Council on Hemispheric Affairs (COHA) [Rat für Angelegenheiten der Hemisphäre]

Mittwoch, 16. Mai 2007

Presseveröffentlichung, Venezuela, Kuba, Titelseite

Posada, der blanke Hohn in Person: Noch ein weiteres Beispiel für die Verhöhnung des Weißen Hauses und dessen Krieg gegen den Terrorismus, dem es beklagenswerterweise an Integrität, Übereinstimmung oder Logik fehlt

Der Fall Luis Posada Carriles ist ein erstklassiges Beispiel für die tentakelartigen Reichweiten der Exilgemeinde von Miami sowohl in den Betrieb von Washingtons Außenpolitik als auch in das U.S.-Rechtsystem. Was am Posada-Fall so aufschlussreich ist, ist seine geringe Geheimhaltung: Nur einige Details werden verschleiert, aber seine heimtückischen Verbrechen sind nicht nur öffentlich bekannt, sondern werden in bestimmten Kreisen sogar gefeiert. Diese Teilnahmslosigkeit und der Mangel an moralischer Rechtschaffenheit sind sogar in Anbetracht des olympischen Rekords für Doppelmoral der Bush-Administration erschreckend. Solche Offenheit wurde durch eine tiefverankerte und lang gehegte Straffreiheit gefördert, von sich der Washington leiten lässt, und die es schon so lange gibt, dass sie keine Debatten oder Untersuchungen mehr auslöst.

Ein als Patriot gefeierter Killer

Die Fakten über Luis Posada Carriles' Leben werden kaum diskutiert und können sowohl über freigegebene Regierungsdokumente als auch durch seine eigenen Angebereien verfolgt werden. Nach den Akten der CIA und des FBI wurde Posada 1928 in Cienfuegos, Kuba, geboren und lebte auf der Insel, bis er 1961, zwei Jahre nach der Machtübernahme Castros, nach Miami emigrierte. Der damals dreiunddreißigjährige Posada wurde schnell in die Anti-Castro-Aktivitäten verwickelt und für die Teilnahme an der Schweinebucht-Invasion rekrutiert. Während er laut CIA-Report sowohl in Florida als auch in Guatemala für die Landung trainierte, nahm er an dem Ausführungsversuch tatsächlich nicht teil.
Nach dem Schweinebucht-Desaster erhielt Posada von 1963 bis 1964 eine Ausbildung bei der U.S.-Armee in Fort Benning, wo er den Grad eines Unterleutnants und eines Ranger-Battallionsführers erreichte. Der nun mit einer Sonderausbildung für den Umgang mit Sprengstoff ausgerüstete Posada fuhr fort, sich an einer Reihe Anti-Castro- und anderen antikommunistischen Aktivitäten zu beteiligen, dazu gehörte 1964 geheimes Training in Guerilla-Kriegsführung in Polk City, Florida. Um 1965 stand er wahrscheinlich auf der Gehaltsliste der CIA, wenn nicht als Agent, so doch als Aktivposten und war an Plänen zum Sturz der damaligen guatemaltekischen Regierung und an der Sprengung eines sowjetischen und eines kubanischen Schiffes in Veracruz, Mexiko, beteiligt.
Um 1967 wurde Posada in Venezuela eingebürgert und war Mitglied von dessen Geheimdienst unter exilkubanischer Führung. Laut Posadas Biographie hatte die CIA ihn dorthin empfohlen. Posada nahm bis 1974 als Leiter der Spionageabwehr an Venezuelas Anti-Guerilla-Konflikt teil, bis seine Politik und Verbindungen mit denen von Carlos Andrés Pérez bei dessen Regierungsübernahme in Konflikt gerieten. Über einige Jahre unterhielt Posada mit einer Handvoll Verbündeter einen privaten Ermittlungsdienst in Caracas, eine Erfahrung, die er nachträglich als profitabel, aber nicht als "glorreich" vermerkt.
Posada scheint an solchen kommerziellen Unternehmen beteiligt gewesen zu sein, bis er sich 1976 mit Orlando Bosch zusammentat, der sich zu dieser Zeit bereits als bösartiger Anti-Castro- und antikommunistischer Terrorist eingeführt hatte. Bosch war 1972 aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem er fünf von zehn Jahren seiner Strafe wegen eines Bazooka-Angriffs auf ein polnisches Schiff auf dem Weg nach Kuba verbüßt hatte. Die Gefängnisstrafe hatte wenig abschreckende Wirkung auf Bosch, der 1974 zugab, dass er danach an mehrere kubanische Botschaften Briefbomben geschickt hätte. Am 11. Juni 1976 nahmen Posada und Bosch an einem Treffen in Santo Domingo teil, wo sich fünf Anti-Castro-Exilorganisationen unter dem Dachverband zusammenschlossen, der als "Coordination of United Revolutionary Organization (CORU)" bekannt ist. Es wird angenommen, dass die Beteiligung an dem Autobombenattentat auf den chilenischen Menschenrechtsaktivisten Orlando Letelier in Washington D.C. am 21. September 1976 zu den ersten Projekten von CORU gehörte.

