Offener Brief von Josie Michel-Brüning an den Fernsehsender arte

"Fidel Castro", Dokumentation vom 17. April 2007 um 20:40 Uhr

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wieder wurde das kubanische System so weit wie möglich auf die Person Fidel Castros reduziert und die Aussagen der Interviewten gezielt zu dessen, aber damit vor allen Dingen zur Diffamierung des gesamten kubanischen Systems eingesetzt. Man merkt die Absicht und ist nicht nur "verstimmt", sondern entsetzt.
Natürlich wurde kein kubanisches Regierungsmitglied interviewt wie Carlos Lage, der mit seinem Ministerium maßgeblich für den Wirtschaftsaufschwung in Kuba steht.
Hätten Sie beispielsweise nur Wayne Smith, den ehemaligen Chef der US-Interessenvertretung in Kuba, ausreden lassen, es hätte sich dem Zuschauer ein ganz anderes Bild geboten. Er hätte die Kehrseite der von der Bush-Administration finanzierten und von terroristischen Exilkubanern mit Hilfe von "Nichtregierungsorganisationen" weltweit ausgefochtenen Diffamierungskampagne des kubanischen Systems erkennen können.
Wayne S. Smith ist nämlich ein besserer Kenner Kubas als z.B. Volker Skierka, der immer wieder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen seine Wahrnehmung von der Person Fidel Castros darstellen darf, vgl.: unser "offener Brief" an die ARD vom 06.06.2003 zu "Fidel Castro - der ewige Revolutionär", erstmalig gesendet am 26. 04. 2003, unter: http://www.miami5.de/informationen/ard-040505.pdf .
Wayne Smith gehört zu den US-Intellektuellen, die es wagen, sich öffentlich mit zahlreichen Artikeln innerhalb der US-Presse und öffentlichen Auftritten, z.B. in der US-amerikanischen Friedensbewegung, für die Rehabilitierung Kubas und für die Freilassung der "Cuban Five" einzusetzen. Bitte lesen Sie seinen Beitrag "A Sad Day in the History of the American Justice: The Trial of the Cuban Five", in "Superpower Principles - U.S.-Terrorism against Cuba", Common Courage Press, 2005. Darin geht er auf den Justizskandal ein, der so nur in der mafiösen Struktur von Miami möglich war, wo selbst die Gesetze der US-Verfassung außer Kraft gesetzt werden - ganz zu schweigen vom Völkerrecht, dessen Gesetze die USA mitunterzeichnet haben -, wenn es darum geht, die Terroranschläge der Exilkubaner zu vertuschen und die annexionistischen Ansprüche auf die Immobilien Kubas zu verteidigen.
Bitte nehmen Sie den Fall der "Cuban Five" zur Kenntnis, der fünf Kubaner, die unbewaffnet so genannte demokratische NGOs infiltrierten, um weitere Terroranschläge auf ihr Land und auf Kubareisende aus den USA zu verhindern. Sie sind seit über 8 Jahren, zeitweilig unter folterähnlichen Bedingungen in den USA inhaftiert. Ihnen wurde bis jetzt kein fairer Prozess gewährt - trotz des Urteils der U.N.-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen vom 27. Mai 2005 und der Entscheidung des Berufungsgerichts von Atlanta vom 9. August 2005. Ihnen wird außerdem das durch die US-Verfassung verbriefte Recht auf den Besuch von Familienangehörigen im Gefängnis stark beschränkt, und den Ehefrauen zweier dieser fünf Gefangenen wird es sogar ganz verwehrt.
Tausende von Menschen auf der ganzen Welt, unter ihnen 9 Nobelpreisträger, Amnesty International, der Weltkirchenrat, Würdenträger der katholischen Kirche, Künstler und Intellektuelle, vor allem aus den USA, haben sich für ein faires Gerichtsverfahren für die fünf Kubaner ausgesprochen, aber unsere Medien hören lieber auf den Sirenengesang aus dem kapitalkräftigen Miami. Ausführliche Informationen finden Sie dazu unter www.freethefive.org , www.antiterroristas.cu und auf Deutsch unter www.miami5.de .
Wayne Smith wurde stattdessen durch diese "Dokumentation" auf Ihrem Sender regelrecht missbraucht.
Es scheint kein Zufall zu sein, dass ausgerechnet jetzt, da am 25. und 26. April 2007 in Berlin eine Konferenz des "International Committee for Democracy in Cuba" (finanziert aus dem Fond der Bush-Administration der "Transition for a free Cuba") in dem Gebäude der Konrad-Adenauer-Stiftung stattfinden soll, ein derartiges Machwerk in der Hauptsendezeit von "Arte" ausgestrahlt wird. Wohl unter Berücksichtigung der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft der Bundesrepublik scheint die EU auf den kubafeindlichen Kurs der USA eingeschworen werden zu sollen.
