Die Liebe lässt sich nicht einsperren

Liset García, 16. März 2007

Aus dem kubanischen Magazin
Bohemia, März 2007

Das Schicksal der fünf Männer ist die Folge einer grausamen Absurdität, nämlich die der Rache und Ohmacht derjenigen, die kein starkes Kuba ertragen können. Acht Jahre im Gefängnis der Vereinigten Staaten können die Wahrheit nicht widerlegen. Über den Stacheldraht zwischen uns hinaus bringt uns dieses Gespräch einem dieser Helden des Widerstandes näher. Hier verbringt Ramón Labañino sein derzeitiges Leben. Er kommt zu uns per Post. Leibhaftig ist er sechs Fuß [1,83 m] groß und über 200 Pound [91 kg] schwer in all seiner Glaubwürdigkeit.

nacionales@bohemia.co.cu
(Übersetzung aus dem Spanischen ins Englische von Cindy O'Hara)
(21 de febrero de 2007)
Web-posted:
http://www.walterlippmann.com/docs1168.html
original:
http://www.bohemia.cubasi.cu/2007/02/21/nacionales/entrevista-ramon.html

Ein Mann wie Ramón Labañino Salazar passt nicht in den engen Raum einer Zelle, genau so wenig wie seine vier Brüder. Der Geist, die Ideen, seine individuelle Geschichte nehmen Dimensionen ein, die sich nicht fangen nehmen und vor allen Dingen nicht inhaftieren lassen. Das Schlimmste für diejenigen, die am 12. September 1998 beschlossen hatten, diese fünf Helden einzusperren, ist, dass es ihnen nicht gelang, die Wahrheit einzu kerkern. An dem Tag hatte Ramón Labañino Salazar einen Teil seiner Träume verwirklicht und die ersten 35 Jahre seines Lebens durchlaufen. Nach fast einem Jahrzehnt der Strafverbüßung und rechtlicher Höhen und Tiefen hat dieser Mann seine Lust am Leben und an der Fortsetzung des Kampfes bewahrt.
Ich kam zu dieser Gewissheit, nachdem ich diese Zeilen, die ich an BOHEMIA geschickt hatte und seine Briefe gelesen, mit seiner Ehefrau Elizabeth Palmeiro Casado gesprochen, seine Töchter getroffen und recherchiert hatte, dass dieser junge Mann sein Wirtschaftsstudium an der Universität von Havanna mit Summa cum Laude (Diploma de Oro) absolviert und seitdem mehrere Missionen ausgeführt hatte.
Die Antworten, die ich erhielt, zeigen, dass jeder Ort für ein Interview ideal sein kann. Alles, was dazu gebraucht wird, ist, dass der Interviewte und der Journalist sich darüber einig sind, was berichtet werden sollte. Aus diesem Grund stellte Ramón nur eine Bedingung, als er diesem Gespräch für unsere Leser zustimmte, dass das Magazin einen zweiten Teil hinzufügen werde, wenn er bei uns sei. "Ich werde in Kuba sein und zwar bald," schrieb er. Und so soll es sein.

Das Interview

Die Nachrichten sprechen davon, dass die Gefängnisleitung, da, wo Du inhaftiert bist, besonders streng ist.
Wie ist das Leben von Ramón hinter dem Stacheldraht?

U.S.P. Beaumont ist ein Hochsicherheitsgefängnis, und wie alle seiner Art in den Vereinigten Staaten beherbergt es die gewalttätigsten, gefährlichsten und aggressivsten Gefangenen, und daher ist das Gefängnissystem peinlich streng, restriktiv und einschüchternd.

