Mittelbayrische Zeitung, 30. März 2009

Doch noch faires Verfahren für die "Miami Five"?

MENSCHENRECHTE
Den Obersten Gerichtshof der USA erreichte in diesem Monat eine nie dagewesene Welle der Solidarität

Juristische Farce

VON WOLFGANG ZIEGLER, MZ

Der Fall der "Miami Five" ist die Geschichte des Kalten Krieges, wie es ihn heutzutage nur noch zwischen "Goliath" USA und "David" Kuba gibt. Seit John F. Kennedy 1962 das Embargo gegen die kleine Karibik-Insel vor seiner Haustüre verhängte, meinte jeder US-Präsident, seinen jeweiligen Vorgänger in dessen Anti-Haltung gegen Kuba und Castro noch übertrumpfen zu müssen. In diesen Strudel gerieten die fünf kubanischen Agenten, als sie im September 1998 festgenommen wurden. Was folgte, war eine Farce der amerikanischen Rechtsprechung, was auch daran abzulesen ist, dass das Verfahren gegen die Fünf bis heute - elf Jahre danach - nicht endgültig abgeschlossen ist. Noch immer kämpfen sie um ihr Recht - und erfahren inzwischen weltweit Unterstützung. Der Supreme Court sollte dieses Recht sprechen.

HAVANNA/WASHINGTON. In den Fall der "Miami Five", der fünf in den USA unter zweifelhaften Umständen wegen Spionage, Verschwörung und Mordes verurteilten Kubaner, kommt Bewegung. In diesem Monat haben den mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht vergleichbaren Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten (Supreme Court) zwölf Dokumente von Freunden des Gerichts (amicus curiae) erreicht. Die Anzahl dieser "Freundesbriefe", in denen der Antrag der Verteidiger unterstützt wird, die obersten Richter sollten den Fall noch einmal überprüfen, ist die größte, die beim Gerichtshof jemals zur Revision in einem Strafverfahren eingereicht wurde.

Auch Grass unterschrieb

In den "Freundesbriefen", die unter anderem von zehn Nobelpreisträgern, darunter auch der Deutsche Günter Grass, dem kompletten Senat von Mexiko, der Nationalversammlung von Panama, der früheren Hochkommissarin für Menschenrechte und Präsidentin von Irland, Mary Robinson sowie 75 Europaabgeordneten unterzeichnet wurden, wird beispielsweise die Eliminierung von Afro-Amerikanern aus der Jury kritisiert. Der zuständige Staatsanwalt hatte während des Verfahrens siebenmal den Ausschluss von schwarzen Geschworenen verlangt und das Appellationsgericht keine Nachforschungen über dessen Motive angestellt. Eine heftige Schelte kam unterdessen auch von der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, die den Prozess gegen die kubanischen Agenten in Miami/Florida scharf verurteilte und damit erstmals ein Gerichtsverfahren in den USA beanstandete. Das Verfahren habe nicht in dem Klima der Objektivität und der Unparteilichkeit stattgefunden, hieß es. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist nun aufgefordert, ihre Stellungnahme bis zum 6. April abzugeben, der Oberste Gerichtshof muss noch vor den Sommerferien im Juni darüber entscheiden, ob er den Fall überprüft oder nicht.

Exil-Kubaner unterwandert

Wie bereits mehrfach berichtet, wurden die fünf Kubaner im Jahr 2001 wegen Spionage, Verschwörung und Mordes zu Haftstrafen zwischen 15 Jahren und lebenslänglich verurteilt. Das Quintett hatte in den 1990er Jahren im Auftrag Havannas verschiedene Organisationen von Exil-Kubanern in Miami unterwandert, um Informationen über terroristische Aktivitäten gegen Kuba zu sammeln. Nach Angaben der Castro-Regierung sollen dadurch mehr als 170 Anschläge verhindert worden sein, auch ein geplantes Attentat auf Fidel Castro selbst. 1998 teilten die Fünf ihre Erkenntnisse auf Anweisung der kubanischen Regierung den US-Behörden mit, worauf sie selbst verhaftet und angeklagt wurden.

Zurück