Gerardo Hernández Nordelo in Bonn

Bericht, Josie Michel-Brüning

Einer der "Cuban Five", der fünf Helden der Republik Kuba, war am 13. Januar 2016 in der Außenstelle der Botschaft Kubas in Bonn.

Wir wurden schon von den Botschaftsangehörigen überaus herzlich mit Getränken wie Mojitos und Säften empfangen. Und bereits eine Viertelstunde vor dem offiziellen Beginn der Veranstaltung um 19:00 Uhr war der Saal voll. Trotzdem konnte jeder Gerardo persönlich begrüßen, man hatte uns alle vorsorglich mit Namenschildern versehen, damit Gerardo kein Problem mit der Zuordnung der ihm noch nicht bekannten Gesichter hätte, und Compañera Petra Wegener stand uns jeweils auch noch im Laufe des Abends als Vertreterin des Cuba-Netzwerks mit ihrer hervorragenden Simultanübersetzung zur Verfügung. Aber wir brauchten zunächst nicht so viele Worte und lagen auch einander immer wieder freudig bewegt in den Armen.
Nachdem alle an ihren liebevoll mit Snacks gedeckten Tischen Platz genommen hatten, begrüßte uns die Leiterin der Außenstelle der Kubanischen Botschaft Anette Chao García herzlich.
Gerardo selber betonte, dass er es bevorzuge, sich mit uns zu unterhalten, statt lange Reden zu halten. Er erklärte, wie froh er sei, jetzt hier und vor allem frei in Kuba sein zu können, was ihm ja, angesichts seines zweimal lebenslänglichen Strafurteils (plus der 15 Jahre), 16 Jahre lang als schier aussichtslos erschienen sei, und zwar jetzt als Gipfel allen Glücks auch noch zusammen mit seinem Töchterchen Gema. Er entschuldigte sich, nicht mit seiner Frau Adriana und Gema gekommen zu sein, aber insbesondere für die jetzt gerade erst einjährige Gema habe man doch die Kälte gefürchtet.

Er habe sich aber beispielsweise auch nie träumen lassen, dass Raúl Castro höchstpersönlich einmal in seinem Wohnzimmer zu Gast sein und dort mit seinem Kind spielen würde, und er erinnerte sich zum Vergleich noch einmal an die Verhältnisse im Hochsicherheitsgefängnis in der kalifornischen Wüste in Victorville, wo es unter den Gefangenen zeitweilig auch Mord- und Totschlag gegeben habe sowie auch manchmal die Selbstmorde derer, die es einfach nicht mehr ausgehalten hätten.
Gerardo hatte natürlich auch die sich jetzt noch in "politisch-motivierter" U.S.-Gefangenschaft befindlichen Leidensgenossen wie Mumia Abu Jamal, Leonard Peltier und Oscar Lopez Rivera vergessen, für deren Befreiung auch er sich einsetze. Außerdem erwähnte er "unter Freunden" auf vorheriger Anfrage von Günter Belchaus den Sonderfall der CIA-Analistin Ana Belén Montez, die ja, wie viele von uns wissen, Kuba und zwar ohne von Kuba dafür bezahlt zu werden, mit kritischer Information versorgt und vor der damaligen U.S.-Administration vertreten hatte, dass Kuba kein "die Sicherheit der USA gefährdendes Land" sei. Aber für sie könne "man nur im Stillen" arbeiten.
Er meinte schließlich , auch wenn es die Verhandlungen zwischen den USA und Kuba gewesen seien, die dann doch zur Freilassung auch der letzten Drei der Fünf geführt hätten, hätte die internationale Solidarität durch deren andauernde Aktivitäten ihrem Fall das dazu nötige "Gewicht" gegeben.
Und er bedankte sich ausführlich und überschwänglich bei uns allen.
Schließlich hielt es mich doch nicht mehr auf dem Sitz, um nach vorne zu eilen und dort, sicher im Sinne aller Anwesenden sinngemäß etwa folgendes zu sagen:
Dass nämlich wir es seien, die Gerardo danken müssten, dass natürlich nur die Kubanische Revolution solche Menschen wie ihn und seine vier Brüder (Ramón Labañino, Antonio Guerrero, Fernando González und René González) und die Familienmitglieder habe hervorbringen können, die so Vieles auszuhalten vermögen und dass die heutige kubanische Gesellschaft - im Gegensatz zu unserer deutschen - aus ihrer schmerzlichen Geschichte gelernt habe und bereit sei, auch weiter zu lernen.
Zu unser aller Freude war auch Daniel Rodríguez zugegen, der schon die Gründungsfeier unseres Komitees ¡Basta ya! mit dem Gesangsvortrag der von ihm vertonten Gedichte Antonio Guerreros zu seiner Gitarre bereichert hatte. Jetzt konnte er einige davon gemeinsam mit Gerardo singen und viele von uns stimmten mit ein, während uns gleichzeitig ein köstlicher kubanischer Eintopf geboten und herrliche Schnittchen gereicht wurden.

