CounterPunch, 4. Juni 2010

Die Bundesregierung bezahlte Journalisten, um Gerichtsverhandlung zu sabotieren

Von Linn Washington, Jr.

Ist es Zufall oder Verschwörung?

Unterstützer der fünf kubanischen Geheimdienstagenten, die jetzt infolge strittiger Verurteilungen lange Strafen in US-Bundesgefängnissen verbüßen, sagen, dass Dokumente der Bundesregierung Details über eine von der US-Regierung betriebene Anti-Castro-Propaganda mit entsprechenden Bezahlungen an prominente Journalisten aus der Region Miami Beweise für eine Verschwörung lieferten.
Seinerzeit merkte ein Bundesberufungsgericht an, dass Artikel dieser Journalisten dazu beigetragen hätten, eine "durchgehend vorurteilseingenommene Gemeinde" in Miami zu erzeugen, die es unmöglich gemacht habe, dass die als die "Cuban Five" bekannten Agenten eine faire Gerichtsverhandlung erhielten.
Andere behaupten jedoch, dass es nur Zufall gewesen sei, dass die selben Journalisten, denen von 1.125 $ bis zu 58.600 $ für schon zuvor vom US-Büro für Kuba - Sendungen produzierte Anti-Castro- Programme gezahlt wurden und dann während der Verhandlung gegen die Cuban Five auch skandalöse Artikel über die Fünf in einflussreichen spanischsprachigen Zeitungen des Miami Herald und in anderen lokalen Medien herausgegeben hätten. [Es waren nicht nur die "spanisch-sprachigen" Ausgaben von Miami Herald, sondern auch die "englisch-sprachigen", sie werden teilweise in "Die USA und der Terror - der Fall der ‚Cuban Five'" zitiert, Anm. d. Ü.]
Das "National Committee to Free the Cuban Five" veröffentlichte während der kürzlich abgehaltenen Pressekonferenz in Washington Dokumente, in denen sowohl die von der Bundesstiftung gezahlten Beträge an die Journalisten als auch die Artikel, die sie herausgegeben hatten, aufgeführt werden.
"Dies ist ein höchst eklatantes und empörendes Beispiel für den Einfluss der Regierung auf die Vernichtung des Rechts auf eine faire Verhandlung und das Berufungsrecht," sagte Gloria La Riva, die Koordinatorin des National-Komitees.
"In dem Zeitraum vor der Verhandlung gab es Hunderte von Artikeln über die Cuban Five, und nicht einer davon war zu ihren Gunsten," sagte La Riva.
La Riva sagte in ihrem Kommentar in dem "National Press Club" in Washington, dass die Gelder an die Journalisten über Radio und TV Martí geflossen seien und dies gegen das Bundesgesetz verstoßen habe, dass heimische Regierungspropaganda verbiete.
Das National-Komitee ruft gemeinsam mit der "National Lawyers Guild, der "Partnership for Civil Justice" und der "A.N.S.W.E.R. Coalition" den US-Justizminister Eric Holder dazu auf, die unrechtmäßigen Verurteilungen der Cuban Five unverzüglich zu korrigieren - zwei von ihnen verbüßen lebenslängliche Strafen. [Nur Gerardo Hernández verbüßt noch zwei Mal lebenslänglich + 15 Jahre, Anm. d. Ü.]
Die achtmonatige Gerichtsverhandlung [es waren knapp 7 Monate, Anm. d. Ü.], die im Juni 2001 mit deren Verurteilungen endete, wird weithin als unfair verurteilt, teilweise wegen der ätzenden Medienberichterstattung gegen die Cuban Five, die Miami vollständig vereinnahmte, wo die Verhandlung stattfand, trotz der wiederholten Anträge der Verteidigung auf Verlegung der Verhandlung aus einer Stadt, die die größte Anti-Castro-kubanische Bevölkerung beherbergt.
Eine im Mai 2005 seitens der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen geführten Rechtsanalyse des Falles der Cuban Five verkündete, dass die ursprüngliche Verhandlung "nicht der für Gerichtsverhandlungen erforderlichen Atmosphäre von Objektivität und Unparteilichkeit" entsprochen habe. Der Report der Kommission rief zu einer neuen Verhandlung auf.
Das Gremium des US-Bundesberufungsgerichtes, das im August 2005 eine neue Verhandlung anordnete, kam zu dem Schluss, dass ausufernde Öffentlichkeitsarbeit vor und während der Verhandlung in Verbindung mit Amtsmissbrauch der Staatsanwaltschaft, eine "Verkettung unglücklicher Umstände" von überwältigender Unfairness gegen die Angeklagten erzeugt habe.
