CounterPunch, 14. April 2010

Eure Steuergelder - im Einsatz zur Überzeugung der Kubaner

[d.h., US-Steuergelder, Anm.d. Ü.]
Von Robert Sandels

14. April 2010

Die Brookings Institution hat ein weiteres dieser hilfreichen Kochbücher zur Weichkochung Kubas herausgegeben. Die neuen Rezepte raten zu mehr Ingredienzien aus dem öffentlichen US-Leben, um den schrecklich faden Weißen-Haus-Geschmack des Gebräus zu mindern.
Im vergangenen Jahr offerierte Brookings den Rat, wie man Kubaner überlisten könnte, eine "neue" US-Politik zu akzeptieren, um "die Interessen der Vereinigten Staaten bei der Suche nach auf den üblichen hemisphärischen Werten gegründeten stabilen Verhältnissen zu fördern." (1) Wahrscheinlich lieferte der von den USA unterstützte Sturz der honduranischen Regierung ja schon ein Beispiel für die bevorzugten Werte der Hemisphäre.
Nun kommt von der Brookings Institution die "U.S. Public Diplomacy for Cuba: Why It's Needed and How to Do It," [Öffentlichkeitswirksame US-Diplomatie für Kuba: Warum sie gebraucht wird und wie man es macht, Anm. d. Ü.] (2), in der der frühere britische Botschafter in Kuba Paul Hare die These aufstellt, dass kultureller Austausch, NGOs und sogar gewöhnliche Touristen Kubaner davon überzeugen könnten, mehr so sein zu wollen wie - na, ja, die Leute von Brookings.
Doch die "public diplomacy" stößt mit ihrer Überzeugungskraft auf Ablehnung. Der Botschafter erkannte nach seinem Dienst in Havanna von 2001-2004, dass sich die meisten Kubaner zwar einen Wandel wünschten, aber nicht den Kapitalismus des freien Marktes "oder eine von den USA aufgezwungene Lösung".
Schlimmer noch: "Die meisten Kubaner sind entweder zu gelangweilt oder resigniert, um sich darum kümmern zu wollen," schrieb er. (3) Angesichts des düsteren, fast Gulag-ähnlichen Bildes, das er vom kubanischen Staatssicherheitssystem ("eines der ausgebautesten Kontrollinstrumente der Welt") zeichnet, könnte man ihnen die "public diplomacy" nicht abkaufen wollen.
Was ist "public diplomacy"? Als Otto Reich in den 1980ern das Büro des State Department's der "public diplomacy" für Lateinamerika und die Karibik leitete, nutzte er es als Propagandawaffe der Reagan-Administration und setzte sie gegen die US-Bevölkerung ein. Er wurde unter anderem beschuldigt, er habe sich verdeckt und rechtswidrigerweise dafür eingesetzt, die US-Medien für die Befürwortung von Reagans Kriegen in Mittelamerika zu gewinnen. (4) Er hatte offensichtlich die Gebrauchsanweisung zu der Waffe nicht gelesen und schoss über das Ziel hinaus.
Jetzt liegen die Dinge anders. Boschafter Hare denkt, "public diplomacy" könne dabei helfen, Kubaner davon zu überzeugen, US-Interessen zu unterstützen - mit anderen Worten, Beihilfe zu ihrem Selbstmord zu leisten.
Kubaner kennen wahrscheinlich die US-Interessen schon. Sie können sie nachlesen im Helms-Burton-Gesetz aus der Clinton-Ära oder in den Reports von George W. Bushs Kommission zur Unterstützung eines freien Kuba, die den Weg in eine vom Markt bestimmten Zukunft für Kuba nur zu vorgeben und wie der Weg aussieht, den die Vereinigten Staaten gerade gehen. Es müsste etwas getan werden, reduziert auf die reinste Formel der von Präsident Eisenhowers State Department entwickelte Kuba-Politik lautet die: "Es sollte jede nur mögliche Maßnahme ergriffen werden, um Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung herbeizuführen." (5)
Wie will öffentlichkeitswirksame Diplomatie die Einstellung aller jener Kubaner ändern, die keinen Kapitalismus des freien Marktes wollen? Während man seine Vorzüge preist, sollte "public diplomacy" davon schweigen, wie sich der Kapitalismus des freien Marktes in den Vereinigten Staaten auswirkt.
Heißt das, dass sich die "public diplomacy" für ein Drehbuch von Lügen und gemeinen Vergleichen mit Kuba engagieren sollte? Nicht notwendigerweise. Die Botschaft muss nicht auf Fakten beruhen, sondern sollte darauf ausgerichtet sein, in den Köpfen der Kubaner einen angenehmen Tagtraum entstehen zu lassen, wie viel ihnen die Vereinigten Staaten bedeuten.

