Der Anti-Empire Report

Dissident Voice vom 30. September
von William Blum
www.killinghope.org

Befreiung der Welt von der Krankheit des Pazifismus

Man stelle sich folgende Szene vor: Afghanistan. Zwei gekaperte Tankwagen voll mit leichtentzündlichem Benzin, rundum eine Menge Afghanen, scharf darauf, etwas davon umsonst abzapfen zu können... . Was sollte man dann auf keinen Fall tun wollen? Richtig - Bomben auf die Tankwagen fallen lassen. Das ist es aber, wozu ein deutscher Militärkommandant einem amerikanischen Drohnenbomber am 4. September das Signal gab. Rums!!! Mindestens 100 Menschen eingeäschert. Dieser Zwischenfall führte zu einer Menge Debatten in Deutschland. Denn Artikel 26 des deutschen Nachkriegsgrundgesetzes besagt: "Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angrifsfkrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen."
Aber die NATO (alias die Vereinigten Staaten) kann Genugtuung aus der Tatsache ziehen, dass die Deutschen ihren dümmlichen Pazifismus beiseite lassen und wie richtige Männer handeln, als geübte Militärkiller; obwohl sich die Deutschen vor diesem Zwischenfall an einigen Luft- und Bodenkämpfen beteiligt hatten, hatte es solch eine dramatisches und auch veröffentlichtes Unternehmen auf Kosten ziviler Menschenleben nicht gegeben. Deutschland hat jetzt über 4.000 Soldaten in Afghanistan, nach den USA und den Briten das drittgrößte Kontingent, und zu Hause haben sie gerade den Bau eines Denkmals für gefallene Mitglieder der Bundeswehr, die 1955 gegründet wurde, fertig gestellt. 38 Mitglieder der Bundeswehr haben (bisher) ihr junges Leben in Afghanistan gelassen.
Im Januar 2007 schrieb ich den entsprechenden Bericht darüber, wie die USA Deutschland in diese Richtung gedrängt hatten und darüber, dass die Umstände daraufhin deuteten, dass Washington mit Deutschlands Schritttempo bei der Unterwerfung unter die jeweiligen Bedürfnisse des Imperiums, seine Geduld verlieren könne. Deutschland lehnte es ab, Truppen in den Irak zu entsenden und schickte nur Defensivkräfte nach Afghanistan, eigentlich nicht gut genug für die Pentagon-Krieger und ihre Nato-Verbündeten.
Deutschlands führendes Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete folgendes:
Bei einem Treffen in Washington schimpften Beamte der Bush-Administration während eines Gesprächs im Kontext Afghanistans mit Karsten Voigt, dem deutschen Regierungsvertreter für deutsch-amerikanische Beziehungen: "Sie konzentrieren sich auf Wiederaufbau und Friedenseinhaltung, aber die unangenehmen Sachen überlassen Sie uns." ... "Die Deutschen müssen lernen zu töten."
Ein deutscher Offizier im NATO- Hauptquartier bekam von einem britischen Offizier zu hören: "Jedes Wochenende schicken wir zwei Metallsärge nach Hause, während ihr Deutschen Buntstifte und Wolldecken verteilt." Bruce George, der Leiter des britischen Verteidigungskomitees, sagte: "Einige trinken Tee und Bier und andere riskieren ihr Leben."
Ein NATO-Kollege von Kanada bemerkte, dass es wohl an der Zeit sei, dass "die Deutschen ihre Schlafquartiere verließen und lernten, wie man Taliban tötet."
Und in Quebec sagte ein kanadischer Beamter zu einem deutschen Beamten: "Wir haben die Toten, und Sie trinken Bier." (1)
Ironischerweise waren die Deutschen in vielen anderen Zusammenhängen seit dem Ende des II. Weltkrieges nicht in der Lage, sich von dem Image der Nazimörder und Monster zu befreien.
Wird der Tag kommen, da die Taliban und Iraker von "der freien Welt" dafür verspottet werden, dass sie in Frieden leben?
Die Vereinigten Staaten haben sich auch jahrzehntelang darum bemüht, Japan von seiner pazifistischen Post-Weltkrieg-II-Verfassung und -Außenpolitik zu entwöhnen, und sie haben es auf den rechten Pfad zurück gebracht, wieder eine Militärmacht zu sein, nur diesmal in Abstimmung mit den Bedürfnissen der U.S.-Außenpolitik.

