Sanftmut in der Zelle

Nach herkömmlicher Vorstellung müsste sich in Antonio Guerreros Kunstwerken ein Mann widerspiegeln, der auf Erlösung oder auf die Akzeptanz seiner Verurteilung wartet

Von Edie Adelstein Colorado Springs Independent, 1. Oktober 2009

Die Eröffnung von Antonio Guerreros Solo-Ausstellung in der Smokebrush Gallery enthält Bilder von Katzen, Vögeln, Ansichten des Hafens von Havanna und den Bergen von Colorado und in starkem Kontrast dazu eine grüne Metalltür. Es ist eine Zellentür und das, was Guerrero, ein 50 Jahre alter Gefangener im Hochsicherheitsgefängnis der Vereinigten Staaten in Florence täglich sieht.
Guerrero ist nicht der für Sie typische Straftäter - wenige sind es im System von Florence. Er ist einer der international bekannten Cuban Five, einer der Handvoll von Geheimdienstagenten aus Kuba, die bis zu ihrer Verhaftung 1998 in Miami operierten.
In einem Verfahren, das viele als vorurteilsbelastet ansahen, befand die Jury alle fünf Männer einer Sammlung von Spionageanklagen für schuldig. Guerrero erhielt lebenslänglich, plus 10 Jahre. (Weitere Informationen über die Cuban Five finden Sie bei "Stinging Back".) Berufungsverfahren müssten die Urteile noch abändern, doch jetzt ist Guerrero mit zwei anderen in Miami wegen einer Anhörung zur Strafneubemessung.
Sein "Desde Mi Altura" entbehrt die Aggression, die von Gefängniskunst erwartet wird. Guerreros Gemälde, Pastelle und Zeichnungen - die auch patriotische Portraits von Che Guevara und Fidel Castro darstellen - haben eine außergewöhnlich ruhige und meditative Klangfarbe.
"Es sind keine Abbildungen von Langeweile oder Verzweiflung, um die Zeit zu überstehen," sagt die Direktorin von Smokebrush Holly Parker. "Sie sind in keiner Weise emotional negativ belastet."
Was um so beeindruckender ist, wenn man bedenkt, dass der 50-jährige Guerrero hauptsächlich Autodidakt ist und mit der Kunst erst im Gefängnis begann.
Seine Poesie, die auch Bestandteil der Smokebrush-Ausstellung ist, weist mehr auf seine Inhaftierung hin als seine Kunstwerke, doch auch sie wird größtenteils von einem gemäßigten Ton beherrscht. Parker hat für den vom ehemaligen Hochsicherheitsgefangenen zum Poeten avancierten Jimmy Santiago Baca eine Lesung einiger Gedichte aus Guerreros Werk bei dem Eröffnungsempfang der Ausstellung arrangiert.
Während Guerrero nicht öffentlich sprechen kann, ist seine Dichtung in einem zweisprachigen Band veröffentlicht worden, die auch den Titel "Desde Mi Altura" trägt wie auch seine in Washington, D.C., Berkeley und Boulder gezeigten Kunstwerke. Die Kunstausstellung begann in der venezolanischen Botschaft, die aus den Privathäusern von Freunden und Familienmitgliedern, denen Guerrero seine Kunst als Geschenke schickt, gesammelt wurde.
Das National Committee to Free the Cuban Five, das von Gloria La Riva 2001 in San Francisco mitgegründet wurde, arbeitete dafür, die Ausstellung von Kalifornien nach Colorado zu schicken. Als sie am Telefon gefragt wurde, was "Desde Mi Altura" für sie bedeute, fing La Riva an zu weinen.
Außerhalb der Ausstellung sagte sie: "Wir möchten die Gemeinde von Colorado Springs wissen lassen, dass es einen Helden in ihrer Nähe gibt."
Parker sieht Guerros Kunst jedoch als jemand, der sich außerhalb des politischen Kreises befindet.
"Es geht darum, wie die Erfahrung künstlerischer Tätigkeit Menschen in ihrem Leben weiterhilft," sagt sie. "Es geht tatsächlich darum zu zeigen, wie unglaublich kreativ sein Leben gewesen ist."

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

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