Fünftes Internationales Kolloquium für die Freilassung der Fünf Helden und gegen den Terrorismus (Holguín, 19. bis 23. November 2009) und anderes mehr

I. Holguín

Es war das dritte Kolloquium, an dem ich teilgenommen habe. Das erste fand bekanntlich im Jahre 2005 statt, und zwar noch in einem recht bescheidenen, intimen Rahmen, was die Teilnehmerzahl angeht. Das Kolloquium im vergangenen Jahr stand unter keinem guten Stern. Wegen des herannahenden Hurrikans "Paloma" mußte es auf einen Tag verkürzt werden. Wir verließen Holguín anstatt am Montag schon am Samstag in aller Frühe und passierten Camaguey, bevor "Paloma" dort und vor allem in der Provinz sein Zerstörungswerk beginnen konnte.

Das diesjährige Kolloquium zeichnete sich vor allem durch die große Zahl von Teilnehmern aus. Es waren mehr als 200 aus vielen Ländern und aus allen Kontinenten - von Australien bis Finnland oder Island. Welche Bedeutung ihm auch von kubanischer Seite beigemessen wurde, wurde daraus deutlich, daß der kubanische Parlamentspräsident Ricardo Alarcón de Quesada einen ganzen Tag - Samstag, den 21. November - lang teilnahm und die neue Präsidentin des ICAP, Kenia Serrano Puig, die ganze Zeit über anwesend war. Ich hatte Gelegenheit, mit beiden zu sprechen. Von den Familienangehörigen der Fünf nahmen teil Mirtha Rodríguez, die Mutter von Antonio Guerrero, und sein Sohn Tony Guerrero, Irma Sehwerert, die Mutter von René González, Adriana Pérez O'Connor, Ehefrau von Gerardo Hernández, Olga Salanueva und Yvette González, Ehefrau und Tochter von René González, Lourdes González, Schwester von Fernando González, und Aili Labañino, Tochter von Ramón Labañino. Das Internationale Komitee für die Befreiung der Fünf war durch Graciela Ramírez Cruz (Havanna) und Alicia Jrapko (Oakland, California, USA) vertreten. Gefreut habe ich mich über das Wiedersehen mit Arsenio Rodríguez, der früher - und gelegentlich auch heute noch - für "Granma" arbeitete, und die Vertiefung meiner Bekanntschaft mit James Cockroft, der in Holguín sein jüngstes Werk "Why? ¿Por qué? Pourquoi?" vorstellte, eine Sammlung von Gedichten in Spanisch und Englisch (sowie zwei in Französisch). Die Anschaffung ist auch deshalb empfehlenswert, weil 100 % der Tantiemen als Spende an die Familien der Fünf gehen (Preis: 10 CUC). Außer mir nahmen aus Deutschland Petra Grübl und Frank Schwitalla an dem Kolloquium teil.

Zum Ablauf ist allgemein zu vermerken, daß das Kolloquium ausgezeichnet vorbereitet war und reibungslos ablief. Es war allgemeine Meinung, daß es das beste von allen Kolloquien gewesen ist. Der Delegierte des ICAP in Holguín, Amaury Torno González, und seine Mitarbeiter verdienen deshalb ein besonderes Lob.

Im einzelnen:

  • Das Programm begann am Morgen des Freitag, 20. November, mit der Eröffnung einer Ausstellung mit Arbeiten von Kindern aus dem Wettbewerb "Den Frieden erhalten" und von Fotos von verschiedenen Aktivitäten für die Fünf in verschiedenen Ländern. Zu meinem Erstaunen war Deutschland nur mit einem einzigen Foto vertreten. Sind von uns keine angefordert worden oder haben wir auf Aufforderung keine zur Verfügung gestellt? Anschließend traf man sich im Plenum mit den mitgereisten Familienangehörigen zu einem ersten Gedankenaustausch.

