einen ganzen Abend lang zusammen mit Marion Leonhard in der Hotel-Lobby vergeblich auf ihn gewartet hatten, kam der vielbeschäftigte Jurist am Abend des 31.10. um 20: 30 ins Vedado, lud uns in sein Auto und fuhr mit uns zu seinem Haus in Miramar, wo uns seine Frau, sein Sohn und seine Tochter, Lourdes, die besser Englisch spricht als er, herzlich begrüßten und bewirteten. Das wichtigste Ergebnis unserer freundschaftlichen Unterredung war, dass er am 27.10. eine Stunde lang die Gelegenheit hatte, den Fall der Fünf vor 65 österreichischen Juristen darzulegen.

4. Treffen mit Bernie Dwyer von Radio Havana und Roberto Ruiz Rebo vom Erziehungskanal des kubanischen Fernsehens am Abend des 1.11. und Interview mit Bernie Dwyer bei Radio Havana am 2.11. um 14:00 h
Am Morgen des 1. November stellten Dirk und ich uns um 10:00 h bei den Pförtnern von Radio Havana als Mitglieder des deutschen Komitees Basta ya vor und fragten, ob es möglich sei, Bernie Dwyer zu sprechen (mit unserem "tollen" Spanisch), deren Interviews mit Leonard Weinglass vor allem Dirk regelmäßig übersetzt und auf unsere Website gesetzt hat. Das dazu erforderliche Telefonat mit einem der Mitarbeiter von Radio Havana konnte Dirk, Gott sei Dank, auf Englisch führen. Bernie wäre zwar noch nicht da, aber wir könnten gerne später noch einmal anrufen.
Am Abend desselben Tages gegen 19:15 h kam Bernie zusammen mit Roberto Ruiz zu uns ins Hotel. Auch Roberto spricht ausgezeichnetes Englisch. Beide berichteten uns von ihrem neuen Dokumentarfilm über den Fall der Fünf, dass er im Ganzen zwar genehmigt worden sei, dass aber besonders die Verwandten der Fünf noch kleine Änderungen wünschten, bisher sei geplant, ihn am 08.11. auf einer Pressekonferenz vorzustellen. Bernie ist Irin und war früher einmal Vorsitzende der irischen Solidaridätsgesellschaft mit Kuba. Daher kannte sie einige Mitglieder der internationalen Solidargemeinschaft auch persönlich, wie z.B. Martin Österlin und Katrien Demuynck. Sie fragte uns nach Andrea Schröder, die wir zwar 1999 in Erfurt kennengelernt hatten, über deren Verbleib wir aber nichts wussten. Wieder war die mögliche Nominierung der Fünf für den Friedensnobelpreis ein Thema. Bernie betonte, dass sie die Ansicht von Weinglass über den Fall der Fünf ganz und gar teile, dass es eben in erster Linie ein politischer Fall sei, der den über 45-jährigen Konflikt Kubas mit den USA widerspiegele und dass es dabei in erster Linie politischer Öffentlichkeitsarbeit bedürfe, um den Boden für ein gerechtes Gerichtsverfahren zu bereiten. Sie glaube z.B. nicht, dass die "Ivette-Kampagne" dabei hilfreich sei. Sie wollte unsere Meinung dazu hören. Wir antworteten ihr, dass die Fünf unserer Ansicht nach die Spitze des Eisberges des politischen Konflikts seien, worauf Bernie und Roberto nickten, aber die Menschen seien eben verschieden und wollten verschieden angesprochen werden, worauf beide wieder zustimmten. Nun wollte Bernie wissen, wie die organisatorische Struktur unseres Komitees sei und welche Probleme es bei der Veröffentlichung des Falles in Deutschland gebe. Dirk und ich erzählten abwechselnd z.B., dass unsere Mitglieder aus verschiedenen Herkunftsorganisationen kämen, wie aus der FG, DKP und von Cuba Sí, die unter der Schirmherrschaft des Cuba Netzwerkes zusammenarbeiteten, dessen Vorsitzender Frank Schwitalla sei. Unser Komitee habe mittlerweile etwa 30 Mitglieder, zu unseren Unterstützern gehörten Juristen, bekannte Antifaschisten, ich erwähnte z.B. Peter Gingold und Esther Bejerano. Im Zusammenhang mit der N.Y.-Anzeige erzählten wir, dass uns zuerst Jaime Crombet, James D. Cockcroft und Katrien Demuynck auf der 10-Jahresfeier vom Netzwerk zu einem ersten Spendenerfolg verholfen hätten, danach habe dann der Auftritt von Adriana Peréz, der Ehefrau von Gerardo, den entscheidenden Durchbruch bewirkt.
Bernie erzählte uns dann noch, dass sie und Roberto auch an der Konferenz in Luxemburg teilnehmen würden, worüber wir uns sehr freuten. Vorher wollten sie aber auch noch nach Irland fahren und nach der Konferenz andere europäische Länder, vor allem die skandinavischen bereisen, um ihre neue Dokumentation über den Fall vorzustellen. In diesem Zusammenhang fänden sie es nützlich, die Mitglieder des norwegischen Befreiungskomitee auf die Friedensnobelpreisidee von James Petras anzusprechen. Bernie meinte, vielleicht könnten die Norweger einen ihrer Parlamentarier dafür gewinnen. Schließlich fragte sie uns, ob wir ihr nicht bei Radio Havana ein ausführliches Interview geben wollten und nannte uns einen Termin für den übernächsten Tag um 11:30. und ob wir nicht auch an der zum 8.11. um 16:00 geplanten Pressekonferenz teilnehmen möchten. Wir sagten gerne zu.
