Kleine Presseschau über die Berichterstattung der marktbeherrschenden Medienagenturen zu René González' Verzicht auf seine US-Bürgerschaft

Von Josie Michel-Brüning, 8. Mai 2013

Sowohl die Associated Press als auch die Presseagentur Reuters interviewten René am 6. Mai unmittelbar nach seiner Verzichtserklärung auf US-Bürgerschaft vor der US-Interessenvertretung in Havanna im Beisein seines Anwalts Phil Horowitz, seiner Ehefrau Olga Salanueva, seinen beiden Töchtern und einem Vertreter der kubanischen Regierung.

Die AP-Journalisten titelten: "Cuban spy unrepentant, but hopes for better ties" [Kubanischer Spion reuelos, hofft aber auf bessere Verbindungen]. Sie heben hervor, dass René von den US-Behörden "gewarnt" worden sei, dass der Schritt unumkehrbar sei und 450 US-Dollar koste. René habe auf die Frage der AP-Journalisten nach seiner Meinung zu einem Gefangenaustausch der Fünf gegen den wegen Einführung illegaler Kommunikationsausrüstung in Kuba seit 2009 inhaftierten Subunternehmers Alan Gross befragt unter anderem geantwortet, so ein Austausch sei "eine gute Geste beider Seiten zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten", er hoffe, dass sich die beiden Länder miteinander versöhnten, wörtlich habe er gesagt: "Ich würde meinen, dass die nordamerikanische Regierung damit den Hoffnungen der ganzen Welt entspräche, die ihr aufträgt, ihre Politik gegenüber Kuba zu ändern." Und er habe gesagt: "Was Präsident Obama jetzt braucht, ist Mut."
Außerdem hoffe er, seine Freilassung gebe den anderen vier Agenten und deren Familien Hoffnung.
AP geht dann noch auf seine vier Mitangeklagten ein und nennt das voraussichtliche Entlassungsdatum des 49-jährigen Fernando González aus dem Gefängnis in Arizona, dort unter seinem Decknamen "Ruben Campa" geführt, mit dem 27. Februar 2014 und das des 54-jährigen Antonio Guerrero aus dem Gefängnis in Nordflorida mit dem des 18. Septembers 2017. "Die anderen beiden verbüßen viel längere Strafen," heißt es dort lakonisch und weiter:
"Endlich mit seiner Ehefrau und seinen beiden Töchtern vereint, bestand González am Montag darauf, dass er seine Aktionen nie hinterfragt habe.
‚Niemand zwang mich dazu. Sie nannten mir die Risiken, und ich sagte 'Ja,' sagte er. "Ich tat es als kubanischer Patriot und bedaure nichts... Ich habe keine Sekunde an mir gezweifelt.'"

Während die Journalisten zu Beginn des Artikels behaupten, René habe gesagt, er bedaure es nicht, "spioniert" zu haben, so halten wir die folgende Wiedergabe seiner Geschichte und vor allem die seiner Aussagen am Ende des Artikels für glaubwürdig, Zitat:
"González floh 1990 in einem Sprühflugzeug [zur Unkraut und Schädlingsbekämpfung], das er angeblich entführt hatte, um sich abzusetzen. In Wirklichkeit war er von Beginn an ein kubanischer Agent.
González besteht darauf, seine Aktivitäten seien nie darauf gerichtet gewesen, den Vereinigten Staaten oder deren Bevölkerung zu schaden, sondern nur darauf, Kuba vor einer von den militanten Exilgruppen ausgeführten Welle von Bombenanschlägen zu beschützen, die darauf zielten, die Tourismusindustrie der Insel zu sabotieren. Ein Italiener wurde dabei getötet.
Er sagte, es sei ihm kein Vergnügen gewesen, seine US-Bürgerschaft zu widerrufen, obwohl er sich immer mehr als Kubaner als als Amerikaner gefühlt habe.
‚Ich habe Familie in den Vereinigten Staaten und hinterließ dort viele Freunde,' sagte er. ‚Es ist ein Land mit einer bewunderungswürdigen Geschichte... Man merkt, dass es mehr Gemeinsamkeiten gibt, als das, was uns trennt.'"