  • Am Nachmittag kamen die Delegationen, getrennt nach Kontinenten, zu Diskussionen über das weitere Vorgehen zusammen. In der europäischen Gruppe wurde insbesondere beklagt, es gäbe keine Koordination der Aktivitäten im europäischen Raum. Dem wurde entgegengehalten, daß Katrien Demuynck (Belgien) als Koordinatorin fungiere, was einigen aber wohl nicht bewußt sei.

  • Im Presse-Workshop - ab 17 Uhr - ging es vorrangig um die Frage, wie man weltweit erreichen kann, die Medien für den Fall der Fünf zu interessieren. Überwiegende Meinung war, in erster Linie in den USA in geeigneter Weise tätig zu werden, und zwar jetzt besonders verstärkt.

  • Am Morgen des Samstags, 21. November, traf man sich zur Niederlegung eines Blumengestecks (s. nachst. Foto) mit einer großen Abordnung von Einwohnern von Holguín am Denkmal für Ernesto Che Guevara. Die Niederlegung nahmen Adriana Pérez und Tony Guerrero vor. Unter anderen hielt der Parlamentspräsident Ricardo Alarcón eine kurze Ansprache.

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Blumengesteck am Che-Guevara-Denkmal; rechts Adriana, links Tony

  • In der anschließenden Plenarsitzung referierte Alarcón sodann über den Fall der Fünf, insbesondere berichtete er über den aktuellen Stand, wobei er darauf hinwies, daß der Fall von Guerrero deutlich macht, wie wichtig die internationale Solidarität mit den Fünf ist, was auch die Staatsanwaltschaft anerkannt habe. Er forderte dazu auf, die Anstrengungen und den Druck auf die US-Administration noch zu verstärken. Nachmittags wurden der Aktionsplan sowie die Abschlußerklärung erörtert und schließlich widerspruchlos akzeptiert. Beide Dokumente liegen hier inzwischen in deutscher Übersetzung vor.

Hinweisen möchte ich vor allem darauf, daß die Delegation aus Venezuela anregte, die Fünf erneut für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen (s. Nummer 7 des Aktionsplans?.

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Friedensnobelpreis für die Fünf

  • An beiden Abenden fanden kulturelle Veranstaltungen statt - Freitag: Vorstellung der CD "Libertad que viene" (Freiheit, die kommt) mit vertonten Gedichten von Ramón Labañino; Samstag: Kulturgala "Canto por los Héroes" (Gesang für die Helden).

  • Am Sonntag, 22. November, standen Ausflüge in verschiedene Gemeinden in der Provinz Holguín auf dem Plan (Gibara, Báguano, Rafael Freyre, Calixto García und Boca de Samá). Sicherlich am interessantesten war - im Rahmen des Workshops gegen den Terrorismus - der Besuch in Boca de Samá. Dort griff am Abend des 12. Oktober 1971 eine Gruppe von 8 oder 10 schwerbewaffneter Männer - heute geht man davon aus, daß es Angehörige der konterrevolutionären Gruppen "ALPHA 66" und "Frente Cubano de Liberación" (Kubanische Befreiungsfront) waren - das Dörfchen an, tötete zwei Männer und verletzten zwei Mäner sowie zwei 13 und 15 Jahre alte Mädchen. Es besteht der dringende Verdacht, daß die CIA den Überfall veranlaßt hat. Sehr eindrucksvoll sollen die Berichte der Bewohner von Boca Samá, die seinerzeit den Angriff miterlebt hatten.

  • Am Abend des Sonntags fanden schließlich in verschiedenen Stadtteilen von Holguín Treffen mit den jewiligen CDRes (Komitees zur Verteidigung der Revolution) statt. Dort, wo ich teilgenommen habe, stand der Dank der ausländischen Kolloquiumsteilnehmer, die in Kuba ihre Ausbildung bekommen hatten, an das kubanische Volk für seine Solidarität im Vordergrund.

