Berufungsverhandlung im Spionagefall

Miami Herald, 13. Januar 2006

Am 13. Februar erschien in "Miami Herald" ein Artikel von Jay Weaver unter dem Titel, "Berufungsverhandlung im Spionagefall - der Spionagefall nähert sich dem entscheidenden Punkt. Das langwierige Rechtsdrama um die Verurteilung von fünf der Spionage für Fidel Castros Regierung angeklagten kubanischen Männer könnte in einem Gerichtssaal in Atlanta sein baldiges Ende finden."

Jay Weaver bemüht sich in einem ausgewogenen Bericht, die Argumentation beider Seiten zu Wort kommen zu lassen. Allerdings differenziert er nicht zwischen der ursprünglichen Anklage auf Spionage, die nicht bewiesen werden konnte und der immer noch geltenden Anklage, "Verschwörung zur Spionage", die in Gerardos Fall sogar auf "Verschwörung zu Spionage und zum Mord" lautet.
Außerdem lässt er den Urteilsspruch der UN-Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der Menschenrechtskommission in Genf vom 27. Mai 2005 außer acht, der die drei Richter von Atlanta ermutigt haben könnte, ihre Aufhebung der in Miami gefällten Urteile am 9. August 2005 zu erlassen.
Er zitiert jedoch Passagen aus ihrer 93-seitigen Begründung.
Dagegen lässt er die "Amicus Briefs" der drei hier bereits erwähnten renommierten Anwaltsvereinigungen zugunsten der Verteidigung, die gegen den Einspruch der US-Staatsanwaltschaft von den 12 Richtern aus Atlanta bei ihrer Anhörung zugelassen wurden, unerwähnt. Stattdessen kündigt er die Anwesenheit der Verwandten der 1996 bei dem Abschuss der beiden Flugzeuge von "Brothers to the Rescue" über kubanischem Gewässer ums Leben gekommenen Piloten an:
"Verwandte der Opfer der Flugzeugabschüsse planen, der Anhörung am Dienstag vor dem gesamten ‚11th U.S. Circuit Court of Appeals' in Atlanta beizuwohnen, um ihre Befürwortung der Verurteilung der fünf Kubaner zu zeigen, die nun ausgedehnte Strafen in Bundesgefängnissen verbüßen. ‚Wir empfinden es so, dass wir das tun müssten,' sagte Maggie Alejandre Khuly, deren Bruder Armando Alejandre Junior einer der vier Piloten der ‚Brüder' war, die am 24. Februar 1996 getötet wurden. ‚Es ist etwas, dass uns sehr nahe geht.' Die Exilorganisation betrieb über der Straße von Florida humanitäre Aktionen und warfen Flugblätter über Kuba ab." [...]
Der Autor schreibt weiter: "Die Berufungsverhandlung dreht sich um eine Hand voll Rechtsangelegenheiten, aber die Diskussion reduziert sich im wesentlichen auf eine Frage: Führte die US-Kreisrichterin Joan Lenard eine faire Verhandlung, nachdem sie den Antrag der Verteidigung, die Verhandlung des Falles nach außerhalb von Miami zu verlegen, abgelehnt hatte?
Sie werden sich voraussichtlich auf wenige Schlüsselmomente konzentrieren, um dann auf eine gerichtlich belegte, der vorherigen Verhandlung vorangehende Untersuchung des Professors der Internationalen Universität von Florida abzuzielen, bei der 300 Stimmen in Miami-Dade abgegeben wurden. Sie wies weitverbreitete Vorurteile gegen die fünf kubanischen Angeklagten innerhalb der Gemeinde auf.
‚Die Untersuchung von Moran war eine eindeutige Bestätigung für die intuitiv angenommene Voraussetzung, dass eine Gemeinde, die von einer geballten Exilbevölkerung stark beeinflusst ist, sich gegenüber den Agenten ausgerechnet der Regierung feindselig verhalten würde, deretwegen sie im Exil sei,' argumentierte einer der Verteidiger der fünf Kubaner, Philip Horowitz, in seinem Berufungsantrag.
