Rechtsanwalt Richard Klugh erklärt Aspekte des Berufungsverfahrens der fünf Kubaner

Deysi Francis Mexidor, Juventud Rebelde, 13. November 2005

Fragmente eines Gesprächs zwischen Juventud Rebelde und Richard Klugh, dem Verteidiger von Fernando González

Richard Klugh ist ein Experte für Berufungsverfahren mit dem Public Defender's Office [der Öffentlichen Verteidigerkanzlei, Anm.d.Ü.] in Miami. Der Absolvent der Harvard Universität hat über 25 jährige Erfahrung als Jurist, danach kommt er zu dem Entschluss, dass dieser Fall (der fünf Kubaner) sich sehr von allen ihm bekannten Fällen unterscheidet.
Er gehört zu dem Verteidiger-Team der fünf Kubaner, die am 12. September 1998 verhaftet wurden, die nach einem grotesken Prozess und dementsprechenden Anklagen zu insgesamt viermal lebenslänglichen Strafen und 75 Jahren Haft verurteilt wurden.
Klugh drückt sich auf sehr bedächtige Weise aus, so als ob jedes seiner Worte die Sache genau treffen müsse - kein Wort zu viel oder zu wenig. Diejenigen, die bisher mit ihm zu tun hatten, versichern, dass er ein wirklich Professioneller ist, ein kompetenter Mann.
"Er ist jemand, der große Ruhe ausstrahlt", sagt Rosa Aurora Freijanes, die Ehefrau des Angeklagten Fernando González.

Sie sind ein Mann des Rechts. Was ist ihre Meinung zu dem Urteil vom 9. August?

"Ich glaube, es war eine großartige Entscheidung. Das Urteil der drei Richter richtet sich nach internationalem Recht.
Es war ein mutiger Akt. Er wurde von ehrbaren Leuten erwartet, von Menschen, die selbst in einer Situation, in der die Entscheidung in der cubano-amerikanischen Gemeinde in Miami unbeliebt ist, die Wahrheit nicht scheuen.
Dies ist für mich von großem Interesse, denn es gehört zu den Werten, die wir in dieser neuen Phase vor den Richtern vertreten können sollten, doch es ist die Pflicht der Anwälte, diese Werte jetzt vor das gesamte Gericht zu bringen und sie für die Anwendung des Gesetzes zu nutzen.
In der kommenden Phase werden wir unsere Argumente genau in diesem Sinne vortragen, so, dass die Entscheidung der Richter das Recht ebenso würdigen wird. Aus diesem Grunde werden wir in unserer Arbeit fortfahren, die Wahrheit in diesem Fall noch deutlicher werden zu lassen.
Die Arbeit des drei-Richter-Panels war bedeutend, und wichtig ist, dass sie sich für ihre Entscheidung die entsprechende Zeit nahmen. Sie lasen die Argumente in ihrem vollen Umfang und waren in der Lage, jeden Aspekt des Falles wahrzunehmen.
Sie analysierten die Auswahl der Jury, der Medien ... und sie erkannten, dass diese alle in die selbe Richtung deuteten: dass man in Miami kein faires Verfahren für Leute wie die Fünf Helden bekommen kann.
Nach dieser 93-seitigen Beurteilung wäre es mehr als eine Rechtstragödie, wenn sie es ändern oder jenseits der Wahrheit verhandeln würden, sondern eine Niederlage für sowohl die kubanische Bevölkerung als auch für die der Vereinigten Staaten. Aus diesem Grunde müssen wir all' unsere Kräfte dafür einsetzen, um zu gewinnen."

Ist es üblich, dass ein einstimmiges Urteil dieser drei Richter von dem gesamten 11. Bezirksgericht einer nochmaligen Überprüfung unterzogen wird?

"Es ist sehr unüblich, dass ein ‚en banc' oder eine Anhörung des gesamten Gerichtshofs für eine Überprüfung einer einstimmigen Entscheidung gewährt wird, die auf einer Analyse der einzelnen Fakten des Falles beruht.
Der Bezirksstaatsanwalt kündigte der Presse gegenüber an, dass diese Überprüfung sehr wichtig ‚für die Gemeinde' sei. Die erbitterte Schärfe, mit der er den Antrag auf nochmalige Überprüfung vorstellte, war ebenfalls unüblich.
Ich persönlich habe seit 25 Jahren an solchen Fällen teilgenommen, und ich habe nie irgend einen Berufungsgerichtshof erlebt, der einen Fall wie diesen en banc verhandelt hätte."

