Ein beschämendes Unrecht

Kubas fünfzigjähriger Widerstand gegen die U.S.-Versuche, es zu isolieren, dient den Völkern Lateinamerikas zur Inspiration

Philip Agee

Samstag, 10. März 2007

The Guardian

Nach vielen einsamen Jahren, in denen Kuba die Fackel der allgemeinen kostenlosen Gesundheitsvorsorge und Bildung, der Weltklasse in Kultur, Sport und die der wissenschaftlichen Errungenschaften hochgehalten hat, geht eine Welle des progressiven Wandels durch Lateinamerika und die Karibik. Obwohl man heutzutage keinen Kubaner finden würde, der sagte, es sei alles perfekt, würden sich, unabhängig davon, wahrscheinlich alle darin einig sein, dass es im Vergleich zum vorrevolutionären Kuba eine Welt des Fortschritts ist.

George Bush, die personifizierte Antithese dieses Prozesses, ist jetzt in Brasilien am Beginn einer Mission, mit der er fünf Länder aus der regionalen wirtschaftlichen Integration abwerben will. Die vielen Tausenden auf den Straßen demonstrieren jedoch die überwiegende Ablehnung Bushs und dessen, wofür er steht. Die Umfragen spiegeln dies einhellig wider.

Sämtliche Errungenschaften Kubas wurden gegen den Widerstand der U.S.-Bemühungen, Kuba zu isolieren, erzielt. Es wurde jede schmutzige Methode eingesetzt, dazu gehörten Unterwanderung, Sabotage, Terrorismus, Mordanschläge, wirtschaftliche und biologische Kriegsführung sowie ununterbrochene Lügen in den Medien vieler Länder. Ich kenne diese Methoden als ehemaliger CIA-Beamter in Lateinamerika in den 1960ern nur zu gut. Alles in allem starben fast 3.500 Kubaner durch Terroranschläge und über 2.000 erlitten durch sie bleibende körperliche Beeinträchtigungen. Kein Land hat so lange und andauernd unter Terrorismus gelitten wie Kuba.

Die kubanische Revolution war zur Verteidigung ihrer Vorhaben immer auf Geheimdienste in den USA angewiesen und zwar schon, bevor sie 1959 die Macht übernahm. Solcherart war die völlig gerechtfertigte Mission der Cuban Five, die seit 1998 im Gefängnis sitzen, nachdem sie in Miami der Verschwörung, Spionage begehen zu wollen, angeklagt worden waren, dort, wo sie keine Chance auf ein faires Verfahren hatten. Ihr Blick war ausschließlich auf terroristische Operationen gegen Kuba gerichtet, auf Aktionen, die vom FBI ignoriert wurden, und sie suchten keine, noch erhielten sie irgendwelche geheimen Regierungsinformationen. Ihr Berufungsverfahren läuft noch und wird Jahre brauchen, doch ihre voreingenommenen Verurteilungen gehören zu den Fällen, wie dem Justizmord in den 1920ern an Nicola Sacco und Bartolomeo Vazetti, den anarchistischen Einwanderern, d.h. zu den beschämendsten Unrechtsurteilen in der U.S.-Geschichte.
Die aktuelle U.S.-Politik kann in dem Report der Commission for Assistance to a Free Cuba [Kommission für die Unterstützung eines freien Kubas, Anm. d. Ü.] von 2004 (letztes Jahr durch einen geheimen Anhang aktualisiert) nachgelesen werden. Ein grundsätzliches Ziel ist - wie ich mich erinnere, ist es das selbe wie 1959 - Kuba zu isolieren, um dieses schlechte Beispiel daran zu hindern, sich auszubreiten. Falls erfolgreich, würde es nichts anderes bedeuten, als die völlige Abhängigkeit von den USA und zwar, wenn nicht vor dem Gesetz, so doch de facto. Andere immer noch bestehende Ziele sind, eine innere Opposition aufzuhetzen und wirtschaftliche Not zu schüren, die zu Hunger und Verzweiflung führen.
Der fast fünfzigjährige Wirtschaftskrieg der USA hat dennoch nicht funktioniert, obwohl die Kubaner dessen Kosten auf über 80 Milliarden $ schätzen. Nach dem freien Fall Anfang der 1990er durch den Zusammenbruch der Sowjetunion begann sich die Wirtschaft 1995 zu erholen. 2005 gab es ein Wirtschaftswachstum von 11,8 % und 2006 von 12,5 %, das höchste in Lateinamerika. Exporte von Dienstleistungen, Nickel und Pharmazeutik und anderer Produkte boomen, und die USA konnten es nicht aufhalten.
Am Ende schlugen die Bemühungen, Kuba zu isolieren, fehl. Im vergangenen September wurde Kuba zum zweiten Mal in die Führung der 118 Blockfreien Staaten gewählt, und zwei Monate später votierte die UNO im 15. Jahr in Folge mit 183 zu 4 Stimmen für die Verurteilung des US-Embargos. Im Jahr 2007 unterhält Kuba diplomatische oder konsularische Beziehungen zu 182 Ländern, und Havanna veranstaltet anscheinend zahllose internationale Konferenzen. Während der letzten Jahre zogen Kubas Urlaubsorte über 2 Millionen Touristen im Jahr an. Weit entfernt davon, Kuba zu isolieren, isolieren die USA sich selbst.
Mehr als 30.000 kubanische Ärzte und Gesundheitsdienstleistende retten Leben in 69 Ländern, häufig in unwegsamem Gelände. Mittlerweile studieren 30.000 junge Leute aus Dutzenden von Ländern mit vollem Stipendium in Kuba Medizin. Alle kommen aus Ländern mit Ärztemangel.
Kubas Alphabetisierungsprogramm, bekannt als "Yes I can" [Ja, ich kann, Anm. d. Ü.] wurde mit Tausenden kubanischer freiwilliger Lehrer von fast 30 Ländern übernommen. Das in Spanisch, Portugiesisch, Englisch, Kreolisch, Quechua und Aymara konzipierte Programm hat um die 2 Millionen Menschen geholfen, Lesen und Schreiben zu lernen. Die meisten von ihnen setzen ihre Ausbildung danach fort.
Dank dieser internationalen Hilfe war Kubas Ansehen und Einfluss und die internationale Solidarität mit Kuba nie größer. Um diese wertvollen Programme zu verteidigen, gingen die zu Unrecht verurteilten Cuban Five in den 1990ern nach Miami. Ihre Freiheit sollte ein Anliegen für jeden sein, dem Menschenrechte und Gerechtigkeit wichtig sind, sowohl in den USA als auch in der ganzen Welt; und dieses Anliegen kann in 300 Komitees zur Befreiung der Fünf in 90 Ländern unterstützt werden.

Philip Agee, ein früher Geheimagent der CIA ist der Autor von "Inside the Company: CIA Diary" [Innerhalb der Gesellschaft: CIA-Tagebuch, Anm. d. Ü.] Er reist als Aktivist durch Kuba und Lateinamerika und betreibt einen Online- Reisedienst nach Kuba.

philipagee@yahoo.com

Deutsch: ¡Basta Ya!

Zurück