"All’ die unbequemen Nachrichten"
"Wir könnten ein US-Schiff in der Guantanamo-Bay sprengen und es Kuba anlasten", schlugen sie vor; "Verlustlisten in U.S.-Zeitungen würden eine hilfreiche Welle nationaler Empörung auslösen."
"Wir könnten eine kommunistisch-kubanische Terrorkampagne in der Region von Miami, in anderen Städten von Florida und sogar in Washington ins Leben rufen," schrieben sie. "Die Terrorkampagne könnte kubanischen Flüchtlingen, die in den Vereinigten Staaten Zuflucht suchen, zugeschrieben werden..."
Das folgende Exzerpt aus James Bamfords "Body of Secrets: Anatomy of the Ultra-Secret National Security Agency" (Doubleday, 2001) dtsch..: "Geheimsache: Anatomie der ultrageheimen nationalen Geheimdienste" liefert sehr beunruhigende Informationen, die in direktem Bezug zu den Ereignissen vom 11. September 2001 stehen.
In der Tat möchten wir wissen, ob die unerklärlichen Misserfolge der Geheimdienste und der Verteidigung, die von der U.S.-Regierung reklamiert werden, nicht einfach Teil eines sorgfältig ausgearbeiteten verdeckten Plans sind. Schlimmer noch, wir müssen die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass die Angriffe auf New York und Washington vom 11. September einfach eine noch größere, schlimmere Version des "Zwischenfalls" im Golf von Tonkin waren, der einer leichtgläubigen U.S.-Öffentlichkeit eingeredet wurde, um sie dazu zu bringen, den Krieg gegen Vietnam zu befürworten.
Bamford beginnt im vierten Kapitel seines Buches mit der Beschreibung der bizarren Atmosphäre des "Kalten Krieges" in den Vereinigten Staaten in den ’60er Jahren, der Hexenjagden des McCarthytums als deren Höhepunkte und der paranoiden, erzreaktionären Haltung innerhalb der Führung des U.S.-Militärs. General Lyman,L. Lemnitzer, Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff (dtsch.: Oberster Stabsverband) und Schützling des scheidenden Präsidenten General Dwight D. Eisenhower, war einer von diesen Antikommunisten des ultrarechten Militärflügels, von denen viele tatsächlich glaubten, dass die Regierung von kommunistischen Verrätern unterwandert sei, angefangen vom obersten Gerichtshof abwärts.
Im Auftrag der uneingeschränkten Militärmacht der Vereinigten Staaten hatte Lemnitzer für die neue Mannschaft der zivilen Anführer in der JFK-Regierung nichts als Verachtung übrig, einschließlich für JFK selbst.
Lemnitzer und die anderen Verbandsleiter planten begierig die Militärinvasion auf Kuba und befanden sich damit im entschiedenen Widerspruch zu den verschiedenen Plänen der CIA, die kubanische Revolution verdeckt zu untergraben. Sie wollten Kennedy zur Annulierung des Programms bewegen, das in den letzten Monaten der Eisenhower-Administration ausgebrütet wurde und stattdessen den Versuch einer Invasion durch kubanische Exilanten, die von der U.S.-Regierung verdeckt bezahlt und gefördert würden.
Ende Januar, kurz nach dem Amtsantritt von JFK, stimmte Lemnitzer gegen die Invasion der Exilanten und bestand energisch darauf, an dem Gedanken an eine Militärinvasion festzuhalten. John F. Kennedy weigerte sich mit der Begründung, dass eine derartige Invasion für die internationale und heimische Öffentlichkeit total inakzeptabel sei, denn es würde einer amerikanischen Version des Einmarsches in Ungarn seitens der UdSSR 1956 gleichkommen.
Ironischerweise wurden der Betrug der U.S.- Regierung an seinen exilkubanischen Invasoren und deren geschockte und verwirrte Radiotonbandaufnahmen aus der Schweinebucht zu einer Kopie des CIA-Betrugs und dessen Fallenlassens seiner Vertrauensagenten während des Ungarnaufstandes.
Für alle, die mit dem Werk des Autors noch nicht vertraut sind und mit seinem Buch von 1982-"The Puzzle Palace" - mag es erforderlich sein zu erklären, dass James Bamford kein versponnener, verschwörerischer Theoretiker ist.
Dieser Auszug beginnt Ende des Winters während der neuen verwaltungstechnischen Vorbereitung dessen, was die katastrophale Invasion in der Schweinebucht im April 1961 werden sollte.
***
Body of Secrets, by James Bamford (Doubleday & Co., 2001) dtsch.: "Geheimsache" von James Bamford
Auszug aus Kapitel Vier: "Fäuste" bzw." Fists"
Eisenhower hatte acht Jahre enger Zusammenarbeit mit der CIA hinter sich. Er kannte die Stärken und Schwächen von Allen Dulles, der CIA und der kubanischen Operation, an deren Planung er fast ein Jahr lang mitgeholfen hatte. Nun wurde Kennedy, kaum dass er eine Woche lang versucht hatte, seine Administration zusammenzustellen, unter Druck gesetzt, einem gefährlichen Plan sein Okay zu geben, der von einem Mann entworfen wurde, den er nicht kannte und von einer Organisation, die eine Chiffre für ihn war.
Dulles erzählte ihm, dass, wenn die Landung stattfände, sie einen großen Aufstand auslösen und Castro schnell stürzen würde.
Aber Dulles wusste bestimmt, dass es eine Lüge sei. Castro war ein Held, zu groß für die kubanische Bevölkerung, denn er hatte sie erst vor zwei Jahren von den blutigen Exzessen Batistas befreit. Wie ein lange geheimgehaltener CIA-Report vermerkt: "Wir können verlässlich behaupten, dass die Organisation keinen geheimdienstlichen Nachweis dafür hatte, dass sich die Kubaner in irgendeiner bedeutenden Zahl den Invasoren anschließen könnten oder würden oder dass es dort irgendeine Art von effektiv zusammenhaltender Widerstandsbewegung unter irgendjemandes Kontrolle gäbe, geschweige denn, unter Anleitung der Organisation, die eine interne Leitung hätte einrichten können, um einen Aufstand zur Unterstützung der Invasion vorzubereiten." Derselbe Bericht kam zu dem Schluss, dass während des Zeitpunktes dieses Treffens im Weißen Haus "die Organisation ihren Kurs weiter verfolgte, ohne genau zu wissen, wohin das führen würde."
Lemnitzer war ein Mann für Details. Nachdem er Vorsitzender des Joint Chiefs of Staff geworden war, versandte er ausgefeilte Instruktionen, die ausführten, wie und in welcher Reihenfolge seine Chief -Kollegen Gruppenfotos zu unterzeichnen und sich direkt unter seinem Namen und nach der von ihm vorgegebenen Schriftneigung auszurichten hätten. Weder seine Limousine, noch sein Flugzeug durften ohne vorherige Rücksprache mit ihm auch nur bewegt werden.
