Granma, 11. November 2006

Otto Reich

Begräbnis für einen Lügner

Von Jean Guy Allard

Wenn Lügen eine bedrohliche Krankheit wäre, hätte Otto Reich schon vor langer Zeit auf dem Sterbebett gelegen: Seine jüngsten, seiner grotesken Persönlichkeit entsprechenden, betrügerischen Glanzleistungen zeigen, wie ein Individuum mit erwiesener krimineller Vergangenheit weiterhin Schlagzeilen machen und die U.S.-Öffentlichkeit unter Mittäterschaft der Medien manipulieren kann.
Am 26. Oktober veröffentlichte Reich einen Artikel im Internet, der jetzt zweifellos das spektakulärste Narrenstück seiner wenig bekannten Karriere als Spezialist für Desinformation ist.
An diesem Tag kündigte der frühere Sondergesandte der westlichen Hemisphäre für den Außenminister in der Bush-Administration mit allerhöchster Ernsthaftigkeit an, dass, wenn Fidel Castro nicht schon tot wäre, dann wäre es nur eine Sache von Stunden, bis er es sei und diese "Bestätigung für das Endstadium seiner Krankheit kommt aus den üblichen, aber unkonventionellen Quellen."
Im Ton von einem, der alles und jedes weiß, fügte er hinzu: "Die kubanische Regierung hat Vertreter der größten internationalen Medien zu Verhandlungen um die besten Plätze, Kameraeinstellungen und Interviews mit den politischen Überlebenden des Despoten herbeigerufen und dazu, sie über die Grundregeln der Berichterstattung des Staatsbegräbnisses zu unterrichten."
Was dann kommt, ist wirklich irre: Reich vertraut seinen Lesern das Modell für dieses Begräbnis an, das geradewegs aus seiner sowohl kranken wie zynischen Phantasie entspringt, nämlich das von Papst Johannes Paul II.
Bushs früherer Berater für Lateinamerika lässt dann eine lächerliche Beschreibung von einem Ereignis folgen, das nie stattgefunden hat.
Dieses denkwürdige Schriftstück, das sicher zu der ständigen Desinformationskampagne nach Bushs Plan für Kuba beigetragen hat, wird noch mit einer nachgiebigen Anmerkung versehen, die erwähnt, dass Otto J. Reich von 2001 bis 2004 mit George W. Bush zusammen arbeitete, zuerst als Sekretär des Außenministeriums und dann im Nationalen Sicherheitsrat.

Kumpel von Luis Posada und Felix Rodriguez

Seine offizielle Biographie, verfügbar über die U.S.-Botschaften in Lateinamerika, als er Beamter des Weißen Hauses war, ließ seine wichtigsten Heldentaten aus, nämlich die, wie er Félix Rodríguez Mendigutía, dem Beamten, der im Namen der CIA Ches Ermordung anordnete, half und Luis Posada Carriles, dem gefährlichsten Terroristen des Kontinents, den massiven Drogen-für-Waffen-Handel zu vertuschen, der die nicaraguanischen Contras mit Waffen versorgte.
Als Reich U.S.-Botschafter in Caracas, Venezuela, war, arrangierte er die Einreise von Posadas Komplizen Orlando Bosch Ávila in U.S.-Gebiet.
1945 per Zufall in Kuba als Sohn eines Österreichers geboren, vermählte sich Reich an der Universität von Nord-Carolina mit der CIA, dank Frank Calzon, der ihn auf seinen Weg ins Weiße Haus führte.
Nachdem er zwei Jahre im Dienst der U.S.-Armee in Panama verbracht hatte, zog Reich 1972 nach Miami, wo der JM/WAVE-Standort der CIA florierte, der antikubanische Terror-Operationen betrieb. Dort war auch Porter Goss stationiert, der später CIA-Direktor unter George Bush Jr. werden sollte sowie auch eine Menge anderer Terroristen, die in den folgenden Jahren bei einer Reihe von Verbrechen wieder auftauchten - von Watergate bis zu Operation Condor.