Schicksalhafter Flug

Bosch hatte sich gegen Ende September 1976 Posada angeschlossen, wo sie die Details für eine größere gegen Kuba gerichtete Operation auszuarbeiten begannen. Für dieses Projekt hatten sie zum Zwecke der Spendensammlung ein Dinner arrangiert, bei dem jedes Gedeck 1.000 $ kostete. Berichte aus dieser Zeit geben an, dass sich die beiden von der Ermordung Leteliers beflügelt fühlten. Bosch soll danach gesagt haben, dass "jetzt, wo unsere Organisation aus dem Letelier-Job so erfolgreich hervorgegangen ist, möchten wir etwas anderes ausprobieren." Dieses "etwas andere" erwies sich bald als ein Bombenattentat auf ein kubanisches Flugzeug und den Verlust aller 73 Menschen an Bord.
Am 6. Oktober 1976, kurz nach dem Abflug von Barbados explodierten zwei Bomben in den Toiletten des kubanischen Linienflugzeuges 455. Wenige Minuten später stürzte das Flugzeug bei dem Versuch, in den Flughafen zurück zu kehren, in die Karibik, wobei alle an Bord getötet wurden. Sehr bald danach wurden zwei Verdächtige festgenommen und als die Bombenleger identifiziert. Es dauerte nicht lange, bis Bosch und Posada als die Drahtzieher des Anschlags damit in Verbindung gebracht wurden. Die beiden Bombenleger, Hernan Ricardo Lozano und Freddy Lugo, waren in Posadas Ermittlungsdienst angestellte Fotografen.
Die vier Männer waren ein Jahr lang in Caracas inhaftiert, bevor ihr Fall 1977 einem Militärgericht übergeben wurde. Die folgende Gerichtsverhandlung sprach sie von den zuvor gegen sie erhobenen Anklagen des Landesverrats frei. An dieser Stelle hob das Militär-Berufungsgericht die Entscheidung mit der Anmerkung auf, dass das Gericht in erster Instanz in dieser Angelegenheit nicht zuständig gewesen sei und dass die Vier eher vor ein Zivilgericht gehörten als vor ein Militärgericht. Was Posada betraf, so verschaffte ihm das eine rechtlich gesehen weiße Weste, und er verbrachte einige Jahre in einer Art Schwebezustand, weil die zivile Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung des Falles zunächst ablehnte und sich erst später entschloss, die Verhandlungen aufzunehmen.
Als die Zivilsache 1985 zu ihrem Abschluss kommen sollte, konnte sich Posada durch Bestechung frei kaufen und aus Venezuela fliehen, zuerst nach Aruba und dann schließlich nach El Salvador. Bosch wurde zwei Jahre später entlassen, und mit Hilfe des U.S.-Botschafters in Venezuela und des cubano-amerikanischen Streiters Otto Reich konnte er sich auf den Weg nach Miami machen. Posadas Ankunft in El Salvador war kein Zufall: Der erbitterte Bürgerkrieg in dem Land wurde zum nächsten Schlachtfeld seiner terroristischen Kampagne gegen den Kommunismus, und er wurde dort von seinen Mitkämpfern aus der Schweinebucht und dem CIA-Agenten Felix Rodríguez willkommen geheißen.