Lemnitzer genoss seinen Ruf auch selber - als den eines vollendeten Planers. In einer achtseitigen Biographie, die er dem Kongress noch vor seinem Zeugnis unterbreitete, bescheinigte er sich selbst immer wieder, ein "einfallsreicher Planer" zu sein und die ihm eigene "Kunstfertigkeit in der Planung." Auf seinem Schreibtisch im Pentagon stand eine Kristallkugel, und in einer Schublade lag sein Lieblingsvers:
Planners are a funny lot = Planer sind sehr ulkig
They carry neither sword nor pistol = Sie tragen weder Schwert noch Pistole
They walk stooped over quite a lot = Sie gehen (über) ziemlich (viel) gebeugt dahin
Because their balls are crystal = Weil ihre Bälle [vulgär für Hoden] aus Kristall sind
Der Planungsexperte Lemnitzer sah sicher die Fallen des amateurhaften, schwachsinnigen Plans der CIA, so, wie es sicher auch seine Mitbefehlshaber sahen. Jahre später schrieb Lemnitzer einen detaillierten handschriftlichen zweiundfünfzig Seiten langen Abschlussbericht über die JCS-Beteiligung an der Schweinebucht - Operation. Er nannte ihn das "Das kubanische Debakel" und hielt ihn in seinem Haus unter Verschluss; er starb, ohne der Öffentlichkeit dessen Existenz je preisgegeben zu haben. Der zum Geheimdokument gewordene Rechenschaftsbericht zeigt deutlich, dass Lemnitzers Militärstab den CIA-Plan als ein Desaster betrachtete, auf dessen Eintritt man nur zu warten brauchte. Er zitiert aus einer geheimen JCS-Analyse dieser Operation: "Im Hinblick auf die schnell vom Castro-Regime aufgebaute Militär- und Miliz-Kapazität, ** und das Fehlen von voraussehbarer Unzufriedenheit der Masse in Zukunft,** erscheint der Erfolg des paramilitärischen Plans sehr zweifelhaft" [Hervorhebung im Original].
Doch unererklärlicherweise reichte Lemnitzer nur wenige Tage später eine positive Beurteilung an den Sekretär des Verteidigungsbüros von McNamara. "Untersuchungen zum laufenden Plan münden in eine günstige Beurteilung....über die Wahrscheinlichkeit, den sich abzeichnenden militärischen Erfolg zu erreichen," schrieb er. "Das JCS zieht in Betracht, dass eine rechtzeitige Ausführung des Plans eine reelle Chance auf ultimativen Erfolg hat, und auch wenn der gewünschte Erfolg nicht unmittelbar eintritt, könnte er schließlich zum Sturz des Castro-Regimes beitragen." Im Verlauf des selben Tages bestätigte McNamara diese Schlussfolgerungen.
Es ist gut möglich, dass die Joint Chiefs gehofft haben, dass der Spuk scheiterte, weil sie wütend waren über die arrogante Unverschämtheit der CIA, mit der diese in ihren Zuständigkeitsbereich eingedrungen war. Wenn die CIA einmal aus dem Weg wäre, würden die uniformierten Professionellen gerufen werden, um die Sache zu retten und das Kommando zu übernehmen, die wirkliche Invasion durchzuführen und Castro abzusetzen. Von da an würden Militäreinmärsche wieder das Monopol der Generäle sein. Aber bald stellte sich heraus, dass Kennedy gemeint hatte, was er sagte, als er von der verdeckt zu haltenden Operation sprach.
Nach ursprünglicher Planung sollte die Exilantenstreitmacht an der Küstenstadt Trinidad landen. Aber das Weiße Haus erhob Einspruch dagegen. Nach Lemnitzers privaten Aufzeichnungen wollte Kennedy eine ruhige Landung bei Nacht, wovon die Welt glauben sollte, sie sei von Kubanern geplant worden. Vor allem, notierte Lemnitzer, sollte es keine Einmischung seitens der US-Streitkräfte geben.
Gemäß Kennedies Anordnungen präsentierten CIA-Planer der Arbeitsgruppe des Joint Chiefs of Staff eine Liste von fünf alternativen Landungsplätzen. Später wurde die Liste auf drei reduziert. Die Gruppe fischte sich Alternative III heraus, eine Stelle auf der sumpfigen Halbinsel Zapata, genannt Schweinebucht. Nach einer kurzen Zwanzigminutendiskussion, kaum Zeit genug für eine Kaffeepause, stimmten Lemnitzer und seine Joint Chiefs mit ihren Arbeitsgruppen der Wahl zu.
"Von den alternativen Konzepten", lautete die JCS-Empfehlung, "wird Alternative III für die bestmögliche und für die bestgeeignetste gehalten, um die Sache zu vollenden. Keines der alternativen Konzepte wird für so durchführbar und der Sache angemessen gehalten wie der ursprüngliche [Trinidad-] Plan."
Lemnitzer hatte von Anfang an ernste Zweifel an der ganzen CIA-Operation, verhielt sich aber größtenteils ruhig und genehmigte den Plan schnell. Die Schweinebucht war beträchtlich näher an Havanna als Trinidad; das bedeutete eine schnellere Reaktion der kubanischen Truppen und mit nur einer Straße in und aus der Landungszone, war es ein perfekter Ort für eine Schlacht. Die kubanischen Truppen konnten die Invasoren leicht isolieren, die dazu gezwungen sein würden, auf den Stränden zu sterben oder im Meer zu ertrinken.
Lemnitzer hatte eine letzte Chance, aufzuholen und die Notbremse zu ziehen, bevor der Zug den Damm hinunterstürzte. Am 4. April 1961 hielt Kennedy eine Konferenz im State Department mit seinen Hauptratgebern ab, um ihre abschließenden Gedanken zu dieser Invasion in Erfahrung zu bringen. Lemnitzer, der die sichere Katastrophe voraussah, bedrängte den Staatsskretärassistenten, Thomas C. Mann, bevor die Sitzung begann und bestand darauf, dass die Wahl von Zapata als Landungsort eine schlechte Wahl sei, dass die Joint Chiefs nicht wollten, dass die Invasion näher an Havanna stattfände. Mann, der von Lemnitzers Sinneswandel überrascht war, ließ seinen Protest nicht gelten und beharrte darauf, dass Kennedy sich bereits entschieden habe.
Als Kennedy die Versammlung eröffnete, saß Lemnitzer stumm da. Der Mann, der der größten Militärmacht der Welt vorsaß, mit genug Nuklearwaffen, die gesamte Zivilisation zu zerstören, hatte Angst, vor seinem Boss zu reden.
Es war der Moment der Wahrheit. Doch er entschied sich, seine Augen zu schließen, seinen Mund zu bedecken und auf das Geräusch des vernichtenden Paukenschlags zu warten. Er wusste, wie er es von Anfang an gewusst hatte, dass sich die Operation als Katastrophe herausstellen würde, dass viele Männer schmerzvoll und grundlos sterben würden, aber er zog es dennoch vor zu schweigen. Er muss am Ende gemerkt haben, dass das Pentagon niemals die Erlaubnis des Präsidenten bekäme, sich einzuschalten und die Situation zu retten. Am Ende der Konferenz fragte Kennedy, wer immer noch die Verfolgung des Invasionsplans befürwortete. Lemnitzers Hand ging langsam in die Höhe. Viel später, in seinem Abschlussbericht, bekannte er sich zu seinem Versagen, nicht gesprochen zu haben, bot aber keine Entschuldigung dafür an.
[...]
Die Operation begann im Morgengrauen, am Montag, dem 17. April 1961 und verwandelte sich schnell in ein Debakel. Während sich die kubanische Luftwaffe und andere Militäreinheiten in der Gegend zusammenzogen, lauschte die NSA (National Security Agency) an ihren Empfangsgeräten den verzweifelt-dringenden Hilferufen der Exilanten. "Brauchen in den nächsten paar Stunden Unterstützung aus der Luft oder wir werden ausgelöscht", flehte Brigadekommandant Pepe San Roman. "Unter schwerem Angriff von MiG-Jets und schweren Panzern." Die Navy bot dem Brigade-kommandanten an, ihn und seine Truppen zu evakuieren, aber er lehnte das Angebot ab. Sie würden bis zum Ende kämpfen.
