[In seinem Brief vom 26. März 2008 hatte uns Gerardo Hernández den folgenden Artikel mitgeschickt.
Mit dem Abschuss der beiden Flugzeuge am 24. Februar 1996 wurde später die eine der beiden lebenslangen
Strafen für Gerardo begründet. Anm. d. Ü.]
[L.A.: Am 24. Februar 1996 wurden vor der kubanischen Küste zwei Flugzeuge von kubanischen Militärmaschinen abgeschossen. Dieser Artikel wurde 2001 nach dem 11. September jenes Jahres geschrieben.]
Niemand würde sich trauen, von einem fremden Land aus in den US-Luftraum zu fliegen, um über Washington Flugblätter abzuwerfen. Die NORAD (North American Aerospace Defense) [Nordamerikanische Luftraumverteidigung] wäre zu einem Abschuss bereit. Aber vor einer Reihe von Monaten flog José Basulto, der Leiter der Brothers to the Rescue [Brüder zur Rettung] von den Vereinigten Staaten ab, um über Kuba Flugblätter abzuwerfen. Am 13. Juli 1995 bombardierte er Havanna auch mit religiösen Medaillen, was Menschen hätte verletzen können. Mit diesen Spielchen hielt er die kubanischen Streitkräfte in Alarmbereitschaft, was er wohl als nächstes 'runterschmeißen würde.
Kuba bat die Vereinigten Staaten, die provokativen Flüge zu beenden. Wie lange sollte Kuba noch die Verletzung des kubanischen Luftraums dulden? Immerhin ist Basulto ein Veteran der Schweinebucht-Invasion, der Terrorakte begangen hatte wie den Beschuss eines Hotels, eines Theaters und eines Wohnbezirks in Havanna, wobei 20 Menschen getötet wurden. [In der Kopie, die Gerardo uns geschickt hat, hat er die Zahl 20 eingekreist und dabeigeschrieben, dass er nicht sicher sei, ob diese Zahlt richtig ist. Anm. d. Ü.]
Kuba wusste nie, was diese terroristischen Piloten vorhatten. Im Februar 1959, weniger als einen Monat nach dem Einmarsch der revolutionären Armee in Havanna, wurde ein US-Bürger verhaftet, nachdem er mit einem kleinen Flugzeug eingeflogen war, um Fidel Castro zu ermorden. Allein in jenem Jahr landeten Flugzeuge mit bewaffneten Invasoren und Munition, wurden Zuckermühlen bombardiert, Menschen in den Straßen Havannas getötet und verwundet und ein vollbesetzter Zug beschossen. 1960 gab es zusätzlich zu Beobachtungsflügen ununterbrochen Bombenanschläge, hauptsächlich auf Zuckermühlen aber auch in Havanna.
Am 15. April 1961 begannen B-26-Bomber vor der Schweinebucht-Invasion von See aus mit "Weichmach"-Angriffen gegen Kuba. Die CIA wollte, dass die Bomber so aussehen wie kubanische Flugzeuge, geflogen von kubanischen Piloten, und so flog ein Pilot eine B-26 nach Miami und posierte dort als Überläufer, eine Nummer, die schnell aufflog.
Doch die Niederlage in der Schweinebucht beendete den von aus den Vereinigten Staaten kommenden Piloten begangenen Terror nicht. Am 3. Januar 1962 protestierte Kuba gegen 119 Verletzungen seines Territoriums, 76 davon von Flugzeugen aus der Marinebasis von Guantánamo.
Die CIA-Operation Mongoose [Mungo], verabschiedet im November 1961, führte zu mehr Luft-Bombardement, Waffenabwürfen, Sabotage an Getreidefeldern und Industrieanlagen, gelegentlichen Anlandungen entlang der Küste und Mordanschlägen. Kuba befand sich in einem Zustand der Belagerung, der bis heute anhält, ein Terrorkrieg ausgehend von US-Territorium und geschützt von der mächtigsten Armee, die die Welt je gesehen hat.