Die Jahre in El Salvador

Posada ordnete sich schnell in die Versorgungsoperationen für den nicaraguanischen Contra-Krieg ein, wo er in San Salvador Nachschublager verwaltete und Flüge vom Ilopango Flughafen aus organisierte. Nach einem FBI-Report erhielt Posada in dieser Stellung 3.000 $ im Monat und konnte im Verlauf seines dortigen Engagements 40.000 $ ansparen. Als 1986 ein Versorgungsflugzeug mit dem U.S.-Contra- Agenten Eugene Hasenfuß an Bord abgeschossen wurde, kamen die Funktionen von Posada und Rodríguez an die Öffentlichkeit. Damit wurde das ganze Unternehmen zu einer haarigen Angelegenheit. Posada arbeitete dann kurz als Berater der salvadorianischen Polizei, in einem Job, der ihm über seine venezolanischen Verbindungen vermittelt wurde. Auf seinem neuen Posten hatte er enge Verbindungen zu den höheren Etagen der Regierung und konnte, laut einem Artikel in Miami Herald von 1990, die rechtsradikalen Kreise unterwandern und mit ihnen gegen die Gemäßigteren innerhalb der Regierung zusammen arbeiten. Nach drei Jahren solcher Tätigkeit fand er jedoch, dass er zu auffällig würde und entschied sich infolgedessen 1989, nach Guatemala zu ziehen.
In Guatemala trieb es ihn wieder in seinen üblichen "Modus operandi", tatsächlich wurde er Leiter einer Geheimdienststreitmacht im Dienste des Präsidenten. Laut einem Bericht von Miami Herald von 1990 wurde darüber spekuliert, dass er mit seiner neuen Befugnis einen Spionagering leitete, zu der die "ausgeklügelteste Überwachungsausrüstung der Regierung" gehörte. Diese neue Rolle wurde ihm aber auch persönlich gefährlich, und am 26. Februar 1990 wurde Posada angeschossen und beinahe getötet. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt verschwand er. Wahrscheinlich erholte er sich in El Salvador.
Posada sollte gegen Ende des Jahrzehntes 1997 wieder in Erscheinung treten, als eine Reihe von Bomben in verschiedenen Hotels in Havanna explodierten. Die Kampagne war eindeutig darauf ausgerichtet, die für die Insel lebenswichtige Tourismusindustrie zu schädigen, dazu gehörten auch ein Bombenanschlag auf ein Reisebüro in Mexiko City und einer auf ein Reisebüro in Nassau. Nachdem am 4. September drei Bomben in Havanna explodiert waren, einschließlich der Explosion im Hotel Copacabana, die einen italienischen Touristen tötete, wurde ein salvadorianischer Verdächtiger verhaftet, der die Anschläge bald gestand. - Posada ging dann so weit, dass er 1998 in einem weit verbreiteten, hoch umstrittenen Interview mit der New York Times seine "Verdienste" daran veröffentlichte, indem er bekanntlich anmerkte, dass der Tod des Italieners ein Unfall war, der sein Gewissen nicht belaste und er aussagte: "Ich schlafe wie ein Baby."