Weil keine Vorkehrung dafür getroffen worden war, dass die Sigint der NSA die Brigade mit Nachschub versorgte, waren die von der CIA aufgefangenen Nachrichten wertlos. Alles, was die Analytiker tun konnten, war, dazusitzen und den aussichtslosen Meldungen der auf dem Strand kämpfenden Rebellensoldaten und ihren Helfern aus ganz Kuba zuzuhören. "Waffen erforderlich," sagte einer. "Wir trafen ein Abkommen. Wir haben es eingehalten. Ihr aber nicht. Wenn Ihr beschlossen habt, uns aufzugeben, antwortet." Ein anderer funkte: "Wir bringen Hunderte von Bauernfamilien in Gefahr. Wenn Ihr uns nicht versorgen könnt, müssen wir...
uns auflösen. Auf Eure Verantwortung. Wir dachten, Ihr wärt aufrichtig." Wieder ein anderer machte geltend, "Alle Gruppen sind demoralisiert. Sie halten sich für hintergangen wegen mangelnder Waffenladungen und inbezug auf das versprochene Geld." Zuletzt gab es noch eine Nachricht.
"Unmöglich zu kämpfen... Entweder kommt es zu vermehrten Kampfniederlegungen oder wir sterben....Männer ohne Waffen oder Ausrüstung. Gott helfe uns."
"Es war nicht viel, was hier getan wurde, soviel ich verstehe," sagte einer der NSA-Beamten, "außer, dass sie die Kommunikation aufzeichneten... und ihre Rufe nach Hilfe und Beistand und ‚was-habt-ihr’ waren alle aufgenommen worden."
"Ich will nicht evakuiert werden," sagte San Roman trotzig. "Werden bis zum Ende kämpfen, wenn wir müssen." Am Strand, fast außer Reichweite der Geschosse und Granatwerfer führte die Brigade einen sinnlosen Gegenangriff auf die kubanischen Armeesoldaten, die erbarmungslos von Westen auf sie einstürmten. "Wir haben keine Munition mehr und kämpfen am Strand," funkte der Brigadeführer zum Kommandoschiff. "Schickt bitte Hilfe, wir können die Stellung nicht mehr halten."
" Im Wasser. Ohne Munition. Feind rückt näher. Innerhalb der nächsten Stunde wird dringend Hilfe benötigt." San Romans Stimme klang nun abgehackt und verzweifelt. Es gab keine Rückzugsmöglichkeit mehr.
Zwischen ihnen und den herannahenden Soldatenhelmen waren Hunderte ihrer Kameraden, deren Blut sich mit jeder der heranstürzenden Wellen vermischte. "Wann wird Eure Hilfe eintreffen und womit?" Die Stimme des Kommandanten klang nun schwächer, ungläubig zwar, aber so, als ob er dennoch glauben wolle.
"Warum ist Eure Hilfe nicht gekommen?" Nun waren unter den grünen Helmen Gesichter und Arme mit Gewehren und Beine, die rannten. Sie kamen von allen Seiten, wobei Geschosse ins Wasser, in den Sand und in die Männer einschlugen. NSA-Radioempfänger fingen die letzten Meldungen auf: "Zerstöre jetzt die gesamte Ausrüstung und breche die Verbindung ab. Panzer sind in Sicht. Ich habe nichts, womit ich kämpfen könnte. Schlag’ mich in die Büsche. Ich kann nicht, wiederhole, kann nicht auf Euch warten."
Um 3.20 h, p.m., empfing der für die Strandevakuierung zuständige Konvoy draußen auf See, hinter dem Horizont die letzte Meldung: "[Schiffe] sind angewiesen, sich mit voller Kraft zurückzuziehen."
*
Die Schmach, die wegen der verpfuschten Invasion auf der CIA lag, trug nichts dazu bei, die Besessenheit der Kennedy-Administration inbezug auf Castro zu dämpfen.
An einem grauen Herbsttag Anfang November 1961, kurz nach zwei Uhr, berief Justizminister Robert F. Kennedy eine Konferenz im Kabinett des Weißen Hauses ein. Am Tag vorher hatte der Präsident der Gruppe ihre Einsatzbefehle gegeben. Er wollte eine Lösung zum Kubaproblem und sein Bruder sollte für deren Umsetzung sorgen.
Robert Kennedy wandte sich an die Gruppe und stellte ihr Edward G. Landsdale vor, einen Einstern-General der Luftwaffe und Spezialisten für Notabwehrdienste, der steif in seinem gepolsterten Ledersessel saß.
Groß, ähnlich gutaussehend wie Errol Flynn, war Landsdale der stellvertretende Direktor des Pentagonbüros für Spezialaufgaben. Hinter der Tür des Raumes 3 E 114 verbarg sich das OSO die verantwortliche Einheit für die NSA. Die Verantwortung für Kuba, sagte Kennedy, sollte von der CIA auf das Pentagon übertragen werden, wo das Projekt als Operation Mongoose bekannt sei. Kennedy fragte die Gruppe, ob sie irgendwelche Probleme mit dieser Änderung hätten. Richard Bissel, der nun die Kronjuwelen aus seinen Händen gleiten sah, konnte nicht den geringsten Einwand dagegen erheben.
"Nein", sagte er, solange "die damit Betrauten in geheimen Operationen kompetent seien."
Sowohl Landsdale als auch Lemnitzer sahen beide die Operation Mongoose als eine goldene Gelegenheit, als eine Chance für das Militär, seine Muskeln endlich spielen zu lassen und seine Fähigkeiten zeigen zu können, da erfolgreich sein zu können, wo die CIA so erbärmlich gescheitert war. Weil die Aussichten auf eine interne Revolte abnahmen, begannen Landsdale und Lemnitzer im Stillen die Möglichkeit zu erkunden, für das, was sie schon lange tun wollten, nämlich eine Invasion vorzubereiten.
Seit die Kennedy-Administration eingezogen war, war der extreme rechte Flügel innerhalb des Militärs bedeutend gewachsen, nicht nur in Zahlen, sondern auch in Dezibel. Im April 1961 drosselte der Verteidigungsminister McNamara den Zulauf auf Major General Edwin A. Walker. Walker war wegen Indoktrination seiner Truppen mit der John-Birch-Gesellschafts-Propaganda angeklagt worden, wurde offiziell verwarnt und seines Kommandos enthoben. Aufgrunddessen bezichtigten viele Konservative die Kennedy-Administration des Versuchs, Antikommunisten mundtot machen zu wollen.
Walker trat unter Protest aus der Armee aus, aber sogar als Zivilist fuhr er fort, vor der kommunistischen Unterwanderung zu warnen. Zu den Themen, auf die er beständig mit aller Macht pochte, gehörte das Misstrauen gegen die zivile Kontrolle des Militärs. "Die herkömmliche Zivilkontrolle des Militärs ist in allen Oberkommandorängen zu einem komissarähnlichen Kontrollsystem pervertiert und erweitert," sagte er. Im September 1961 reiste er nach Oxford, Mississippi, um gegen die Immatrikulation von James Meredith, einem schwarzen Studenten an der dortigen Universität zu protestieren. Robert Kennedy erließ später einen Haftbefehl gegen Walker, indem er ihn der vorsätzlichen Verschwörung, des Aufstandes und der Rebellion anklagte. Er kam für fünf Tage ins Gefängnis. Während dieser Zeit klagte er, er sei ein politischer Gefangener.