Einziger Wermuthstropfen war, dass nicht alle lieben Freunde dabei sein konnten, weil sie leider krank geworden waren, wie Petra Grübl, die ehemalige Vorsitzende der Cuba-Soli Düsseldorf, die aber durch ihre jetzigen Vorstände Gerhard Schneider und Gabriele Reitmeier vertreten war, und Heinz W. Hammer, Vorsitzender der Cuba-Freundschaftsgesellschaft Essen, der jedoch durch Gruppenmitglieder wie "Kalle" als Fotograf der Gruppe bzw. Karl-Heinz Medler, "Ede" bzw. Klaus Czyborra, Hartmut und Paulino vertreten war.
Heinz entschädigte uns dann mit seinem bewegenden schriftlichen Redebeitrag, den uns der Filmemacher und Vorsitzende der Cuba-A.G. der DKP Tobias Kriele vorlas, siehe PDF auf dieser Seite. Es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass Tobias Kriele am 12.09. 2012 gemeinsam mit anderen Compañeros die Zugspitze erklommen hatte, um dort ein Zeichen für die "Cuban Five" zu setzen, während die "Daheimgebliebenen" in Berlin, Düsseldorf und Frankfurt vor der U.S.-Botschaft bzw. ihren Generalkonsulaten zum wiederholten Mal demonstrierten.
Und natürlich hatten viele von uns Geschenke für Gerardo, vor allen Dingen solche, die an unsere früheren Demos für die Fünf erinnerten wie beispielsweise auch das auf zahllosen Veranstaltungen vertretene Plakat der DKP, das die Fünf als die "Brüder Che Guevaras" abbildet.
Und so feierten wir mit etlichen Vertretern verschiedener Kuba-Freundschaftsgruppen aus Köln, Bonn, der Humanitären Cuba-Hilfe aus Bochum - mit Rieke Kiffmeier und Dr. Klaus Piel verbindet Dirk und mich bspw., dass wir 2013 noch auf Kuba-Rundreise gewesen waren und auch an der Internationalen Freundschaftskonferenz für die Fünf in Holguin teilgenommen hatten, wo wir auch schon mit René, seiner Ehefrau Olga und seiner Mutter Irma zusammengetroffen waren -, aus Frankfurt, Mainz und auch Paderborn.
Erfreulicherweise waren darunter nicht nur die alten lieben Bekannten, sondern auch Hoffnung erweckende ganz junge Gesichter wie zwei Kubanerinnen, die es nach Deutschland verschlagen hat, die jüngere von beiden berichtete sichtlich bewegt, wie sie schon "seit der Sekundarstufe" für die Fünf in Kuba auf die Straße gegangen sei. Die Fünf seien schließlich sogar auslösendes Moment dafür gewesen, dass sie dann als Studentin ausgerechnet bei einer dieser Demos ihren deutschen Mann kennen gelernt habe, der aber inzwischen leider verstorben sei..., wie auch die beiden Studenten aus Paderborn, die jetzt ihre Kommilitonen zu Kubareisen "der anderen Art" animieren, wie nicht zuletzt auch Anne aus Mainz, die 2014 die Schmetterlingspostkarten nach den von Antonio im Gefängnis gemalten kubanischen Schmetterlingen drucken lassen hatte; dazu gehört natürlich auch die noch sehr junge oben schon erwähnte Gabriele Reitmeier von Cuba-Soli Düsseldorf.
Im Laufe des Abends hatte Gerardo Dirk und mich noch nach dem bisherigen Absatz der deutschen Version des Buches von Stephen Kimber, "Diesseits und jenseits der Straße von Florida, die wahre Geschichte der ’Cuban Five’" gefragt, wir konnten nur mutmaßen, dass davon bisher etwa 200 Stück verkauft worden seien, dass wir aber weiter Werbung machen wollten und das Buch daher auch bei unserem Buchhändler vor Ort in Jülich vorgestellt hätten.
Von der "alten Garde", der Gründungsmitglieder von ¡Basta ya!, konnten der Jurist und Ministerialrat a.D Günter Belchaus, Klaus Czyborra, der ehemalige Vorsitzende der DKP Cuba-A.G. sowie Dirk Brüning und ich als ehemalige "Delegierte" von Cuba-Si, Berlin, im "wilden Westen", zur Gründung unseres Komitees 2002 anwesend sein, das dann am 14. Dezember 2002 seine Gründungsfeier im DGB-Haus in Köln hatte, den Raum dazu hatte uns der Kuba-Freund und Gewerkschafter Walter Malzkorn besorgt, der leider auf der Feier auch nicht anwesend sein konnte.
Aber Gerardo hatte ja zuvor schon in Berlin die anderen Gründungsmitglieder von ¡Basta ya! wie den Juristen und ehemaligen Offizier der Spionageabwehr der ehemaligen DDR und Elisabeth Dietze, die Schulfreundin von Tamara Bunke, alias Tania la Guerillera, persönlich kennenlernen können und sie von unserer Arbeit im Komitee berichten hören.
Einige unserer sehr geschätzten Gründungsmitglieder wie Maria Luz-Kremp und auch der DDR-Historiker Siegfried Scholze sind während der langen Jahre leider schon verstorben und einige sind nicht mehr vor Ort wie Renate Fausten, die arbeitet jetzt zusammen mit ihrem Ehemann Ulli Fausten für die deutsche Granma-Ausgabe in Kuba.
Glücklicherweise waren aber auch die Vertreter der "Arbeiterfotografie" Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann anwesend, die Gerardo zum guten Schluss noch für den Blog von Peter Kleinert, "Neue Rheinische Zeitung", interviewten.
Bevor wir uns von Gerardo, der doch von dieser Mammut-Tour todmüde sein musste, nur kurz verabschieden konnten, hörten wir ihn noch stolz zu seinen Interviewern sagen, dass es Tausende Kubaner gebe, die bereit seien, dass Gleiche zu tun wie die Fünf.
Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, dass uns Tobias Kriele erzählt hatte, Gerardo habe in der vergangenen Nacht nur eine Stunde geschlafen.
Und, wie wir wussten, würde seine nächste Station auf Gran Canaria sein.

Es lebe die internationale Solidarität!

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