‚Morans Untersuchung, die sich auf stichhaltige zugrundeliegende Daten und zusätzlich auf Vergleichsstudien aus Meinungsumfragen stützt, zeigte, dass die Gesamtheit der Kommune von Miami, sowohl die Exilanten als auch die Nichtexilanten, von einer Anti-Castro-Einstellung beeinflusst ist.'
Doch die U.S.-Staatsanwaltskanzlei widersprach dieser Sicht in scharfer Form.
‚Die Regierung wirkte (vor der Verhandlung) ‚laut einem Antrag des Bundesstaatsanwaltes von Miami stark darauf hin, dass Morans Ergebnissen wenig Gewicht beigemessen wurden. Er merkte Morans klischeehafte und mitreißende Darstellung der Vorurteile innerhalb der Gemeinde an.'
Der frühere U.S.-Staatsanwalt Guy Lewis, dessen Kanzlei die Strafverfolgung des so genannten Wespennetzwerk-Spionagefalls aufnahm, verteidigte Lenards Auswahl der Jury. Er bemerkte, dass keiner der 12 Geschworenen kubanischer Abstammung gewesen sei. ‚Sie ließ während der Auswahl der Geschworenen ausführliche Befragungen zu, sie gewährte der Verteidigung darüber hinaus die Ablehnung potentieller Geschworener, sie befragte die Geschworenen dauernd nach irgendwelchen Kontakten zu den Medien,' sagte Lewis. ‚Der Berufungsausschuss (von Atlanta) verurteilte die Art der Verhandlungsführung unklugerweise.'
Die sechsmonatige Verhandlung endete im Juni 2001 mit den Verurteilungen der fünf Angeklagten.
Gerardo Hernández, Ramón Labañino und Antonio Guerrero erhielten von Lenard alle lebenslänglich. Hernández wurde aufgrund des Abschusses der Flugzeuge von ‚Brothers to the Rescue' wegen Verschwörung zum Mord verurteilt.
René González, ein wegen Vortäuschung seiner Abtrünnigkeit - um sich bei der Exilorganisation der ‚Brüder' einzuschmeicheln - angeklagter Pilot, wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. [Hier bleibt natürlich unerwähnt, dass die Staatsanwaltschaft versucht hatte, ihn mit Aussicht auf eine mildere Strafe über seine Familie zur "Kooperation" zu erpressen, s. Berichte von und über seine Ehefrau Olga Salanueva, Anm.d.Ü.] Fernando González - nicht verwandt - wurde wegen des Versuchs, die Büros der cubano-amerikanischen Politiker zu infiltrieren und prominente Exilanten [wie Orlando Bosch, Komplize von Posada Carriles, Anm.d.Ü.] zu beschatten, zu 19 Jahren verurteilt.
Die Angeklagten haben mit der Hilfe des ‚National Committee to Free the Cuban Five', einer in San Francisco ansässigen Befürwortergruppe rund um den Globus Unterstützung erhalten. Sie betreibt eine Website www.freethefive.org und organisierte eine weltweite Briefkampagne.
Die Gruppe hat sich für mehrere Sachen eingesetzt - von sofortiger Freilassung der inhaftierten Männer bis zu einem Protest gegen die Verweigerung der Regierung von Visa für die Ehefrauen zweier Gefangener, Gerardo Hernández und René González.

Auf der Suche nach Publicity

Nach der mündlichen Anhörung am Dienstag plant das Komitee eine Pressekonferenz in der Nähe des Gerichtshofes in Atlanta, um die Aufmerksam der globalen Kampagne auf ‚Free the Five' zu ziehen.
‚Wir glauben, dass sie in Miami nie eine faire Gerichtsverhandlung bekommen werden, weil sie als kubanische Agenten angeklagt sind,' sagte Alicia Jrapko, Sprecherin des Komitees.
‚Wir glauben, dass die Regierung ihre Sache vor Gericht nie bewiesen hat,' sagte sie. ‚Wir glauben, dass sie versucht haben, ihr Land vor Terrorangriffen zu schützen. Sie waren keine Spione. Sie haben diese (Exil-) Gruppen unterwandert, um zukünftige Terroranschläge zu verhindern.'"

Originalartikel (Englisch)

Übersetzung und Kommentare: ˇBasta Ya!

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