South Florida Sun-Sentinel, 7. Mai 2005

Ist Kuba ein Unterstützer des Terrorismus? Oder sind es die USA?

Von Wayne S. Smith

Der gerade herausgegebene Bericht des State Department über staatliche Unterstützung des Terrorismus bietet nichts Neues. Im Fall von Kuba wiederholt er einfach nur die alten ermüdenden Anklagen, ohne jeden harten oder spezifischen Beweis. Er behauptet zum Beispiel: "Kuba fährt damit fort, sich aktiv gegen die von den USA angeführte Koalition zu stellen, die den globalen Krieg gegen den Terror verfolgt."
Aber wie "stellt es sich dagegen?" Kuba hat angeboten, Abmachungen zu gemeinsamen Aktionen gegen den Terrorismus mit den USA zu unterzeichnen. Die USA haben das Angebot ignoriert. Wenn das State Department glaubt, Kuba sei gegen den Krieg im Irak, dann hat es recht. Aber dagegen sind auch die Hälfte des [US]-Volkes und die Mehrheit aller Regierungen der Welt.
Wirklich unverschämt wird der Bericht wenn es weiter heißt: "Die kubanische Regierung behauptet, obwohl es keine Beweise gibt, Kuba sei grundsätzlich ein Opfer des Terrorismus, der von Kubano-Amerikanern in den Vereinigten Staaten ausgeht."
Keine Beweise? Es gab reichlich Beweise dafür, dass Orlando Bosch und Luis Posada Carriles die geistigen Anführer des Attentats auf das kubanische Flugzeug im Jahre 1976 waren, mit dem Ergebnis, dass 73 unschuldige Menschen ihr Leben verloren, einschließlich der kubanischen Jugend-Fechtmannschaft. Bosch lebt jetzt als freier Mann in Miami, nachdem er von Präsident George H.W. Bush, entgegen der Empfehlung seines Justizministeriums, begnadigt worden war. Posada ist gerade eben nach Miami zurück gekommen, um Asyl zu beantragen, nachdem er von der scheidenden Präsidentin Panamas begnadigt worden war. (Er und drei andere Exilkubaner waren dort im Gefängnis, nachdem sie aufgrund der Anklage verurteilt worden waren, sie seien in Panama gewesen, um Fidel Castro zu ermorden, der dort an einem internationalen Treffen teilgenommen hatte.)
Es gibt außerdem Beweise, einige in Form eines Interviews in der New York Times von 1998, das er Annie Bardach gab, dass er eine Bombenattentatskampagne gegen Touristenhotels in Havanna geleitet hatte, eine Kampagne, die 1997 den Tod eines italienischen Touristen und Verletzungen bei einigen unschuldigen Menschen zur Folge hatte.
Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt umfangreiche Beweise für Terroranschläge der Exilkubaner gegen Kuba. Die meisten der Täter leben offen und frei in Miami, anscheinend werden ihre Aktionen von der US-Regierung geduldet.
Tatsächlich kann man, wenn man sich das Material über den Terrorismus der Exilanten gegen Kuba genau ansieht, die US-Regierung selbst als "staatlichen Unterstützer des Terrorismus" betrachten. Und wenn sie Posada erlaubt, in den USA zu bleiben, ist das ein weiterer Beweis dafür. In einem offensichtlichen Versuch, Verwirrung zu schaffen, hat am 2. Mai der Vizeaußenminister, Roger Noriega, gesagt, er wisse nicht, ob Posada in den USA sei. Und das, obwohl Posadas Anwalt am 11. April behauptet hatte, dass er [Posada] in den USA sei und Asyl beantragen werde.
Der Bericht behauptet auch: "Kuba hat 2004 weiterhin sowohl ausländischen designierten Terror-Organisationen begrenzte Unterstützung, als auch Terroristen einen sicheren Unterschlupf gewährt."
