Counterpunch, 9. Januar 2009 Eine Gelegenheit für ObamaEine Öffnung zu Kuba?Von Wayne S. Smith
Kuba wird für die neue U.S.-Administration kein Thema ersten Ranges sein, weder was ökonomische Interessen noch die der Sicherheit betrifft. Sie wird sich weit größeren Problemen im Irak und Afghanistan, den Spannungen zwischen Pakistan und Indien stellen müssen sowie denen zwischen Israel und der Hamas - ganz zu schweigen von der Herausforderung, wie man die U.S.-Wirtschaft retten könnte. Doch wie im "Brookings report" und einer Reihe anderer Analysen hervorgehoben wird, wäre eine einfühlsamere Annäherung an Kuba der schnellste und einfachste Weg, ein Signal des Wandels und der Ermutigung einer erweiterten Basis für die Agenda der Außenpolitik zu setzen, insbesondere in Lateinamerika. Tatsache ist, dass wir für unsere derzeitige Kuba-Politik keine, wie auch immer geartete, Unterstützung haben. Dutzende anderer Regierungen, einschließlich der lateinamerikanischen Schlüsselregierungen, haben uns zur Änderung dieser Politik aufgerufen. Und sie sollte ganz bestimmt geändert werden, wie es sich für eine Politik geziemt, die innerhalb von 50 Jahren nicht funktioniert hat, eine Politik, die zu nichts anderem als einer Peinlichkeit geworden ist.
Die meisten Regierungen rufen uns dazu auf, das Embargo aufzuheben. Doch das kann nicht der erste Schritt sein. Zuvor muss der Kongress das Helms-Burton-Gesetz aufheben und dazu entsprechend ermutigt werden. Bestenfalls wird es jedoch Zeit in Anspruch nehmen, und es wird Opposition dazu geben. Aber Präsident Obama kann ein unmittelbares Signal des Wandels setzen, indem er die Rhetorik der Bush-Administration fallen lässt, die darauf angelegt war, die Castro-Regierung zu stürzen, vielmehr sollte Obama stattdessen zeigen, dass die USA zum Wandel durch Reduzierung von Spannungen und zum Dialog ermutigen will. Und in dem letzteren Kontext sollten sie [die USA] unverzüglich die regelmäßigen Gespräche wieder aufnehmen, die zwischen den USA und kubanischen Beamten über Angelegenheiten der Einwanderung und des Drogenhandelverbots stattgefunden haben und ihre Bereitschaft andeuten, dringende bilaterale Angelegenheiten zu erörtern. Und es gibt eine Reihe von Dingen, die Obama schnell und einfach erledigen kann, tatsächlich nur mit einem Federstrich, die einen realen Unterschied bewirkten. Zum Beispiel: Cubano-amerikanische Reisen. Obama hat gesagt, dass er sofort die Beschränkungen für cubano-amerikanische Reisen und Geldüberweisungen an ihre Familien auf der Insel aufheben wird. Ein guter erster Schritt. Diese waren 2004 per Verfügung des Präsidenten verhängt worden. Zuvor konnten kubanisch stämmige Amerikaner ihre Familien auf der Insel einmal im Jahr besuchen, was aber eigentlich keiner kontrollierte, sodass sie diese tatsächlich öfter besuchen konnten, wenn sie es für nötig hielten. Seit 2004 jedoch waren sie nur noch in der Lage, sie alle drei Jahre zu besuchen, und unglaublicherweise gab es keine Klausel für eine Reise im Notfall. Demzufolge, wenn, sagen wir, Maria ihre Mutter im September 2005 besucht hatte, aber dann nach ihrer Rückkehr in die USA im Dezember erfuhr, dass ihre Mutter plötzlich schwer erkrankt sei und im Sterben liege, hatte sie keine Möglichkeit, an das Bett ihrer Mutter zurückzukehren. Stattdessen wurde ihr gesagt, dass sie in drei Jahren ihr Grab besuchen dürfe. Das ist inhuman. Glücklicherweise hat Obama versprochen, allen Cubano-Amerikanern unbegrenzte Reisefreiheit zu gewähren. Beenden Sie die Beschränkungen für akademische und Bildungsreisen.