Der Teflon-Terrorist

Welche Empörung seine letzten von ihm herbeigeführten Zwischenfälle auch hervorriefen, Posada sah wenig Veranlassung, seine Strategie zu ändern, und im November 2000 wurden er und drei andere Exilanten wegen eines geplanten Bombenanschlags während de 10. Ibero-Amerikanischen Gipfels in Panama Stadt verhaftet. Der Anschlag, von dem Posada behauptete, dass er wegen der zu befürchtenden außergewöhnlich hohen Zahl von zivilen Unfallopfern abgebrochen worden sei, habe entweder Fidel Castros Autokolonne oder einem Auditorium gegolten, vor dem der kubanische Führer sprechen wollte. Posada wurde 2004 gemeinsam mit seinen Komplizen, von denen alle mit einem ähnlich kriminellen Hintergrund im Exil waren, schuldig gesprochen und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Allerdings verbüßte er nur ein Jahr davon, weil er von der scheidenden panamaischen Präsidentin Mireya Moscoso im Herbst jenes Jahres begnadigt wurde. Die meisten fanden ihren Sinneswandel sehr fragwürdig und konnten es sich nur als Hinweis auf eine Mitschuld der U.S. erklären und damit, dass zwangsläufig hohe Bestechungsgelder geflossen sein müssten.
Nach seiner Freilassung schmuggelte sich der nun 76-jährige Posada in die USA, auf welche Weise war unklar. Posada behauptet, heimlich die mexikanisch-texanische Grenze überquert zu haben, während andere, einschließlich Castro glauben, er sei in Florida mit einem Krabbenkutter, der einem prominenten Exilanten aus Miami gehörte, angekommen. Einmal in den USA wohnte er bis zum 17. Mai 2005 in Miami, wo er dann von INS-Beamten [Beamten der Einwanderungsbehörde, Anm. d. Ü.] verhaftet wurde. Während seine Anwesenheit in den USA weithin bekannt war, bereiteten venezolanische Beamte einen Monat vor seiner Verhaftung die Dokumente für seine Auslieferung nach Caracas vor. Wenn man ihm glauben soll, so war einer derjenigen, die nichts von Posadas Anwesenheit in Miami wussten, der Ministerialdirektor Roger Noriega, der angab: "Ich weiß nicht einmal, ob er in den Vereinigten Staaten ist." Aber laut dem "Center for International Policy" [Zentrum für internationale Politik, Anm. d. Ü.] hatte sich Posada vor seiner Gefangennahme heimlich mit Journalisten von Miami Herald getroffen und war innerhalb der Gemeinde über seine Anwesenheit reichlich berichtet worden.
Nach seiner Verhaftung wurde Posada in eine Haftanstalt in El Paso, Texas, gebracht, wo er wegen illegaler Einreise angeklagt wurde. Während seiner Haft stellte Posada einen neuen Asylantrag und argumentierte über seine Anwälte, dass er, wenn man ihn nach Kuba oder Venezuela ausliefere, dort gefoltert würde. Er hatte mit dieser Argumentation keine Schwierigkeiten mit dem Justiz- und Außenministerium, da Condoleezza Rice und Justizminister Alberto Gonzales als Falken für diese Angelegenheit bekannt sind. Zurzeit ist Posada ein freier Mann, nachdem seine Anklage von einer kooperativen Bundesrichterin in Dallas, Kathleen Cardone, fallen gelassen wurde. Da man davon ausgehen kann, dass die Bush-Administration die oberste Autorität hatte und darauf bestand, dass er bei Auslieferung gefoltert würde, zeigt seine jetzige Freilassung an, dass keine Aussicht darauf besteht, dass er noch irgendeine schwere Gefängnisstrafe ertragen muss, geschweige denn, sich einem Gericht zu stellen hätte.