Laut einem vom Verteidigungsministerium McNamaras verfassten Bericht verkämen sogar Seminare am staatlichen National War College in Washington gelegentlich zu "exstremem Rechtsradikalismus, Hexenjagden, verleumderischen Wiederaufbereitungen" und "bigotten, einseitigen Darstellungen, die befürworten, dass die Gefahr für unsere Sicherheit nur von innen käme."
Das Senate Foreign Relations Commitee warnte in einem Bericht über das Problem des Rechtsextremismus’ beim Militär, vor der "beträchtlichen Gefahr" in der "Ausbildung und Propagandaaktivität militärischen Personals", das entdeckt worden sei. "Wie ein roter Faden zieht sich durch alle ihre Zentralthemen, dass die grundsätzliche, wenn nicht ausschließliche Gefahr für dieses Land, die kommunistische Unterwanderung aus dem Inneren ist," lautete der Bericht.
Zu den Hauptangriffszielen der Extremisten, sagte das Kommitee, gehörte das heimische Sozialprogramm der Kennedy-Administration, welches viele Ultrakonservative des Kommunismus’ bezichtigten. Die "These des Wesens der kommunistischen Bedrohung," warnte der Bericht, "entsteht oft durch Gleichstellung sozialer Gesetzgebung mit Sozialismus und des Letzteren mit Kommunismus.... Vieles aus dem heimischen Gesetzesprogramm der Administration, einschließlich der Fortsetzung der gestaffelten Einkommenssteuer, Ausweitung von sozialer Sicherheit (insbesondere medizinischer Versorgung), Bundeshilfe für Erziehung und Ausbildung etc. würden nach dieser zugrundeliegenden Philosophie als Schritte in Richtung Kommunismus charakterisiert. Folglich, "Aus diesem Blickwinkel der kommunistischen Bedrohung gelten Auslandshilfe, kultureller Austausch, Abrüstungsverhandlungen und andere internationale Programme als außerordentlich verschwenderisch, wenn nicht als eigentlich subersiv."
Die aufschreckende Senatsstudie schloss mit der Warnung vor einer Revolte der obersten Militäroffiziere, so, wie es in "Sieben Tage im Mai" dargestellt wurde. Um zu zeigen, dass dieser Gedanke nicht weithergeholt war, zitierte der Bericht "als ein Beispiel für die höchste Gefahr" die kurz vorherige Revolte von Armeegenerälen in Frankreich, größtenteils wegen der Algerienpolitik. "Militäroffiziere, ob französisch oder amerikanisch, haben einige gemeinsame Berufscharakteristika," lautete der Bericht, "und es gibt überall auf der Welt zahlreiche Militärs mit den ’Fingern am Abzug’."
Schließlich wies das Kommitee insbesondere auf General Lemnitzer hin und beantragte eine Untersuchung des Verhältnisses zwischen ihm, seinen Chiefs und den Gruppen der extremen Rechten. Unter den Mitgliedern des Kommitees sprach sich für die Forderung einer Überprüfung Lemnitzers und der Joint Chiefs Senator Albert Gore, Sr., Tennessee (Vater des früheren Vize-präsidenten Al Gore) am deutlichsten aus.
Es war keine überflüssige Sorge. In ihrem Buch von 1963,"The Far Right," ("Die äußerste Rechte") schrieben Donald Janson von der New York Times und CBS-Reporter Bernhard Eismann: "Die Besorgnis hat zugenommen, dass ein kriegführendes und steuerloses Militär für die Stabilität der Vereinigten Staaten so gefährlich werden könnte, wie es die Mischung aus Rebellion und Politik in Ländern sei, die unter die Gewaltherrschaft von Juntas und Faschismus gerieten. Die Agonie, die Frankreich ergriff, als Ergebnis der Anstrengungen von Militär-Deserteuren, die Regierungspolitik inbezug auf Algerien rückgängig zu machen, war eine weitere eindrucksvolle Erinnerung daran, welche Gefahren es birgt, wenn man dem Militär erlaubt, politische Macht aufzubauen."
Äußerlich blieb Lemnitzer steif und korrekt. Aber innerlich kochte er wegen des neuen und jugendfrischen Weißen Hauses. Er fühlte sich außerhalb von Raum und Zeit in einer Kultur, die anscheinend der Militärtradition den Rücken kehrte. Fast unmittelbar darauf wurde er im klinischen Sinne paranoid; insgeheim fing er an, seinen anderen älteren, höheren Offizieren seine Ängste mitzuteilen. Wenig später als einen Monat, nachdem Kennedy sein Amt übernahm, schickte er einen Brief an General Lauris Norstad, den Oberkommandanten des europäischen US-Kommandos und einige andere an Top-Generäle.
Aus Furcht, die Administration würde von seinen Kommentaren Kenntnis nehmen, notierte er, "Ich hätte erwogen, Ihnen die Informationen auf telefonischem Wege [im Original:" by electrical means"; Anmerkung der Übersetzerin] zu übermitteln, aber in Anbetracht ihrer Natur verschicke ich sie per Brief an Sie, Jim Moore’s und [sic:Deputy Commander-in-Chief] Charlie Palmer’s, AUSSCHLIESSLICH an Sie." Sie wurden dann "in einem versiegelten Briefumschlag NUR zur Kenntnisnahme für Gen. Norstad" ausgeliefert.
"Sie und Charlie möchten wahrscheinlich wissen, was, wenn überhaupt, der JCS unternehmen wird, wegen einiger störender Dinge, die kürzlich, Ihr Ressort betreffend, passiert sind," schrieb Lemnitzer. Aber was den JCS-Vorsitzenden so erregte, war nicht eine grundlegende Änderung in der Nuklear-politik oder ein Umschwung in der Strategie des Kalten Krieges, sondern die Tatsache, dass die Beamten des Weißen Hauses Gelder gestrichen hatten, die zur Renovierung der Offiziersclubs reserviert gewesen waren. "Ich bin mir sicher, dass es Ihnen genauso unglaublich vorkommt wie uns," schrieb er, "aber so geht es hier neuerdings zu." Schließlich beklagte sich Lemnitzer über etwas, was er als bedenklich undichte Stellen empfand, mit der Absicht, die älteren Offiziere zu brüskieren. "Hierbei glaube ich wiederum, dass der eigentliche Grund dafür das streberhafte Verhalten von vielen neuen und noch sehr jungen Leute ist, die, nachdem sie in die Regierung gekommen sind, nichts Besseres zu tun haben, als sofort jede Einzelheit zu publizieren, von der sie glauben, dass es der neuen Administration eine gute Presse bringt. Ich weiß nicht, wie lange das noch so weitergeht, aber wir scheinen jeden Tag mit etwas Neuem rechnen zu müssen."
Lemnitzer hatte keinen Respekt vor den Zivilisten, denen er Bericht erstattete. Er glaubte, sie störten den ordnungsgemäßen Ablauf beim Militär. Die "zivile Hierarchie war nicht nur durch Unerfahrenheit beeinträchtigt," pflegte er später zu sagen, "sondern auch durch Arroganz, die vom Mangel an Einsicht in ihre Grenzen herrührte.... Das Problem bestand einfach darin, dass die Zivilisten militärisches Urteilsvermögen nicht anerkennen mochten." Aus Lemnitzers Sicht wäre das Land viel besser damit gefahren, wenn die Generäle die Macht übernommen hätten.
Für jene Militärs, die während dieser Zeit in Lauerstellung saßen, war die von der Kennedy-Administration verpfuschte Invasion in der Schweinebucht der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. "Das Schweinebucht-Fiasko gab den letzten Ausschlag," lautete ein Bericht jener Zeit. "Präsident Kennedy wurde von den Superpatrioten als ein ’no-win’ chief angeprangert....