In den 1950ern sagte Präsident Eisenhower zu Admiral Arthur M. Radford, dem damaligen Vorsitzenden des Joint Chiefs of Staff [in etwa: Kollegium der vereinten Militärchefs] in einem geheimen Treffen: "Wenn Flugzeuge 20 oder 50 Meilen vor unserer Küste auftauchen, würden wir sie höchstwahrscheinlich abschießen, wenn sie näher kommen, ob versehentlich oder nicht." Aber die Vereinigten Staaten haben ein Land nach dem anderen bombardiert, ohne dass unsere Bevölkerung je wusste, was es heißt, dem Terror von Flugzeugen ausgesetzt zu sein, die Zivilisten auswischen, als wären sie bedeutungslos.
Am 11. September 2001 änderte sich das. Unsere eigenen kommerziellen Fluglinien wurden zu terroristischen Waffen. NORADs F-16er und F15er stiegen überhastet auf, aber nicht schnell genug, um die Anschläge auf die Twin Towers und das Pentagon abzuwehren. Eine Fluglinie, Flug 93, blieb oben in Richtung Süden mit Ziel auf Washingtons gesperrte Zone oberhalb des Weißen Hauses, des Capitols und des Washington-Denkmals. Ein Geheimdienstbeamter sprach über den Funk von drei F 16ern unter dem Code "Huntress": "Ich möchte, dass Sie das Weiße Haus um jeden Preis beschützen." Es stellte sich heraus, dass sie keine Entscheidung zum Abschuss eines einheimischen Passagierflugzeuges treffen konnten, denn nachdem diese Passagiere von den Anschlägen auf die Twin Towers erfahren hatten, bremsten sie den terroristischen Plan der Fluglinie 93 heroisch aus.
Doch jetzt sind die Regeln eindeutig. Bei hoher Alarmstufe können NORADs Flugzeuge zum Abschuss jeder privaten oder kommerziellen Fluglinie berechtigt sein, die sich nicht an spezielle Regelungen hält. Jede Abweichung von der angewiesenen Flugroute ist verdächtig. Jedes Fehlverhalten in Reaktion auf Anordnungen könnte den Abschuss bedeuten. Jetzt müssen die Vereinigten Staaten selber jedes Flugzeug differenziert wahrnehmen, in der Art wie Kuba gezwungen ist, in Alarmbereitschaft zu sein. Kuba hat jedoch nie angeordnet, ein Passagierflugzeug abzuschießen, obwohl es sich mit dem Schrecken vertraut machen musste, dass sein eigenes Passagierflugzeug vom Himmel geholt worden war, wobei am 6. Oktober 1976 73 Menschen an Bord getötet wurden. Der Federführende dieses Terroranschlags spaziert heute, ohne von U.S.-Streitkräften gejagt zu werden, auf den Straßen von Miami.
Im Februar 1996, als Basulto seine Verletzungen des kubanischen Luftraums fortsetzte, hatte die kubanische Regierung davor gewarnt, dass sie gezwungen sein würde, diese Art von Bedrohung zu beenden. Basulto setzte seine Terrorkampagne fort. Am 24. Februar schossen kubanische MiGs zwei Flugzeuge der Brothers to the Rescue ab, ein drittes, das von Basulto geflogen worden war, entkam. Im Juni 1996 gab die "International Civil Aviation Organization (ICAD) [Internationale Zivile Luftfahrt-Organisation] ihren Bericht über den Abschuss heraus, in dem sie abschließend feststellte, dass Basultos Flugzeug am 24. Februar 1996 in den kubanischen Luftraum eingedrungen war.
Wenn dieses Ereignis jetzt einträte, nach dem 11. September 2001, würden der Kongress und der Präsident solch einen Abschuss nicht verurteilen und es nicht für die Verabschiedung eines so entsetzlich unterdrückerischen Gesetzes wie das Helms-Burton-Gesetz nutzen können. Schließlich könnte die Bevölkerung unseres eigenen Landes verstehen, was die Bürger anderer Länder empfinden, wenn sie aus der Luft bedroht werden. Das Helms-Burton-Gesetz sollte in jedem Fall verabschiedet werden - außer Artikel III, der ohnehin so skandalös ist, dass er nicht in Kraft gesetzt wurde. Wie beschämend, dass wir es als Volk geduldet haben, Kubas Verteidigung gegen Terroristen als Rechtfertigung für ein terroristisches Gesetz zu nutzen, mit dem Ziel, die kubanische Bevölkerung infolgedessen auszuhungern.
Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)