Solidarität mit den Fünfen auf dem U.Z.-Pressefest vom 22. - 24. Juni 2007

(Aus der Erinnerung von Josie Michel-Brüning)

   Podium=
  
Frank Schwitalla, Ekkehard Sieker, Günter Belchaus, Oscar Martínez, Übersetzer, Heinz Stehr

Foto: Heinz W. Hammer

Vor Kubafahnen und überdimensionalen Fotos der Fünf in Szenen mit ihren Verwandten an der Zeltwand im Hintergrund begann das diesjährige Podiumsgespräch in der Casa Cuba am 23. Juni um 14:00 Uhr. Die Referenten waren Heinz Stehr, Vorsitzender der DKP, Oscar Martínez Cordovés, Vizepräsident der Abteilung für internationale Beziehungen des Zentralkomitees der kommunistischen Partei Kuba, Günter Belchaus, Ministerialrat a.D., Mitglied der SPD, Amnesty International's und des deutschen Komitees ˇBasta ya! zur Befreiung der fünf Kubaner, der Journalist Ekkehard Sieker und Frank Schwitalla, Vorsitzender des Netzwerks Cuba Informationsbüro e.V. Die Moderation hatte Elfriede Haug, Mitglied der DKP. Nachdem sie die Solidarität der DKP mit dem kubanischen Volk und den Fünfen hervorgehoben hatte, richtete sie ihre erste Frage an den kubanischen Ehrengast.
Oscar Martínez bedankte sich zunächst bei den Veranstaltern für die Einladung zu diesem Podiumsgespräch und berichtete dann in Beantwortung ihrer Frage, dass die Lage in Kuba stabil sei, weil es genug Kräfte in der nächsten Generation gebe, die die Revolution fortsetzten, Kuba könne 12 % Wirtschaftswachstum verzeichnen und darüber hinaus ginge es auch Fidel Castro von Tag zu Tag besser. Das könne man beispielsweise an der zunehmenden Länge seiner Gespräche mit ausländischen Gästen ablesen. Mit Hugo Chavez habe er zuletzt 6 Stunden lang gesprochen. Während seines Beitrags hob er dann den Fall der Fünf hervor, die nichts anderes getan hatten, als zu versuchen, Terrorangriffe zu verhindern und nach über 8 Jahren immer noch unrechtmäßig in Haft seien, während der berüchtigte Terrorist Luis Posada Carriles, der sich schrecklicher Verbrechen gegen das kubanische Volk schuldig gemacht habe, wieder auf freiem Fuße sei. Hätte Kuba dessen illegale Einreise in die USA nicht bekannt gemacht und hätte es die vielen Protestdemonstrationen internationaler Organisationen nicht gegeben, wäre Posada nicht einmal dafür gerichtlich belangt und inhaftiert worden. Es sei den internationalen Solidaritätsorganisationen mit Kuba zu verdanken, dass der Fall überhaupt Schlagzeilen gemacht habe. Das gleiche gelte für den Fall der Fünf, über den nach wie vor zu wenig berichtet würde, weil die derzeitige U.S.-Administration die Terrororganisationen in Miami decke. Er rief dazu auf, sich an der von Komitees aus über 100 Ländern der Welt geplanten Kampagne, das Schweigen der Massenmedien zu durchbrechen zu beteiligen und zur weiteren Bekanntmachung des Falles der Fünf in der Zeit vom 12. September bis zum 8. Oktober anlässlich des 40. Jahrestages der Ermordung Che Guevaras beizutragen.
Auf Wunsch eines Zuhörers folgte dann eine Schweigeminute für die am 18. Juni verstorbene Wilma Espín, im Gedenken an ihre Verdienste als langjährige Vorsitzende des kubanischen Frauenverbandes und als eine der wenigen der bis dahin noch überlebenden Frauen, die an der Seite Fidel Castros und Che Guevaras die Revolution herbeigeführt hatten.