Am nächsten Vormittag erschien Bernie jedoch mit einem Brot unter dem Arm am Swimmingpool unseres Hotels und sagte, es habe sich einiges geändert. Die Dokumentation erfordere doch noch mehr Arbeit, als sie geglaubt habe, das stoße ihren Zeitplan über den Haufen. Sie fragte, ob wir nicht schon heute nachmittag um 4:00 zu dem Interview in den Sender kommen könnten. Wir hatten natürlich nichts Besseres vor und sagten zu.
Als wir zur vereinbarten Zeit in den Sender kamen, teilte man uns mit, dass übrigens Günter Belchaus heute morgen dort auch schon ein Interview gegeben habe, s. unter www.antiterroristas.cu.
Einmal an den Mikrophonen, fragte Bernie zunächst mich, wie unser Interesse für den Fall der Fünf geweckt worden und wie es schließlich zur Gründung des Komitees gekommen sei. Ich antwortete sinngemäß, dass wir am 14. September 1998 zum ersten Mal in "Miami Herald" etwas über den "kubanischen Spionagefall" in Florida gelesen hatten, dass uns dieser Artikel beunruhigt habe, dass wir aber gedacht hätten, "Sie müssen unschuldig sein" und "Kuba muss sich verteidigen". Dann hörten und lasen wir lange Zeit [fast] nichts mehr darüber. Auf dem internationalen Kuba-Solidaritätskongress im Juni 2001 in Berlin unterrichteten uns schließlich die kubanischen Delegierten offiziell über den Fall. Es habe eine entsprechende Resolution gegeben, die viele, viele der Konferenzteilnehmer unterzeichneten [nachträgliche Anm.: aber nicht alle, wie wir damals in persönlichen Gesprächen feststellen konnten]. Ende 2001 gab es dann die Verteidigungsreden der Fünf auf Deutsch. Wir machten in Heim- und Handarbeit einige Broschüren daraus und brachten sie zur Rosa Luxemburg-Konferenz im Januar 2002 mit nach Berlin, konnten aber bei den dortigen Teilnehmern kaum Interesse dafür finden [eigentlich gar keins]. - Im April 2002 fand dann die Cuba Netzwerk - Hauptversammlung in Düsseldorf statt, auf dem es einen Workshop zu dem Fall gab, an dem auch die kubanischen Delegierten aus Camagüey teilnahmen. Sie sagten uns, wir sollten den Fall in die Presse bringen [genau sagten sie, wir sollten berühmte Leute gewinnen, die darüber in der Presse schrieben}. Aber wir fragten [ratlos]: "Wie?"
Von da an schrieben wir Briefe an die Fünf, sammelten erste Unterschriften für sie, die wir an die US-Botschaft in Deutschland schickten, was sich als nicht erfolgreich erwies. Im Sommer 2002 entschieden dann die verschiedenen Freundschaftsgesellschaften, ein Komitee unter der Schirmherrschaft des Netzwerkes zu gründen. Die offizielle Gründungsfeier fand schließlich am 14.12.02 statt. Es war eine große Feier, zu der die Presse eingeladen war. Wir konnten 2 Juristen gewinnen...
Hier unterbrach mich Bernie und fragte Dirk nach den Schwierigkeiten, die es seit dem gegeben habe.
Dirk antwortete sinngemäß:
"Eine der Hauptschwierigkeiten war es, den Sinn der geplanten Anzeige in der New York Times zu vermitteln. Und tatsächlich hatten wir selbst große Zweifel, ob dieser Plan sinnvoll sei. Als uns Olga Salanueva am 3. Februar 2003 im Zentralkomitee der PCC zum ersten Mal davon berichtete, schien es uns unwahrscheinlich, dass sich Richter von einer Zeitungsanzeige in ihrer Entscheidung beeinflussen ließen. Olga war gerade vom Weltsozialforum in Porto Allegre zurückgekehrt, wo diese Anzeige beschlossen worden war. Sie bat uns, in Deutschland für diese Idee zu werben und Geld dafür zu sammeln. Trotz unserer Zweifel versprachen wir, dies zu tun. Aber die Sammlung in Deutschland lief sehr schleppend an. Ende Mai 2003 fand dann in Berlin die 10-Jahresfeier des Netzwerks statt, auf dem auch Jaime Crombet und James D. Cockcrofft sich für diese Anzeige aussprachen, was sich positiv auf die Sammlung auswirkte. Ende Juni trat dann Adriana auf dem Pressefest einer linken deutschen Zeitung auf, das von etwa 50000 Menschen besucht wurde. Das war dann der Durchbruch, sodass wir am Ende etwa 10800 US $ überweisen konnten."

