Telefoninterview mit Richard Klugh in seiner Kanzlei vom 23. August 2011
Gerardo Hernández, einer der Cuban Five, hat im März seinen Antrag auf seine Entlastung aufgrund neuer Beweise nach dem "Habeas Corpus Act" eingereicht. Er erhielt am 25. April diesen Jahres eine ablehnende Antwort auf seinen Antrag. Jetzt hat er eine Antwort darauf mit zusätzlicher Information eingereicht.
Radio Havana Cuba rief am 23. August 2011 bei Richard Klugh, einem Mitglied des Verteidigerteams der Fünf, in seiner Kanzlei an, um sich über Gerardos aktuelle Rechtslage zu informieren.
Bernie Dwyer (BD): Was geschieht jetzt mit Gerardos Habeas-Corpus-Antrag?
Richard Klugh (RK): Der jetzige Stand ist der, dass das Verteidigerteam für Gerardo eine umfassende Antwort sowie zusätzliche Memoranda und eidesstattliche Erklärungen auf die Ablehnung von Gerardos Antrag auf ein Habeas-Corpus-Verfahren zu seiner Entlastung seitens der [US-]Regierung eingereicht hat.
Die Antwort wurde in der vergangenen Woche eingereicht, und wir glauben, alle Argumente der Regierung widerlegt zu haben und reichten eine weitere eidesstattliche Erklärung von Gerardo und außerdem eine eidesstattliche Erklärung seines früheren Anwalts, Paul McKenna, ein, die die grundsätzlichen Angaben in unserem Habeas-Corpus-Antrag unterstützen. Wir finden, dass wir viele Schritte zum Beweis alles dessen, was wir gesagt haben, unternommen und Gerardos Unschuld in dieser Angelegenheit bewiesen haben.
Was Antonio betrifft, so haben wir in der vergangenen Woche auch seine Antwort auf die der Regierung eingereicht, in der er sich, genau wie Gerardo, auf die Nutzung bezahlter Angestellter von Radio und TV Martí seitens der Regierung zur Veröffentlichung von Vorurteile erzeugenden Artikeln während des Verfahrens hier in Miami konzentriert. Und das ist es, worauf sich sein Dokument konzentriert, wie wir es bei Gerardo gemacht haben, mit eidesstattlichen Erklärungen darüber, wie die Beweise allmählich ans Tageslicht kamen bis zu dem Ausmaß, dass die Vereinigten Staaten versucht hatten, während des Verfahrens Vorurteile gegen die Fünf zu erzeugen, indem sie Artikel mit der Absicht veröffentlichten, den Ärger und die Feindseligkeit gegenüber Kuba und kubanische Agenten zu schüren. Jedes dieser beiden Dokumente präsentiert zwingende Gründe zur Entlastung der Fünf, insbesondere für Gerardo, und die von uns erwähnte Tatsache war schrecklich wichtig, dass sein eigener Anwalt irreführende Vermutungen unterstützt hat, die zu der Entwicklung des Falls beigetragen haben.
BD: Gilt die Antragstellung auf ein Habeas Corpus-Verfahren auch für Fernando, René und Ramón?
RK: Die für Gerardo und Antonio eingereichten Dokumente gelten auch für René. Ramón und Fernando hatten noch keine Gelegenheit, einen Antrag auf Habeas Corpus-Entlastung zu stellen. Sie werden ihre Anträge in einer oder zwei Wochen stellen, und wir werden zur Erhebung und Unterstützung ihrer Klage einige der selben genannten Gründe angeben.
Wir finden, dass wir einen Punkt erreicht haben, wo die Beweislage überwältigend ist und die tatsächlich feindselige und vorsätzliche Umgebung, in der das Verfahren abgehalten wurde, einwandfrei feststellt, und dass das Versäumnis der Regierung zuzugeben, was sie für die Vergiftung der Atmosphäre gegen die Fünf getan hat, eine gründliche Verletzung von deren Rechte darstellt. Wir glauben auch, dass die Gründe, die wir insbesondere hinsichtlich Gerardos anführen, seine Unschuld einwandfrei belegen, und wir glauben, dass dies die Unfairness aller Verurteilungen der Fünf einwandfrei feststellt.
Das hat einen Punkt erreicht, an dem es ein zwingendes Maß an beweisen gibt, dass nicht ignoriert werden kann, es kann einfach nicht ignoriert werden. Es ist sehr ungewöhnlich, dass ein Anwalt so weit geht, eine eidesstattliche Erklärung einzureichen, die sogar eine Klage unterstützt, die ihn selbst in seiner Fähigkeit als zu behindert darstellt, um Gerardo angemessen zu verteidigen. Aber das ist jetzt im Fall Gerardos geschehen, und wir freuen uns sehr und sind sehr dankbar, dass der Anwalt hervorgetreten ist und gerade diese Tatsachen, von denen wir glauben, dass sie zeigen, dass die Verurteilungen unrechtmäßig waren, tapfer darlegt.
BD: Welche Argumente in Gerardos Habeas Corpus sind nicht auf die anderen Vier anwendbar?
RK: Einer der grundlegenden Faktoren war in diesem Fall das Gesetz, nach dem wir agieren. Die [US-] Regierung hat noch nie versucht, jemanden so zu belangen, wie sie es mit Gerardo getan haben, nicht nur wegen Verschwörung zu Spionage, was schon eine einmalige Anklage war, in der sie zugegeben hatten, dass er noch nicht einmal versucht hatte, Spionage zu begehen oder geplant hatte, es zu versuchen, dass sie aber dennoch irgendwie eine Verschwörung aufrecht erhalten konnten.
