Gast:
Ricardo Alarcón, Präsident der Kubanischen Nationalversammlung. Er steht mit uns am Telefon in Havanna in Verbindung.
Eiltranskript (Fragment)
JUAN GONZÁLEZ: Also, ein weiteres Gericht, der Oberste Gerichtshof, hat die Überprüfung des Falles der fünf inhaftierten Kubaner, bekannt als die Cuban Five, abgelehnt. Die Männer waren 2001 von einer Jury in Miami als nicht registrierte ausländische Agenten wegen Spionage innerhalb des U.S.-Militärs und kubanischer Exilanten in Südflorida verurteilt worden. Alle Fünf verbüßen Strafen in über das Land verteilten Bundesgefängnissen. Die Anwälte der Männer sagen, sie hätten nicht die USA ausspioniert, sondern versucht, gewalttätige rechtsradikale kubanische Exilgruppen zu überwachen, die Anschläge auf Kuba organisiert hätten.
Die Richterin in Miami verweigerte in dem Fall die Verlegung des Prozesses in eine andere, weniger von kubanischen Exilanten beherrschte Region. Die Anwälte der Fünf sagen, die Gruppe der Geschworenen in Miami sei befangen gewesen. Das Verfahren gegen die Cuban Five war das einzige U.S.-Rechtsverfahren in der U.S.-Geschichte, das von der U.N. - Menschenrechtskommission verurteilt wurde.
AMY GOODMAN: Wir gehen jetzt nach Havanna, wo wir tlefonisch mit Ricardo Alarcón, dem Präsidenten der Kubanischen Nationalversammlung, verbunden sind.
Herzlich willkommen bei Democracy Now! Bitte beginnen sie mit ihrer Antwort auf die Entscheidung des Supreme Court's.
RICARDO ALARCÓN: Gut, guten Morgen Amy und Juan und allen Zuhörern bei ihnen.
Ich würde sagen, dass es eine sehr traurige Entscheidung ist, die da getroffen wurde, wenn sie sich daran erinnern, dass der Antrag der U.S.-Administration, der von Mai, als die neue Administration gerade ihr Amt angetreten hatte, den Supreme Court dringend ersuchte, die Revision abzulehnen.
Ich würde auch gerne einen Punkt klarstellen: Es wurde gesagt, dass sie der Spionage angeklagt oder für schuldig befunden wurden, wegen der Informationssuche in Militäreinrichtungen und dergleichen. Aber lassen sie uns daran erinnern, was wir angefochten oder versucht haben, vor dem Supreme Court überprüfen zu lassen, war das Urteil, das vom Berufungsgericht des 11. Bezirk in Atlanta im September 2008 bestätigt worden war. Es war eine abschlägige, unfaire Entscheidung, weil sie den ganzen Prozess nicht beendete.
Aber es gab darin auch einige positive Aspekte. In diesem Beschluss sagte das Berufungsgericht fünf Mal, dass in diesem Fall nichts die nationale Sicherheit Betreffendes enthalten war, dass sie keine die nationale Sicherheit betreffende Geheiminformationen sammelten oder weitergaben. Darum entschied das Berufungsgericht, die Strafurteile von Drei von ihnen auszusetzen, um einen neuen Strafbemessungsprozess anzuordnen, der nun wahrscheinlich der nächste Schritt in diesem langsamen, langen Fall ist. Aber das bedeutet, dass nach zehn Jahren der Diskussion und de Berufungen und so weiter, eine niedrigere Gerichtsinstanz, das Gericht in Atlanta, einstimmig beschloss und anerkannte, was wir die ganze Zeit schon gesagt haben, dass sie nichts gegen die USA unternommen hatten, dass ihre einzige Rolle darin bestand, in Terrorgruppen einzudringen, die seit vielen Jahren von Miami aus gegen Kuba operierten.