Die Zellen messen ungefähr fünf mal sieben Fuß [1,50 x 2,10 m], es ist ein sehr kleiner Raum, in den sie uns von 10.00 Uhr abends bis 5:45 morgens einschließen. An den Wochenenden und Feiertagen geht es bis 6:45 Uhr. Jede Einheit besteht aus zwei Etagen von je 32 Zellen, mit anderen Worten 64 insgesamt für maximal 128 ‚Mieter' pro Einheit.
Auf jeder Etage gibt es eine Stahltür, die nur der Wachhabende mit den Schlüsseln öffnen kann. Hinter dieser Tür gibt es einen Metall-Detektor, hinter dem eine weitere Tür, die durch eine Fernsteuerung von den fünf Türmen außerhalb geöffnet werden kann. Nur so kann man nach draußen in den Innenhof gelangen, der aus zwei kleinen Baseball-Feldern besteht, die von hohen Zellen, die mit riesigen Stacheldrahtzäunen und scharfen Rasiermessern umgeben sind. Es sieht so aus, wie das, was Du am Gefängnis von Guantanamo gesehen hast.
Um von einem Ort zum anderen zu kommen, in den Essraum, die Kirche, das Kommissariat oder an andere Orte, muss man durch andere Türen mit Schlüsseln, Metall-Detektoren und unzähligen Wachen gehen, die einen jede Sekunde kontrollieren. Das Ganze ist mit einer riesigen Armee von Videokameras, die in jeder nur vorstellbaren Ecke angebracht sind, verbunden. Sie nehmen jede Handlung, Schlägerei und jeden Blick auf.
Zu weiteren Sicherheitsmaßnahmen gehören die berüchtigten Funktionstests. Sie bestehen darin, dass die Wachen jede Zelle überprüfen und alles, was sie nur wollen, hinauswerfen. Genau so oft gibt es Urin- und Atemtests um Drogen oder Alkohol ausfindig zu machen.
Wie man weiß, sind in diesem Gefängnis einige sehr gefährliche Gefangene. Das Leben hier wird von Angst und Ungewissheit begleitet, was zu täglichen Gewalttaten führt. Deswegen kommt es sehr häufig vor, dass die Gefangenen in ihren Zellen über 24 Stunden oder länger eingesperrt gehalten werden. Während dieser Zeit ist es nicht gestattet zu baden, zu telefonieren oder Besuche von der Familie, des Rechtsbeistands oder des Konsulats zu empfangen. Im vergangenen Jahr waren wir über einen großen Zeitraum unter der Verordnung des ‚lock down', wie man diese Phasen nennt, in denen wir eingeschlossen werden.
Außerdem bin ich einem Programm unterworfen, wonach ich alle zwei Stunden zur Überprüfung muss. Mit anderen Worten, ich muss zwischen acht Uhr morgens und acht Uhr abends alles liegen und stehen lassen und mich bei dem nächsten Wachhabenden melden.
Bei alldem versuche ich immer, mich mit gesunden, friedlichen und weiterbildenden Dingen zu beschäftigen und Konflikte zu vermeiden. Für mich ist es einfach Beaumont, wo ich gelernt habe zu leben, mich selbst zu prüfen und auch zu wachsen, so, wie es meine vier Brüder machen, da, wo sie sich befinden.
Unser Kampf ist für den Frieden, für eine bessere Welt. Er ist nicht nur eine Philosophie, sondern auch eine Lebensform. Ich möchte von hier als ein besserer Mensch weggehen, und niemand kann mich dabei aufhalten. Darin besteht eine der Herausforderungen und Verpflichtungen der Fünf.

Wie kanalisierst Du Deine Energie als ein Mann der Tat, Freund sportlicher Betätigung und gleichzeitig Berufsintellektueller?

Meine Tage werden hier vom ständigen Kampf gegen die Monotonie bestimmt. Daher variiere ich meine Tätigkeiten und meinen Zeitplan häufig.
Am Morgen, nach meiner Morgenwäsche, reinige und ordne ich meine Zelle, und dann gehe ich von montags bis freitags in die Wäscherei, um dort als Ordnungsbeauftragter meine Arbeit zu tun. Sie besteht darin, die Waschmaschinen und den Raum zu reinigen. Den Rest meiner Zeit verbringe ich mit etwas, das mich die Einsamkeit und Isolation vergessen lässt.
Ich mache Übungen, ich laufe und betreibe etwas Yoga (nur in meiner Zelle) zur Stärkung, für die Beweglichkeit etc. Ich muss Dir gestehen, dass mir körperliche Übungen wichtig sind, zu schwitzen, zu entspannen, um meinen täglichen Stress abzubauen. Seit ich klein war, habe ich immer viel Sport getrieben. Es ist mir ein Bedürfnis.
Ich versuche auch, meine geistige Neugier zu befriedigen. Ich widme einen großen Teil meiner Zeit dem Lesen und Beantworten von Briefen, die ich voller Liebe und Zuneigung an all meine Brüder und Schwestern in der Welt schicke, die uns schreiben, obwohl es nie genug Zeit gibt, jedem zu antworten, wie ich es gerne täte. Ich will diese Gelegenheit dazu nutzen, unsere Dankbarkeit im Namen der Fünf für all die Briefe, die wir bekommen haben, auszudrücken.
Wichtig ist zu versuchen, die Balance zwischen körperlicher und geistiger Aktivität zu halten. Beides ist wichtig für uns, und das versuchen wir umzusetzen.
Ich spiele Schach, noch ein Sport, der mich fasziniert, und ich brauche es, täglich zu spielen. Um halb neun Uhr abends rufen sie uns alle in unsere Einheiten zurück bis um zehn Uhr, zu der Stunde, in der sie uns bis zum folgenden Tag in die Zellen einsperren. In der Zeit lese ich die Post, die ich an dem Tag erhalten habe, und dann höre ich Nachrichten, bis ich einschlafe; ich gehe mit Kuba zu Bett und mit ihm stehe ich immer wieder auf.