Die nicht ganz verborgene Hand

Dass Posadas Wahl nach seiner Freilassung 2004 für seinen Zufluchtsort auf Miami fiel, veranschaulichen die seinem Fall zugrundeliegenden Fakten: Auch nach dem Ende des Kalten Krieges und der mäßigen Ablehnung des Anti-Castro-Fanatismus seitens der folgenden Administrationen verschiedener ideologischer Couleur spielt eine relativ kleine Gemeinde des rechtsradikalen Flügels hauptsächlich in Südflorida angesiedelter kubanischer Extremisten weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Ausrichtung der U.S.-Politik in dieser Hemisphäre. Tatsächlich kann Posadas Geschichte nicht nur über seine Taten verfolgt werden, sondern auch über den weitreichenden Einfluss dieser Gruppe, deren politische Macht bis in die entferntesten Winkel unserer Gesellschaft reicht. Schon vor Jahren waren es die Exilanten in Miami, die Posada zuerst finanzierten, weil sie wussten, dass er dank der Komplizenschaft der U.S.-Regierung mit relativer Strafffreiheit agieren könnte. Die Anklagen gegen ihn waren allerdings abscheulich. Diejenigen, die ihn ununterbrochen unterstützt hatten, wehrten jeden Versuch mit großem Erfolg ab, den Terroristen vor Gericht zu bringen. Das gerade beobachtete Szenarium um den Posada-Fall, der von einer texanischen Richterin fallen gelassen wurde, so, als ginge es um Formalitäten, scheint die bestehende Macht dieser streng orthodoxen politischen Aktivisten noch zu unterstreichen. Es könnte die Richterin in eine Reihe mit Clarence Thomas stellen, die während der Präsidentschaft des ersten George Bush für das feinste rechtliche Gespür in seiner Generation beschrieben wurde, gleichermaßen nominierungswürdig. Diese Richterin Cardone behauptete, dass die Staatsanwaltschaft den Fall Posadas verbockt hätte, das ist deprimierend ironisch und fast unheimlich böse, dennoch völlig verständlich, wenn man von den ideologischen Vorgaben dieser Administration ausgeht.
Nach der fehlgeschlagenen Schweinebucht-Invasion schienen sich zwei Gruppen kampferprobter Exilanten herausgebildet zu haben. Die eine, zu der Bosch und Posada gehörte, blieb dem Weg der Gewalt und des bewaffneten Terrorismus treu. Die andere kehrte in ihre Häuser in Südflorida zurück, um eine Reihe kommerzieller Unternehmungen zu verfolgen, während sie gleichzeitig dafür arbeitete, dass über ihre politischen Verbindungen ununterbrochener politischer und wirtschaftlicher Druck auf die Castro-Regierung ausgeübt wurde. Doch diese beiden Zweige haben sich nie vollständig von einander getrennt. Schon 1965 deckte ein FBI-Memorandum auf, dass Jorge Mas Canosa, der schließlich der berühmteste Exilant von Miami und Washingtons Machtvermittler werden sollte, Posada für die Ausführung des Anschlags auf den Hafen von Veracruz 5.000 $ bezahlte. Es war der Anfang einer Verbindung, die 32 Jahre lang halten sollte.

