Compañero Heinz W. Hammer presente!

Lieber Heinz,

es trifft uns ja nicht unvorbereitet, dass wir Deine physische Anwesenheit nun doch vermissen müssen, aber dennoch hart. Schon die jeweiligen Berichte Deiner engsten Freunde vor Ort, die Dich immer wieder bis zuletzt an Deinem Krankenbett besuchen konnten, ließen uns schließlich immer weniger Hoffnung. So lange bist Du tapfer gegen den Strom geschwommen, ob gegen gesellschaftliche Vorurteile oder wie zuletzt gegen den heimtückischen Krebs. Du hast es Dir nicht leicht gemacht.

Nun stehen wir vor Deinem gewaltigen Erbe.
Und obwohl wir Dein bewegtes Leben, mit dem Du Partei für das Recht der Unterdrückten und Diffamierten in dieser Gesellschaft ergriffen hast, noch Deinen Internationalismus, würdigen können, obwohl wir uns nicht anmaßen können, Dir für alle Energie und allen Enthusiasmus zu danken, mit dem Du Dich seit mindestens Anfang der ’90er allein für das Überlebensrecht des sozialistischen Kuba nach dessen der US-Blockade geschuldetem Verlust von über 80% seiner Handelspartner, zunächst durch die Organisierung von humanitärer Hilfe bei der Gründung des Netzwerk Cuba Informationsbüro e.V. eingesetzt hast und womit Du Dich, für uns erst seit 2003 sichtbar, immer wieder über Deine bereits beeinträchtigte Gesundheit so wortgewaltig und prägnant hinweg gesetzt hast, um auch für die politische Unterstützung Kubas einzustehen. Denn den Umfang Deines gewaltigen Erbes, das Du nicht nur der Cuba-Soli-Gemeinde im Ruhrpott, sondern weit darüber hinaus hinterlässt sowie auch in der Antifa-Bewegung, können wir nur erahnen.

Immerhin manifestiert sich Dein Wirken in dem 2013 im PapyRossa Verlag erschienenen und von Dir gemeinsam mit Frank Schwitalla verfassten Buch, "Solidarität . Die Zärtlichkeit der Völker - 20 Jahre Netzwerk Cuba" und auf der Homepage der FG BRD-Kuba, Regionalgruppe Essen; , die Du solange Du noch konntest, aktualisiert hast und die ein gewaltiges Archiv, einschließlich historischer Hintergründe, hinterlässt.

Wie sehr werden wir Deine oft auch witzigen E-Mail-Kommentare vermissen, nach Deinem Motto, "Humor hat der, der trotzdem lacht!"

Wie gerne haben wir auch immer wieder Deine Leserbriefe gelesen, mit denen Du uns aus der Seele sprachst, ob es in "Unsere Zeit", "junge Welt", der Internetzeitung NRhZ oder auch wie zuletzt wieder in der NRZ war. Dein Leserbrief mit dem Appell eines aufrechten DKP-Mitglieds an den SPD-Ortsverein Altenessen und Vogelheim zu gemeinsamem Handeln wurde am 13.02.2016 in der NRZ abgedruckt. Es ging Dir darum, dass dieser Verein sich auch bei der Behandlung der Proteste im Zusammenhang mit der Flüchtlingsfrage seiner sozialdemokratischen Wurzeln erinnere und nicht, wie in dem zuvor erschienenen NRZ-Artikel offenbar geworden, linke Proteste quasi mit den Brandanschlägen der Rechten gleichsetze.