  • "In aufrichtigem Streben nach einem auf internationalem Frieden basierenden Recht --und - Ordnungssystem, entsagt das japanische Volk dem Krieg als souveränes Recht der Nation und der Bedrohung oder den Einsatz von Gewalt als Mittel zur Bereinigung internationaler Auseinandersetzung.
    Um dieses Ziel des vorherigen Paragraphen zu erreichen, werden Truppen zu Land, zu Wasser oder der Luft sowie andere Kriegspotentiale nie in Anspruch genommen werden. Das Kriegsrecht der Staaten wird nicht anerkannt." Artikel 9 der japanischen Verfassung von 1947, ein Wortlaut, der von der großen Mehrheit der japanischen Bevölkerung lange in Ehren gehalten wurde.

Der Triumphalismus der amerikanischen Besatzung Japans zu Ende des II. Weltkrieges, in Person von General Douglas MacArthur, spielte eine Hauptrolle bei der Formulierung dieser Verfassung. Aber nachdem die Kommunisten 1949 in China an die Macht gekommen waren, stimmten die Vereinigten Staaten für ein starkes Japan, das sicher im antikommunistischen Lager eingebunden wäre. Seitdem ist alles den Bach 'runtergegangen. Schritt für Schritt ... MacArthur ordnete selbst die Gründung einer "nationalen Polizeireserve" an, die der Embryo für das zukünftige japanische Militär sein sollte. ... Bei seinem Besuch in Tokio 1956 sagte der U.S.-Außenminister John Foster Dulles den japanischen Beamten: "In der Vergangenheit hat Japan seine Überlegenheit gegenüber den Russen und China demonstriert. Es wäre für Japan an der Zeit, wieder als Großmacht zu denken." (2) ... Verschiedene US-japanische Sicherheits- und Verteidigungsabkommen über Zusammenarbeit, die zum Beispiel Japan dazu aufriefen, seine Militärtechnologie mit der der USA und der NATO abzustimmen..., die die USA mit neuen ausgeklügelten Militärflugzeugen und Zerstörern versorgte... mit allen Arten japanischer logistischer Unterstützung für die häufigen US-Militäroperationen in Asien... mit wiederholtem Druck aus den USA auf Japan, sein Militärbudget zu erhöhen und seine Streitmacht zu vergrößern,... um über einhundert U.S.-Militärbasen in Japan unter dem Schutz der japanischen Streitmacht zu errichten,... US-japanisch gemeinschaftliche Militärübungen, gemeinsame Forschung am Raketenabwehrsystem zu veranstalten,... der U.S.-Botschafter äußerte sich 2001 zu Japan: "Ich denke, die Realität der Umstände in der Welt sind dazu angetan, dass Japan den Artikel 9 neu deutet oder umdefiniert." ... Unter dem Druck aus Washington schickte Japan als seinen Part an der Afghanistan-Kampagne 2002 etliche Marinetanker zur Auftankung von U.S.- und britischen Kriegsschiffen in den indischen Ozean, dann entsandte es Zivilkräfte in den Irak zur Unterstützung des amerikanischen Kriegszenarios sowie auch nach Ost-Timor, einem anderen amerikanischen Kriegsschauplatz ... . U.S.-Außenminister Colin Powell 2004: "Wenn Japan sich anschickt, eine echte Rolle auf der Weltbühne zu spielen und ein vollwertiges, aktives Mitglied des Sicherheitsrates zu werden und die Art von Verpflichtungen zu übernehmen, die ein Mitglied des Sicherheitsrates übernehmen würde, müsste Artikel Neun in diesem Lichte untersucht werden." (4)