Kuba ohne die USA? - Unmöglich!

In seinem Brookings-Essay beantwortet der Botschafter eine Frage, an die nur wenige Leute je gedacht haben: Warum gab es während der Diktatur von Fulgencio Batista keine "public diplomacy" in Kuba?
"Weil die Vereinigten Staaten, es nicht nötig hatten, " sagt er, "die kubanische Regierung und die Bevölkerung davon zu überzeugen, warum sie die Vereinigten Staaten etwas angingen. In fast allen lebenswichtigen Angelegenheiten war es unmöglich, sich Kuba ohne die Vereinigten Staaten vorzustellen."
Der Botschafter mag da auf eine Revolutionstheorie gestoßen sein, die zu völlig neuen Untersuchungsergebnissen führen könnte: Fidel Castro ermöglichte es, sich Kuba ohne die Vereinigten Staaten vorzustellen.
Danach hätte es sich herausgestellt, dass der bleibende Effekt der Revolution die Verbreitung einer ungesunden Vergesslichkeit wäre. Das wäre es gewesen, was Fidel Castro exportiert hätte und nicht den Kommunismus.
So scheint es, als bestünde Fidels Fehler darin, sich damit abgemüht zu haben, alle möglichen unnötigen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Änderungen herbeizuführen, während er es damit den Kubanern in Wirklichkeit nur schwer gemacht hätte zu erkennen, wo ihre wahren Interessen lägen. Nun bliebe nur noch, sie durch öffentlichkeitswirksame Diplomatie davon zu überzeugen, wie sehr sie auf die Vereinigten Staaten angewiesen wären.
Doch in [zumindest] einem Punkt liegt der Botschafter nicht ganz richtig: Tatsächlich gab es schon beachtliche öffentlichkeitswirksame Diplomatie vor 1959. Viele Nichtregierungsorganisationen wie die Cosa Nostra erbrachten nützliche Annäherungsdienste an die kubanische Bevölkerung. Wie beispielsweise die vielen Personen bei informellen Austauschprogrammen mit der Bevölkerung in dieser Zeit, die engere bilaterale Beziehungen zu jungen kubanischen Frauen suchten, die leider gerade arbeitslos waren.
Nach dieser kleinen Korrektur lasst uns den Entwurf des Botschafters untersuchen. Um den Weg für effektive Öffentlichkeitsarbeit frei zu machen, empfiehlt er, etliche herausragende Probleme ("Altlasten") aus dem Weg zu räumen. Die Kubaner seien zum Beispiel unzufrieden mit der Propaganda über Radio und TV Martí, damit, dass es den US-Marinestützpunkt auf ihrem Gebiet gibt, dass bekannte Terroristen wie Luis Posada Carriles sich frei in Miami herumtreiben, dass das State Department Kuba auf seine Liste der Sponsoren von Terrorismus gesetzt hat und über die weitere Inhaftierung der fünf kubanischen Agenten, die zur Unterwanderung von Terroristenorganisationen nach Miami geschickt worden waren. Der Botschafter macht nur wenige Angaben dazu, wie diese Probleme gelöst werden könnten - vielleicht durch ein außergerichtliches Verfahren, bei dem die Vereinigten Staaten keine ihrer Missetaten zugeben müssten.
Der Verzicht auf das Ziel, die kubanische Regierung zu stürzen, ist jedoch nicht einmal auf der Liste. Hier finden wir einen Denkfehler des Botschafters, der den Kubanern eigentlich zeigt, dass das, was die Vereinigten Staaten für sie in Petto halten, die Absicht der "public diplomacy" eher entlarvt, insbesondere, wenn das, wofür man eintritt, das Ende ihrer Art zu leben bedeutet. Um dies zu verwirklichen, werden die Experten der "public democracy" den Kubanern erklären müssen, inwiefern wirtschaftliche und andere Arten der Strangulierung in ihrem eigenen Interesse liegen könnten.
Wie konnte der Botschafter dieses Detail auslassen? Etwas an seiner Kuba-Analyse ist ein Bisschen daneben. Die Antwort darauf findet sich in seinem Report von 2004. Man muss wissen, er ist Brite, und im Unterschied zu Amerikanern haben die Briten keine kubanische Exilantengemeinde, die sie in das korrekte Studium Fidels einweisen könnten. "Daher ist die wirkliche Kenntnis über Fidel, seine Ziele und Methoden rar," fasst der Botschafter nach drei Jahren auf der Insel zusammen.
Daraus folgt dann, dass alle "public diplomacy" von Exilanten in Miami ausgeführt werden sollte.