Die äußerste Rechte wurde zu einer Quelle von Anträgen und Vorschlägen, die aus der Frustration geboren waren und im Namen des Antikommunismus’ weiterverfolgt wurden....Kommandanten mit aktiver Dienstverpflichtung spielten auf ihren Stützpunkten die Gastgeber für antikommunistische Seminare und besuchten oder veranstalteten andernorts Versammlungen des Rechten Flügels."
Obwohl es noch niemand zu jener Zeit im Kongress gemerkt haben konnte, gerieten Lemnitzer und die Joint Chiefs of Staff in aller Stille außer Kontrolle.
Gemäß geheimer und lange versteckter Dokumente, die zur Geheimsache wurden, arbeiteten die Joint Chiefs of Staff Pläne aus und genehmigten sie die möglicherweise korruptesten Pläne, die je von einer US-Regierung entworfen wurden.
Im Namen des Antikommunismus schlugen sie vor, einen geheimen, blutigen und terroristischen Krieg gegen ihr eigenes Land in die Wege zu leiten, mit der Absicht, die amerikanische Öffentlichkeit auszutricksen, damit sie bereit wäre, einen schwachsinnigen Krieg gegen Kuba zu unterstützen, den sie beabsichtigten herbeizuführen.
Unter dem Decknamen Northwoods rief der vom Vorsitzenden und allen Mitgliedern des Joint Chiefs of Staff schriftlich genehmigte Plan dazu auf, unschuldige Leute auf amerikanischen Straßen zu erschießen, Schiffe mit kubanischen Flüchtlingen an Bord zu versenken, zu einer Welle gewaltsamen Terrorismus’ in Washington D.C., Miami und anderswo.
Leute sollten für Bombenattentate beschuldigt werden, die sie nicht begangen hatten; Flugzeuge sollten entführt werden. Die Vorspiegelung falscher Tatsachen, alles darauf angelegt, Castro zu beschuldigen, sollten Lemnitzer und seinen Verschwörern die Entschuldigung, sowie auch den öffentlichen und internationalen Rückhalt geben, den sie brauchten, um ihren Krieg anzuzetteln.
Die Idee dazu wurde wahrscheinlich unter Eisenhower, in den letzten Tagen seiner Administration ins Leben gerufen. Mit dem heißeren Kalten Krieg denn je und dem kurz vorherigen U-2 Skandal - er war der Öffentlichkeit noch frisch im Gedächtnis - wollte der alte General als Gewinner hervorgehen. In den Wochen, die zum Amtsantritt von Kennedy führten, war er bis zum äußersten entschlossen, in Kuba einzumarschieren, in der Tat teilte er Lemnitzer und anderen Gehilfen seines Kabinetts am 3. Januar mit, dass er gegen Castro vor dem Amtsantritt marschieren würde, wenn ihm die Kubaner dafür nur eine wirklich gute Entschuldigung lieferten. Dann, als die Zeit zu knapp wurde, brachte Eisenhower eine Idee in Umlauf. Wenn Castro ihm den Gefallen nicht täte, ihn mit einer Entschuldigung zu versorgen, sagte er, "könnten" die Vereinigten Staaten vielleicht "darüber nachdenken, etwas zu konstruieren, dass für die Allgemeinheit akzeptabel sei." Was er da vorschlug, war ein Vorwand - ein Bombardement, einen Angriff, einen Sabotageakt - insgeheim von den Vereinigten Staaten verübt. Sein Zweck würde sein, das Auslösen eines Krieges zu rechtfertigen. Es war ein gefährlicher Vorschlag von einem verzweifelten Präsidenten.
Obwohl ein solcher Krieg nicht stattfand, war die Idee bei General Lemnitzer nicht verloren gegangen. Aber er und seine Kollegen waren von Kennedys Versäumnis, ihren Plan offiziell zu genehmigen, frustriert und wütend darüber, dass Castro ihnen keine Entschuldigung für die Invasion lieferte. Der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, mag während des Treffens im Weißen Haus am 26. Februar 1962 gefallen sein. In der Sorge, dass General Landsdales verschiedene Geheimpläne unter der Operation Mongoose einfach immer ungeheuerlicher würden und ins Aus führten, wies Robert Kennedy ihn an, alle Anti-Castro-Bemühungen fallen zu lassen. Stattdessen wurde Landsdale befohlen, sich in den nächsten 3 Monaten streng auf die Sammlung von geheimen Informationen über Kuba zu konzentrieren.
Es war eine demütigende Niederlage für Landsdale, einen Mann, der mehr an Lob als an Geringschätzung gewöhnt war.
Da die Kennedy-Brüder plötzlich den "sanften Weg" gegen Castro gehen zu wollen schienen, konnte Lemnitzer seine Gelegenheit, in Kuba einzumarschieren schnell entgleiten sehen.
Die Versuche, das kubanische Volk zur Revolte zu provozieren, schienen tot zu sein, und Castro schien unglücklicherweise keinen Drang zu verspüren, irgendwelche Angriffe auf Amerika oder deren Besitzungen zu starten. Lemnitzer und die anderen Chiefs wussten, dass es nur noch eine Möglichkeit gab, ihren Krieg sicherstellen zu können.
Sie würden die amerikanische Öffentlichkeit und die Weltmeinung täuschen müssen und dazu bringen, Kuba so sehr zu hassen, dass sie nicht nur zustimmen, sondern darauf bestehen würden, dass er und seine Generäle in ihren Krieg gegen Castro zögen.
"Die Meinung der Welt und das Forum der Vereinten Nationen" besagt ein geheimes JCS-Dokument, "sollte sich wohlwollend darauf einlassen können, ein internationales Image von der kubanischen Regierung zu gewinnen, sie sei unbesonnen und unverantwortlich und eine alarmierende und unübersehbare Bedrohung für den Frieden der westlichen Hemisphäre."
Operation Northwoods verlangte nach einem Krieg, in dem viele patriotische Amerikaner und unschuldige Kubaner einen sinnlosen Tod sterben würden - alles um die Egos intriganter Generäle im abgelegenen Washington, sicher in ihren vom Steuerzahler bezahlten Häusern und Limousinen, zu befriedigen.
Eine der ernsthaft erwogenen Ideen befasste sich mit dem Abflug von John Glenn, dem ersten Amerikaner in der Umlaufbahn der Erde. Am 20. Februar 1962 sollte Glenn vom Cape Canaveral, Florida, zu seiner historischen Reise abheben. Der Flug sollte das Banner amerikanischer Werte in die Umlaufbahn hoch über den Planeten tragen, die da sind: Wahrhaftigkeit, Freiheit und Demokratie.
Aber Lemnitzer und seine Chiefs hatten eine andere Idee. Sie schlugen Landsdale vor, sollte die Rakete explodieren und Glenn töten, dass "dieser Tatbestand geeignet ist, den unwiderruflichen Beweis dafür zu liefern, dass.... der Fehler bei den Kommunisten et al Kuba [sic] liegt." Dies würde dadurch vervollständigt, fuhr Lemnitzer fort, "dass verschiedene Beweisstücke erstellt würden, die einen elektronischen Eingriff vonseiten Kubas bewiesen." Folglich war es so: Während die NASA sich darauf vorbereitete, den ersten Amerikaner ins All zu schicken, bereiteten sich die Joint Chiefs of Staff darauf vor, John Glenns möglichen Tod als Vorwand für die Auslösung eines Krieges zu nutzen.