Als die Bush-Administration 2004 die Beschränkungen für cubano-amerikanische Reisen verhängte, verhängte sie gleichzeitig schwere Beschränkungen für akademische Reisen und zwar willkürlich. Sie sagte, dass sie diese wegen des "Missbrauches" des alten Systems verhänge, aber sie konnte nie einen einzigen Missbrauch nachweisen, vielmehr lag ihre Absicht darin, den akademischen Austausch drastisch zu reduzieren. Und sie war erfolgreich. Vor 2004 hatte es Hunderte von amerikanischen Studenten gegeben, die sich an Studienprogrammen in Kuba beteiligten. Nach 2004 nur noch eine Hand voll. Das Hauptproblem lag in der Länge der neuen Programme. Vor 2004 waren die meisten Programme mit einer Dauer von drei bis vier Wochen und jeweiligem Fokus auf Aspekte wie, sagen wir, Kubas Kultur, Politik, Geschichte oder Wirtschaft, angelegt. Diese Programme hatten sauber zwischen die Semester gepasst und störten nicht bei geplanten Examensterminen. Nach 2004 sollten alle Programme wenigstens zehn Wochen dauern, d.h. Semester lang. Das griff störend in Examenspläne ein, daher trugen sich wenige Studenten dazu ein. Die sehr erfolgreichen Studienprogramme in Kuba kamen im Großen und Ganzen zum Erliegen - eine eklatante Verletzung der akademischen Freiheit. Wie im Fall der Beschränkungen für cubano-amerikanische Reisen wurden diese ungerechtfertigten Beschränkungen für akademische Reisen auf Verfügung des Präsidenten verhängt. Demzufolge kann Präsident Obama sie einfach mit einer neuen Präsidentenverfügung, d.h. mit einem Federstrich, zurücknehmen. Und er sollte das zur Verteidigung der akademischen Freiheit tun, weil die Studienprogramme politisch wertvoll sind und ein Zeichen für den Wandel setzen. Ermutigen Sie zur Aufhebung von Reisekontrollen. Es wird eines Aktes des Kongresses bedürfen, alle Reisekontrollen aufzuheben, damit jeder Amerikaner, der möchte, frei nach Kuba reisen kann. Es wird von Bedeutung sein, dass der Präsident von Anbeginn seine volle Unterstützung für so eine Maßnahme anzeigt und den Kongress darauf drängt, eine dazu notwendige Gesetzgebung einzuführen und zu verabschieden. Während der Jahre des Kalten Krieges forcierten die USA die Übereinkommen von Helsinki und ermutigten Amerikaner, in die Sowjetunion zu reisen, weil sie glaubten, sie könnten auf die ein oder andere Weise Botschafter für Demokratie sein. Das schien einigermaßen gut zu funktionieren. Wie macht es dann jetzt für uns irgend einen Sinn, Amerikaner daran zu hindern, nach Kuba zu reisen? Es macht in der Tat keinen Sinn. Beginnen Sie mit der Wiederausstellung von Visa für Kubaner In den vergangenen Jahren waren akademischer und kultureller Austausch mit Kuba möglich, mit kubanischen Wissenschaftlern, die an U.S.-Universitäten und zu Konferenzen kamen, und kubanischen Künstlern und Musikern war es möglich, an kulturellen Ereignissen in den Vereinigten Staaten teilzunehmen. Unter der Bush-Administration war dies praktisch unmöglich. Kubanische Akademiker konnten nicht einmal Einreisevisa zum Besuch von Konferenzen der Latin American Studies Association (LASA) erhalten. LASA hat in Reaktion darauf die Position eingenommen, dass, bis unser Land wieder offen dafür ist, kubanische Teilnehmer einzuladen, will es keine Konferenzen mehr in den USA abhalten. Dementsprechend wurde die Konferenz des vergangenen Jahres von Boston nach Toronto verlegt. Dieser Umstand ist für uns alle peinlich. Die Obama-Administration sollte dem sofort durch Anweisung an das State Department abhelfen, die Vergabe von Visa an kubanische Wissenschaftler und kulturelle Vertreter, die zur Teilnahme an Austauschprogrammen, Forschungsprojekten oder kulturellen Vorstellungen eingeladen sind, wieder aufzunehmen. Sie brauchten eigentlich nur zu den Richtlinien für Visa-Erteilung zurückzukehren, die es vor der Bush-Administration gegeben hat - und die Möglichkeiten einer Lockerung dieser Richtlinien aus den Monaten und Jahren zuvor zu untersuchen, wie sich die Beziehungen verbessern und ausweiten lassen. Streichen Sie die Restriktionen gegen Kuba bei der Bezahlung für landwirtschaftliche Güter
Seit einigen wenigen Jahren ist es US-Produzenten von landwirtschaftlichen Gütern erlaubt worden, an Kuba zu verkaufen. Tatsächlich sind sie inzwischen einer der Hauptlieferanten und verkauften der Insel Produkte im Wert von über 500 Millionen US-$. Schätzungen ergeben allerdings, dass diese Verkäufe verdreifacht werden könnten, wenn die US-Regierung das komplizierte Zahlungssystem, das man den Kubanern aufgezwungen hat, aufheben würde. Das könnte ebenfalls mit einem Federstrich erledigt werden und würde sowohl den US-Lieferanten als auch den kubanischen Abnehmern zugute kommen. Es sollte so schnell wie möglich geschehen. Streichen Sie Kuba von der Liste der staatlichen Förderer des Terrorismus'. Kuba ist jetzt seit vielen Jahren auf der Terrorismus-Liste des State Departments. Lassen wir die Frage beiseite, ob es jemals auf dieser Liste hätte stehen sollen; es gibt in den letzten Jahrzehnten keinerlei Anzeichen dafür, die seine [Kubas] Anwesenheit dort rechtfertigen könnten. Ich studiere diese Liste jedes Jahr sorgfältig und habe etwas bemerkt, was wie ein Bestreben ihrer Autoren erscheint, Widerspruch gegen die Schlussfolgerung zu signalisieren. Z.B., im Bericht von 2007 wird vermerkt, dass "Kuba es nicht versucht hat, das Vermögen von Terroristen aufzuspüren, einzufrieren oder zu beschlagnahmen, obwohl die rechtliche Grundlage dazu in Kubas Gesetz 93 gegen den Terrorismus, sowie in der Anweisung 19 des Aufsichtsbeamten der Kubanischen Zentralbank vorhanden ist". Begnadigen Sie die Cuban Five im Austausch für die Entlassung von kubanischen politischen Gefangenen.
