"żSi no creyera en la Esperenza?""Wenn ich nicht an die Zuversicht glaubte" oder "Was wären wir ohne Zuversicht?"
Von Josie Michel-Brüning
"Da, wo man am meisten fühlt, weiß man am wenigsten zu sagen." So lautet eine Gedichtzeile, die mir schon als Zwölfjährige zu denken gab.
Und genau so erging es mir unmittelbar nach dem Konzert des Duos "Ad libitum" in der "Casa Cuba". Aber jetzt kann und will ich versuchen, die mich zunächst überwältigenden Eindrücke in Worte zu fassen, treu dem dort vorgetragenen Eingangslied, "Ich komme, mein Herz anzubieten." Denn darin heißt es unter anderem "Ich bin ein Mensch, also ein Tier, das Worte gebraucht, und ich fordere deshalb, dass ihr sie mich nutzen lasst." (1) Die "Casa Cuba", in der die DKP alle 2 Jahre ihre internationale Solidarität mit der "permanenten" Kubanischen Revolution feiert und diesmal deren stolzes fünfzigjähriges Jubiläum, ist der Ort, den unsere Massenmedien anscheinend, selbst, wenn sie sich auf das U.Z.-Pressefest zu begeben wagen, wie diesmal das WDR-Team der "Aktuellen Stunde", meiden wie der Teufel das Weihwasser. Da finden sie es doch viel medienwirksamer, sich auf die Jagd nach Egon Krenz zu machen, um in der üblichen selbstgerechten "Sieger"-Manier mit ihm auch den Geist des Festes als "ewig gestrig" zu "entlarven" und Konstantin Wecker, der ja erstaunlicherweise dort auch auftrat, als zwar nach eigenen Worten "parteiloser", aber eben doch als unverbesserlichen linken Nostalgiker. (2) In der Begleitbroschüre zur Konzert-Tournee des Duos "Ad libitum" sind auch Ausschnitte aus dem Interview von Saul Landau mit Gerardo Hernández nachzulesen, wie beispielsweise dieses: " [...] Seit 50 Jahren erzählen sie den Amerikanern‚ Kuba ist die Hölle, aber du darfst nicht dahin gehen, um sie dir selbst anzusehen."(3) In vorauseilendem Gehorsam beschränken sich die meisten unserer Journalisten auf die von den U.S.-Medien zugelassenen Themen sowie deren Wahrnehmung und Darstellung und tabuisieren, was sie selbst oder die zu indoktrinierende Öffentlichkeit irritieren könnte. In der "Casa Cuba" durfte jedoch 2003 Adriana Pérez O'Connor auftreten, die junge Ehefrau von Gerardo Hernández Nordelo, einem der fünf kubanischen Gefangenen in den USA. (Er ist zu zweimal lebenslänglich plus 15 Jahren verurteilt.) Auch sie war, wie das Duo "Ad Libitum", auf Einladung der DKP gekommen und zum ersten Mal in Deutschland. Auch sie hinterließ bei den dort Anwesenden einen unvergesslichen Eindruck kubanischer Authentizität, die sich jeder Ideologie entzieht, die einfach nur als Stimme ihres zu Unrecht bestraften Ehemannes zu Menschen "guten Willens" sprach, als würdige Vertreterin der wohl in keinem Land der Welt höher gehaltenen Menschenrechte, dem eigentlichen Herzen unseres Planeten für die Entrechteten dieser Erde - Kuba - einem Land, das sicher kein Paradies sein kann, sich aber nach schmerzlicher Kolonialzeit, Sklaventum, Prostitution, Analphabetentum und Demütigungen aller Art, trotz aller fortbestehenden Verleumdungen, Wirtschaftsblockaden und Terroranschlägen, seine Lebensfreude, seine Buntheit, seine Menschlichkeit, seine Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben in Würde, die es mit Ländern der Dritten Welt mittels seiner solidarischen Aktivitäten teilt, nicht nehmen lassen möchte und sich auf seinen so mühsam erworbenen Errungenschaften weder ausruhen kann und noch will. Und, wie ich hinzufügen möchte, wo sich eine ewig parteilose, weil ehemals "antiautoritäre Achtundsechzigerin" wie ich, angenommener und freier fühlt, als an irgend einem anderen Ort dieser Erde. (4) Gerardo schrieb einmal in Beantwortung eines Briefes, in dem mein Mann und ich das Loblied auf "seine" Adriana gesungen hatten, aus dem Gefängnis: "Meine Adriana - schön von innen und außen - ich Glücklicher!" Und 2005 durfte hier, in der "Casa Cuba", Irma Sehwerert, die Mutter von René González Sehwerert, einem anderen der Fünf (Er ist zu 15 Jahren Haft verurteilt.) auftreten. Auch sie trat unaufdringlich, warmherzig und kompetent für die Sache Kubas und die ihres Sohnes ein - gemeinsam mit dem unvergesslichen jüdisch-kommunistischen Widerstandskämpfer aus der Nazizeit, Peter Gingold, der natürlich genau so wenig in die Ideologie unserer Massenmedien passte. 2006 hatte die DKP gemeinsam mit verschiedenen anderen Trägern eine Konzert-Tournee des Tanz-Ensembles Tercer Mundo aus Matanzas, Kuba, in der Bundesrepublik ausgerichtet. "Mehr als 5000 Besucher waren zu Gast bei insgesamt zwölf Auftritten. In der lokalen Presse fand der Besuch der Gruppe großen Widerhall," schrieb die U.Z. im Mai 2006, und "Anliegen der kubanischen Gäste war die Verbindung von Kultur und Politik und die Verstärkung der internationalen Solidarität zur Befreiung der fünf Gefangenen in Miami." Aber natürlich wurden auch sie von den Massenmedien ignoriert.