Bedeutender Fabrikant gefälschter Nachrichten

Reich erschien vor den Augen der U.S.-Öffentlichkeit, als George Bush Sr., früherer Chef der CIA, Vizepräsident (unter Reagan) war. Reich wurde damals zum Direktor der Abteilung für Lateinamerika der U.S.-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) ernannt, in der John Bolton der Chefsyndikus war.
Er wurde dann Chef des so genannten Office of Public Diplomacy [Amt für öffentliche Diplomatie], einer CIA-Erfindung, um die Deckung des Außenministeriums zur Tarnung und für Desinformationsarbeit nutzen zu können. Er stand unter dem Befehl von Oberst Oliver North [s. dazu auch 11. September 2001 - SCHON WIEDER EINE OPERATION NORTHWOODS? ]
Jahre später enthüllte ein Bericht des Obersten Rechnungshofes dem Kongress, welcher Art die von Reich geführten Täuschungsmanöver in dem dreckigen U.S.-Krieg in Nicaragua waren. Die U.S.-Öffentlichkeit entdeckte damals, wie er unter Verwendung von Steuergeldern eine Reihe krasser Lügen mit dem Ziel in die Welt gesetzt hatte, sowohl Bürger als Politiker irrezuführen.
Er veröffentlichte Nachrichten, in denen behauptet wurde, dass die Sandinisten die Misquito Indianer verfolgten und dass sie eine Anzahl von Mig-29-Kampfflugzeugen von der Sowjetunion gekauft hätten, um Angriffe auf die Vereinigten Staaten vorzubereiten. Er ging so weit anzuordnen, dass falsche Behauptungen, die in Verbindung mit den Namen der Anführer der Contra-Söldner gebracht, in die Welt gesetzt wurden.
Reich veröffentlichte Anzeigen, die um Spenden für die Contras baten. Das war eine Methode, um das Auftauchen des Geldes aus dem Drogenhandel zu rechtfertigen, das von seinen Kohorten in Llopango, von den Bankkonten der antisandinistischen Söldner auf den Grand Cayman-Inseln und der Schweiz abgehoben wurde.
Mit dem pompösen Titel eines Sonderberaters für Öffentliche Diplomatie des Außenministeriums blieb er in ständigem Kontakt mit Felix Rodríguez und Luis Posada, der vom Luftstützpunkt Llopango in El Salvador den Drogenhandel leitete, der sich später im Coca-Contra-Skandal offenbarte.

In Caracas schafft er Bosch aus dem Gefängnis

Als die Operation "aufflog", nannte sich Reich plötzlich U.S.-Botschafter in Caracas, Venezuela. Dort erfüllte er die Mission, sich um den Fall von Orlando Bosch zu kümmern, der für seinen mörderischen Anschlag auf ein Flugzeug der Cubana Aviation im Gefängnis saß. Er beschaffte Bosch ein wohlwollendes Urteil vom Militärgericht. [Fernando González, einer der Cuban Five, wurde dafür, dass er Bosch observierte, um weitere Terroranschläge zu verhindern, zu 19 Jahren Zuchthaus verurteilt. Anm. d. Ü.]
Bosch war schon als gefährlicher Terrorist bekannt: Er hatte in einem Interview, das am 3. Mai 1977 in der New York Times veröffentlicht worden war, seine Verantwortlichkeit für über 50 Anschläge seitens der CORU-Organisation öffentlich zugegeben.
Bosch traf am 17. Mai 1988 in den Vereinigten Staaten mit einem illegalen Visum ein, das er von Reich trotz gegenteiliger Anordnungen der Beamten des Außenministeriums erhalten hatte und wurde unverzüglich wegen vor Jahren begangenen Verstoßes gegen seine Bewährung verhaftet.
Im Juli 1990 erreichte Reich nach einer von ihm, der Kongress-Kandidatin Ileana Ros-Lethinen, deren Kampagnenleiter Jeb Bush und deren Kumpeln in der Miami-Mafia entfesselten Kampagne mit der Erlaubnis von George Bush - ohne großes Risiko - die Entlassung des mörderischen Kinderarztes.
In den Jahren 1991 und 1992 vertrat Reich - seine Schamlosigkeit kennt keine Grenzen - die Vereinigten Staaten in der UN-Menschenrechtskommission in Genf.
1986 gründete er RMA International und erhielt 600.000 $ vom Barcardí-Konzern für den Schutz von dessen Interessen und für die Ermöglichung des mörderischen Helms-Burton-Act, der von Bill Clinton am 12. März 1996 mitten in der Spezialperiode Kubas unterzeichnet wurde.
Im Januar 2002 wurde Otto Juan Reich zum Assistenten des Außenministers gewählt trotz der Opposition seitens des Kongresses, der sich weigerte, so einer skandalösen Ernennung seine Zustimmung zu geben.
Jetzt ist es bekannt, dass er in demselben Jahr etliche Verschwörer dazu ermutigte, den erfolglosen Staatsstreich gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez zu führen und dass er die Desinformationskampagne dazu leitete.
2003 wurde er, weil gezwungen eine Stufe tiefer zu treten, "Sondergesandter für Initiativen der westlichen Hemisphäre". Das erlaubte ihm, andere "Initiativen", wie die Vorbereitung des Sturzes des haitianischen Präsidenten Aristide und die Bildung der Präsidenten-Kommission zur Unterstützung eines freien Kubas, die den Bush-Plan und seinen geheimen Anhang für Angriffspläne schuf.
Reich trat am 4. Mai 2004 zurück, um sich als selbständiger Lobbyist unter Mittäterschaft der Medienagenturen, die vorgeben, seine Vergangenheit zu ignorieren und ihn als Empfehlung benutzen, ganz seiner Spezialität zu widmen: dem Lügen.
Seine jüngste exklusive Veröffentlichung könnte jedoch das Ende seines Marktwertes und dessen, was davon noch geblieben ist, anzeigen und sein politisches Ableben einläuten, wenn man davon ausgehen kann, dass jeder Spaß irgendwann zu Ende ist, sogar der mit dem Freibrief des Bush-Clans.

Deutsch: ¡Basta Ya!

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