La Jornada: Obamas Chance, sich von Bush zu distanzierenBlanche Petrich, 10. Oktober 2011
"Der Bewohner des Weißen Hauses gewann die Präsidentschaft, doch nicht die Macht," beteuerte Alarcón.
Seit Jahrzehnten hat Alarcón als leitende Persönlichkeit für inoffizielle Kontakte zwischen Havanna und Washington Einblicke aus erster Hand in den Rechtsstreit der so genannten fünf Helden, die wegen Anklagen, gegen die US-Regierung spioniert zu haben, verhaftet wurden. Montag, 10. Oktober 2011
Es naht Thanksgiving, und nach alter amerikanischer Tradition könnte Präsident Barack Obama sich dazu entschließen, die vier wegen Spionage angeklagten Kubaner, die nach Dokumenten des Berufungsgerichts und des Justizministeriums in verschiedenen Gefängnissen inhaftiert sind, freizulassen. Die Dokumente kamen seinerzeit zu dem Schluss, dass es keine Beweise dafür gebe, dass die inhaftierten Kubaner die Regierung ausspioniert hätten und dass die Strafurteile des Gerichts von Miami illegal und unangemessen seien. "Das ist die Herausforderung vor der Obama heute steht. Er muss entscheiden, ob die Republik von Miami Teil der amerikanischen Union oder ein abtrünniger Staat ist." Am vergangenen Freitag kam René González Sehwerert, zwar gebürtig aus Chicago, aber Mitglied der kubanischen Staatssicherheit, aus dem Gefängnis, nachdem er 13 Jahre wegen der Anklage, Verschwörung zur Spionage betrieben zu haben, verbüßt hatte. Ramón Labañino, Antonio Guerrero und Fernando González Llort sind immer noch im Gefängnis, und ein Gerichtsbeschluss hinsichtlich eines "Habeas Corpus"-Antrags ist anhängig. Gerardo Hernández Nordelo steht vor der kompliziertesten Rechtslage, seit er zwei Mal Lebenslänglich zuzüglich 15 Jahre erhielt, nachdem er des Mordes 1. Grades an vier US-Piloten, die mit leichten Militärflugzeugen über Kuba geflogen und von der kubanischen Luftwaffe abgeschossen worden waren, für schuldig befunden worden war. Welche Rechtsmittel hat Obama, sich für die Freilassung der vier sich noch im Gefängnis befindenden Kubaner zu entscheiden? Jedes Mittel, zu jeder Zeit. Es könnten Vergebung, Begnadigung, Amnestie oder das Fallenlassen der Anklagen sein. Präsidenten der Vereinigten Staaten tun das im Allgemeinen, wenn Feste wie Thanksgiving oder Weihnachten bevorstehen. Obama hat es schon getan. Auch im Fall von [Gerardo] Hernández Nordelo, der zwei Mal Lebenslänglich hat? Auch in diesem Fall. Wir dürfen nicht vergessen, dass Dokumente des Berufungsgerichtes zeigen, dass die Staatsanwaltschaft darin versagte, seine Schuld im Fall der vier toten Piloten beweisen zu können. Dieses Dokument ist von wesentlicher Bedeutung, weil es zu dem Schluss kommt, dass die Analyse der Beweise zur Freisprechung des Angeklagten führen müssten.
Der 74-jährige Leiter der kubanischen Legislative ist einer der führenden Experten der kubanischen Regierung für die US-politischen und rechtlichen Besonderheiten und die Komplexität des bilateralen Verhältnisses, weil er seine Regierung jahrzehntelang bei inoffiziellen Verhandlungen mit Washington vertreten hat. Seit die fünf Agenten verhaftet wurden, war er einer der Hauptbannerträger für die Forderung ihrer Freilassung. In seinen Reden gegen die Gerichtsverfahren der fünf Helden - als die sie in Kuba öffentlich bekannt sind - rät Alarcón regelmäßig: "Lest die Protokolle des Rechtsprozesses; die solidesten Argumente für die Angeklagten sind dort." Ein bittersüßes Gefühl
Alarcón sagt, er habe die Nachricht von René González' Freilassung wegen des ihm auferlegten Verbots der Richterin, während der nächsten drei Jahre seiner überwachten Freiheit nach Kuba zurückzukehren, mit einem bittersüßen Gefühl aufgenommen. Er glaubt, diese Beschränkung sei ein Beweis dafür, dass es auch unter Obamas Administration Gegenden gibt, wo die terroristischen Anti-Castro-Gruppen aktiv bleiben und den Schutz des Staates genießen können. Denken Sie, dass diese zu Angriffen auf Kuba organisierten Gruppen in Florida noch aktiv sind?
Ja. Was ich nicht bestätigen kann, ist, dass Obama hinter ihnen steht. Doch er steht vor einer sehr konkreten Herausforderung. René ist heute an einem sicheren Ort in Südflorida mit seinen Töchtern, seinem Bruder und seinem Vater. Aber er steht unter Beobachtung. Um ihn vor Anschlägen auf sein Leben zu schützen oder ihn daran zu hindern, etwas gegen die Terroristen zu unternehmen? Und jetzt sind nicht mehr Bush und der frühere Justizminister Alberto Gonzáles dafür haftbar. Die Verantwortung fällt nun Obama und Eric Holder, dem jetzigen Justizminister, zu. Denken Sie, er kann diese Entscheidung treffen? Er hat viele seiner Ziele hinsichtlich eines deutlichen Wandels aufgegeben. Obamas Dilemma ist, dass seine Wahl von sehr hohen Erwartungen begleitet wurde. Sein Hauptproblem ist, dass es für viele Leute zwischen ihm und seinen Vorgängern keinen Unterschied gibt. Wenn er wiedergewählt werden will, muss er es anders machen als sie. Sein Problem ist, dass er die Wahl gewann, aber nicht die Macht. Daher ist es für einen Präsidenten nicht leicht, Dinge über Nacht zu ändern. Aber ist er wirklich daran interessiert, seine Getreuen zu gewinnen - die heute frustriert sind, weil sie keine Änderungen sehen - für ihn zu stimmen? Das ist das Dilemma. Und wir können hier damit beginnen, die Vier zu befreien und René nach Hause gehen zu lassen. Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb) [aus der englischen Version von Walter Lippmann (Quelle: Antiterroristas vom 10. Oktober 2011)
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