The Miami Herald, 22. April 2009

Fidel Castro: Obama hat Raúls Worte missinterpretiert

Von Will Weissert, Associated Press

Fidel Castro sagt, Präsident Barack Obama habe die Hinweise seines Bruders Raúl an die Vereinigten Staaten "missinterpretiert" und sträubt sich gegen den Vorschlag, dass Kuba als Geste des guten Willens an die USA seine politischen Gefangenen freilassen oder die Steuer auf die Geldüberweisungen aus Übersee senken sollte.
Raúl Castro löste in der vergangenen Woche einen Sturm von Spekulationen aus, der die eisigen Beziehungen fast eines halben Jahrhunderts zwischen den USA und Kuba auftauen könnte. Die Spekulationen begannen, als der kubanische Präsident sagte, die Führungspersönlichkeiten seien bereit, sich mit ihren U.S.-Amtskollegen zusammenzusetzen und "alles" zu diskutieren, einschließlich der Menschenrechte, Pressefreiheit und der freien Rede sowie der politischen Gefangenen auf der Insel.
Obama antwortete auf dem Gipfeltreffen amerikanischer Länder damit, dass er sagte, Washington suche einen Neuanfang mit Kuba, sagte am Sonntag aber auch, dass Kuba einige seiner politischen Gefangenen freilassen und die öffentlichen Steuern auf die Geldüberweisungen an die Insel aus den USA reduzieren solle.
Das schien Fidel Castro, 82, zu erzürnen, der in einem Essay, der auf der Website der Regierung veröffentlicht wurde, schrieb, dass Obama "die Erklärungen Raúls zweifellos missdeutet habe".
Der frühere Präsident schien eine Portion kalten Wassers auf die wachsenden Erwartungen hinsichtlich der Verbesserung bilateraler Beziehungen zu gießen, indem er darauf hinwies, dass Obama kein Recht habe vorzuschlagen, dass Kuba auch nur geringe Konzessionen mache. Er schien auch sagen zu wollen, dass man aus Raúls Anmerkungen, wonach mit den U.S.-Behörden "alles" diskutiert werde, zu viel gemacht habe.
"Zu versichern, dass der Präsident von Kuba bereit sei, mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten jede Thematik zu diskutieren, drückt aus, dass er keine Angst hat, jedwedes Thema anzuschneiden," schrieb Fidel Castro über seinen 77-jährigen Bruder, der ihn vor 14 Monaten als Präsidenten ablöste.
"Es ist ein Zeichen des Mutes und des Vertrauens in die Prinzipien der Revolution," sagte er, indem er sich auf den rebellischen Aufstand bezog, der den Diktator Fulgencio Batista stürzte und Castro am Neujahrstag 1959 an die Macht brachte.

"Niemand sollte annehmen [hier handelt es sich um einen offensichtlichen Übersetzungsfehler, s. Anmerkung] dass er davon sprach, denen, die im März 2003 verurteilt wurden, die Strafe zu erlassen und sie in die Vereinigten Staaten zu schicken, wenn dieses Land bereit wäre, die fünf kubanischen antiterroristischen Helden zu befreien," sagte Castro.
Er bezog sich auf 75 führende Mitglieder der politischen Opposition, die vor sechs Jahren verhaftet und inhaftiert wurden. Etwa 54 von ihnen befinden sich noch hinter Gittern. Obwohl Raúl Castro letztes Jahr andeutete, Kuba wäre bereit, einige politische Gefangene freizulassen, wenn die US-Behörden fünf kubanische Spione befreiten. [Fidel] Castro verglich die 2003 verhafteten Gefangenen mit Exilanten, die die Südküste der Insel während der verhängnisvollen Invasion in der Schweinebucht angriffen, und sagte, sie seien "alle im Dienst einer ausländischen Macht, die unser Land bedroht und blockiert," und bezieht sich dabei auf Beschuldigungen, sie konspirierten mit Washington, um das kommunistische Regime zu destabilisieren.
Der Expräsident hat kürzlich seiner Bewunderung für Obama Ausdruck verliehen, aber jetzt beschuldigt er den neuen US-Präsidenten, er zeige Anzeichen von "Oberflächlichkeit".
Er verteidigte außerdem Kubas Recht, 10% Steuern auf jeden US-Dollar zu erheben, der von Cubano-Amerikanern an Verwandte auf der Insel geschickt wird, und sagte, wenn das Geld, das aus dem Ausland kommt, "in Dollar ist, gibt es um so mehr Gründe dafür, dass wir das tun sollten, da es sich um die Währung des Landes handelt, das uns blockiert."
Alle kubanischen Spitzenpolitiker bezeichnen das 47 Jahre alte Handelsembargo gegen dieses Land als Blockade.
"Nicht alle Kubaner haben Verwandte in Übersee, die Auslandsüberweisungen schicken," sagte Castro, und fügte hinzu, dass Kuba die Steuereinnahmen für den Austausch von Dollars nutze, um der gesamten Bevölkerung kostenlose medizinische Versorgung und Ausbildung und subventionierte Nahrungsmittel zu bieten.

Anmerkung:

Will Weissert schreibt "assume" (annehmen, vermuten), was aber völlig sinnentstellend ist. Fidel schrieb wörtlich "nadie debe asombrarse", was bedeutet, "niemand sollte erstaunt sein".
In der offiziellen kubanischen Übersetzung ins Englische heißt es völlig korrekt "no one should feel astonished", womit die Behauptung, Fidel sträube sich gegen die Strategie der Geste des guten Willens, (ob beabsichtigt oder nicht) als Unfug entlarvt ist.
Im nächsten Satz heißt es bei Fidel in der offiziellen Übersetzung: "Jene, wie es schon mit den Söldnern von der Schweinebucht geschah, stehen im Dienst einer ausländischen Macht, welche unser Vaterland bedroht und einer Blockade aussetzt", womit Fidel offensichtlich darauf anspielt, dass damals über Tausend Söldner gegen Traktoren und Medikamente ausgetauscht wurden.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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