Als Ergebnis oder Symptom alles dessen kann vielleicht der Fall von Kimiko Nezu, einer 54-jährigen Lehrerin, angesehen werden, die 2005 durch Versetzungen von Schule zu Schule, Suspendierungen, Gehaltskürzungen und Amtsenthebungsandrohungen bestraft wurde, weil sie sich geweigert hatte, während des Abspielens der Nationalhymne aufzustehen, ein Lied aus dem II. Weltkrieg, das 1999 zur Nationalhymne erklärt worden war. Sie widersetzte sich dem Lied, weil es das selbe war, das gesungen wurde, als Japans imperialistische Armee ausrückte, und ein "ewiges Reich" für den Kaiser forderte. 2004 weigerten sich bei einer Schulabschlussfeier 198 Lehrer, sich für dieses Lied zu erheben. Nach einer Reihe von Geldbußen und Disziplinarmaßnahmen waren Nezu und neun andere Lehrer im darauf folgenden Jahr die einzigen Protestierenden. Nezu wurde dann nur noch erlaubt, in Anwesenheit eines anderen Lehrers zu unterrichten. (5)
Was uns nach Italien führt, dem noch verbleibenden Mitglied der drei Parteien oder der dreigliedrigen Achse des II. Weltkriegs. Artikel 11 der italienischen Verfassung von 1948 besagt unter anderem: "Italien weist den Krieg als Mittel internationaler Auseinandersetzungen und als Instrument der Aggression gegen die Freiheit anderer Menschen zurück." (6)
Aber Washington stellte schon früh gegenteilige Ansprüche an seine Nachkriegsseele. 1948 übernahmen die Vereinigten Staaten fast die gesamte italienische Wahlkampagne, um sicherzustellen, dass die Christdemokraten (CD) den kommunistisch-sozialistischen Kandidaten schlagen würden. (Und die USA blieben über die nächsten drei Jahrzehnte eine Wahlmacht in Italien und hielten die Macht der CD aufrecht. Die Christdemokraten verhielten sich im Gegenzug als loyale Partner im Kalten Krieg.) (7) 1949 sorgten die USA dafür, dass Italien ein Gründungsmitglied der NATO wurde. Das wurde nicht als Bedrohung für Artikel 11 angesehen, weil die NATO sich immer als "Verteidigungs"-Organisation getarnt hatte, sogar 1999, als sie eine 78-tägige Bombardierung Jugoslawiens durchführte, stellten sowohl Italien als auch Deutschland Luftstreitkräfte und einen Luftwaffenstützpunkt in Aviano zur Verfügung, diente Italien als Drehscheibe für die täglichen Bombenangriffe. Über Jahrzehnte ist Italien die Heimat von U.S.-Militärstützpunkten und -Landeplätzen gewesen, die Washington für ein Militärabenteuer nach dem anderen von Europa aus nach Asien nutzte.
Es gibt etwa 3.000 italienische Soldaten in Afghanistan, die eine Auswahl verschiedener Dienste leisten, die es den Vereinigten Staaten und der NATO ermöglichen, sich in blutigen Kriegen zu engagieren. Und 15 italienische Soldaten haben ihr Leben in diesem traurigen Land gelassen. Der Druck auf Italien wie auf Deutschland, vollwertige Mitstreiter in Afghanistan und anderswo zu werden, ist seitens ihrer NATO-Kameraden unerbittlich. (8)