Und es gab viele, viele, viele Beweise dafür. Ich brauche nicht alle Fakten zu erwähnen, die sie bereits sehr gut kennen. Herr Luis Posada Carriles bewegt sich immer noch frei innerhalb des gesamten U.S.-Gebiets… Er wurde nicht nach Venezuela ausgeliefert, wo er vor Gericht gestanden hatte wegen der Zerstörung - erstmalig in der Geschichte - der Zerstörung eines Zivilflugzeuges mitten im Flug. Und er wurde dafür nicht mit Strafe verfolgt, nicht für dieses Verbrechen in den USA. Gerade das hier ist ein Beispiel. Die Personen, die versuchten, etwas über Herrn Posada Carriles und Leute wie ihn herauszufinden und deren Pläne gegen Kuba, die sind im Gefängnis. Und Herr Posada, Herr Bosch und viele andere genießen das gute Leben in Amerika.
Das war ein sehr trauriger Beschluss auf Rechtsebene, der eine negative Botschaft an das kubanische Volk und viele Menschen in der ganzen Welt darstellt. Die USA fahren fort ...
AMY GOODMAN: Ricardo Alarcón, wir müssen unterbrechen, aber wir werden auf diese Diskussion zurückkommen mit dem Präsidenten der Kubanischen Nationalversammlung in Verbindung in Havanna. Wir kommen in einer Minute zurück.
[Unterbrechung]
AMY GOODMAN: Bei uns zu Gast ist der Präsident der Kubanischen Nationalversammlung. Wir stehen in Verbindung mit Ricardo Alarcón. Ich wollte sie noch allgemeiner über die Beziehungen zwischen den USA und Kuba unter Präsident Obama befragen. Als er auf dem Gipfeltreffen Amerikanischer Staaten in Trinidad und Tobago im April sprach, rief Obama zum, Zitat, "Neuanfang mit Kuba" auf und weckte Hoffnungen auf ein Tauwetter in den Beziehungen zwischen beiden.
PRÄSIDENT BARACK OBAMA: Es gab mehrere Bemerkungen in Richtung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba. Also lassen Sie mich folgendes ankündigen: Die Vereinigten Staaten suchen einen neuen Anfang mit Kuba. Ich weiß, das wird eine längere - ich weiß, das wird eine längere Reise, die wir antreten müssen, um Jahrezehnte des Misstrauens zu überwinden, aber es gibt entscheidende Schritte, die wir bis dahin einleiten können. Ich habe schon an der Kubapolitik etwas geändert, was gescheitert ist, Freiheit und Chancen des kubanischen Volkes voranzubringen. Wir werden jetzt Cubano-Amerikanern erlauben die Insel zu besuchen, wann immer sie wollen und ihre Familien mit Hilfsmitteln zu versorgen, auf die selbe Weise wie viele Menschen in meinem Land Geld an ihre Familien in Ihren Ländern schicken, damit diese ihre täglichen Bedarf bezahlen können.
Während der letzten zwei Jahre habe ich angedeutet, und ich wiederhole das heute, dass ich darauf vorbereitet bin, dass meine Administration in vielen Dingen mit der kubanischen Regierung zusammenarbeiten wird, von Drogen, über Migration und wirtschaftliche Angelegenheiten bis hinzu Menschenrechten, freier Rede und demokratischen Reformen. Jetzt, lassen Sie mich deutlich werden, ich bin nicht an Gesprächen interessiert, nur um des Redens willen. Aber ich glaube, dass wir die Beziehungen zwischen den USA und Kuba in eine neue Richtung lenken können.
AMY GOODMAN: Das war Präsident Obama auf dem Gipfel der amerikanischen Staaten. Ricardo Alarcón, Sie sind Präsident der Kubanischen Nationalversammlung. Ihre Antwort?
RICARDO ALARCÓN: Gut, es ist sehr wichtig, nicht nur um des Redens willen miteinander zu sprechen. Um den Pudding zu testen, muss man ihn essen.