Doch wir haben auch das persönliche Bedürfnis, Dir, lieber Heinz, zu danken. Denn mit unserem persönlichen Dank fühlen wir uns immerhin einig mit den fünf Helden der Republik Kuba, Gerardo Hernández, Ramón Labañino, Antonio Guerrero, Fernando González und René González, denen ganz sicher ebenfalls bewusst ist, was sie Menschen wie Dir verdanken, die zu denen gehören, die sich unerschütterlich für ihre Freilassung eingesetzt haben. Glücklicherweise konnte Gerardo Dir seinen Dank auch persönlich vermitteln, einmal per Brief aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Victorville, Kalifornien, als Du im Oktober 2013 zum ersten Mal an Krebs erkrankt warst und eine schwere Operation hattest überstehen müssen, dann noch einmal seine Antwort aus dem Gefängnis nach den von Dir ihm übermittelten Grüßen aller Teilnehmer Deiner 60. Geburtstagsfeier und zuletzt am 13. Januar 2015, als Du leider schon nicht mehr an der Feier anlässlich seines Besuchs in der Außenstelle der kubanischen Botschaft in Bonn teilnehmen konntest. Da ließ er es sich nicht nehmen, Dir zumindest auf Deinem Anrufbeantworter seinen Dankesgruß zu hinterlassen.
Und wir wollen nicht vergessen, hier noch einmal auf Deinen für uns immer noch so wichtigen und gleichzeitig ergreifenden Redebeitrag zu dieser Feier hinzuweisen, der uns noch einmal Deine Integrität, Deinen mitreißenden Kampfesgeist und Deine unbedingte Loyalität zur kubanischen Revolution verdeutlichte, den Du uns dort Anwesenden über Tobias Kriele hattest zukommen lassen und der ihn allen Anwesenden vorlas.
In dessen zweitem Absatz sagst Du:
"In den kommenden drei Minuten werde ich etwas machen, was ich vorher noch nie getan habe und auch zukünftig nicht tun werde, nämlich einen politischen Beitrag mit Persönlichem verknüpfen. ..."

Nun aber wollen wir, Dirk und ich, auch persönlich werden: Wir vergessen Dir nie, wie Du Dich bspw. auf einer Netzwerk-Jahreshauptversammlung ausdrücklich dafür eingesetzt hattest, dass unsere verzweifelten und uns selbst und vielen anderen Mitstreitern wenig erfolgreich erscheinenden Bemühungen, über diese bescheidene Website den Fall der "Cuban Five" auch auf Deutsch publik zu machen, im Protokoll gewürdigt würden. Mit der schnoddrig vorgebrachten Begründung: "So ‚was kann man ja nicht zwischen zwei Zigarren erledigen!" setztest Du Dich humorvoll über etwaige Bedenken innerhalb der Versammlung hinweg.
Von da an konnten wir uns mit Deiner Unterstützung, der des Gründers des Cuba-Netzwerks, "schmücken". Gemeinsam mit Dir konnten wir uns, auch dank Deines und des Organisationstalents der FG-Essen und natürlich auch der immer mit Kuba und den Fünfen loyalen DKP-Genossen an verlässlich geregelten Demos zugunsten der Fünf beteiligen, ob am ersten Mai in Essen, zum "Tag des internationalen Gefangenen" am 18. März, oder ob vor allen Dingen am 12. September vor dem US-Konsulat in Düsseldorf.
Während wir bspw. am 12. September 2008 noch nur zu Viert, gemeinsam mit der ebenfalls unvergessenen Maria Luz-Kremp und der jungen Kubanerin Jenny mit unseren Plakaten buchstäblich im (strömendem) Regen auf der Kölner Domplatte gestanden hatten, waren die Fünf danach mit Deiner Unterstützung wieder viel sichtbarer, der Höhepunkt unserer Demos war die letzte am 12. September 2014, auf die Du in Deinem Redebeitrag wie folgt eingingst:
"Als kleine Erinnerung haben wir Euch einige großformatige Photos von unserem Aktions- und Solidaritätstag vom 12. September 2014 vor dem US-Generalkonsulat in Düsseldorf mitgebracht. Wir hatten diesen Herrn tagsüber immer wieder per Megaphon aufgefordert herauszukommen und mit uns über unser Angebot zu diskutieren, fünf von uns als Austauschgeiseln für die Cubanischen Fünf zu nehmen. Er ist nicht herausgekommen. Wir aber, wir werden weiterhin herauskommen und unsere Forderung nach dem bedingungslosen Ende der Blockade an die US- und die deutsche Regierung stellen, bis sie erfüllt wurde."
Die orangefarbenen Overalls als Gefängniskluft für die 5 Geiseln, in die wir wechselweise schlüpfen konnten, hattest Du für uns besorgt sowie Du es auch geschafft hattest, dass der Vorsitzende der DKP Patrick Köbele dort auftrat, eine Grußbotschaft von Sevim Dagdelen von der Linken verlesen wurde, der argentinische Sänger Daniel Rodríguez seine Lieder dazu beitrug und die Arbeiterfotografie das Ganze dokumentierte.
Unvergessen ist natürlich auch die unter Deiner Führung von der Regionalgruppe Essen organisierte Eröffnungsfeier für die Ausstellung von Antonio Guerreros im Gefängnis gemalten Bilder im DGB-Gewerkschaftshaus in Essen am 26.01.2015, als wir gleichzeitig schon die Befreiung auch der letzten Drei der Fünf, der von Gerardo, Ramón und Antonio vom 17. Dezember 2014 feiern konnten, siehe die Bilder der Vernissage.
Auch damals sprachst Du uns mit einer wieder einmal glänzend formulierten und mitreissend vorgetragenen Rede direkt aus dem Herzen.
Groß und stark standest Du vor uns auf der Bühne, Du erschienst uns größer und stärker denn je, als Du dem DGB-Gewerkschaftler verbindlich für die Gastfreundschaft danktest, um dann die zuvor von ihm geäußerten Bedenken deutlich zu widerlegen, dass Kuba jetzt über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den USA möglicherweise gezwungen sein werde, das Schicksal der früheren DDR zu teilen - und dies ganz ohne Bitterkeit mit Deiner reichhaltigeren Kuba-Erfahrung, nicht zuletzt durch die Hervorhebung des grandiosen Beispiels der "Cuban Five" bzw. "Miami 5", wie Du sie immer nanntest.