Jorge Mas Canosa, der Mann mit der Brieftasche

1965 arbeitete Mas Canosa in einer Gruppe, die als RECE (Cuban Representation in Exile) [Kubanische Repräsentanten im Exil, Anm. d. Ü.] bekannt war, die verschiedene Einsätze gegen die kubanische Regierung sponserte und letztlich von wohlhabenden Exilanten, wie dem Bacardi-Rum-Magnaten José Pepin Bosch finanziert wurden und höchstwahrscheinlich über ihre Kontakte mit der CIA. Ein weiterer FBI-Bericht von 1965, der sich wieder auf den Veracruz-Anschlag bezieht, vermerkt auch, dass "Jorge Mas Canosa, einer der in Miami wohnenden Beamten von RECE, dem Sprengstoffexperten [Posada] vorschlug, auf RECE-Kosten nach Spanien, Mexiko und in andere lateinamerikanische Länder zu reisen und Bomben in kommunistischen Einrichtungen zu legen, wie in Botschaften und Bibliotheken von Informationsdiensten. Mas sagte, dass einer der RECE-Agenten 1965 so ein Gerät in der sowjetischen Bücherei in Mexiko Stadt platzierte, das später explodierte und Furore machte."
Mit der Zeit häufte Mas Macht und Reichtum an und stieg als Präsident der Cuban American National Foundation zur Prominenz auf. 1971 erwarb er eine Baufirma, Church and Towers [Kirche und Türme, Anm. d. Ü.] und wohl aufgrund seines Einflusses hatte die Firma eine unglaublich sichere Auftragslage. Während es sehr schwierig ist, die Spuren dieser Gewinne zu verfolgen, gibt es Veranlassung zu glauben, dass ein Teil von ihnen für die Finanzierung von Posadas Aktivitäten ausgegeben wurde. Als Posada in Venezuela verhaftet worden war, wurde er von der New York Times interviewt und sagte: "All das Geld, das ich bei der Flucht aus dem Gefängnis erhielt, es war nicht so viel, aber es kam von Jorge." Der FBI-Report geht jedoch davon aus, dass die Verbindung zwischen den beiden, nachdem Posada nach seiner Flucht in El Salvador gelandet war, nur noch ab und zu aufgenommen wurde.
Zur selben Zeit, als Mas Posada Rückendeckung gab, baute er mächtige Beziehungen zum Mainstream der USA auf, hauptsächlich zur republikanischen Führungsschicht. Um 1974 hatte Mas schon damit begonnen, den Gesetzgebern in Florida beachtliche Zuschüsse für ihre Wahlkampagnen im Austausch für deren Unterstützung seiner Anti-Castro - Agenda zu geben. Reagans Wahl 1980 lieferte Mas die perfekte Gelegenheit, seinen wachsenden Einfluss auf den Gipfel der U.S.-Regierung auszudehnen. 1981 gründete Mas nach dem erfolgreichen Modell des "American Israel Public Affairs Committee (AIPAC)" [Amerikanisch-Israelisches Komitee für öffentliche Angelegenheiten, Anm. d. Ü.] die CANF.
In den 18 Jahren von 1982 bis 2000 sollte die CANF Politikern und deren Kampagnen 1.666.673 $ zufließen lassen und tatsächlich die Kontrolle über die gesamte U.S.-politische Ausrichtung gegenüber Kuba in beiden Kammern des Kongresses erlangen sowie Verbindungen zu Präsident Reagan, George H.W. Bush und sogar zu Clinton und natürlich zu dem amtierenden Präsidenten. Laut einem Report der "Offenen Geheimnisse" über Spenden von kubanischen Exilanten "half" Mas "die amerikanische Politik gegenüber Kuba bis zu einem Grad zu formen, der kaum zu überbieten ist. Seine Organisationen waren großzügig gegenüber ihren Verbündeten, insbesondere auf dem Vorzugsgebiet der Kampagnenzuschüsse, aber kompromisslos gegenüber oppositionellen Ansichten."
Aber auch als Mas schwindelnde Höhen innerhalb der USA erreichte, verlor er nie die Verbindung zu Posada, und er könnte seinem terroristischen Genossen gegenüber tatsächlich genau so großzügig gewesen sein wie seinen ihm verpflichteten Politikern. In dem New-York-Times-Interview schätzte Posada, dass Mas ihm über die Jahre über 200.000 $ zukommen ließ, damit er seinen Lebensunterhalt und seine "Operationen" davon bestreiten konnte. Außerdem erinnerte Posada daran, dass auch andere prominente Exilanten dazu beitrugen und z.B. seinen Erholungsaufenthalt nach dem versuchten Mordanschlag auf ihn von 1990 bezahlten. Posada gab auch an, dass die CANF die Bombenanschläge von 1997 in Havanna direkt finanziert habe. Entsprechende Beschuldigungen weist die Stiftung energisch von sich.
Als sich Posada 2000 wieder in Schwierigkeiten befand, war es die Exilantengemeinde, wenn auch diesmal Santiago Alvarez, ein Bauunternehmer aus Miami, der Spenden für seine Verteidigung vor Gericht sammelte. Und es war der Druck der Exilgemeinde, der zweifellos das Engagement der U.S.-Regierung, von dem gemunkelt wird, für seine letztendliche Begnadigung beförderte.
In einem Artikel von Sun Sentinel merkte der Kuba-Experte Wayne Smith an, dass die Kongressfrau Ileana Ros-Lehtinen (R-Fla), gemeinsam mit dem Repräsentanten Südfloridas Lincoln Diaz Balart (R-Fla) und Mario Diaz-Balart (RFL), an Mosco schrieb, um die Begnadigung der vier Verschwörer zu beantragen. Ros Lehtinen (eine absolute Fanatikerin in der Anti-Castro-Gruppe) steht laut "Open Secrets"- Bericht an der Spitze der persönlich Begünstigten für die politischen Spenden der Exilanten. Während ihrer Amtszeit habe sie insgesamt 289.009 $ angehäuft. Smith bemerkte, dass so eine Intervention von ihrer Seite nichts Außergewöhnliches sei, weil Ros Lehtinen auch sicherzustellen half, dass Posadas Mitverschwörer Bosch, nicht ausgewiesen wurde, als er nach seiner Freilassung aus dem venezolanischen Gefängnis 1987 Zuflucht in Miami suchte, eine Freiheit, die er mit Unterstützung von US-Parteiideologen gewann.
Es ist genau dieses Szenarium, das Beobachter jetzt fürchten, dass wieder mit Posada, dem kubanischen Exil-Teflon-Mann, aufgeführt werden soll. Während seiner Inhaftierung, genau wie bei den lang anhaltenden Verzögerungen des Verfahrens, sowohl für die Auslieferung als auch für die Ausweisung (vielleicht eine logischere Konsequenz), weist die Vergangenheit darauf hin, dass, wenn überhaupt, er von dem Bush-Weißen Haus schließlich begnadigt wird. Solch ein Ausgang wäre eine weitere Konzession an die Intrige von Miami, wie es sowohl der Fall Posadas als auch der der Cuban Five sichtbar gemacht hat: Ihr Einfluss manipuliert nicht nur die Außenpolitik, sondern verdreht auch das Rechtssystem, damit es den von ihnen begehrten politischen Ergebnissen entspricht.