Reuters titelte: "Cuban agent begins renouncement of US citizenship" [Kubanischer Agent leitet den Verzicht auf US-Bürgerschaft ein]

Immerhin klingen bei Reuters' Überschrift und der Beginn des Artikels schon objektiver als bei AP. Sie sprechen von einem "umstrittenen" Prozess wegen "Verschwörung zu Spionage" und davon, dass der Fall die US-Kuba-Beziehungen lange belastet habe.

Sie berichten, René habe, als er aus der US-Interessenvertretung kam, den Reportern erzählt, da er in Chicago geboren sei, habe er eine doppelte Staatsbürgerschaft gehabt, dass er jetzt nur Formulare ausgefüllt und Fragen beantwortet habe, und dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei.
Er müsse seine US-Bürgerschaft noch förmlich vor dem US-Diplomaten-Außenposten widerrufen und dann die Bestätigung abwarten, die er noch vor dem 16. Mai erhalten solle.
Wörtlich heißt es dann:
"'Ich bin glücklich in Kuba zu sein bei meiner Familie und mich in die Gesellschaft integrieren zu können, zu der ich gehöre,' sagte er, als Zuschauer auf der Straße und von den Balkonen der Wohnungen über ihnen applaudierten und seinen Namen riefen.
Als er zuvor bei dem US-Diplomaten-Außenposten in einem schwarzen Regierungswagen ankam, winkte González den etwa drei Dutzend Schaulustigen zu und schlug seine Hände wie in Siegeshaltung über dem Kopf zusammen. Er war formlos in einem kurzärmeligen blauen Schottenhemd und schwarzer Hose gekleidet.
Er war der erste von denen, die Kuba die ‚Fünf Helden' nennt, ...
Hiermit schwor er dem Recht ab, in die Vereinigten Staaten, in denen er seine ersten Lebensjahre verbracht hatte, zurückkehren zu können."

Auch Reuters spricht den Fall Alan Gross an und gibt dazu die Worte des kubanischen Außenministers Bruno Rodríguez während dessen Besuch in Brasilien wieder, wonach die Lösung dieses Falles keinen Einfluss auf den Status des US-Subunternehmers Alan Gross habe, der wegen illegaler Einführung von Internetausrüstung für jüdische Gruppen in Kuba in Havanna eine 15-jährige Gefängnisstrafe verbüßt.
Rodríguez habe gesagt, González habe seine Strafe verbüßt, während Gross dies seit Dezember 2009 noch nicht habe.
‚Es ist Sache der Gesetzesanwendung. Ich sehe daher keinen Bezug zwischen beiden Fällen,' sagte er in Brasilien.
Kuba hat einen möglichen Austausch der ‚Cuban Five' gegen Gross angedeutet, doch die Vereinigten Staaten lehnten die Idee ab.
Indem Rodríguez wiederholte, was die Regierung zuvor offenbart hatte, sagte er, Kuba habe Washington gesagt, es sei offen für Gespräche zur Findung einer humanitären Lösung für die Fälle Gross und die der vier Kubaner.
Kuba sagt, die Agenten seien zu Unrecht verurteilt und exzessiv bestraft worden, denn sie hätten nur Information in kubanischen Exilgruppen gesammelt, die Aktionen gegen die 90 Meilen von Key West, Florida, entfernte Insel planten.
Der Prozess wurde in Miami abgehalten, dem Zentrum der exilkubanischen Gemeinde und der Brutstätte der Opposition gegen die kubanische Regierung, insbesondere gegen den früheren Führer Fidel Castro und den derzeitigen Präsidenten Raúl Castro.
Einer von González' Mitangeklagten verbüßt wegen seines [von der Staatsanwaltschaft behaupteten, aber nicht nachweisbaren, Anm. d. Ü.] Anteils an dem Abschuss zweier US-Flugzeuge 1996, die von Exilkubanern geflogen worden waren, Anti-Regierungsflugblätter über Havanna abgeworfen hatten, eine zweimal lebenslängliche Strafe. Die anderen drei verbüßen Strafen von 18 bis zu 30 Jahren.
‚Man muss den Kampf, sie aus dem Gefängnis zu bekommen, fortsetzen. Es ist ein Unrecht, es ist ein Verbrechen, dass sie Gefangene sind,' sagte González.
‚Wir brauchen sie in Kuba,' sagte er."

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