Wie sind die Menschen, mit denen Du im Gefängnis zusammen lebst? Was hast Du gelernt, seit Du ein Gefangener bist?

Ich habe gelernt, dass man sich auf den Menschen beziehen muss und nicht auf das Verbrechen, das er begangen hat, obwohl es für mich unverzeihliche Verbrechen gibt, wie Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Mord. Unabhängig davon habe ich empfindsame und auch ehrliche Menschen kennen gelernt, und mit einigen von ihnen gemeinsam Sport getrieben und von ihnen sportliche und andere Fertigkeiten gelernt.

Kennen die Gefängnisbehörden die Urteile im Prozess? Wie reagieren sie darauf??

Ich glaube, sie kennen die Urteile, die in unserem Fall gefällt wurden, insbesondere das Aufhebungsurteil der drei Richter in Atlanta. Damals fragten sie mich, wann ich frei sein würde und warum ich immer noch im Gefängnis sei. Später, wie die Sache liefe, und warum die Verzögerungen. Ich erzähle ihnen von den Manövern der Regierung und den Berufungsverfahren ...

In diesen Jahren der Gefangenschaft konntest Du Deine Frau Elizabeth und Deine Töchter Ailí, Laura und Lizbeth bei einigen Besuchen im Gefängnis sehen. Auf den wenigen Fotos dieser Wiedersehen, die von der Gefängnisleitung genehmigt wurden, kann man nicht sehen, was in Ramóns Kopf vorgeht, wenn er sie für das Foto umarmt, der einzigen Gelegenheit, bei der es ihm erlaubt wird, sie zu berühren. Wie gehen diese Besuche vor sich? Und wenn es Zeit ist, sich zu verabschieden und Du weißt, dass es ein unergründliches Geheimnis ist, wann Du sie wieder siehst und dass es von der Gefängnisleitung und von den verzögerten Visumsanträgen abhängt?

Die Besuche von Eli und meinen drei Kleinen sind die glücklichsten Momente, die es in dieser ganzen Zeit der Gefangenschaft für mich gibt. Wenn ich mit ihnen zusammen bin, existiert nichts anderes, nichts anderes zählt, nur Liebe, Zärtlichkeit, das Glück, sie bei mir zu haben. Ich vergesse den Ort, an dem ich bin, und es ist so, als wäre ich mit ihnen zu Hause oder in einem Park in Kuba. Ich durchlaufe alle Gefühle eines Ehemannes und Vaters. Der einzige Gedanke in meinem Kopf ist, jede Sekunde hinauszuziehen und festzuhalten. Es ist ein magischer Augenblick; ich schütte den Vieren mein Herz aus, und ich nehme an jedem Bisschen ihres Lebens Anteil, an ihren Errungenschaften, ihren Träumen. Ich rate ihnen, belehre, ermutige sie, sorge mich um sie, ich zeige ihnen an diesem Ort alles, was ich kann. Und sie tun das selbe mit mir.
Eli und ich schaffen uns ein Familienbezugssystem, das wir in unserem täglichen Leben so sehr vermissen. Wir lachen, wir singen, wir diskutieren, kritisieren, spornen uns gegenseitig an, analysieren Ziele und Träume, und wir weinen auch. Und es gab auch Schimpfe, das gehört zu meinen Pflichten als Elternteil, obwohl ich sie hinterher mit Lob und Ermutigung überschütte.
Die Zeit der Fotos ist eine ganz besondere. Dann können wir zusammen kommen und uns Vier gegenseitig umarmen, so, als ob der Traum nach meiner Rückkehr wahr geworden sei.
Die Abschiede sind das Schlimmste, einfach schrecklich. Dieser letzte Tag, die letzte Minute bricht uns allen das Herz. Ich reserviere immer mein schönstes Lächeln für diesen Tag. Ich versuche, mich von all dieser Traurigkeit zu distanzieren und gehe durch diese schwierige Phase ohne Schmerzen und Tränen. So sage ich ihnen, dass es nicht das Ende eines zauberhaften Besuches ist, sondern vielmehr der Anfang einer weiteren Zeit freudiger Erwartung.
Der Schmerz, dass wir nicht wissen, wann wir einander wieder sehen, wird von der Gewissheit ausgeschaltet, dass unsere Liebe unbesiegbar ist. Ich träume jeden Tag von der Liebe, die uns vereint; das hält meinen Geist lebendig. Eines Tages werden wir die Zärtlichkeit und Zuneigung, die uns heute verwehrt ist, wieder entdecken.