Die Mauer in Berlin - ein weiterer Mythos des Kalten Krieges

Innerhalb weniger Wochen kann der Ankurbelung der Propagandamaschinerie seitens der westlichen Medien erwartet werden, um den 20. Jahrestag des Niederreißens der Mauer von Berlin am 9. November 1989 zu begehen. Alle Klischees des Kalten Krieges über "Die Freie Welt" gegen die "Kommunistische Tyrannei" werden abgespult werden, und die einfältige Geschichte über das Zustandekommen der Mauer wird wiederholt werden: 1961 bauten die ostberliner Kommunisten die Mauer, um ihre unterdrückten Einwohner an der Flucht nach Westberlin und in die Freiheit zu hindern. Warum? Weil Kommies nicht mögen, dass Leute so frei sind, die "Wahrheit" zu erfahren. Welche anderen Gründe hätte es sonst geben können?

Zunächst, vor der Errichtung der Mauer pendelten täglich Tausende Ostdeutsche wegen ihrer Arbeit in den Westen und kamen am Abend wieder zurück. Also wurden sie eindeutig nicht gegen ihren Willen im Osten festgehalten. Die Mauer wurde vor allem aus zwei Gründen gebaut:

  • 1. Der Westen plagte den Osten in einer energisch geführten Kampagne der Abwerbung ostdeutscher Berufstätiger und Facharbeiter, die auf Kosten der kommunistischen Regierung ausgebildet worden waren. Das führte schließlich zu einer ernsten Arbeits- und Produktionskrise im Osten. Über eines der Anzeichen dafür berichtete die New York Times 1963: "Westberlin litt durch den Verlust von 60.000 Facharbeitern, die täglich zwischen ihrem Zuhause in Ostberlin und ihrem Arbeitsplatz in Westberlin pendelten, wirtschaftlich unter der Mauer." (9)
  • 2. In den 1950ern führten die amerikanischen kalten Krieger in Westberlin eine barbarische Kampagne der Sabotage und Subversion gegen Ostdeutschland ein, dazu geschaffen, die Wirtschaft des Landes niederzuwerfen und den administrativen Aufbau auszuschalten. Die CIA und andere U.S.-Geheim- und Militärdienste rekrutierten deutsche Gruppen von Aktivisten und Personen aus West und Ost, rüsteten sie aus, trainierten und finanzierten sie, damit sie Aktionen ausführten, die vom Terrorismus bis zu jugendlicher Delinquenz reichten, eben alles, was das Leben der ostdeutschen Bevölkerung schwer machte und deren Unterstützung für die Regierung schwächte, eben alles, um Kommies schlecht aussehen zu lassen.

Es war ein bemerkenswertes Unterfangen. Die Vereinigten Staaten und ihre Agenten setzten Bomben, Brandlegung, Kurzschlussverursachung und andere Methoden ein, um Elektrizitätswerke, Häfen, Kanäle, Hafenanlagen, öffentliche Gebäude, Gaswerke, öffentliche Transportmittel, Brücken etc. zu beschädigen. Sie ließen Frachtzüge entgleisen und verletzten Arbeiter dabei schwer. Sie brannten 12 Frachtwaggons eines Zugs nieder und zerstörten die Luftdruckschläuche der anderen, sie setzten Säure ein, um einer lebenswichtigen Maschinenfabrik zu schaden, sie schütteten Sand in die Turbine einer Fabrik und brachten sie zum Stillstand, legten Feuer in einer Ziegelfabrik, förderten die Arbeitsdrosselung in Fabriken, sie töteten 7.000 Kühe einer kooperativen Milchfarm durch Vergiften, schütteten Seifenpulver in Milchpulver, das für ostdeutsche Schulen bestimmt war. Als sie verhaftet wurden, waren sie im Besitz einer großen Menge des Giftes Cantharidin, mit dem sie vergiftete Zigaretten herstellen wollten, um führende ostdeutsche Persönlichkeiten zu töten, sie ließen auf politischen Versammlungen Stinkbomben los, um diese zu sprengen, sie versuchten, das Weltjugendfest in Ostberlin zu stören, indem sie gefälschte Einladungen, falsche Versprechen auf freie Unterkunft und Verpflegung verschickten, falsche Angaben über Absagen etc., sie führten Anschläge auf Teilnehmer mit Sprengstoff und Brandbomben aus, und zerstachen Autoreifen. Sie fälschten und verteilten große Mengen von Nahrungsmittelrationierungskarten, um Verwirrung, Knappheit und Missgunst hervorzurufen. Sie verschickten gefälschte Steuerbescheide und andere Anweisungen der Regierung und Dokumente, um die Desorganisation und Ineffizienz innerhalb der Industrie und Gewerkschaften zu fördern. ... Alles das taten sie und noch viel mehr. (10)
Über die 1950er Jahre reichten die Ostdeutschen und die Sowjetunion wiederholt Klagen bei den ehemaligen Alliierten der Sowjets im Westen und bei den Vereinten Nationen über die Sabotage- und Spionagetätigkeit ein und riefen zur Schließung der Abteilungen in Westberlin auf, die sie als verantwortlich dafür nannten und deren Namen und Adressen sie lieferten. Die Klagen fielen auf taube Ohren. Unvermeidlicherweise fingen die Ostdeutschen an, den Eintritt des Landes von Westen her abzuschotten.
Lassen Sie uns auch nicht vergessen, dass Osteuropa wegen Hitler kommunistisch wurde, mit Befürwortung des Westens nutzte er es als "Highway" in die Sowjetunion und um den Bolschewismus für immer auszurotten. Nach dem Krieg waren die Sowjets entschlossen, diese Schnellstraße zu schließen.
1999 berichtete USA Today: "Als die Berliner Mauer zerbröckelte, stellten sich die Ostdeutschen ein Leben in Freiheit vor, wo Konsumgüter reichlich vorhanden wären und die Mühsal verschwände. Zehn Jahre später sagen bemerkenswerte 51 %, sie seien im Kommunismus glücklicher gewesen." (11)
Um die gleiche Zeit wurde in Russland ein neues Sprichwort geboren: "Alles, was die Kommunisten über den Kommunismus sagten, war Lüge, aber alles, was sie über den Kapitalismus sagten, stellte sich als Wahrheit heraus."