Wie wird sich jetzt der Elfte Bezirk in dieser Situation verhalten?

"Wir werden sehen, denn sie müssen sich noch treffen, um darüber zu entscheiden, welches der Punkt oder die Punkte sind, die sie diskutieren wollen oder welche Fakten es sind, die sie zu klären haben. Sie werden weitere Treffen haben, bevor sie uns mitteilen, welche Argumente wir zu vertreten haben.
Für das, was dann kommt, werden wir neue Angaben oder Berichte zur nochmaligen Erklärung des Falles für das Gericht vorbereiten müssen mit allen wichtigen Daten, danach wird der Bezirksstaatsanwalt antworten. Dann werden wir die Gelegenheit haben, eine Gegendarstellung einzureichen und zum Schluss werden wir eine mündliche Anhörung vor dem gesamten Gericht bekommen."

Sie sagten, dass diese Wahrheit, die die Welt jetzt kennt, noch einmal bestätigt werden muss. Würden Sie das ausführen?

Also; ich glaube, dass jeder die Situation, wie sie in Miami existiert, versteht. Die grundsätzliche Sache für uns als Anwälte ist es, eine Verfahrensanordnung zu vermeiden, die verhindern kann, dass die Wahrheit zum Verhandlungsgegenstand wird.
Wir als Bürger kennen die Realität. Jeder kann sehen, dass Miami zu einer Kommune geworden ist, in der jede Entscheidung, die wichtige Angelegenheiten der kubanischen Bevölkerung betrifft, mit Vorurteilen belastet sein wird. Es ist sehr deutlich, es gab Dutzende von Cubano-Amerikanern, die als Zeugen geladen waren, und sie bestätigten es. Daher sollten wir das unterstreichen, was jeder weiß: dass in dieser Stadt Vorurteile zu jedem Thema in Verbindung mit Kuba bestehen.
Der Bezirksstaatsanwalt hat nie versucht, das zu bestreiten, denn er kann es nicht. Er wird versuchen, das Gericht zu überreden, seine Augen vor der Realität bezüglich der Vorurteile innerhalb der Gemeinde zu schließen.
Unsere Schlacht als Verteidiger besteht darin, das Gericht zu überzeugen, dass es nicht hinnehmbar ist, in einem Fall fortzufahren, in dem die Angeklagten unschuldig sind und maßlose Strafen erhalten haben - drei von ihnen lebenslängliche."

Was sollten die Leute in den Vereinigten Staaten über diesen Fall wissen?

"In Anbetracht der Natur der Presse und des Fernsehens in den Vereinigten Staaten ist es schwierig, eine ernsthafte Diskussion mit den wichtigen Gesichtspunkten zu führen.
Die Leute in den U.S. wissen nicht viel über den Fall. Ich beabsichtige, das Thema in den nächsten Monaten aufzugreifen und zu versuchen, es mehr in den Medien zu positionieren, um das Wissen über diese Ungerechtigkeit zu verbreiten."

In Ihrer 25-jährigen Berufserfahrung und im Vergleich zu anderen Fällen, an denen sie beteiligt waren, gab es da ähnliche Fälle wie diesen?

"Eigentlich nicht. Aber ich bin zuversichtlich, dass die Anwälte die Wahrheit dieses Falles darstellen können. Wir werden unsere Zeit und jede Bemühung darauf richten, in einer verständlichen und unwiderlegbaren Weise zu argumentieren. Es wird schwierig sein, aber man kann es schaffen. Dies ist ein Fall, der sich von jedem anderen unterscheidet, der Kriminalfall genannt wird, denn die Fünf sind alles andere als kriminell. Das ist etwas, das jeder versteht.
Wir sprechen von Ideen, über eine ideologische Schlacht. Was wir in den Vereinigten Staaten vorfinden, ist eine Politisierung des Strafrechts, und in diesem Fall die Kriminalisierung des politischen Versuchs, eine politische Schlacht vor ein Strafgericht zu stellen.
Dies ist der einzige Fall, bei dem ich an solch einer Situation beteiligt war, denn die Fünf sind keine Kriminellen und sie verursachten keinen Schaden an meinem Land. Was sie versuchten, war, Kuba vor Terrorakten, die von rechtsradikalen Gruppen kubanischer Herkunft geplant wurden, zu schützen. Meiner Erfahrung nach gibt es keinen anderen Fall, den man mit dem der Fünf vergleichen kann."

(aus dem Englischen von ˇBasta Ya!)

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