Der Anti-Imperium-Report

Mogelpackung und wahrer Wandel

Von William Blum, Dissident Voice, 4. Februar 2009

An Wandel (in der Rhetorik) können wir glauben

Wie ich schon während der ganzen Zeit gesagt habe, abgesehen von den positiven Veränderungen in Dingen, die nichts mit Außenpolitik zu tun haben, wie das, was bezüglich der Umwelt und der Abtreibung bereits geschehen ist, wird die Obama-Administration keine wesentlichen lohnenswerten Veränderungen in der US-Außenpolitik hervorbringen, wenig wird daran getan, das Ausmaß des Elends, das das amerikanische Imperium regelmäßig der Menschheit beschert, zu senken. Und soweit er bereit ist, klar zu offenbaren, was er von irgendwelchen kontroversen Dingen denkt, scheint er an das Imperium zu glauben.
Die Seifenblase von Obama verliert bereits durch die mehrfachen Bombardements Pakistans durch die USA in den ersten Tagen nach der Amtseinführung an Luft. Das Pentagon berichtete dem Weißen Haus von den Plänen, und das Weiße Haus hatte keine Einwände. Also weg mit den Bomben - Barack Obamas erstes Kriegsverbrechen. Die Dutzenden Opfer waren natürlich alles schlechte Menschen, einschließlich der Frauen und Kinder. Wie immer bei diesen Bombardements werden wir nie die Namen aller Opfer erfahren - es ist zweifelhaft, ob Pakistan sie überhaupt kennt - noch welche Verbrechen sie begangen haben, durch die sie die Todesstrafe verdienten. Einige arme Pakistani haben vermutlich eine ansehnliche Belohnung dafür kassiert, dass sie den Behörden erzählt haben, dass im Haus gegenüber sowieso ein Bösewicht wohnte, zu schlecht für all' die anderen, die zufällig neben ihm wohnten, vorausgestzt natürlich, dass der Bösewicht überhaupt in dem Haus gegenüber wohnte.
Der neue Pressesekretär des Weißen Hauses Robert Gibbs lehnte es ab, Fragen zu den ersten Luftschlägen zu beantworten, indem er sagte: "Ich habe nicht die Absicht, mich mit diesen Dingen zu befassen." Wo haben wir das schon einmal gehört?
Nach vielen dieser Bombardements in den letzten Jahren, haben Sprecher der Vereinigten Staaten oder der NATO feierlich erklärt: "Wir bedauern den Verlust an Leben." Dies sind die selben Worte, die die Irisch Republikanische Armee (IRA) gebraucht, aber deren Aktionen werden üblicherweise als "terroristisch" bezeichnet.
Ich wünschte ich könnte ein Obamaniac [Fan von Obama] sein. Ich beneide sie um ihren Enthusiasmus. Hier, in Form eines Offenen Briefes an Präsident Obama, sind einige außenpolitische "Wandel, an die wir glauben können", die Nichtgläubige wie mich bekehren könnten.

[Und dann macht William Blum Vorschläge zur zukünftigen US-Politik bezüglich Iran, Russland, Kuba, Irak, Saudi Arabien, Haiti, Kolumbien, Venezuela, Bolivien, Afghanistan, Israel, Nord-Korea, Mittelamerika, Vietnam, Kosovo, NATO, School of Americas, Folter und Abdelbaset Ali Mohmed al Megrahi:]

Kuba

Erleichterungen, dorthin zu reisen und Überweisungen zu schicken sind eine schöne Sache (wenn Sie sie, wie erwartet, einführen), aber das verblasst gegenüber der Notwendigkeit, das US-Embargo zu beenden. 1999 reichte Kuba eine Klage auf Zahlung von 181,1 Milliarden Dollar gegen die Vereinigten Staaten ein, als Kompensation für wirtschaftliche Verluste und den Verlust von Menschenleben während der 40 Jahre andauernden Aggression. Die Klage macht Washington verantwortlich für den Tod von 3.478 Kubanern und die Verwundung und Behinderung von weiteren 2.099. Zu allen drei Zahlen können wir jetzt weitere zehn Jahre addieren. Die negativen, oft lähmenden, Effekte des Embargos wirken sich auf jeden Aspekt kubanischen Lebens aus.
Zusätzlich zur Schließung des Gefängnisses von Guantánamo, sollte die angrenzende US-Militärbasis, die 1903 von amerikanischen Streitkräften eingerichtet worden war, geschlossen und das Land an Kuba zurückgegeben werden.
Die Cuban Five, seit über zehn Jahren in den Vereinigten Staaten gefangen gehalten, schuldig nur des Versuchs, Terror aus den USA gegen Kuba zu verhindern, sollten freigelassen werden. Tatsächlich wurden zehn Kubaner verhaftet, fünf von ihnen wussten, dass sie vor einem [US-]amerikanischen Gericht, keine Gerechtigkeit erfahren würden, und bekannten sich schuldig, um geringere Strafen zu bekommen.

