Gerardo Hernández, Ramón Labañino, René González, Antonio Guerrero und Fernando González sind am 12. September 1998 in den USA verhaftet worden. Die Justiz wirft den fünf Cubanern vor, gegen die USA spioniert und konspiriert zu haben. Tatsächlich hatten sie sich in ultrarechte exilcubanische Organisationen in Miami eingeschleust und Informationen über deren - teilweise terroristische - Aktivitäten gesammelt.
Von Günter Pohl
Nach ihrer Verhaftung waren die als "Miami Five" bekannt gewordenen Cubaner zunächst 17 Monaten in Isolationshaft festgehalten worden, bevor ihnen in Miami der Prozeß gemacht wurde. Im Juni 2001 wurden sie zu hohen Haftstrafen verurteilt: Gerardo Hernández erhielt zweimal lebenslänglich plus fünfzehn Jahre Haft, Ramón Labañino lebenslänglich plus achtzehn Jahre, Antonio Guerrero lebenslänglich plus zehn Jahre, René González fünfzehn Jahre und Fernando González neunzehn Jahre Haft.
Der Fall hat mehrere Besonderheiten: Zum einen hatte die cubanische Regierung die Erkenntnisse, die die Männer sammelten, den US-Behörden selbst übergeben - denn mitnichten spionierten die Aufklärer gegen die USA und deren Einrichtungen sondern schlichen sich in die in Miami existierenden Netzwerke rechtsextremer ExilcubanerInnen ein. Über die Jahre haben sie auf diese Art Informationen gesammelt, mit denen so manche Provokation gegen cubanische Einrichtungen verhindert werden konnte.
Zum zweiten sind die USA dann nicht etwa aufgrund der gesammelten Beweise gegen die Fundación Nacional Cubano-Americana (FNCA), die F-4 und andere Gruppen, die offenen Terror gegen cubanische Einrichtungen durchgeführt haben (mit fast 3 500 Toten seit 1959), vorgegangen, sondern haben sich aufgrund der Hinweise daran gemacht, die Quellen zu finden - mit Erfolg.
Drittens wurde dabei klar, dass die fünf einzig innerhalb der exilcubanischen Strukturen gewirkt haben; es konnte kein Beweis für ein weiteres Vergehen gefunden werden, wie später auch die US-Ankläger zugeben mussten. Wenn die Anklage aber auf Spionage gegen US-Einrichtungen lautet, ist dies ein stillschweigendes Eingeständnis, dass die Terroristen (die innerhalb der exilcubanischen Gemeinde nur einen kleinen Teil ausmachen) zu den "US-Einrichtungen" gehören. Man ist versucht zu sagen: quod erat demonstrandum - was zu beweisen war.
Und viertens fand der Prozess in einem Klima statt, wo Geschworene beim besten Willen nicht zu einem fairen Urteil kommen können: in Miami. Geschworene wurden bedroht, eingeschüchtert und beeinflusst.
Genau das sah auch das Berufungsgericht in Atlanta (Georgia) so, das am 9. August 2005 nach siebzehnmonatiger Aktenprüfung ein neues Verfahren anordnete. Grund für die Entscheidung war, dass "die Formierung von Geschworenen in diesem Ambiente (in Miami, G.P.) nicht ganz korrekt war, wenn man den Vorurteilen der dortigen Gemeinschaft in Bezug auf die Angeklagten Rechnung trägt", so das einstimmige Urteil der drei Richter. Eine UN-Expertengruppe, die sich mit Willkürurteilen in UN-Mitgliedsländern befasst, hielt den Fall im Mai 2005 für einen Verstoß gegen Artikel 14 des "Internationalen Pakts über zivile und politische Rechte".
Die längst als "Miami Five" bekannt gewordenen Männer sollten in Haft bleiben, bis es eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Anfechtung des Urteils geben würde. In dem Fall würden sie nach Miami zusammengelegt, denn - eine weitere Besonderheit - sie sind in fünf über die USA verteilten Gefängnissen inhaftiert worden. Mehrfach haben die US-Behörden selbst den Ehefrauen keine Besuchsvisa erteilt; auch einer heute achtjährigen Tochter, die die Staatsbürgerschaft der USA besitzt, wurde das Wiedersehen mit dem Vater verweigert, was gegen US-Recht verstößt.
Die angemahnte Entscheidung der Staatsanwaltschaft aber kam und kam nicht, und die "Miami Five"wurden nicht freigelassen, wie es vor einem Berufungsverfahren üblich ist, wenn die Inhaftierungsgrundlage weggefallen ist - ihr bekannter Anwalt Leonard Weinglass stimmt mit den cubanischen Behörden in der Einschätzung überein, dass es sich ab da um Freiheitsberaubung handelte. Genau ein Jahr später, am 9. August 2006, entschieden die zwölf Richter des Kammerplenums des Gerichts von Atlanta mit zehn zu zwei Stimmen, dass Miami doch ein annehmbarer Verfahrensort gewesen sei. Der Fall geht weiter.
Weltweit ist die Bewegung für die Solidarität mit den "Miami Five", und auch zahlreiche Intellektuelle und Künstler/innen haben sich zu Wort gemeldet, darunter Manu Chao:
"Nada se parece más al miedo a la verdad que el encierro injusto de los Cinco Héroes de Cuba"
(Nichts bedeutet mehr Angst vor der Wahrheit zu haben als die ungerechte Inhaftierung der fünf Helden Cubas).
Mehr Information:
www.miami5.de (deutsch)
www.antiterroristas.cu (englisch)