Glenn hob ohne Missgeschick in die Geschichte ab und ließ Lemnitzer und seine Befehlshaber damit allein, sich eine neue Verschwörung ausdenken zu müssen, von der sie vorschlugen, sie "im Rahmen der nächsten Monate" auszuführen.
Unter den empfohlenen Aktionen war "eine Reihe von gut miteinander koordinierten Vorkommnissen, die in und um" die US-Navy Basis in der Guantanamo Bucht, Kuba, "stattfinden sollten".
Dazu gehörte, "gefällige" Kubaner in kubanische Uniformen einzukleiden und sie dann zu veranlassen, "Aufstände in der Nähe des Haupttors der Militärbasis anzuzetteln. Andere würden innerhalb der Basis so tun, als seien sie Saboteure. Munition würde hochgehen, Feuer eröffnet, Flugzeuge sabotiert, und Granaten abgefeuert werden, die Zerstörungen an den Einrichtungen der Basis anrichteten."
Die vorgeschlagenen Operationen wurden immer ungeheuerlicher. Ein weiterer Vorschlag plädierte für eine ähnlich infame Aktion, wie den Vorfall im Februar 1898, als eine Explosion an Bord des Schlachtschiffes Maine im Hafen von Havanna 266 US-Seeleute tötete. Obwohl die eigentliche Ursache der Explosion ungeklärt blieb, entflammte er den Spanisch-Amerikanischen Krieg gegen Kuba. Aufgewiegelt durch die tödliche Explosion meldeten sich über eine Million Männer freiwillig zu den Waffen.
Lemnitzer und seine Generäle kamen auf einen ähnlichen Plan.
"Wir könnten ein US-Schiff in der Guantanamo-Bucht in die Luft sprengen und es Kuba anlasten," schlugen sie vor. "Unfallopferlisten in US-Zeitungen würden eine hilfreiche Welle der Empörung auslösen."
Ihr Fanatismus schien keine Grenzen zu kennen: "Wir könnten eine kommunistisch-kubanische Terrorkampagne in der Gegend von Miami, anderen Städten und sogar in Washington ins Leben rufen," schrieben sie. "Die Terrorkampagne könnte kubanischen Flüchtlingen angehängt werden, die den Hafen der Vereinigten Staaten anlaufen...
Wir könnten eine Bootsladung mit Kubanern auf dem Weg nach Florida versenken (tatsächlich oder simuliert ).... Wir könnten Anschläge auf kubanische Flüchtlinge in den Vereinigten Staaten fördern sogar bis zu dem Ausmaß, Instanzen zu beleidigen, um landesweite Presse zu bekommen."
Es wurden Bombardements, gefälschte Festnahmen und Entführungen vorgeschlagen:
- "Ein paar sorgfältig platzierte Plastikbomben, die Festnahme kubanischer Agenten und die Herausgabe vorbereiteter Dokumente zur Untermauerung der kubanischen Beteiligung daran würden auch hilfreich sein bei der Verbreitung des Gedankens, dass die kubanische Regierung unverantwortlich sei."
"Vorteil kann aus der Empfindlichkeit der dominikanischen [Republik] Luftwaffe durch Verletzungen ihres nationalen Luftraumes gezogen werden. ’Kubanische’ Flugzeuge vom Typ B-26 oder C-46 könnten überfallartig nächtliche Zuckerrohrbrände verursachen. Brandstifter aus dem Sowjetblock könnten aufgespürt werden.
Das könnte mit ’kubanischen’ Nachrichten an den kommunistischen Untergrund in der dominikanischen Republik und mit ’kubanischen’ Schiffsladungen von Waffen verbunden werden, die am Strand gefunden oder abgefangen würden. Die Nutzung von MiG-Flugzeugtypen durch US-Piloten könnte für eine zusätzliche Provokation sorgen."
- "Fortgesetzte Entführungsversuche von zivilen Luft- und Bodenfahrzeugen könnten als beunruhigende Maßnahmen erscheinen, die von der kubanischen Regierung stillschweigend gebilligt würden."
Zu den ausgefeiltesten Entwürfen gehörte, dass ein "Zwischenfall konstruiert werden sollte, der überzeugend demonstrierte, dass eine Maschine der kubanischen Luftwaffe ein ziviles Charter-flugzeug angegriffen und abgeschossen hätte, das sich auf dem Weg von den Vereinigten Staaten nach Jamaika, Guatemala, Panama oder Venezuela befände. Die Ortsbestimmung würde nur nach dem Flugplan mit Route über Kuba ausgesucht. Die Passagiere könnten eine Gruppe von College-Studenten auf dem Weg in den Urlaub sein oder irgendeine Personengruppe mit dem allgemeinüblichen Interesse an unregistrierten Charterflügen."
Lemnitzer und die Joint Chiefs arbeiteten ein komplexes Täuschungsmanöver aus:
Ein Flugzeug, das einer Verwaltungsorganisation des CIA in dem Gebiet von Miami gehörte, sollte auf der Elgin AFB als exakte Kopie einer bei der zivilen Luftfahrt registrierten Maschine umgestrichen und numeriert werden. Zu einer festgesetzten Zeit würde das Duplikat durch das eigentliche zivile Flugzeug ersetzt und mit den ausgewählten Passagieren, alle unter sorgfältig gewählten Decknamen, beladen werden..Das eigentlich registrierte Flugzeug würde in eine Drohne verwandelt werden [eine aus der Ferne kontrollierte unbemannte Maschine]. Die Abflugzeiten der Drohnenmaschine und der eigentlichen Maschine werden so aufeinander abgestimmt, dass sie südlich von Florida zusammen-treffen können.
Ab dem Zeitpunkt des Zusammentreffens wird das mit Passagieren besetzte Flugzeug zu einer geringen Höhe abfallen und unmittelbar danach einen Hilfslandeplatz auf der Elgin AFB anfliegen, wo schon Vorbereitungen dafür getroffen sein werden, die Passagiere zu evakuieren und das Flugzeug in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die Drohne wird inzwischen ihren Flug nach dem vorgesehenen Plan fortsetzen. Über Kuba wird sie auf der internationalen Notfrequenz eine ’May-Day’-Nachricht mit dem Inhalt, sie würde von einer kubanischen MiG-Maschine angegriffen, aussenden. Die Übertragung wird durch die Zerstörung der Maschine unterbrochen werden, die durch Radiosignale vorgetäuscht sein werden.
Das wird der ICAO [International Civil Organization] ermöglichen, den Radiostationen in der west-lichen Hemisphäre zu melden, was mit dem Flugzeug passierte und der U.S. den Versuch ersparen, den Zwischenfall zu "verkaufen".
Schließlich wurde geplant, "es aussehen zu lassen, als hätten kommunistische kubanische MiGs ein USAF-Flugzeug über internationalem Gewässer bei einem nicht provozierten Angriff zerstört." Es war eine besonders glaubwürdige Operation, der man den Anschein von Abschießungen gab, die gerade stattgefunden hätten.
Im Schlusssatz seines Briefes an Minister McNamara, mit dem er ihm die Operationen empfahl, wagte er sogar den Griff nach noch mehr Macht, indem er bat, den Joint Chiefs die Verantwortung für die Operation Northwoods und die Invasion zu übertragen. " Es wird empfohlen", schrieb er, "dass die Verantwortung für offene und verdeckte Militäroperationen den Joint Chiefs of Staff übertragen wird."
Um 2.30 h, am Nachmittag eines Dienstags, am 13. März, 1962, überarbeitete Lemnitzer zusammen mit seinem Chief für verdeckte Aktionen, Brigadier General William H. Craig, in letzter Minute noch einmal die Details der Operation Northwoods und unterschrieb das Dokument.