Hinausgezögerte Gerechtigkeit

Die Präzedenzfälle für solche abartigen Auslegungen des Gesetzes und der Moral sind gut eingeführt. Von Haitis Haupttrottel und Massenmörder Emmanuel Constant zu den Ausgestoßenen der Menschenrechte in El Salvador, Guatemala, Argentinien und Kolumbien, haben die USA lange Zeit den Verbrechern und Menschenrechtsverletzern, deren politische und wirtschaftliche Interessen mit denen Washingtons übereinstimmten, Asyl gewährt. Anti-Castro-Terroristen haben vielleicht am meisten von der ethischen Flexibilität bei der Definition von "Terrorismus" profitiert. Orlando Bosch, Posadas Mitverschwörer bei dem Anschlag von 1976, dessen Zeugnisse über Gewalttätigkeit sich genau so stapeln lassen, wenn es um Terrorismus geht, reiste nach seiner Entlassung aus dem venezolanischen Gefängnis 1987 illegal in die USA ein und wurde schließlich wegen illegaler Einwanderung verhaftet, um ausgewiesen zu werden. Nach der direkten Intervention von Jeb Bush, dem damaligen Leiter der Wahlkampagne für Ros Lehtinen, gewährte Präsident Bush Bosch einen Straferlass und erlaubte ihm, in den USA zu bleiben. Das fand trotz des Urteils des Justizministeriums statt, dass Bosch ein "entschiedener und unerschütterlicher Befürworter terroristischer Gewalt" sei und daher ausgewiesen werden sollte.
Mit dieser vor kurzem gewährten Freiheit scheint es voraussichtlich so zu sein, dass die Bush-Administration einen Weg für Posada finden wird, sich in die Reihen dieser Kriminellen eingliedern zu können, die schon Zuflucht am Busen des amnesiekranken Amerikas gefunden haben. Aber Posadas Geschichte darf nicht in Vergessenheit geraten: Er ist der typische Terrorist der westlichen Hemisphäre, ein Mann, der nur sich selbst treu ist, der nicht einmal für sich in Anspruch nehmen kann, Washington auf irgend eine ehrenvolle Weise gedient zu haben. Nun als freier Mann stellt der alternde Söldner ein prekäres Problem für die Bush-Administration dar. Ihn zu begnadigen, wie sie es im Stillen bevorzugte, könnte dann einen Sturm der Entrüstung hervorrufen, wenn das Land sein Gewissen wieder entdeckte. Doch so dünn wie ihre politische Unterstützung jetzt ist, sie sind auch nicht gewillt, die Wut der Exilintriganten aus Miami auf sich zu laden - ihrer standhaftesten Verbündeten - und Posada vor ein Gericht in Venezuela zu schicken. Der Demokratische Kongress, der schon eine bereitwilliges Interesse an lateinamerikanischen Angelegenheiten gezeigt hat, könnte eine prinzipientreue Stellung in dieser Angelegenheit beziehen und vielleicht mit den Vermächtnissen von Mas Canosa, Bosch und anderen brechen. Denn zu lange war die Politik gegenüber dem Rest der Hemisphäre eine Geisel der begüterten Schinder in Miami. Es wird Zeit, das zu ändern.

Deutsch: ¡Basta Ya!

Zurück