In Wahrheit aber erwähnt der Bericht lediglich baskische Mitglieder der ETA, die immer noch in Kuba wohnen, und Mitglieder der kolumbianischen Gruppen FARC und ELN, denen, laut Bericht, Kuba Asyl gewährt und die es bis zu einem gewissen Grade unterstützt. Keine anderen Terror-Organisationen werden erwähnt, sodass wir davon ausgehen müssen, dass ETA, FARC und ELN alles ist, was das State Department hat.
Und sogar hier sind die Beweise nicht überzeugend. Der Bericht erwähnt zwar ein Gesuch der Aznar-Regierung vom November 2003, den ETA-Migliedern keine Zuflucht zu bieten, aber als ich die Angelegenheit vergangenes Jahr mit den spanischen Botschaften in Washington und Havanna diskutierte, wurde mir gesagt, dass die spanische Regierung keine Bedenken wegen des Aufenthalts der ETA-Mitglieder in Kuba habe. Ihr Aufenthalt dort sei das Ergebnis früherer Vereinbarungen. Spanien hat keinen Beweis dafür, dass sie in Terroranschläge verwickelt waren und betrachtet die Frage ihrer Anwesenheit in Kuba als strikte Angelegenheit, die zwischen Spanien und Kuba zur beiderseitigen Zufriedenheit verhandelt wurde.
Das gleiche gilt für die Anwesenheit von Mitgliedern der FARC und ELN in Havanna. Die Gespräche mit der kolumbianische Botschaft in Washington und der in Havanna im vergangenen Jahr zeigten, dass sie mit Einwilligung der kolumbianischen Regierung dort sind, die Kubas Bemühungen, in Kolumbien einen Friedensprozess herbeizuführen, weiterhin als "hilfreich und konstruktiv" ansieht.
Schließlich beklagt der Bericht, dass viele der über 70 Flüchtlinge vor der US-Justiz, die Zuflucht in Kuba genommen hätten, angeklagt seien, in den USA Gewalttaten an Unschuldigen verübt zu haben, um einen politischen Konflikt herbeizuführen.
Aber wie ein Jurist, Robert Muse, auf einer Konferenz hervorhob, die im vergangenen Oktober von dem Center for International Policy [Zentrum für internationale Politik, Anm.d.Ü.], abgehalten wurde, und es in Worte fasste: "Kuba sollte nicht auf der Terroristenliste stehen." Das "Center for International Policy" ist die Rechtsbehörde, die für die Feststellung von Terroristenunterstützung im Land nach Abschnitt 6(j) des "Export Administration Act" [Ausfuhr-Verwaltungsgesetz, Anm.d. Ü.] aus dem Jahr 1979 zuständig ist, die den Außenminister bevollmächtigt zu entscheiden, ob ein Land "den internationalen Terrorismus wiederholt unterstützt hat."
Aber, wie Muse bemerkt, müssen zwei weitere Bestandteile demonstriert werden können: a), dass die fraglichen Flüchtlinge Terroranschläge verübt hätten und b), dass diese Anschläge von "internationalem" Belang seien. Muse sagte, er sei nicht in der Lage gewesen, in Kuba einen einzigen US-Flüchtling zu finden, der diesen Kriterien entspreche.
Zusammengefasst: Wenn die jüngsten Anklagen des Außenministeriums, Kuba sei ein Staat, der Terrorismus sponsere, alles ist, was sie in ihrer Rechtssache haben, dann ist es eindeutig, dass sie nichts haben.
Aber seine Anklage, es gebe eine Rechtssache, ist Teil eines aktuellen Familienmusters, so wie die Anklage der Bush-Administration, dass es im Irak quasi schussbereite Massenvernichtungswaffen gegeben hätte, als sie in Wahrheit nicht existierten. Wie die biologischen und chemischen Waffen, die uns laut John Bolton aus Kuba bedrohen, die jedoch nicht existieren.
Dass solche Falschangaben die US-Glaubwürdigkeit bedenklich untergraben, scheint die Bush-Administration nicht im Mindesten zu beunruhigen.

Wayne S. Smith ist leitender Wissenschaftler am "Center for International Policy" in Washington, D.C. und früherer Leiter der US-Interessenvertretung in Havanna (1979-82).

Deutsch: ¡Basta Ya!

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