Dann ging er zu einem "special meeting" in McNamaras Büro. Eine Stunde später traf er sich mit Kennedies Militärrepräsentanten, General Maxwell Taylor.
Was während dieser Treffen passierte, ist unbekannt. Aber nach drei Tagen teilte Präsident Kennedy Lemnitzer mit, dass es eigentlich keine Möglichkeit gäbe, dass die U.S. jemals einen offenen Militärangriff gegen Kuba führten.
Lemnitzer und seine Genräle bestanden unbeirrt auf dem Punkt ihres Antrags, dass sie die Genehmigung zum Einmarsch in Kuba und dessen Besetzung verlangten. Über einen Monat nachdem sie den Operationsplan Northwoods vorgelegt hatten, trafen sie sich im"Tank" ["Panzer"], wie der Konferenzraum im JCS genannt wurde und stimmten in der Formulierung eines starken Memorandums an McNamara überein. "Die Joint Chiefs of Staff glauben, dass das kubanische Problem in nächster Zukunft gelöst werden sollte," schrieben sie. "Desweiteren sehen sie keine Voraussetzungen auf einen baldigen Erfolg, das gegenwärtige kommunistische Regime zu stürzen, weder im Anschluss an einen inneren Aufstand, noch auf externen politischen, ökonomischen oder psychologischen Druck. Infolgedessen glauben sie, dass militärisches Eingreifen durch die Vereinigten Staaten erforderlich sein wird, um das gegenwärtige kommunistische Regime zu stürzen."
Lemnitzer schien rasend in seinem Hass auf Kommunismus im Allgemeinen und auf Castro im Besonderen zu sein. "Die Joint Chiefs of Staff glauben, dass die Vereinigten Staaten einen militärischen Einmarsch in Kuba unternehmen können, ohne einen allgemeinen Krieg zu riskieren," fuhr er fort. "Sie glauben außerdem, dass ein militärischer Eingriff schnell genug zu Ende gebracht werden kann und so die Gelegenheiten der Kommunisten, eine Unterstützung von der UN zu erbitten, verringert werden." Doch, was Lemnitzer da vorschlug, war nicht die Befreiung des kubanischen Volkes, das mehrheitlich aufseiten Castros war, sondern seine Gefangennahme in einem vom US-Militär kontrollierten Polizeistaat. "Die Streitkräfte würden eine schnelle, gründliche Kontrolle Kubas sicherstellen," schrieb er. "Fortgesetzte Polizeiaktionen wären dazu erforderlich."
Abschließend nahm Lemnitzer kein Blatt vor den Mund: "Die Joint Chiefs of Staff empfehlen, dass von den Vereinigten Staaten eine nationale Politik des frühen militärischen Eingreifens in Kuba eingenommen werden sollte. Sie empfehlen auch, dass eine solche Intervention so bald wie möglich und vorzugsweise vor der Entlassung der National Guard und der jetzt noch verpflichteten Reserve-Einheiten unternommen wird."
Bis dahin schien McNamara kein Vertrauen in seinen Militärchef zu haben und lehnte fast jeden Vorschlag, den der General ihm schickte, ab. Die Ablehnungen wurden so zur Routine, sagte einer von Lemnitzers früheren Stabsoffizieren, dass der Stabsangehörige dem General sagte, die Situation brächte das Militär in eine "peinliche Verlegenheit." Aber Lemnitzer antwortete, "Ich bin der oberste Militärbeamte -- mein Job ist es, dass zu vertreten, was ich für richtig halte, und es ist sein [McNamaras’] Job, das zu bestätigen oder abzulehnen."
"McNamaras Arroganz war erstaunlich," sagte Lemnitzers Gehilfe, der keine Ahnung von der Operation Northwoods hatte. "Er machte mit ihm sehr kurzen Prozess und behandelte ihn wie einen Schuljungen. Der General stand meistens in Hab-acht-stellung, wenn er den Raum betrat. Alles, was er sagte, war ’Yes, sir’ und ’No, sir.’"
Innerhalb von Monaten wurde Lemnitzer zum zweiten Mal als Vorsitzender der JCS abgelehnt und als Oberbefehlshaber der NATO nach Europa entsandt. Jahre später ernannte Präsident Gerald Ford Lemnitzer, den Liebling der republikanischen Rechten, zum Berater für ausländische Geheimdienste des Präsidenten (sic:Presitent’s Foreign Intelligence Advisory Board]. Lemnitzers Kuba-Befehlshaber, Brigadier General Craig, wurde ebenfalls versetzt. Nachdem er zum Generalmajor aufgestiegen war, verbrachte er drei Jahre als Oberbefehlshaber des Sicherheitsdienstes der Armee, einer militärischen Abteilung der NSA:
Wegen der Heimlichkeit und der Illegalität der Operation Northwoods blieben alle Einzelheiten vierzig Jahre lang unter Verschluss. Lemnitzer mag angenommen haben, dass alle Kopien der wichtigen Dokumente zerstört worden seien; er gehörte nicht zu denen, die kompromittierendes Material umherliegen lassen. Im Anschluss an das Schweinebucht-Debakel befahl er z.B. Brigadier General David W. Gray, dem Oberbefehlshaber für das Kubaprojekt, innerhalb der JCS alle Aufzeichnungen der Joint Chiefs Aktionen und der Diskussionen während dieser Periode zu vernichten. Grays Aufzeichnungen waren die einzigen detaillierten offiziellen Belege dessen, was in jener Zeit innerhalb der JCS geschah.
Nach Gray fürchtete Lemnitzer eine Untersuchung vor dem Kongress und darum wollte er jedes belastende Beweismaterial vernichten.
Nach der Vernichtung des Beweismaterials, fühlte sich Lemnitzer so frei, den Kongress belügen zu können.
Als er während geheimer Anhörungen des Senats befragt wurde, ob er Kenntnis von irgendwelchen Pentagonplänen im Hinblick auf eine regelrechte Invasion in Kuba hätte, sagte er, er wisse nichts davon. Doch noch vor Kennedies Amtsantritt wurden JCS-Invasionspläne ausgearbeitet. Und seitdem wurden weitere Pläne entwickelt. Der perfekte Planer und Mann für Details flüchtete sich auch in Ausreden. Als er sich bei der Wiederbenennung von Schlüsselaspekten der Operation plötzlich großen Schwierigkeiten ausgesetzt sah, tat er so, als wäre er während dieser Zeit außer Landes gewesen.
Es war ein bedauernswertes Spektakel.
Senator Gore beantragte, Lemnitzer zu feuern.
"Wir brauchen eine Auffrischung der Joint Chiefs of Staff", sagte er. "Wir brauchen dringend einen neuen Vorsitzenden sowie auch neue Mitglieder." Niemand hatte irgendeine Ahnung von der Operation Northwoods.
Weil so viele Dokumente vernichtet wurden, ist es schwer festzustellen, wieviele der älteren Offiziere von der Operation Northwoods Kenntnis hatten.
Wie bereits beschrieben, wurde das Dokument von Lemnitzer und dem Rest der Joint Chiefs unterschrieben und voll genehmigt und zur Unterschrift an das Amt für Verteidigung gesandt. Ob es über McNamara hinaus an den Präsdidenten und den Justizminister gelangte, ist nicht bekannt.