Bis heute scheinen es nur Wenige wahrhaben zu wollen, am allerwenigsten die Vertreter der "Corporated US Media" und unsere ihnen in Vasallentreue folgenden Massenmedien, wie auch unsere maßgeblichen Politiker den Vorgaben der jeweiligen US-Administration folgen, dass die fünf kubanischen Helden durch ihre 16-jährige unverbrüchliche Solidarität mit dem kubanischen Volk und dessen Idealen der Anstoß zu dem sich anbahnenden Tauwetter zwischen den USA und Kuba waren, und dies selbst in ihrer sich über die Jahre mehrfach wiederholenden Isolationshaft in den jeweiligen US-Gefängnissen, die jeweils nur durch internationalen Protest beendet werden konnten, Zitat aus der "Chronologie der Ereignisse,
Ende Februar bis Ende März 2003: Alle Fünf kommen in ihren jeweiligen Gefängnissen in Isolationshaft, die zunächst für ein Jahr gelten, aber danach beliebig verlängert werden können sollte. Aufgrund internationalen Protestes, auch von Amnesty International, werden sie daraus entlassen."
Und für Gerardo wiederholte sich diese Willkürmaßnahme seitens der US-Behörden im Sommer 2010 noch einmal und das ausgerechnet kurz bevor der US-Menschenrechtsanwalt Leonard Weinglass ihn im Gefängnis besuchen wollte, um seinen geplanten Antrag nach dem "Habeas Corpus Act" mit ihm zu besprechen.

Abgesehen davon, dass dieser Fall die hiesigen Massenmedien nie interessiert hat - immerhin weist er nicht nur auf das Unrecht der kriegerischen US-Außenpolitik hin, sondern auch auf das fragwürdige US-Justizsystem und dessen menschenrechtswidrige Behandlung seiner überproportional vielen Inhaftierten - scheinen sie noch weniger an die Klugheit der Mehrheit des kubanischen Volkes glauben zu können, eines Volkes, das nach über 50-jähriger Revolution zu gebildet ist, um sich vom trügerischen Glanz des US-Konsums oder von den honig-süßen Worten eines US-Präsidenten blenden zu lassen.
Du aber, lieber Heinz, hast Dich immer für die Wahrnehmung dieses Unrechts mit all Deiner Kraft und für dessen Ausmerzung eingesetzt und hast an die Stärke und das lebendige Beispiel der kubanischen Revolution geglaubt. Daher dürfen wir jetzt nicht in Trauer versinken.
Nein, Dein Erbe ist für uns unauslöschlich, Du bleibst weiter an unserer Seite und hilfst uns weiter, dass wir "die Flamme am brennen halten", wie man auf "ruhrpöttisch", ganz im Sinne Deines Humors sagen würde.
Oder wie man auf Kubanisch ausrufen würde:

"ˇHeinz W. Hammer - presente - hasta la victoria siempre!"

Josie Michel-Brüning

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