Associated Press, 21. März, 2007

Kuba bemüht sich um die Rückkehr der 5 Spione aus den USA

Von Anita Snow

Ihre Gesichter lächeln entlang den Hauptstraßen von Plakatwänden, ihre Gedichte und ihr Humor werden in Büchern broschiert, und [noch so] unbedeutende Entwicklungsstufen in ihrem Leben werden von den kubanischen Staatsmedien akribisch aufgezeichnet. Fünf in den USA als nicht registrierte Agenten gefangen gehaltene kubanische Spione werden in Miami als gefährliche Verschwörer verteufelt. Aber hier werden sie als "heldenmütige Gefangene des Imperiums" betrachtet, die nur versucht haben, Kuba vor antikommunistischen Terroristen zu schützen. Während der alljährlichen Arbeiter-Parade am 1. Mai werden sich Hunderttausende von Menschen auf deren Notlage konzentrieren.
Und Fidel Castro verfolgt ihre Berufungsverfahren genau.
Castros Regierung hatte Gerardo Hernández, Ramón Labañino, René González, Antonio Guerrero und Fernando González nach Südflorida gesandt, damit sie Informationen über die antikommunistischen Exilantengruppen sammelten und sie in verschlüsselter Software, durch Übertragung per Kurzwellensender und über kodierte telefonische Botschaften zurück schickten.
Obwohl sich der so genannte Wespen-Netzwerk-Spionagering keine U.S.-Geheimnisse beschaffte, plädierte der Bundesstaatsanwalt für harte Strafurteile.
Die Verteidigung sagte, dass sie lediglich versucht hätten, Informationen zu sammeln, um die Exilantengruppen daran zu hindern, weitere Angriffe, wie Bombenanschläge auf Hotels in Havanna, wobei ein italienischer Tourist 1997 getötet wurde, zu führen.
Alle Fünf wurden 2001 als nicht registrierte ausländische Agenten verurteilt, und drei von ihnen wurden wegen Verschwörung zur Spionage wegen fehlgeschlagener Versuche, Militärgeheimnisse aus den Kommandohauptquartieren im Süden der USA zu gewinnen, für schuldig befunden. (1) Hernández wurde auch wegen Verschwörung zum Mord verurteilt und zwar wegen des Todes von vier in Miami stationierten Piloten, deren kleine Privatmaschinen am 24. Februar 1996 durch eine kubanische MiG über internationalem Gewässer vor der nordkubanischen Küste abgeschossen wurden. (2)
Während sie jetzt Strafen von 10 Jahren bis zu lebenslänglich verbüßen, (3) haben die Männer im vergangenen Jahr beim elften Bezirksberufungsgericht in Atlanta Berufung eingelegt. Das Urteil [des vergangenen Jahres] hatte ein vorheriges Urteil eines Drei-Richter-Gremiums des Berufungsgerichts in Atlanta aufgehoben, wonach ihre Verurteilungen für nichtig erklärt worden waren, weil ihnen die Anti-Castro-Einstellung in Miami während dieser Zeit kein faires Verfahren ermöglicht habe.
Während die Männer sagen, es sei unmöglich gewesen, in den Monaten nach der politisch aufgeladenen Fürsorge-Schlacht um den jungen kubanischen Schiffbrüchigen Elian González ein faires Verfahren zu erhalten, stimmte das gesamte Gremium des Berufungsgerichts dagegen.(4) Jetzt legen ihre Anwälte Berufung gegen andere Anklagepunkte ein.
Elian war 5, als er im November 1999 vor Floridas Küste sich an einen Reifenschlauch klammernd gefunden wurde. Seine Mutter war gestorben, als ihr Boot mit den angehenden Einwanderern kenterte. Nach einer von den Anti-Castro-Verwandten geführten Schlacht vor Gericht in Miami übergab die Clinton-Administration Elian 2000 seinem Vater, und sie kehrten nach Kuba zurück, wo sie wie Helden gefeiert wurden.
"Sie greifen nach Strohhalmen," sagte Camila Ruiz, die Sprecherin für die Cuban-American National Foundation [Kubanisch-amerikanische Nationalstiftung], eine historisch militante Anti-Castro-Gruppe, die eines der Ziele des Spionagerings war. "Es gab keinen einzigen Cubano-Amerikaner in der Jury. (5) Cubano-Amerikaner stellen einen großen Anteil in der Gemeinde von Miami, aber sie sind nicht die ganze Gemeinde."
Sowohl die Exilanten in Florida als auch die Kubaner auf der Insel glauben, dass die Amerikaner ihre Partei ergreifen würden, wenn sie mehr über den Fall erführen, besonders nachdem die Anschläge vom 11. September den Schrecken des Terrorismus' in die Heimat getragen hatten. Und, genau wie bei der Affaire mit Elian González, so wurde der Fall der Agenten zum Stellvertreterkrieg um die öffentliche Meinung der Amerikaner gegenüber Kuba.
Kommunistische Beamte gewannen in den Vereinigten Staaten bei der erfolgreichen Schlacht um die Wiedervereinigung des Jungen mit seinem Vater beträchtlich an Sympathie. Und nach 9/11 hofften sie, dass die Amerikaner, die Agenten als antiterroristische Patrioten ansähen, die friedlich für den Schutz ihrer Insel gearbeitet hätten.
Während die Männer im Juni 2001 verurteilt wurden, erhielten sie im Dezember - nach den Terroranschlägen - ihre Strafurteile. Der Präsident der Nationalversammlung Ricardo Alarcón, der sagte, dass er und seine Regierung eine große Verantwortung für die Männer empfänden, äußerte seine Frustration darüber, dass der Fall keine größeren Schlagzeilen innerhalb der Vereinigten Staaten auslöse.
"Nach 9/11 gibt es ein größeres Bewusstsein für Terrorismus und Terroristen in den Vereinigten Staaten," sagte der Parlamentssprecher im vergangenen Monat gegenüber der Associated Press. "In diesem Zusammenhang würde ich hoffen, dass sie verstünden."
Aber Ruiz sagt, die fünf Männer seien alles andere als Helden und zwar genau wegen 9/11 sollten die Amerikaner deren Aktionen verurteilen.
"Dies ist eine Angelegenheit aller Amerikaner und unserer gemeinsamen Sorge um Bedrohungen aus dem Ausland auf unser Land," sagte Ruiz, die das Terroristen-Etikett für ihre Organisation, die, wie sie sagt, einen gewaltfreien Wechsel in Kuba unterstützt, zurück weist. (6)
Auf der Insel wird der Fall für so bedeutend gehalten, dass der 80-jährige Castro ihn während seiner Genesung von der Darmoperation sorgfältig verfolgt, sagt Alarcón. Castro übergab Ende Juli, nachdem er seine Krankheit bekannt gegeben hatte, sein Amt vorübergehend seinem Bruder Raúl Castro.
"Ich kann Ihnen versichern, dass er sehr gut über den Fall der Cuban Five informiert ist," sagte Alarcón.
Gleichzeitig mit dem Berufungsverfahren sind die Anwälte der Agenten mit dem Kampf für die Besuchsrechte befasst. Die Vereinigten Staaten haben den Ehefrauen von Gerardo Hernández und René González wiederholt die Gewährung von Einreise-Visa verweigert, um ihre Ehemänner hinter Gittern besuchen zu können.
"Wir haben es in der ganzen Zeit versucht, sie zu besuchen," sagte Hernández' Ehefrau Adriana Perez, die hofft, ihren Mann in der Bundesstrafanstalt in Victorville, Kalifornien, besuchen zu können.
Perez sagte, die U.S.-Behörden hätten Befürchtungen geäußert, dass sie versuchen würde, über die Visumserlaubnis hinaus zu bleiben oder sie stellte "eine Gefahr für die Vereinigten Staaten" dar. Das State Department enhält sich einer öffentlichen Äußerung zu solchen Entscheidungen, indem es Geheimhaltungsangelegenheiten geltend macht.
Die beiden Töchter von René González, die 8-jährige [Sie wird im April 9] Ivette und die 22-jährige Irma, erhielten die Erlaubnis, ihren Vater in der Bundesstrafanstalt in Mariana, Florida, im Dezember und Januar zu besuchen. Aber ihrer Mutter, Olga Salanueva, die nach der Verhaftung ihres Mannes ausgewiesen wurde, ist ein U.S.-Einreisevisum verweigert worden.
"Sie denkt, es sei großartig, ihren Vater auf Plakatwänden zu sehen, aber sie würde ihren Papa lieber zu Hause haben," sagte Salanueva. "Das sollte der für ihren Vater angemessene Ort sein."