Kuba wird niemals Vorbedingungen akzeptieren. Zu fordern, dass es politische Gefangene entlässt, bevor die USA irgend welche Schritte unternimmt, die Beziehungen zu verbessern, ist die beste Methode, sicherzustellen, dass beides niemals passiert. Die Kubaner waren schon einmal dazu bereit, zu ihrem Bedauern. Allerdings ist Raúl Castro auf eine interessante Idee gekommen. Eine Geste gegen die andere, wie er es beschreibt. Kuba wäre bereit, über einen Teil der Dissidenten, die zurzeit im Gefängnis sind, und ihre Familien zu sprechen, um zu sehen, ob diese daran interessiert sind, in die USA zu gehen. Wenn ja, wäre Kuba bereit, sie zu entlassen. Das wäre Kubas Geste. Die Geste aufseiten der USA wäre es, die Cuban Five zu befreien, die fünf kubanischen Agenten, die in die USA gekommen sind, um exil-kubanische Terrororganisationen in Miami zu infiltrieren und auszuspionieren. Schließen Sie TV-Martí Seit Jahren haben die USA jetzt versucht, Fernsehprogramme nach Kuba auszustrahlen. Die Kubaner haben es im Großen und Ganzen geschafft, sie zu blockieren, sodass die USA die Signale jetzt von einem Flugzeug aus senden. Das ist am teuersten und hat zweifelhaften Erfolg. Auf jeden Fall werden die Programme während der Dämmerstunden gesendet, sodass es zweifelhaft ist, dass viele Menschen sie sehen, selbst wenn sie die Signale empfangen könnten. Die ganze Übung lässt uns einfach dumm aussehen. TV-Martí sollte eingestellt werden, genau wie Radio-Martí, stattdessen sollten wir zu Programmen von VOA zurückkehren [Voice of America, die Stimme Amerikas Anm. d. Ü.] Diese wurden in Kuba häufig gehört und hatten große Glaubwürdigkeit, etwas was Radio-Martí nie besaß. Ein Wort der Ermunterung Nach einer so langen und bitteren Fehde, mag die Idee, wieder freundschaftliche Beziehungen zu unterhalten, als Donquichoterie erscheinen. Wenn allerdings beide Seiten einen Dialog beginnen und ihre Differenzen sensibel und logisch diskutieren, werden sie sehen, dass Lösungen nicht so schwierig sind, als dass man sie nicht finden könnte. Keiner von beiden sollte eine Bedrohung für die Sicherheit des anderen darstellen, und wirtschaftliches Engagement würde beiden nützen. Kurz, ein Dialog kann ein gegenseitiges vorteilhaftes Ergebnis erzeugen, was Konfrontation niemals könnte.
Dr. Wayne S. Smith ist ein altgedienter Kuba-Beobachter am Zentrum für Internationale Politik. Zuerst
beobachtete er die Kubanische Revolution als Analyst im Büro des State Departments für Geheimdienste
und Forschung im Frühjahr 1957, kurz nachdem Castro nach Kuba zurückgekommen war, um seinen Guerrillakrieg
gegen Batista aufzunehmen. Dann wurde er [Smith] nach Havanna geschickt, wo er im August 1958 ankam und als Dritter
Sekretär für Politische Angelegenheiten blieb, bis die USA im Januar 1961 die diplomatischen Beziehungen
abbrachen. Er diente im Kubabüro von 1964 bis 1966 und gehörte zur ersten Gruppe [US-]amerikanischer
Diplomaten, die 1977 nach Kuba zurückgingen. Von 1977 bis 1979 war er Direktor für Kuba-Angelegenheiten
im State Department, und dann wurde er bis 1982 Chef der US-Interessenvertretung in Havanna, als er das
Auswärtige Amt wegen seiner Unzufriedenheit mit dessen Politik verließ. Seitdem war er
außerordentlicher Professor an der Johns Hopkins Universität innerhalb des Programms für Austausch
mit Kuba und seit 1992 leitender Wissenschaftler am Zentrum für Internationale Politik in Washington, D.C., wo er
das Kuba-Programm leitet. Er ist Autor von "The Closest of Enemies: A Personal and Diplomatic History of the
Castro Years" (W. W. Norton, 1987). [Der nächstgelegene Feind: Eine persönliche und diplomatische Geschichte
der Castro-Jahre]. Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)
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