Danach wandte sich Elfriede Haug an Günter Belchaus und fragte ihn, wie er als ehemaliger Ministerialrat und Mitglied der SPD dazu gekommen sei, sich bei unserem Außenminister und seinem SPD-Genossen Frank Walter Steinmeier für Kuba einzusetzen. Sie spielte dabei auf seinen letzten Brief an Steinmeier zum so genannten "gemeinsamen Standpunkt der EU zu Kuba" vom 11. Juni 2007 an.
Günter berichtete, er sei nach seiner Pensionierung zum ersten Mal nach Kuba gereist und habe dort seine Liebe für das sozialistische Land entdeckt. Auf der Kuba-Solidaritätskonferenz im Juni 2001 in Berlin habe er zum ersten Mal von dem Fall der Fünf gehört, sich danach an das Büro des National Commitee to Free the Five in San Francisco gewandt und habe angefangen, den Fünfen zu schreiben, woraus dann regelrechte Brieffreundschaften entstanden seien. Aus Empörung über das offensichtliche Unrecht, das im Fall der Fünf geschehen sei, habe er sich bei dessen Gründung dem Komitee ˇBasta ya! angeschlossen.
Er sagte, zur Solidarität mit Kuba gehöre gerade in dieser Zeit die aktive Unterstützung des kubanischen Volkes für die Befreiung der Fünf und "zurzeit stehen wir vor einer neuen Herausforderung":
Nachdem das Plenum des Appellationsgerichts in Atlanta mit seiner Entscheidung vom 9. August 2006 die Entscheidung des aus drei Richtern bestehenden Kollegiums aus dem Vorjahr aufgehoben habe, wonach der Prozess an einem neutralen Gerichtsort außerhalb des vorurteilsträchtigen Miamis neu aufgerollt werden sollte, gehe das Appellationsverfahren jetzt wegen der verbliebenen Appellationsgründe weiter. Er wies darauf hin, dass am 20. August dieses Jahres die dritte mündliche Anhörung stattfinden soll, in der sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft ihre Argumente dem Gericht in jeweiliger Kurzfassung mündlich vortragen und erläutern können - diesmal wieder vor dem kleineren, aus zwei oder drei Richtern bestehenden Spruchkörper. Immens wichtig sei in dieser Phase die Herstellung von Öffentlichkeit, insbesondere durch Entsendung von ausländischen Beobachtern. Wie schon bei den beiden früheren Anhörungen werde der Rechtsanwalt Eberhard Schultz für das Komitee ˇBasta ya! an der Anhörung als Beobachter teilnehmen. Dessen Reisekosten übernehme das Komitee. Ferner sei der Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Norman Paech (Fraktion DIE LINKE) gebeten worden, ebenfalls zu der Anhörung nach Atlanta zu reisen. Das koste alles viel Geld. Solidarität mit Kuba im allgemeinen und mit den fünf Gefangenen könne auch durch Spenden für die bevorstehenden Reisekosten bewiesen werden.
Außerdem sagte er, dass es aus menschenrechtlicher Sicht in höchstem Maße bedenklich sei, dass die U.S.-amerikanischen Behörden, aber auch die Gerichte eine endgültige Entscheidung immer wieder hinauszögerten, und machte geltend, dass die Fünf sich längst - wenn auch gegebenenfalls unter Auflagen - wegen der übermäßig langen Verfahrensdauer auf freiem Fuß befänden, wenn es sich um ein Strafverfahren in Deutschland oder Europa handelte.
Elfriede Haug wandte sich danach an den Journalisten Ekkehard Sieker und bat ihn, darüber zu berichten, wie er dazu gekommen war, den Dokumentarfilm über den Bacardí-Clan, "Im Zeichen der Fledermaus" zu machen.