Deutsch und Fußnoten: ¡Basta Ya!

1) Dazu Leonard Weinglass, in: EINE ANALYSE ZUR GERICHTSVERHANDLUNG IM ÜBERBLICK, 2003, unter: http: //www.miami5.de/informationen/weinglass-dez-03.html :
"Der Sprecher des FBIs versicherte gegenüber dem Land, dass die Militärinformationen zur Zeit der Verhaftungen ,nie kompromittierend' waren, während der Sprecher des Pentagons hinzufügte ‚es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie Zugang zu geheimen Informationen oder Zugang zu sensitiven Gebieten hatten.' Vielmehr musste die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass einer der Fünf, Antonio Guerrero, in einem Metall-Laden auf der Boca Chica Navy Trainingsbasis in Süd Florida fünf Jahre lang gearbeitet hatte. Die Basis war völlig offen für das Publikum und hatte sogar eine Besichtigungszone nebenan, um den Leuten das Fotografieren der Flugzeuge auf den Startbahnen zu ermöglichen. Während er dort arbeitete, hatte sich Guerrero nie um einen Sicherheitsdienstauftrag beworben, er hatte nie Zugang zu abgeschirmten Gebieten, und hatte nie versucht, da hinein zu gelangen. Trotz der heftigen Einschüchterung durch die Staatsanwaltschaft bezeugten einige seiner Kollegen, dass er ein ordentlicher, hart arbeitender, geselliger Mensch war, der kein sonderliches Interesse an Sicherheitszonen zeigte. Während das FBI ihn über zwei Jahre lang beobachtete, gab es tatsächlich keine Nachweise von irgend einem der Agenten über einen einzigen Fehltritt seinerseits."