Deine Töchter wachsen auf und werden zu Frauen ohne ihren Vater in der Nähe zu haben. Was erhoffst Du Dir für sie? Was möchtest Du, wie sie Dich sehen?

Ich hoffe, dass meine Töchter all' das sein können, wozu sie in der Lage sind. Ich möchte, dass sie viel lernen, dass sie einen Universitätsabschluss schaffen in dem Fach, das sie bevorzugen. Dass sie sich in jeder Hinsicht verwirklichen, als Menschen, als Frauen. Sie leben in einem Land, in dem die Träume keine Grenzen kennen, und ich weiß, dass sie ihre verwirklichen werden. Ich möchte, dass sie immer Kubaner und Revolutionäre bleiben.
Ich wünsche mir, dass sie mich als einen Vater sehen, der zwar weit weg ist, aber sie nicht verlassen hat. Alles was ich tat, geschah aus Liebe, um die Träume und die Sicherheit der kubanischen Menschen zu beschützen, um zu versuchen, treu meine Pflicht zu erfüllen, als Mensch und als Revolutionär. Ich möchte, dass sie immer wissen, wie sehr ich sie liebe.

Ich habe viele Stunden mit Elizabeth gesprochen und gesehen, wie sich jedes Mal ihr Gesicht erhellt, wenn sie von Dir spricht. Wie stellst Du es an, die Liebe, die Euch verbindet, zu bewahren? Wie gehst Du mit der Herausforderung um, die diese Trennung für Euch bedeutet? Wie nimmt sie [Elizabeth] Deiner Meinung nach die Aufgabe als Lehrer und Wegweiser für Laura und Lizbeth in euer beider Namen an?

Die Liebe hat viele Aspekte. Sie wird nicht nur durch physische Anwesenheit, durch Sex, aufrecht erhalten. Obwohl beides sehr wichtig ist, ist es nicht unabdingbar. Der geistige Aspekt, der vertraute, der süßeste, der tiefste, kann für gewöhnlich nicht zerstört werden.
Der große Vorteil, den Eli und ich besitzen ist, dass wir als Liebespaar, als treue Freunde, als ewige compañeros in jeder Sekunde, die wir zusammen verbrachten, gelebt und intensiv genossen haben. Unter den gegenwärtigen Umständen nutzen wir alle Ressourcen, in Briefen, Telefongesprächen und Besuchen, mit Poesie, Malerei und der Austausch unserer Gedanken.
Durch die Stärke, die uns die Überzeugung von unserer Liebe verleiht, weiß ich, dass ich in ihrer Arme zurückkehren werde, um weiterhin das zu sein, was wir immer waren: vereint.
Elizabeth ist eine besondere Frau und ein außergewöhnlicher Mensch. Sie hat alle Belastungen ertragen. Sie ist nicht nur eine treue und liebende Ehefrau, sie ist eine Kampfgenossin in dieser Sache, die wir verteidigen. Ihre Rolle als Vater und Mutter für unsere Töchter erfüllt sie fehlerlos.
Ich wusste immer, dass es schwer sein würde, einen Partner zu finden, der das Auf und Ab meiner Missionen, meines Lebens, aushält. Als ich Eli kennen lernte, waren meine Zweifel ausgeräumt, und ich wusste, dass ich diesen Menschen gefunden hatte. Die Tatsachen haben das bewiesen. Ich empfinde für sie nur Liebe, ewige Dankbarkeit und unendliche Zärtlichkeit.

Es ist bekannt, dass Du nicht einmal Deiner Mutter erzählen konntest, was Du außerhalb Kubas machst. Wie schwer war es zu schweigen, besonders als Du wusstest, dass Du sie nie mehr wiedersehen würdest?