1. Las Tunas

Ich weiß nicht, wie oft ich inzwischen, beginnend mit dem Jahr 1997, in Kuba gewesen bin. Es können jetzt - mit dem letzten Aufenthalt - 19 oder 20 Male gewesen sein. Ich war jedoch eigentlich immer, abgesehen von einer Rundreise zwischen Cienfuegos und Pinar del Río während meines ersten Aufenthalts in Kuba im Februar 1997 und den beiden Reisen nach Holguín, nur in Havanna, die Provinzen Kubas und das Leben in ihnen habe ich somit nicht kennengelernt. Seit dem Sommer letzten Jahres habe ich Freunde in Las Tunas, was mich veranlaßte, die Zeit vor und nach dem Kolloquium dort zu verbringen. Ich bereue das nicht. Mein Bild von Kuba ist heute, sagen wir es mal so, abgerundeter. Las Tunas taucht in den Reiseführern, die ich besitze, entweder überhaupt nicht oder aber nur am Rande auf. Das hat die Stadt nicht verdient. Sie kann sich selbstverständlich nicht mit der Hauptstadt vergleichen, hat aber einen besonderen Charme. Sie zeigt sich mit ihren fast durchweg einstöckigen Gebäuden als typisches kubanisches Landstädtchen, die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein, Pferdekutschen tragen die Hauptlast im öffentlichen Personennahverkehr, man lebt dort einfach ruhiger, gelassener. Als sehr angenehm habe ich auch empfunden, dort nicht Teil von Touristenmassen zu sein wie in Havanna. Zu Recht ist Las Tunas als Stadt der Denkmäler bekannt und berühmt, reich begrünte Plätze wie die Plaza Maceo (s.u.) laden zum Verweilen und Meditieren ein.

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Las Tunas, Maceo-Park

Zu danken habe ich ganz besonders dem ICAP in Las Tunas unter der Leitung seines Delegierten3 Nay Caballero und seinen Mitarbeiterinnen Amparo und Edelmis für die liebevolle, freundschaftliche Betreuung während der Zeit meines Aufenthalts dort. Es begann mit einem Empfang in der "Casa de Amistad", wo ich die französische (Kolloquiums-)Delegierte Annie Arroyo und den Karikaturisten "Flores" (im Hauptberuf Verkehrspolizist), der dort seine den Fünf gewidmeten Werke ausstellte (s. das nachstehend abgebildete, m.E. besonders gelungene Beispiel), kennenlernte sowie von Vertretern der lokalen Medien interviewt wurde (eine Auswahl von Interviews habe ich bereits dem Komitee zur Kenntnisnahme zugeleitet).

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Die Fünf als Gefangene der Freiheitsstatue, Justicia schleicht davon

Bei einer Stadtführung lernte ich den historischen Kern von Las Tunas kennen (Plaza Vicente García, Plaza Martiano) sowie das an den Sieg über die Spanier erinnernde große - und großartige - Monument an der Plaza de la Revolución. Mit Amparo besuchte ich den Botanischen Garten von Las Tunas sowie die Gedenkstätte für die Märtyrer von Barbados, das in dem ehemaligen Wohnhaus eines der Opfer des Anschlags auf das kubanische Verkehrsfluzeug am 6. Oktober 1976 eingerichtet ist. Am letzten Tag meines Besuchs in Las Tunas durfte ich auf dem dortigen Friedhof "Vicente García" am Pantheon für die bei der Verteidigung Gefallenen einen Kranz niederlegen und traf mich anschließend mit Veteranen des Kampfes in der Sierra Maestra, ehemaligen Kämpfern der entscheidenden Schlachten im Jahr 1958, der Niederschlagung der Invasion an der Playa Girón und der Bekämpfung von Konterrevolutionären in der Sierra de Escambray sowie mit Veteranen der internationalistischen Beteiligung Kubas an den Befreiungskriegen in Afrika. Bei dieser Gelegenheit erschien auch ein Team des lokalen Fernsehsenders, dem ich ein letztes Interview geben mußte.

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Kranznederlegung am Pantheon für die bei der Verteidigung Gefallenen

Ich habe - sehr gerne - versprochen, so bald wie möglich wiederzukommen. Wenn ich es richtig verstanden habe, war ich nach der Wiedervereinigung der erste deutsche Besucher im ICAP von Las Tunas.

Kirchhundem, den 8. Dezember 2009
Günter Belchaus

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