2) Anita Snow berücksichtigt nicht, dass die beiden 1996 abgeschossenen Flugzeuge sehr wohl in den kubanischen Luftraum eingedrungen waren und dass solche Verstöße seit Jahren eine permanente Bedrohung und Provokation seitens José Basultos von Brothers to the Rescue darstellten. José Basulto selbst war in einem dritten Flugzeug, in dem auch Sylvia Iriondo und ihr Ehemann saßen zurück geblieben. Er entkam in seinem dritten Flugzeug, so, wie er auch bei seiner Teilnahme an der Schweinebuchtinvasion entkommen war. Während der Gerichtsverhandlung gegen die Fünf konnte ein Tonband abgespielt werden, dass sein Lachen über diese aus seiner Sicht "gelungene" Provokation bei eingeschaltetem Funkgerät an Bord aufgezeichnet hatte. (vgl.: ebd.) Außerdem brüstete er sich auf der selben Verhandlung, selber kubanische Hotels beschossen zu haben. Trotzdem konnte er den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.

3) Auch das angegebene Strafmaß stimmt nicht: René González erhielt 15 Jahre Haftstrafe, Fernando 19 Jahre, Antonio Guerrero lebenslänglich + 10 Jahre, Raṃn Labañino lebenslänglich + 18 Jahre und Gerardo Hernández zweimal lebenslänglich + 15 Jahre, vgl.: ebd. und unter "Los Cinco" ebd.

4) 10 von 12 Richtern, deren Vorsitzender war Richter Wilson, ein früherer US-Anwalt aus Florida, stimmten gegen das vorherige Urteil, vgl. Weinglass unter: http://www.miami5.de/informationen/presse-060810a.html ;

5) Es ist belegt, dass die Jury durch eine riesige Pressekampagne, organisiert von den entsprechenden Terrorgruppen (die Autos der Jury-Mitglieder wurden gefilmt, die Verwandten der abgeschossenen Piloten saßen im Gerichtssaal etc.) sehr eingeschüchtert worden waren, vgl.: Presseberichte von Miami Herald ab dem 14.09. 1998 sowie Weinglass unter: http://www.miami5.de/informationen/telefonkonf.html und unter: http://www.miami5.de/informationen/weinglass_21_10_02.html ;

6) Wie "gewaltfrei" die 1983 unter Reagan gegründete Organisation der CANF operiert, geht z.B. aus der Chronologie des Terrors hervor s. unter: http://www.miami5.de/news/terror.html ,

Zitat: "11. August 1997: Die Presse von Miami veröffentlicht ein Statement der CANF, in dem diese ihre uneingeschränkte Unterstützung für diese Anschläge zusagt. Der Chairman der Organisation wörtlich: "Wir halten das nicht für Terrorakte" und er erklärt, dass jeder Akt gegen Kuba legitim sei.

16. November 1997: Nachdem die US-Presse bisher die Anschläge als Protest der innerkubanischen Opposition dargestellt hat, veröffentlicht der Miami Herald eine von ihm in Auftrag gegebene Untersuchung, die beweist, dass die Anschläge von Luis Posada Carriles in El Salvador geplant und von dort aus geleitet und von "wohlhabenden Geschäftsleuten" in Miami finanziert wurden.

12. Juli 1998: New York Times veröffentlicht ein Statement des Cubano-Amerikaners Antonio Jorge Álvarez, nachdem das FBI Informationen, die er geliefert hatte, nicht weiter verfolgte. Er hatte das FBI davon informiert, dass in seiner Fabrik in Guatemala sowohl das versuchte Attentat auf Fidel als auch die Bomben in Havanna von einer Gruppe um Posada Carriles vorbereitet wurden. Wörtlich: "Ich riskiere meinen Beruf und mein Leben, und die tun gar nichts.

12. u. 13. Juli 1998: In einem Interview mit der New York Times gibt Posada Carriles zu, die Bombenattentate organisiert zu haben. Außerdem bestätigte er, dass die CANF die Operationen finanziert hatte und dass sich der Chef Jorge Mas Canosa persönlich um den Geldfluss und die logistische Unterstützung gekümmert habe.
Wörtlich: "Mas Canosa hat alles kontrolliert, wann immer ich Geld brauchte, sagte er, er würde mir $5.000, $10.000 oder gar $15.000 geben, und er tat es." Er gab auch
zu, Cruz León bezahlt zu haben. Auf den getöteten Italiener angesprochen meinte er nur: "der Mann saß zur falschen Zeit am falschen Platz".

23. Juli 1998: Die Presse in Miami veröffentlicht einen Artikel unter dem Titel "In den USA führen Anti-Castro-Anschläge selten ins Gefängnis" und bringt eine ganze Reihe von Anschlägen, mit Namen der Täter, ohne dass diese je bestraft wurden.

2. August 1998: In einem Interview für die Sendung "Opposing Points of View" für CBS News erklärt Posada Carriles, dass er beabsichtige, weitere Anschläge gegen kubanische Einrichtungen zu lancieren, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Insel.

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