Sieh mal, meine geliebte Mutter Nereida hat immer davon geträumt, dass aus mir einmal ein Offizier oder Arzt wird. Sie wäre entzückt gewesen, hätte ich eine dieser Karrieren gewählt. Als ich meinen 12. Grad abschloss [vergleichbar mit dem deutschen Abitur Anm. d. Ü.], habe ich daran gedacht, in die Medizin zu gehen, um ihr einen Gefallen zu tun. Dennoch habe ich ihren Wunsch schon in sehr jungen Jahren respektiert, obwohl ich es ihr nie sagen konnte.
1998 während eines dringenden Besuchs in Kuba wegen ihres heiklen Gesundheitszustands, hatte ich die Absicht, ihr die Wahrheit zu sagen, dass ich nicht in Europa und auch nicht Chef einer Firma war, was alle dachten. Aber ich habe es nie getan, um die wichtigen Aufgaben, die ich erfüllte, nicht zu gefährden. Darum schrieb ich die Gedichte, die ich ihr widmete "Deuda" [Schuld] und "Carta para una madre ausente" [Brief an eine abwesende Mutter].

Die Fünf sprechen normalerweise und häufig im Namen aller. Wie stimmt ihr überein? Habt ihr Kontakt zueinander?

Glaubst Du an Telepathie? Gut, so etwas ähnliches passiert mit den Fünfen. Wir müssen nicht sprechen, um miteinander zu kommunizieren oder zu wissen, was jeder von uns denkt. Ich glaube, das kommt, weil wir mit den gleichen Idealen, der gleichen Denkweise und den gleichen Träumen ausgerüstet sind. Ich bin sicher, jeder würdige Kubaner täte dasselbe. Wir sind die Früchte eines Volkes, einer Generation, die niemals die Unabhängigkeit, die nationale Souveränität und den Sozialismus aufgeben.

Welche Tugend bewunderst Du am meisten bei jedem Deiner vier Kampfgenossen? Was sind die Schwerpunkte Eurer Hoffnung auf Rückkehr?

Meine Brüder haben viele Tugenden, die ich bewundere. Im einzelnen möchte ich bei Gerardo dessen Talent für Humor hervorheben, bei Tony dessen Sensibilität und seinen Edelmut, bei René dessen außerordentliche Bildung und bei Fernando dessen Männlichkeit und Entschlossenheit.
Wir verteidigen eine absolut gerechte und edle Sache, wir haben nicht nur unsere Intelligenz benutzt. Wir haben nie irgend jemanden oder irgend etwas verletzt, im Gegenteil, wir haben versucht, das Leben unschuldiger Menschen zu schützen, gegen den Terrorismus zu kämpfen und Kriege zu verhindern.
Wir vertrauen auf die in diesem Kampf entscheidende Unterstützung unseres Volkes und der vielen Brüder und Schwestern in aller Welt. Da wir zwei wichtige Siege errungen haben (die Niederschlagung des Verfahrens durch die drei Richter in Atlanta und die Erklärung der Arbeitsgruppe für Willkürliche Verhaftungen der Vereinten Nationen, wonach unsere Haft illegal und willkürlich ist), kann jeder Zeit Gerechtigkeit eintreten.
Ich fühle Kuba in jedem Augenblick in meiner Seele, unter meiner Haut. Ohne es [Kuba] existierten wir nicht. Ich habe Vertrauen zu unserem Volk, zur Revolution, zu unserem humanen Sozialismus, den wir sorgfältig gegen Bedrohungen und die Ambitionen des Imperiums schützen sollten. Darum sollten wir auf jede Möglichkeit vorbereitet sein. Auch müssen wir unsere Wachsamkeit innerhalb des Landes auf ein Höchstmaß bringen, sodass Wankelmütige und Liebhaber der Zweitklassigkeit und des Verrats nicht die Oberhand gewinnen.
Fidel lebt und er wird immer leben, weil er in den Menschen lebt, in ihren Ideen und ihrer Art, wie sie die Revolution machen. Aber das gelingt nicht durch spontane Aktionen, sondern durch Kampf und Sorgfalt. Wir werden in Kuba ein Gesellschaftssystem aufbauen, dass jeden Tag besser und fortschrittlicher wird, gerecht und menschlich, mit den Bemühungen aller.
Kuba repräsentiert den Traum vieler Menschen in aller Welt. Wir dürfen nicht den schweren Fehler begehen, diese Menschen zu enttäuschen.