Gesundheitsvorsorge: Unter Missachtung des riesengroßen roten Elefanten vor der Nase

Bei der fieberhaften Suche der letzten Monate danach, wie man dem amerikanischen Volk eine bessere Gesundheitsvorsorge bieten könne, haben die amerikanischen Medien oft die Gesundheitsvorsorgesysteme anderer Länder diskutiert, insbesondere die Europas. Gewöhnlich wird wenig, wenn überhaupt etwas, über Kubas System erwähnt, wo jeder für jedes Berücksichtigung findet, wo jeweilige Voraussetzungen keine Rolle spielen und kein Patient irgend etwas bezahlt, d.h. überhaupt nichts. Der Grund, warum das kubanische System in den Massenmedien so selten erwähnt wird, ist wahrscheinlich der, dass es irgendwie peinlich ist, dass das andererseits arme Land, das sich unter einem schrecklichen Joch (Würg', Schnauf'), dem Sozialismus abquält, ein Gesundheitssystem anbieten kann, von dem die Amerikaner nur träumen können.
Jetzt gibt es ein neues Buch von T.R. Reid, früherer Korrespondent der Washington Post und Kommentator des National Public Radio. Es heißt "The Healing of America: A Global Quest for Better, Cheaper, and Fairer Health Care" [Die Heilung Amerikas: .Eine globale Suche nach einer besseren, preiswerteren und faireren Gesundheitsvorsorge, Anm. d. Ü.] Reid versäumt es nicht, dem kubanischen System einige Verdienste einzuräumen, aber er stellt sicher, dass der Leser weiß, dass er nicht zum Opfer irgend einer "Kommie-Propaganda geworden sei. Er bezieht sich auf die kubanische Regierung als "einen totalitären kommunistischen Machtbereich" und fügt hinzu: "In jedem Land (außer vielleicht in einem Polizeistaat wie Kuba) gibt es eine Gruppe von Bürgern, die nicht an das vereinheitlichte Gesundheitsvorsorgesystem gebunden sind, die Reichen." Auf diese Weise wird die Tatsache, dass Kuba ein egalitäres Gesundheitsvorsorgesystem hat, zu etwas anscheinend Negativem, etwas, dass man nur in einem Polizeistaat für möglich halten kann.
Bei der Erörterung des Umstands, dass die Weltgesundheitsorganisation Kuba beste Noten für die Fairness seines Systems ausstellt, weist Reid darauf hin: "Natürlich reicht die Fairness und gleiche Behandlung nur so weit, dass, als Fidel Castro 2007 selber krank wurde, medizinische Experten aus Europa zu seiner Behandlung eingeflogen wurden." (13) Aha, ich wusste es! Amerikaner und nicht nur die verrückten Rechtsradikalen würden nie ein medizinisches System akzeptieren, wo jeder eine völlig kostenlose Behandlung für alle Beschwerden bekäme, wenn der Präsident je irgendeine Sonderbehandlung bekäme. Würden sie es? Wir könnten sie zumindest fragen.
Um auf die rechtsradikalen Spinner zurückzukommen: Es gibt einen Report in der New York Times, der besagt: "Morgen Abend treten wir mitten in die Debatte ein," wenn der Präsident "seine Botschaft in einer landesweit über Fernsehen und Radio übertragenen Rede ans Volk richtet", mit der er für die Verfügung der Gesetzesvorlage der Gesundheitsreform kämpfen will, die die Opposition als "sozialistische Medizin" bezeichnet und als "einen ersten Vorstoß der Bundesregierung zur Übernahme der privaten Medizin." Es war der Präsident John F. Kennedy, das Programm hieß "Medicare", der Times-Artikel war am 20. Mai 1962 veröffentlicht worden. Trotz der Rede scheiterte die Bemühung zunächst bis zu dessen Verabschiedung 1964. (14)
Und wenn schon von der totalitären kommunistisch-faschistischen kubanischen Polizeistaatsdiktatur gesprochen wird, mögen Herr Reid und andere an einem meiner Artikel interessiert sein (s. http://killinghope.org/bblum6/democ.htm ), der zeigt, dass Kuba über die Zeit seiner Revolution einen der besten Leumunde in Sachen Menschenrecht von ganz Lateinamerika genießt.
Aber wie kann man nach einem ganzen Leben der Konditionierung das Bewusstsein eines Amerikaners mit dieser Botschaft erreichen? Auf der letzten Klausurtagung der AFL-CIO, der führenden Arbeiterorganisation des Landes, gab es eine sehr progressive Resolution mit der Forderung des Rechtes aller Amerikaner nach Kuba reisen zu dürfen und der Beendigung des U.S.-Embargos gegen die Inselnation. Aber am Ende der Resolution erinnerten die Autoren uns daran, dass sie Amerikaner sind, indem sie Kuba dazu aufriefen, "alle politischen Gefangenen zu entlassen." (15)
Um einschätzen zu können, was an dieser Resolution nicht stimmt, muss man das folgende verstehen: Die Vereinigten Staaten sind für die kubanische Regierung so etwas wie die Al Qaida für Washington, nur viel mächtiger und viel näher. Seit der kubanischen Revolution fügten die Anti-Castro-Exilanten und die USA Kuba größeren Schaden zu und einen höheren Verlust an Leben, als der von New York und Washington am 11. September 2001. Kubanische Dissidenten haben typischerweise sehr enge, tatsächlich intime politische und finanzielle Verbindungen zu amerikanischen Regierungsbeamten, insbesondere in Havanna über die U.S.-Interessenvertretung. Würde die U.S.-Regierung eine Gruppe von Amerikanern ignorieren, die finanzielle Mittel von der Al Qaida erhielte und/oder sich wiederholt an Treffen mit bekannten Leitern dieser Organisation beteiligten? In den wenigen gerade vergangenen Jahren hat die amerikanische Regierung innerhalb der USA und in Übersee eine große Menge von Leuten nur aufgrund angeblicher Verbindungen zu Al Qaida verhaftet und das mit viel weniger Beweisen für dieses Vorgehen, als Kuba für die Verbindungen seiner Dissidenten zu den Vereinigten Staaten hat, durch Beweise, die durch kubanische Doppelagenten gesammelt worden waren. So gut wie alle "politischen Gefangene" Kubas sind solche Dissidenten.