Aber abgesehen von dieser Anklage, die wir für grundsätzlich fehlerhaft halten, ist die Anklage "Verschwörung, Mord begehen zu wollen" geradezu unglaublich. Eines der Probleme mit dieser Beschuldigung ist, dass die Regierung vorher noch nie jemanden mit dieser Gesetzesauslegung vor Gericht gestellt hat. Als die Richterin versuchte, die Möglichkeit zu beschränken, aufgrund einer falschen Gesetzesauslegung anzuklagen, gab die Staatsanwaltschaft in einem Eilantrag an das Berufungsgericht zu, dass es ihr unmöglich sei, nach dem Gesetz Gerardos Schuld zu beweisen, wie die Richterin befunden hatte.
Was dann passierte, war sehr ungewöhnlich. Obwohl die Richterin zustimmte, die Jury korrekt anzuweisen, dass sie auf eine Gesetzesauslegung begrenzt sei, befand das Berufungsgericht, die Richterin habe die Jury nicht erfolgreich über diese Limitierung angewiesen, sodass der Jury überlassen war, andere Gesetzesauslegungen zu verfolgen, was selbst der Verteidiger nicht verstanden hatte und Gerardo aufgrund von Gesetzesauslegungen verurteilt wurde, von denen er nicht einmal wusste, dass sie von der Jury verfolgt wurden.
Also schuf das Verfahren eine Situation, in der der Anwalt wirklich das Gefühl hatte, dass er nicht den Fall verteidigt hätte, weil er glaubte, dass die Gesetzesauslegung, auf der der Fall sich aufbaute, gar nicht von der Jury verfolgt wurde.
Also das war der Grund dafür, dass wir verstanden, dass der Anwalt nicht in der Lage war, effektiv zu verteidigen, da er nicht einmal die Gelegenheit hatte zu erfahren, was die Jury für eine Gesetzesauslegung erachtete. Und es ist wirklich eine einzigartige Gesetzesauslegung, mit der die Regierung versucht, Gerardo etwas anzuhängen, für das er überhaupt keine Verantwortung trägt.
Aber darüber hinaus, dass so viele zusätzliche Beweise bezüglich Gerardos Unschuld heraus gekommen sind, und hätte ein Verteidiger gewusst, wie das Berufungsgericht seine Möglichkeiten, in dem Fall zu verteidigen, beschränken würde, dann hätte er natürlich mehr Beweise für Gerardos Unschuld vorgelegt. Er (Paul McKenna) räumt diese Fehler bereitwillig ein und bekennt freimütig, hätte er das Gesetz vollständig verstanden, wäre er in der Lage gewesen, überzeugender aufzutreten und stärkere Betonung darauf zu legen, Gerardos Unschuld zu beweisen, und was ihm blieb, war die Verantwortung zu handeln, auch wenn er nicht wusste wie.
Und das ist in groben Zügen, wo wir uns gerade befinden. Er räumt ein, dass er verstanden hat, wohin der Fall gegangen war, diese neuartige Strafverfolgung, diese noch nie dagewesene Strafverfolgung. Er hätte leicht Gerardos tatsächliche Unschuld feststellen können und glaubt fest an die Schritte, die er hätte unternehmen können, einschließlich Gerardos eigener Aussage. Und so ist seine Bereitschaft zuzugeben, wie er darin behindert war, grundlegende Beweise vorzulegen, wirklich ein beachtliches Zeugnis seiner Ehrlichkeit und Lauterkeit. Aber was Sie auch sehen können ist, dass es die absolute Überzeugung der Anwälte und von uns allen ist, dass Gerardo für etwas bestraft wird, an dem er völlig unschuldig ist, und wir alle warten auf den Tag, und möge er bald kommen, an dem er vollständig von dieser falschen Anklage entlastet wird.
BD: Weigert sich die US-Regierung immer noch, Gerardo dokumentierte Beweise für seine Verteidigung zu überlassen?
RK: Die US-Regierung widersetzt sich immer noch der Vorlage dokumentierter Beweise, die viel klarer, als wir es mit den uns vorliegenden Beweisen könnten, zeigen würden, was genau mit diesen Flugzeugen passiert ist, was mit der Datenübertragung hin und zurück passiert ist, die zeigen, dass er weder den Vereinigten Staaten irgend einen Schaden zufügen wollte noch irgend jemandem anderen. Und die Dokumente der Regierung, einschließlich der Satellitenbeweise z. B., hätten den Weg für eine saubere Verteidigung für Gerardo gewiesen, aber die Regierung legte sie niemals vor.
BD: Also, der nächste Schritt in der Habeas-Corpus-Berufung liegt beim Gericht?
RK: Wir erwarten die Festsetzung einer Anhörung, in der wir diese Tatsachen und Gerardos tatsächliche Unschuld weiter einwandfrei darstellen können, die Beweise zeigen, die beim Verfahren hätten vorgelegt werden müssen, die Beweise zeigen, die vorgelegt worden wären, wenn der Anwalt nicht in eine Lage geraten wäre, in der er unfähig war, Gerardo zu verteidigen, und zwar aufgrund von Missverständnissen über das Gesetz und das Gewicht der Beweise. Wir erwarten bereitwillig die Gelegenheit einer Anhörung, in der wir das alles tun können.
BD: Wann muss die Antwort des Gerichts erfolgen?
RK: Es gibt keinen vorgegebenen Zeitrahmen. Es ist Sache des Bezirksgerichts einen Zeitpunkt für die Anhörung festzulegen, und wir hoffen, dass es bald passiert.
Dieses Interview wurde am 27. August 2011 von Radio Havana Cuba ausgestrahlt.
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)
(Quelle:
antiterroristas.cu) vom 30. August 2011