Sogar nachdem Lemnitzer seine Stellung verloren hatte, fuhren die Joint Chiefs bis mindestens 1963 damit fort, "Vorwand" - Operationen zu planen. Unter ihren Vorschlägen befand sich ein Plan, einen wohldurchdachten Krieg zwischen Kuba und seinen Nachbarstaaten anzuzetteln. Das würde den Vereinigten Staaten eine Entschuldigung dafür liefern, auf der Gegenseite Kubas einzugreifen und Castro loszuwerden. "Ein konstruierter ’kubanischer’ Angriff auf eine OAS (Organisation of American States] - Mitglied könnte inszeniert werden," lautete ein Vorschlag "und der angegriffene Staat könnte gezwungen werden, Maßnahmen zur Selbstverteidigung zu ergreifen und um Beistand von den Vereinigten Staaten und der OAS zu ersuchen; die Vereinigten Staaten könnten fast sicher sein, unter den OAS-Mitgliedern die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Gemeinschaftsaktion gegen Kuba zu erhalten."
Unter den von ihnen vorgeschlagenen Nationen, die die Vereinigten Staaten heimlich angreifen sollten, befanden sich Jamaica und Trinidad-Tobago. Beide waren Mitglieder des British Commen-Wealth; auf diese Weise, nämlich durch den heimlichen Angriff auf sie und durch die falsche Anschuldigung Kubas, könnten die Vereinigten Staaten, England in den Krieg gegen Castro locken.
Der Bericht vermerkte: "Jede dieser herbeigeführten oben beschriebenen Situationen birgt ein extremes Risiko für unser demokratisches System, in dem, nach dieser Tat, die Aufrechterhaltung der Sicherheit mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn die Entscheidung getroffen werden sollte, eine konstruierte Situation einzusetzen, sollte es eine sein, bei der die Beteiligung von US-Personal nur auf höchstvertrauenswürdiges verdeckt arbeitendes Personal begrenzt ist. Dies spricht für die Unmöglichkeit des Einsatzes von Militäreinheiten bei der Ausführung irgend eines Aspektes der konstruierten Situation."
Der Bericht schlug sogar vor, jemanden aus der Castro-Regierung heimlich dafür zu bezahlen, die Vereinigten Staaten anzugreifen. "Die einzige, noch in Betracht kommende Möglichkeit wäre dann, einen von Castros untergebenen Kommandanten zu bestechen, einen Angriff auf [the U.S. Naval Base at] Guantanamo zu initiieren." Dieses vorgeschlagene Unternehmen - eine fremde Nation dazu zu bestechen, einen Anschlag auf eine amerikanische Militäreinrichtung zu verüben - war Hochverrat.
Im Mai 1963 sandte ’Assistant Secretary of Defense’ (dtsch.: Assistent des Verteidigungsbüros) Paul H. Nitze dem Weißen Haus einen Plan, der "ein mögliches Szenario, bei dem ein Angriff auf ein US-Aufklärungsflugzeug am Ende dazu benutzt werden könnte, die Beseitigung des Castro-Regimes zu bewirken" vorschlug. Bei dieser Gelegenheit hätte Kuba eine U-2 angegriffen, der Plan schlug vor, zusätzlich amerikanische Piloten hinterherzuschicken, diesmal auf einem gefährlichen unnötigen Aufklärungstiefflug, in der Erwartung, dass sie ebenso abgeschossen werden würden und auf diese Weise einen Krieg auslösten.
"Die U.S. könnten verschiedene Maßnahmen ergreifen, die darauf angelegt sind, die Kubaner zu einer Verursachung eines neuen Zwischenfalls zu provozieren," lautete der Plan. Nitze wollte allerdings keiner der freiwilligen Piloten sein.
Eine Idee beinhaltete, Kampfflugzeuge auf "zermürbenden Aufklärungs-" und "show-off" - Missionen quer über die Insel zu schicken, "um unsere Handlungsfreiheit in der Hoffnung zur Schau zu stellen, dass damit eine kubanische Militäraktion angeregt wird." "Auf diese Weise," lautete der Plan, "alles hinge vor allem davon ab, ob die Kubaner schießwütig wären oder gemacht werden könnten, könnte die Entwicklung infolge des ursprünglich heruntergeholten Aufklärungsflugzeuges am besten zur Auslöschung Castros, vielleicht zum Rückzug der Sowjettruppen und der Einrichtung einer grundsätzlichen Überwachung Kubas führen oder wenigstens einer Demonstration für unsere Hartnäckigkeit hinsichtlich Aufklärung dienen." Ungefähr nach einem Monat wurde ein Tiefflug über Kuba unternommen. Aus Sicht des Pentagons, rief er unglücklicherweise statt Geschossen nur einen Protest hervor.
Lemnitzer war ein gefährlicher - vielleicht sogar aus der Bahn geratener - Rechtsextremist in einer außerordentlich heiklen Position während einer kritischen Zeit. Aber Operation Northwoods hatte auch die Unterstützung jedes einzelnen Mitgliedes des Joint Chiefs of Staff, und sogar der ältere Pentagonoffizier, Paul Nitze, sprach sich für eine Provokation Kubas durch einen vorgetäuschten Krieg aus. Die Tatsache, dass sich die meisten dienstälteren Pentagonbeamten aller Militärdienste so außerhalb der Realität der Bedeutung von Demokratie befanden, würde über vier Jahrzehnte verborgen bleiben.
Im Rücklick bieten die Dokumente eine neue Einsicht in das Denken unserer Sterne - besetzten Militärführung. Obwohl sie es nie schafften, mit vorgetäuschten Mitteln einen Krieg mit Kuba herbeizuführen, mögen sie es so mit Vietnam gemacht haben. Mehr als 50.000 Amerikaner und mehr als 2 Millionen Vietnamesen wurden schließlich in diesem Krieg getötet.
Es bestand lange der Verdacht, dass der Zwischenfall im Golf von Tonkin 1964 - der Funke, der Amerikas langen Vietnamkrieg entzündete - von US-Beamten größtenteils inszeniert oder provoziert wurde, um die Zustimmung des Kongresses und der Öffentlichkeit für Amerikas Beteiligung daran zu bekommen.
Über die Jahre tauchten inzwischen ernsthafte Fragen wegen des angeblichen Angriffs seitens nordvietnamesischer Patrouillenbote auf amerikanische Zerstörer im Golf auf. Aber die Verteidiger des Pentagons haben solche Anschuldigungen immer mit dem Argument geleugnet, dass höhere Beamte sich niemals auf so einen Betrug einlassen würden.
Jetzt jedoch, im Lichte der Operation-Northwoods-Dokumente, wird klar, dass es zum Standart und zu der vom Pentagon auf höchster Ebene anerkannten Politik gehörte, die Öffentlichkeit zu täuschen und Kriege aus dem Boden zu stampfen, in denen Amerikaner kämpfen und sterben sollten. In der Tat scheint der Golf von Tonkin direkt aus dem Drehbuch der Operation Northwoods zu stammen: "Wir könnten ein US-Schiff in der Guantanamo-Bucht sprengen und es Kuba anlasten... die Verlustlisten in den US-Zeitungen würden eine hilfreiche Welle der Empörung hervorrufen." Man braucht nur "Guantanamo-Bucht" durch "Tonkin Golf" zu ersetzen und "Kuba" durch "Nordvietnam"- Der Tonkin-Golf-Zwischenfall mag inszeniert worden sein oder nicht, aber die oberste Führung war einwandfrei zu solch einem Betrug in der Lage.
Copyright © 2001 by James Bamford.
[Bamford ist auch der Autor des Buches von 1982 "The Puzzle Palace", dtsch.: "Puzzle-Palast".]
NY Transfer schreibt außerdem: "Kauft das Buch, besucht www.bodyofsecrets.com
oder www.doubledy.com .