Welche Personen oder Persönlichkeiten inspirieren Dich, Tag für Tag standhaft zu bleiben?

Die Geschichte unseres Landes ist unsere Inspiration. Aber wenn Du mich bittest, einen einzelnen zu nennen - das ist schwierig, ich könnte viele Namen nennen - ich sage Dir, dass ich an Martí, an Maceo, an Mariana, an Che, an Fidel . . . denke.

Hast Du irgendwelche schwachen Momente oder Zweifel gehabt? Falls ja, wie bist Du darüber hinweg gekommen? Wenn nicht, warum nicht?

Wenn man eine gerechte Sache verteidigt, wie das Recht eines Volkes, der Menschheit, auf Leben, gibt es keinen Platz für Schwäche oder Zweifel. Du weißt, dass dies der rechte Weg ist und wie Du ihn gehen musst, was in jedem Augenblick und bei jeder Belastung zu tun ist.

Was hältst Du vom Volk der Vereinigten Staaten? Insbesondere wüsste ich gerne Deine Einschätzung der Arbeit der Leute, die in dem Fall solidarisch sind, mit denen Du aus dem Gefängnis durch Briefe Verbindungen pflegst.

Die Leute in den Vereinigten Staaten sind harte Arbeiter, warm, freundlich und glücklich. Ich habe ausgezeichnete Erinnerungen an diese Leute, an die Leute und ihre Lebensart. Die Warmherzigkeit, die mir einige von ihnen entgegen brachten, werde ich mir immer bewahren. Ganz besonders ist die Solidarität all' der compañeras und compañeros, die sich all' den Widrigkeiten dieser Zeiten gegenüber sehen und uns mit Tapferkeit und Entschlossenheit bei der Verteidigung Kubas und unserer Freiheit unterstützen. Sie repräsentieren das Beste, das Reinste des nordamerikanischen Volkes.
Solidarität ist so wichtig, dass ich glaube, dass die Lösung dieses Falles davon abhängt und der nationale und internationale Druck erzwingen wird, dass Gerechtigkeit, die Gesetze und die Verfassung dieses Landes angewendet werden.
2005 errangen wir zwei Siege, ein Jahr, das entscheidende Maßstäbe gesetzt hat. Aus diesem Grund sehe ich die Rückkehr in unser Land mit jedem Tag näher kommen. Das Licht geht voran.

Was hältst Du von Deinem Anwalt, wie war die Beziehung zwischen Euch, trotz all' der Unregelmäßigkeiten im Prozess?

Als das Verfahren begann, begrenzte die Staatsanwaltschaft den Kontakt zwischen meinem Anwalt William Norris und mir, sodass der Prozess schwierig war. Jetzt sind wir sehr weit voneinander getrennt, er ist in Miami und ich bin in Texas, die Kommunikation ist schwierig. Hauptsächlich durch Briefe, offizielle Dokumente, am Ende des Jahres, u.s.w.
Trotz der Hindernisse ist das Verhältnis zwischen uns gut, herzlich, respektvoll und warm. Es ist uns gelungen, ihm das Wesentliche an diesem Fall verständlich zu machen, und ich kann Dir sagen, er betrachtet mich als Patriot, der sein Vaterland verteidigt, so wie er es auch getan hätte.

Wenn Du in eine Zeitmaschine steigen und in Deinem Leben zurück fahren könntest, welche Dinge würdest Du genauso und welche anders machen?

Ich würde alles genauso machen.

Hast Du Dir Deine Rückkehr nach Kuba vorgestellt? Was würdest Du als erstes tun wollen, sobald Du zurück bist?

Ich habe mir die Rückkehr nach Kuba vorgestellt, davon geträumt, sie analysiert und ausgemalt, wir Fünf haben unter uns sogar Witze darüber gemacht. Aber nichts wird so außergewöhnlich sein, wie es zu erleben. Ich weiß nur, dass es spektakulär wird, der schönste und glücklichste Tag in unserem Leben. Wir haben Tausende von Plänen. Ich wünschte, ich wäre in der Lage, jeden Kubaner zu umarmen, und dann gehe ich an den Ort, an dem meine Mutter ruht und werde dort Blumen und die folgenden Worte niederlegen: Mutter, ich habe Deinen Traum erfüllt. Ich liebe Dich in Ewigkeit, dein Ramoncito.

Deutsch: ˇBasta Ya!

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