Und 2007 beteiligte sich der ehemalige kubanische Botschafter in der Bundesrepublik Oscar Martěnez Cordoves an der Podiumsdiskussion in der "Casa Cuba". Die "los Cinco" waren während dessen nicht nur in den Reden der Podiumsteilnehmer präsent, sondern auch durch überlebensgroße Bilder mit Szenen aus ihrem ehemals glücklichen Familienleben unter der Überschrift, "Unsere Solidarität ist die Zärtlichkeit". Der DKP-Vorsitzende Heinz Stehr war es, der mir persönlich als "ewig Parteiloser" bei der Gelegenheit am meisten aus der Seele sprach, weil es sowohl meinen eigenen Erfahrungen in Kuba als auch dem entsprach, was ich über das kubanische Wahlsystem z.B. bei dem kanadischen Autor und Publizisten Arnold August gelesen hatte. (5) Stehr sagte nämlich unter anderem, "dass das kubanische System sogar demokratischer sei als unseres, weil die Kubaner über ihr Wahlsystem mehr Mitbestimmungsrecht über die wichtigen Entscheidungen ihrer Regierung hätten als wir Deutschen innerhalb unseres kapitalistischen Systems. Er fühle sich daher verpflichtet, das Beispiel Kubas politisch weiter zu unterstützen und sagte etwa sinngemäß: Wir werden unsere Solidarität mit der kubanischen Revolution, dem Beispiel für Sozialismus, Internationalismus und für seine Widerstandsfähigkeit gegenüber dem brutalsten Imperium der Welt in seiner unmittelbaren Nachbarschaft weiter verstärken und daher auch den Kampf für die Freiheit der Fünf." (6)
Jetzt nahm ich kaum noch wahr, was um mich herum geschah, und ich glaube, anderen erging es ähnlich. Ich folgte Antonios anscheinend ungebrochener Freude am Leben und seiner Hoffnung auf Wiederkehr bei "Regresarč", und danach versank ich in den "süßen Abgrund" von Fernandos Abschiedsschmerz, einem Gedicht in der Vertonung von Silvio Rodríguez, das mich besonders anrührte, nicht nur, weil ich es noch nicht gekannt hatte. (7) Als eine der zahllosen Personen auf der Welt, die diesen Fall seit Jahren bekanntzumachen versuchen, die mit den Fünfen in Briefkontakt stehen, ihre Verwandten persönlich kennen lernen durften, möchte ich mich für diese bewegende Vorstellung zugunsten der "Cuban Five" von ganzem Herzen bedanken und zwar nicht nur bei dem wunderbaren kubanischen Duo "Ad libitum", das den Weg ins "kalte" Deutschland gewagt hat, sondern auch bei den beiden jungen Übersetzern und allen ehrenamtlichen Helfern, die diese Veranstaltung und die Begleitbroschüre mit ihren Originaltexten und Übersetzungen, den Erläuterungen zum Fall der "Cuban Five" bzw. "Miami 5", in der auch Ausschnitte aus dem Interview von Saul Landau mit Gerardo Hernández wiedergegeben werden, möglich gemacht haben. Vor allem gilt mein Dank der Cuba-A.G. bei der DKP und dort, stellvertretend für alle anderen, unserem Komiteemitglied Klaus Czyborra. 1) s. Lied: Fito Paez, Gedichte: Jorge Debravo und Luis H. Serrano, S. 2-3 der Broschüre zur Konzert-Tournee, Si no creyera en la esperanza
2) Die regionale TV-Nachrichtensendung "Aktuelle Stunde" (WDR) hat am 21.06.09 einen Bericht über das UZ-Pressefest in Dortmund gebracht. Dieser Beitrag kann noch bis zum 27.06. abgerufen werden unter: 3) s. Programm-Heft S. 31; 4) s. Grußadresse von Adriana Pérez, Ehefrau von Gerardo Hernández, an die Teilnehmer des Pressefestes der DKP, Dortmund, den 21.06.03, unter: http://www.miami5.de/informationen/adriana-030621.html und Adriana Pérez vertrat die "Cuban Five" auf dem UZ-Pressefest im Revierpark, Dortmund, mit Mut, Würde und Stolz, unter: http://www.miami5.de/informationen/uz-030621.html 5) Arnold August, Democracy in Cuba and the 1997-98 Elections, Editorial José Martí, ISBN: 0-9685084-05 6) Zitat aus meinem damaligen Bericht, s.: http://www.miami5.de/informationen/komitee-070706.html 7) S. 6-7 im Programm-Heftchen wird es versehentlich als eines von Antonio vorgestellt
Interview mit dem Duo in der Zeitung SeeMoZ, 8. Juni 2009.
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