In den USA stirbt niemand für einen Campingkocher

Der aktuelle Fall des kubanischen Hungerstreikers bietet eine Gelegenheit für eine sachgemäß von Miami-Exilanten ausgeführte "public diplomacy", um zu zeigen, wie viel besser die Gefangenen in den Vereinigten Staaten behandelt werden. Die Kubakritik der Regierung und der Medien wegen des kürzlich verstorbenen Hungerstreikers Orlando Zapata Tamayo und den noch andauernden Hungerstreik anderer ist hauptsächlich an Menschen außerhalb Kubas gerichtet, nicht an die Kubaner selbst. Sehr wenige Menschen haben je von ihnen gehört und ebenso wenige sympathisieren mit der kleinen Anzahl von Dissidenten, die die Hungerstreiks unterstützen. Der kubanische Sozialwissenschaftler Rafael Hernandez glaubt, es käme daher, dass es der Dissidentenbewegung "an Führung und Legitimität mangele". (6)
Botschafter Hare würde sagen, das, an was es fehle, seien nicht Führer und Legitimität, sondern Input aus unserer "public democracy".
Wozu er wahrscheinlich raten würde, wäre, dass unsere Beunruhigung über essensverweigernde Gefangene in Kuba der kubanischen Öffentlichkeit direkt durch Exilantensprecher von Miami und Teilen von New Jersey mitgeteilt werden sollte.
Stattdessen lassen wir Präsident Obama mit einer ungeschickten offiziellen Verkündigung einschreiten, die die kubanische Regierung der Unterdrückung beschuldigt und die Freilassung aller politischen Gefangenen fordert. Vielleicht hatte Obama den Abschnitt nicht gelesen, dass "die Vereinigten Staaten erkennen sollten, dass die wirkungsvollste und glaubwürdige Stimme nicht immer die ihrer Regierung ist".
Anscheinend weiß Obama nicht, wie "man die kubanische Öffentlichkeit mit einer zuvorkommenden, vorbehaltslosen und sichtbaren Annäherungsstrategie für sich einnimmt".
Diese und andere Prinzipien einer wirksamen "public diplomacy" würden es Obama abverlangen, durch Annäherung über vom Kongress gegründete Organisationen, den Kubanern zu erklären, warum man Zapata, einem wegen gewöhnlicher Verbrechen Verurteilten, ein Fernsehgerät, einen Herd und ein Telefon in seiner Zelle hätte zur Verfügung stellen sollen, wie er es beantragt hatte.
Kubaner sollten wissen, dass Verurteilten in US-Gefängnissen solche Dinge routinemäßig zur Verfügung gestellt werden, sie hören nicht mehr als 10 Tage lang auf zu essen, wie es durch die Gefängnisbehörde festgelegt ist. Einige Gefangene fordern Gardinen und Bequemlichkeiten, für die es ausreicht, eine Woche lang zu fasten.
Um das Bewusstsein über die positiven Errungenschaften weiter zu erhöhen, sollte Obama seine Diplomaten für die Öffentlichkeitsarbeit instruieren, dass sie jüngste Beispiele der humanen Behandlung von Straffälligen in US-Gefängnissen zitieren. Viele wurden entlassen, nachdem sie einem Notar gegenüber bekundet hatten, dass sie von der US-Regierung desillusioniert seien, von deren Ausgabendefizit, der inflationären Bilanz der Bundesreserven und anderer Politik. Falls beantragt, könnten kleinkalibrige Waffen für sie ausgegeben werden, sie ruhig gestellt und mit Hubschraubern in ihren natürlichen Lebensraum in den Michigan-Wäldern gebracht werden. [Hier spielt der Autor offenbar auf Rechtsextremisten in Michigan an, die genau solche Beschwerden führen und Angst haben, dass Obama ihnen ihre Gewehre zur Selbstverteidigung wegnähme, außerdem befindet sich in den Michigan Woods ein Konzentrationslager für Gefangene, Anm. d. Ü.]