Fußnoten

  • 1. Der Spiegel (Germany), November 20, 2006, p.24
  • 2. Los Angeles Times, September 23, 1994
  • 3. Washington Post, July 18, 2001
  • 4. BBC, August 14, 2004
  • 5. Washington Post, August 30, 2005
  • 6. Wikipedia: "Article 11 of Italian Constitution"
  • 7. William Blum, "Killing Hope", chapters 2 and 18
  • 8. For further discussion of US opposition to Post-WW2 Axis pacifism, see "Former Axis Nations Abandon Post-World War II Military Restrictions"
  • 9. New York Times, June 27, 1963, p.12
  • 10. See Killing Hope, p.400, note 8, for a list of sources for the details of the sabotage and subversion
  • 11. USA Today, October 11, 1999, p.1
  • 12. p.234 of Reid's book
  • 13. Ibid., p.150-1
  • 14. Washington Post, September 9, 2009

William Blum ist Autor von:

  • Killing Hope: US Military and CIA Interventions Since World War 2
  • Rogue State: A Guide to the World's Only Superpower
  • West-Bloc Dissident: A Cold War Memoir
  • Freeing the World to Death: Essays on the American Empire

Teile des Buches können gelesen und signierte Kopien gekauft werden unter: www.killinghope.org
Vorherige "Anti-Empire Reports" können auf dieser Website gelesen werden.

Die Bücher "Killing Hope" und "Rogue State" sind unter den Titeln "Zerstörung der Hoffnung" bzw. "Schurkenstaat" auch auf Deutsch erschienen.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

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