Venezuela

Hugo Chávez mag zu viel reden, aber er ist keine Bedrohung außer für das kapitalistische System in Venezuela und, durch Anregung, irgendwo anders in Lateinamerika. Er hat jeden guten historischen Grund, über die [US-]amerikanische Außenpolitik herzuziehen, einschließlich der Rolle Washingtons in dem Staatsstreich, der ihn 2002 stürzte. Wenn Sie nicht verstehen können, warum er nicht liebt, was die Vereinigten Staaten in aller Welt anrichten, könnte ich Ihnen eine lange Liste überreichen.
Bereiten Sie der Unterstützung von Chávez' Opposition durch die Agentur für Internationale Entwicklung [USAID], die Nationale Stiftung für Demokratie [NED] und andere US-Regierungsagenturen ein Ende. US-Diplomaten sollten sich weder mit Venezolanern treffen, die Staatsstreiche gegen Chávez anzetteln, noch sollten sie in Wahlen eingreifen.
Schicken Sie Luis Posada von Florida nach Venezuela, das um seine Auslieferung ersucht hat wegen seiner Federführung beim Bombenanschlag 1976 auf ein kubanisches Flugzeug mit 73 Toten, oder stellen Sie ihn in den USA vor Gericht, oder hören Sie auf, von einem Krieg gegen den Terrorismus zu reden.
Und bitte versuchen Sie nicht, mit dem Unfug zu antworten, Venezuela sei eine Diktatur. Es ist eine freiere Gesellschaft als die Vereinigten Staaten. Es besitzt z.B. eine authentische tägliche Medienopposition, im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten. Falls Sie das anzweifeln, nennen Sie eine einzige Tageszeitung oder einen Fernsehsender, die oder der uneingeschränkt gegen die Invasion der USA im Irak, in Afghanistan, Jugoslawien, Panama, Grenada und Vietnam war. Oder gar zwei davon? Was ist mit einer? Gibt es eine einzige, die die Hamas oder die Hisbollah unterstützt? Vor ein paar Wochen veröffentlichte die New York Times einen Artikel über einen möglichen Angriff Israels gegen den Iran und erklärt: "Einige Details dieser Darstellung wurden auf Wunsch leitender Beamter von Geheimdiensten der Vereinigten Staaten und der Regierung weggelassen, um nicht weitere Operationen zu gefährden."
Leider, Herr Präsident, haben Sie neben anderen verunglimpfenden Bemerkungen bereits Chávez bezichtigt, er sei "eine Kraft, die den Fortschritt in der Region unterbrochen hat." Diese Behauptung steht derart im Widerspruch zu den Tatsachen, und sogar zum einfachen gesunden Menschenverstand, sie ist so scheinheilig angesichts Washingtons Geschichte in Lateinamerika, dass ich daran verzweifeln könnte, ob Sie sich jemals von den ideologischen Ketten befreien können, die jeden amerikanischen Präsidenten des letzten Jahrhunderts fesselten. Es ist, als stünde es in ihrem Amtseid - dass ein Präsident jedem Land feindlich gesinnt sein muss, das ausdrücklich Washington als Heiland der Welt ablehnt. Sie machten diese Bemerkung in einem Interview mit der "Universion", Venezuelas führendem unerbittlich kritischem Medium gegen die Regierung von Chávez. Welchen regionalen Fortschritt könnten Sie gemeint haben, den des Polizeistaates Kolumbien?

Bolivien

Hindern Sie [US-]amerikanische Diplomaten, Freiwillige der Friedenskorps, Fulbright-Wissenschaftler und die Drogen-Vollstreckungs-Behörde daran, in Bolivien zu spionieren und zur Subversion anzustacheln. Als erster schwarzer Präsident der Vereinigten Staaten, könnten Sie versuchen, gegenseitige Empathie zum ersten indigenen Präsidenten Boliviens zu kultivieren. Gratulieren Sie Boliviens Präsident Evo Morales dazu, dass er kürzlich bei einem Referendum zu einer neuen Verfassung, die die Rechte der indigenen Menschen bewahrt und zum ersten Mal die Trennung von Kirche und Staat einführt, einen entscheidenden Sieg errungen hat.

William Blum ist der Autor von: Killing Hope: US Military and CIA Interventions Since World War 2, [Die Tötung der Hoffnung: Interventionen des US-Militärs und der CIA seit dem 2. Weltkrieg], Rogue State: A Guide to the World's Only Superpower [Schurkenstaat: Ein Führer zur einzigen Supermacht der Welt], West-Bloc Dissident: A Cold War Memoir,: [Abweichler vom westlichen Block: Erinnerungen an den Kalten Krieg], Freeing the World to Death: Essays on the American Empire. [Die Welt zum Tode befreit: Essays über das amerikanische Imperium].
Er war früher beim State Department beschäftigt, das er 1967 wegen seiner Opposition zum Vietnamkrieg verließ.

Den Originalartikel finden Sie bei Dissident Voice

Deutsch: ¡Basta Ya! (db)

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