Solche Informationen darüber, wie viel besser diese Dinge in den Vereinigten Staaten laufen, würden bei Kubanern Anklang finden und ihnen den Weg weisen, wohin "eine auf der Förderung des Wohlbefindens des kubanischen Volkes beruhende Politik" führen würde, "zumindest denen, die im Gefängnis sind. Großzügige Parties, die von der US-Botschaft geschmissen würden, könnten dazu beitragen, aber wenn die Kubaner die nicht besuchten, dann könnte das hochherrschaftliche britische Haus in Havanna und die 32.000 englische Pfund, die Botschafter Hare jedes Jahr ausgibt, genutzt und aufgestockt werden. Tatsächlich könnte der Swimmingpool innerhalb des früheren Wohnsitzes des Botschafters in Havanna für eingeladene Einheimische zur Verfügung gestellt werden, um zu demonstrieren, dass der Repräsentant ihrer Majestät sich nicht an der Ausgrenzung von Touristen beteiligen wolle.
Tatsächlich sollte es allen Kubanern erlaubt sein, für einen neuen Kochherd und einen Kühlschrank in den Hungerstreik zu treten. Warum sollten sie ins Gefängnis gehen, um diese Dinge genießen zu können? Das nächste, was man dann erführe, wäre, dass die kubanische Regierung ihren Bürgern das Recht verweigerte, ins Gefängnis zu gehen!
"Public diplomacy" könnte dann diesen neuen Grad von Unterdrückung aufdecken.
Und darüber hinaus, warum sollten Kubaner erst Hunger leiden müssen, um den amerikanischen Traum genießen zu können? Wenn US-Senatoren es doch eigentlich nicht nötig haben, Abende lang zu filibustern [Verschleppungstaktik durch lange Reden, Anm.d.Ü.], warum können Kubaner dann nicht einen virtuellen Hungerstreik erklären, wenn sie neue Haushaltsgeräte brauchen?
Der hungerlose Hungerstreik sollte als ein Menschenrecht gefördert werden und jeder Versuch, ihn durch eine tyrannische Regierung zu brechen, sollte von ansonsten als gering eingeschätzten tschechischen Diplomaten und in Miami ansässigen Rock-Stars angeprangert werden.
Offensichtlich kann man Jahre in Kuba verbringen und nie verstehen, worum es dem Land geht. Und der Botschafter glaubt anscheinend, dass die US-Regierung ihre Charaktervorzüge der kubanischen Öffentlichkeit einfach so präsentieren könne, ohne dass die sich stattdessen in Washingtons "unglücklichen" vergangenen Fehler wie der Invasion, Sabotage, Mordanschläge und Subversion suhlte. Der Botschafter, wie auch Obama, erzählen der Welt und den Kubanern: "Ich bin nicht gekommen, um über die Vergangenheit zu diskutieren. - Ich bin gekommen, um über die Zukunft zu verhandeln." Doch die US-Amerikaner und die Briten benehmen sich weiterhin so wie in den 1950ern. Es hat damals nicht funktioniert. Es wird heute nicht funktionieren.

Robert Sandels ist Analyst und Schriftsteller für Cuba-L Direct. Dieser Essay erschien bei Cuba-L Direct und bei CounterPunch.

Fußnoten:
(1) "Cuba: A New Policy for Critical and Constructive Engagement," Brookings Institution, 04/09,.
(2) Paul Hare, "U.S. Public Diplomacy for Cuba: Why It's Needed and How to Do It," Brookings Institution, 03/10, .
(3) Hare to Foreign Office, no date. See BBC hyperlink, BBC News, 11/20/06, http://www.bbc.co.uk/blogs/.
(4) "Public Diplomacy and Covert Propaganda. The Declassified Record of Ambassador Otto Juan Reich," National Security Archives, 03/02/01, http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB40/.
(5) Lester D. Mallory Memorandum From the Deputy Assistant Secretary of State for Inter-American, 04/60, Foreign Relations of the United States, 1958-1960, Volume VI, Cuba, quoted in Salin Lamrani, "Las sanciones económicas contra Cuba: el fracaso de una política cruel e irracional," Rebelión, http://www.rebelion.org/noticias/2007/9/56893.pdf.
(6) Rafael Hernandez, "The Cuban Opposition's Resources," Cuba-L Analysis.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

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