Er hat, nebenbei bemerkt, in der Liste der Dinge, die in diesem Prozess angesprochen werden könnten, nicht den Terrorismus erwähnt. Und mehr oder weniger hat er fast zur selben Zeit, da er das in Trinidad und Tobago gesagt hat, den US-Supreme Court aufgefordert, den Fall der Fünf nicht zu erörtern, nicht zu überprüfen. Er kann beweisen, ob er nur Worte hat oder auch Taten, indem er seine Autorität ausübt. Er kann und sollte die Anklagen gegen die Fünf augenblicklich zurückziehen. Atlanta hat anerkannt, dass sie keinerlei Spionagetätigkeit ausgeübt haben.
Und die andere wichtige Anklage, die die sich auf den angeblich von Gerardo Hernández begangenen Mord bezieht, wurde von der US-Administration in einem schriftlichen - einem beispiellosen Dokument in der amerikanischen Geschichte - anerkannt, dass sie keinerlei Beweise besäßen, dass sie diese Anklage nicht aufrecht erhalten könnten, und baten das Gericht 2001 sogar, diese Anklage fallenzulassen. Und was ist das? Der Präsident könnte diese Argumente einsetzen, um, lassen Sie mich sagen, Gerechtigkeit zu üben. Er könnte Posada Carriles und die anderen Terroristen ins Gefängnis stecken und die befreien, die gegen deren Aktionen Widerstand leisteten. Das wäre ein konkreter, einfacher Schritt, um zu demonstrieren, dass das was aus dem Weißen Haus kommt, nicht nur Worte sind.
Nebenbei bemerkt, das einzige konkrete ist, dass er versprochen hat, die Reisebeschränkungen für Cubano-Amerikaner aufzuheben. Aber wenn Sie zum jetzigen Zeitpunkt, Amy, in die Quellen der US-Behörden blicken, werden Sie sehen, dass die Regelungen noch genauso sind wie zuvor. Sie haben nicht einmal die nötigen Schritte unternommen. Sie reden darüber, aber die Regelungen, wenn man sie jetzt, heute, liest, sind genau wie vorher.
AMY GOODMAN: Ricardo Alarcón, Die Frage nach diesem Ehepaar - Walter Myers und seine Frau Gwendolyn - der frühere Analyst des State Departments und seine Frau, werden beschuldigt, für die kubanische Regierung spioniert zu haben. Sie haben nicht schuldig plädiert, Spionage begangen zu haben und Agenten einer ausländischen Regierung zu sein und Unterschlagungen begangen zu haben. Ihre Antwort?
RICARDO ALARCÓN: Gut, ich weiß nur, was in der Presse steht, und ich habe die Anklageschrift gelesen. Das ist interessant. In der Anklage erwähnen sie nur eine Sache: was ein FBI-Agent sagt, was sie ihm gesagt hätten. Dann noch, dass das Ehepaar ein Kurzwellen-Radio besessen habe - ich könnte mir vorstellen, dass sie nicht die einzigen [US-]Amerikaner sind, die ein solches Ding besitzen - und dass sie einmal in Kuba waren. Und in den Medien wird auch ein Tagebuch erwähnt, ein privates Tagebuch der Dame, in dem sie gewisse Gefühle für Kuba äußert, die nicht nur ihre Gefühle sind. Viele Menschen lieben Kuba und respektieren uns.
Nebenbei, die wirkliche Frage, die sich mir stellt, ist, wenn sie schon seit Jahren von den angeblichen Aktivitäten wussten, veröffentlichen sie es genau am Vorabend des Zeitpunkts, an dem der Supreme Court es ablehnt, den Fall der Cuban Five zu überprüfen, was von der selben Administration gewünscht wurde, die jetzt ein Ehepaar in New York beschuldigt [unverständlich] -
AMY GOODMAN: Ricardo Alarcón, wir müssen Sie jetzt verlassen, aber wir danken Ihnen sehr, dass Sie mit uns gesprochen haben. Ricardo Alarcón, Präsident der Kubanischen Nationalversammlung sprach mit uns über Telefon aus Havanna.
Deutsch: ˇBasta Ya! (jmb, db)