"Ekki" sagte, er sei seit 12 Jahren freier Mitarbeiter des WDR und habe mehrere Jahre für die "Monitor"-Redaktion gearbeitet. Ursprünglich sei er auf den Streit von Pernod und Bacardí um die Rechte an dem Rumvertrieb unter dem Markenzeichen "Havana Club" aufmerksam geworden. 2001 seien sein Kollege Marcel Kolvenbach und er zum Hauptsitz der Bacardí-Firma auf die Bermuda-Insel gefahren. Sie schafften es z.B., den jetzigen Firmenleiter zu interviewen und näheres über den Streit aus dessen Sicht zu erfahren. Danach konnten sie sogar auch den von Bush sen. begnadigten Terroristen Orlando Bosch interviewen. (Einzelheiten entnehme man dem o.g. Film, der sowohl von ARTE als auch vom WDR gesendet wurde.) Im Anschluss daran sei er dann zum ersten Mal nach Kuba gefahren und habe dort unter anderem Deborah Ascuy kennen gelernt. Wegen ihrer in der ehemaligen DDR erworbenen ausgezeichneten Deutschkenntnisse habe er ein stundenlanges Gespräch vor allen Dingen mit ihr, der jetzigen, hier auch anwesenden Botschaftssekretärin, geführt. Beiläufig erwähnte er auch sein Treffen mit Hernándo Calvo Ospina, dem Autor von "O-Ton Miami" und "Im Zeichen der Fledermaus - Die Rum-Dynastie Bacardí und der geheime Krieg gegen Cuba". Aber auch Ekki konnte dann den Bogen zu den Fünfen schlagen und meinte, es genüge nicht, wenn die Fünf hier in Deutschland nur innerhalb der Kuba-Solidaritätsgruppen bekannt seien und wies auf das nächste Projekt hin, die geplante Veranstaltung zu Ehren von Ché Guevaras 40. Todestag vom 6.-8. Oktober in Berlin, bei der der Fall der Fünf deutlich thematisiert werden sollte, um ihn einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Er lud alle Interessenten unter den Anwesenden dazu ein, an dem 1. Treffen zur Vorbereitung der Veranstaltung am Montag, dem 25. Juni, in Berlin teilzunehmen.
Als Elfriede Haug sich in ihrer Anmoderation an Frank Schwitalla wandte, ging sie offensichtlich davon aus, dass er nun ausführlich über die Arbeit des Komitees zur Bekanntmachung des Falles der Fünf sprechen würde.
Frank sprach jedoch als Vorsitzender des Netzwerks hauptsächlich über die allgemeine Arbeit des Netzwerks. Er sagte, dass dem Netzwerk zurzeit etwa 40 verschiedene Kuba-Solidaritätsgruppen angehörten, dass sich das Netzwerk in letzter Zeit wegen der deutschen EU-Präsidentschaft vor allen Dingen für die Änderung des "gemeinsamen Standpunkts" gegenüber Kuba eingesetzt habe und nannte einige der dazu unternommenen Aktionen (Briefe an Steinmeier und andere Abgeordnete anlässlich der I.C.D.C. -Konferenz in der Akademie der Konrad-Adenauer -Stiftung vom 25.-26. April in Berlin, Demonstration vor dem Gebäude von 100 Leuten am 25.04.2007) und berichtete, dass für einen entsprechenden Aufruf an das EU-Parlament 1.700 Unterschriften gesammelt und in Luxemburg übergeben worden seien.
Als letzter in der Runde erhielt dann Heinz Stehr das Wort. Er erinnerte sich an den Beginn seines Engagements für Kuba im Jahr 1990, an die Hilfstransporte innerhalb der folgenden Jahre nach Kuba nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und an die jüngsten Bemühungen der DKP, den Fall der Fünf bekannt zu machen und erwähnte die Rundreise der kubanischen Tanzgruppe, "Tercero Mundo" [die von der Kuba Arbeitsgruppe der DKP maßgeblich von unserem Komiteemitglied Klaus Czyborra organisiert worden war, Anm. der Verf.]