Auf Bernies Frage, welche Schwierigkeiten es sonst noch gegeben habe, antwortete Dirk sinngemäß:

"Am Anfang gab es auch innerhalb der Kuba-Solidaritätsbewegung Stimmen, die meinten, es handele sich um Spione, die das Risiko ihres Handelns selbst zu tragen hätten. Erst mit der Zeit wurde klar, dass dieser Fall mit Spionage nichts zu tun hat."

Auf die Frage, wie lange der Kampf seiner Meinung nach noch dauern könne, verwies Dirk auf seine Rede während des letzten Moncada-Festes in Bonn, in der er darauf hingewiesen hatte, dass wir uns wahrscheinlich auf einen längeren Kampf einstellen müssten, aber nie vergessen dürften, dass es nicht nur um den humanitären Aspekt der Fünf und ihrer Familien gehe, sondern wegen der enormen integrativen Kraft der Fünf um ganz Kuba und um uns alle. Kuba habe fünf Nelson Mandelas.

Die Schlußworte übernahm dann wieder Bernie, in denen sie ausführte, dass die internationale Solidarität so wichtig sei, weil sie den Fünfen immer wieder Mut und Kraft verleihe.

Wegen der Kürze der Zeit war es dann leider nicht mehr möglich innerhalb des Interviews zu betonen, dass schließlich auch wir immer wieder Kraft und Motivation aus dem Beispiel dieser fünf Männer schöpften.

Die geplante Pressekonferenz am 08. 11. fiel dann jedoch aus. Bernie erzählte uns dazu am Telefon, dass der Dokumentarfilm stattdessen bei den Filmfestpielen im Dezember in Havanna vorgeführt werden sollte.

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