Carlos Alberto Montaner, der in Madrid wohnhafte "brillante Intellektuelle" der CIA und der Miami-Mafia, der innerhalb ihrer Sendung, im Vergleich zu Wayne Smith, reichlich zu Wort kam, soll dort nämlich auch "zugunsten der Verwirklichung von ‚Demokratie' in Kuba" sprechen. Hiermit durfte er sich vor der I.C.D.C.-Konferenz als angeblicher Demokrat schon einmal vorstellen.
Das Publikum erfuhr wohlweislich nicht, worauf seine jetzige Karriere begründet ist: Er wurde als 17-jähriger wegen eines Bombenanschlags auf ein kubanisches Kaufhaus gefasst und konnte aus dem wenig gesicherten Straflager für Jugendliche in die honduranische Botschaft fliehen, von wo aus er mit Hilfe der CIA in die USA ausreisen konnte. "Monate nachdem er Kuba unter dem Schutz seiner Paten aus Miami verlassen hatte, bestätigte Montaner dem Journalisten Ángel de Jesús Piñera vom Magazin Avance am 27. April 1962, daß er zur "Rescate Estudantil" gehöre, die Experten als "studentischen Flügel" der Terrororganisation "Frente Revolucionario Democrático" (FRD) bezeichnen - eine der CIA untergeordnete Organisation. Und er offenbarte, daß er und der oben erwähnte Carrión "der nationalen Führung für Aktionen und Sabotage" der Gruppe angehörten. [...] Neben anderen terrorbezogenen Aktivitäten half er im Juli 1973 auf Anweisung der CIA, dem Terroristen Juan Felipe de la Cruz nach Spanien einzureisen und heimlich die Grenze nach Frankreich zu überschreiten, wo er einen Anschlag auf die kubanische Botschaft plante - einen ähnlichen wie den, den er ein Jahr zuvor in Montreal begangen hatte, wobei der kubanische Diplomat Sergio Pérez Castillo ums Leben kam. Im August 1973 starb de la Cruz, als seine Bombe in einem Pariser Vorort [versehentlich] explodierte." (vgl.: junge Welt, http://www.jungewelt.de/2007/03-28/037.php )
Montaner liebt es, die Kämpfe im Escambray-Gebirge als Bauernaufstand gegen den "Kommunismus" darzustellen und seine sie unterstützenden studentischen Freunde als "Freiheitshelden". Nach kubanischer Darstellung waren sie von der CIA rekrutiert worden, um die Alphabetisierungskampagne zu verhindern, wobei junge idealistische, um die Alphabetierung bemühte Menschen umkamen, teilweise, weil sie zu Tode gefoltert wurden. Dass die CIA schon zu Beginn und erst recht kurz nach der Revolution "mitgemischt" hat, ist nicht nur durch kubanische Quellen belegt. Recherchieren Sie bitte, wer z.B. Frank Sturgis alias Fiorini war. Und es war nicht Raúl Castro, der die Erschießung von zwei anderen CIA-Agenten befahl, für die ein Gnadengesuch der US-Regierung vorlag, sondern Ché Guevara.
Neben Montaner kamen in Ihrem Beitrag auch Terroristen, wie Huber Matos, zu Wort, der wegen seiner Beteiligung an der ‚Trujillo-Verschwörung' 20 Jahre Haft in Kuba verbüßte und später z.B. durch Waffen- und Drogenschmuggel im Iran-Contra-Skandal, von sich reden machte und der auf einer Veranstaltung in Berlin 2003 öffentlich zum Mord an Fidel Castro aufrufen durfte (s. "offener Brief ebd.), wie auch Sixto Reynaldo "El Chino" Aquit, der in Miami berühmt dafür ist, dass er ständig mit seiner langen Liste krimineller Aktionen prahlt.
Sogar der ehemalige Batista-Polizist Armando Valladares durfte sich wieder zu Wort melden, für den Montaner während dessen Haft seinerzeit Gedichte geschrieben und sie unter dessen Namen veröffentlicht hatte, für dessen Freilassung sich Régis Debray schließlich erfolgreich einsetzte, um danach feststellen zu müssen, dass Valladares weder Kubaner, noch Dichter, noch gelähmt war, wie behauptet worden war (vgl. Hernando Calvo Ospina, Katlijn Declerq in Originalton Miami, Papyrossa 2001).
Eine äußerst zwielichtige Figur ist auch Ricardo Bofill, der ebenfalls mitreden durfte, s. Calvo Ospina, ebd.
Aber bitte, sehr geehrte Damen und Herren, recherchieren sie selbst, bevor sie Revanchisten, rechtsradikalen Terroristen und Pseudo-Kennern Kubas ein Forum bei einem Sender einräumen, der für sich in Anspruch nimmt, ein "Kultursender" zu sein.
In Erwartung Ihrer Stellungnahme und öffentlichen Entschuldigung bei dem sich vielleicht wieder zur Wahl stellenden Dr. Fidel Castro, dem jetzigen kubanischen Präsidenten Raúl Castro und vor allem bei dem basisdemokratisch organisierten aufrechten kubanischen Volk (vgl.: Arnold August, Democracy in Cuba and the 1997-98 Elections, 1999)

mit Dank für Ihre Aufmerksamkeit
und freundlichen Grüßen

gez. Josie Michel-Brüning

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