. In seinem sich daran anschließenden flammenden Plädoyer für Kuba lobte er dessen Errungenschaften trotz der Blockade, dessen revolutionäre Ausdauer und Geduld besonders während der Spezialperiode in den 90er Jahren, seine permanente Arbeit an der Verbesserung des Systems zugunsten von mehr sozialer Gerechtigkeit. Und er sagte unter anderem, dass das kubanische System sogar demokratischer sei als unseres, weil die Kubaner über ihr Wahlsystem mehr Mitbestimmungsrecht über die wichtigen Entscheidungen ihrer Regierung hätten als wir Deutschen innerhalb unseres kapitalistischen Systems. Er fühle sich daher verpflichtet, das Beispiel Kubas politisch weiter zu unterstützen und sagte etwa sinngemäß: Wir werden unsere Solidarität mit der kubanischen Revolution, dem Beispiel für Sozialismus, Internationalismus und für seine Widerstandsfähigkeit gegenüber dem brutalsten Imperium der Welt in seiner unmittelbaren Nachbarschaft weiter verstärken und daher auch den Kampf für die Freiheit der Fünf.
Nachdem aus dem Publikum zwar viel Applaus aber keine Fragen kamen, erhielten die Referenten noch Gelegenheit zur Ergänzung ihrer Beiträge.
Oscar Martínez bedankte sich für die so eben erfahrene Solidarität, man sei hier ja "noch kubanischer als in Kuba", meinte er lachend, beklagte jedoch unabhängig davon den weitreichenden Einfluss der derzeitigen U.S.-Administration auf die Entscheidungen des Europäischen Parlaments und betonte, dass Kuba sich nur dann auf Verhandlungen mit der EU einlasse, wenn es als souveräner Staat akzeptiert werde und man ihm keine Auflagen für die Handhabung seiner inneren Angelegenheiten machen wolle.
Günter Belchaus nutzte die Gelegenheit, um auf den am Eingang der Casa Cuba ausliegenden Aufruf des Komitees zu Spenden für die Flüge von Eberhard Schultz und Norman Paech zur mündlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht in Atlanta am 20. August 2007 hinzuweisen. Außerdem sprach er noch den Skandal an, dass Posada Carriles freigelassen wurde und nicht wegen seiner Verantwortung für die Sprengung des kubanischen Zivilflugzeuges 1976 an Venezuela ausgeliefert werde, wobei die US-Stellen geltend machten, sie seien an die UN-Antifolterkonvention gebunden und könnten Posada nicht nach Venezuela ausliefern, weil zu befürchten sei, er würde dort gefoltert werden. Das sagten "ausgerechnet die USA, die selbst foltern oder foltern lassen!"
Ekkehard Sieker machte unter anderem noch einmal auf das ausliegende Kondolenzbuch zum Gedenken an Wilma Espín aufmerksam und darüber hinaus auf zwei neue Bücher, die an den Kubaständen zum Verkauf angeboten wurden und zwar auf das von Renate und Uli Fausten: "Helden der Freiheit - ‚Dissidenten' in Kuba", PapyRossa-Verlag, und auf das von Heinz Langer "KUBA. - La revolucion dinamica - Die lebendige Revolution - Zur Entwicklung Kubas in jüngster Zeit", Verlag Wiljo Heinen, Böklund. Er bat auch den im Zelt anwesenden Autor und ehemaligen Botschafter der DDR in Kuba Heinz Langer etwas zu seinem Buch zu sagen. Heinz sagte etwa sinngemäß, ihm sei mit diesem Buch daran gelegen gewesen, den Menschen das heutige Kuba mit seinen permanenten Verbesserungen im Hinblick auf eine gerechtere Gesellschaft nahe zu bringen.
Die Verfasserin hatte den Eindruck, dass die etwa 200 Besucher der Veranstaltung im Laufe der Zeit immer gebannter zuhörten und, nach ihrem Schlussapplaus zu urteilen, hochzufrieden aus dem Zelt gingen, um sich dann draußen in Grüppchen zu angeregten Gesprächen zusammenzufinden.

   Publikum =
  
Foto: Heinz W. Hammer

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