Präsident George W. Bush's Administration ging gegen die Gewährung einer neuen Verhandlung in Revision und erreichte im August 2006 den Gerichtsentscheid, dass die Beweise dafür, dass Zeitungsartikel das Recht auf eine unparteiische Jury "beeinträchtigt" hätten, unzureichend seien.
Der US Supreme Court lehnte die Berufung der Fünf ab.
Ironischerweise zitierten die selben Bundesstaatsanwälte, die behauptet hatten, dass "objektive" Berichterstattung den Cuban Five nicht das Recht auf eine faire Verhandlung geraubt hätte, die negative Berichterstattung in Miami, als sie um die Verlegung einer Verhandlung gegen einen lateinamerikanischen Agenten ersuchten, der einen Rechtsstreit wegen Rassendiskriminierung gegen die Bundesregierung angestrengt hatte.
Diese verblüffende Kehrtwendung der Bundesstaatsanwälte hinsichtlich des Einflusses von vorurteilsträchtiger Berichterstattung kam genau ein Jahr nach der Verurteilung der Fünf. Bundesrichter fanden keinen Fehler bei diesem Hin und Her.
Die Cuban Five, die in die USA geschickt wurden, um die Aktivitäten der anti-kubanischen Organisationen in den USA zu beobachten, genießen in ihrem karibischen Inselstaat den Status von Helden.
Die Männer bekommen Unterstützung von Regierungsmitgliedern einer weit gefächerten Auswahl von Ländern wie Argentinien, Belgien, Mali, Panama, Russland und Schweden. Diese Führungspersönlichkeiten betrachten die Inhaftierung der Fünf als [politische] Verfolgung und betonen, dass rachsüchtige Bundesbeamte sogar zweien der Ehefrauen der Fünf verweigerten, ihre eingesperrten Ehemänner zu besuchen.
Die Fünf sind: Antonio Guerrero; Fernando González; Gerardo Hernández; Ramón Labañino und René González.
US-Behörden halten die Cuban Five für gefährliche Agenten, die in die USA eingeschleust wurden, um in den USA lebende Gegner der kubanischen Regierung zu unterwandern und in US-Militäreinrichtungen und bei Aktivitäten der politischen und gesetzlichen Vollstreckung zu spionieren.
Doch die Fünf sagen, ihre Mission in den USA sei lediglich die Verhinderung von Gewalttaten in Kuba gewesen, indem sie die Anti-Castro-Extremisten in Südflorida beobachteten, von denen einige Terroranschläge in Kuba durchführten.
Kurioserweise verhaftete das FBI die Fünf im September 1998, drei Monate nachdem die kubanische Regierung dem FBI umfangreiches Material über anti-kubanische Terroristen, die in Südflorida operierten, einige davon nahmen öffentlich an paramilitärischen Ausbildungen teil, übergeben hatte.
"Die kubanische Regierung übergab dem FBI Namen, Adressen, Videos und Dokumente. Das FBI nahm die Informationen und sagte, es käme darauf zurück, was es nie tat," sagte Leonard Weinglass, der Anwalt, der die Berufungen der Cuban Five betreut.
Weinglass bereitet eine neue Runde von Berufungen der Cuban Five für Mitte Juni vor, worin Beweise für Zahlungen der Regierung an Journalisten, die für negative Artikel verantwortlich waren, enthalten sind.
"Niemand wusste damals von der schweren Einflussnahme der Regierung. Die Berichterstattung war sehr abträglich," beobachtete Weinglass, der die Fünf beim Originalverfahren nicht vertreten hatte.
Das "National Committee to Free the Cuban Five" engagiert sich auch noch für einen anderen Rechtsstreit, um an zusätzliche Dokumente vom "U.S. Office of Cuba Broadcasting" über seine Zahlungen an Journalisten zu gelangen. Das Büro verweigert deren Herausgabe.
Einige sehen in den Zahlungen der Regierung an Journalisten wie Pablo Alfonso (der 58.000 $ während der Verhaftung der Fünf und der Zeit des Verfahrens erhalten hatte und während dessen 16 negative Artikel schrieb) Ähnlichkeiten zu den vielkritisierten Zahlungen der Bush-Administration an Journalisten, die sich für das Programm "Kein Kind wird zurückgelassen" einsetzten.
Einer dieser von Bush finanzierten "Journalisten", der konservative Medienvertreter Armstrong Williams erhielt Zahlungen in Höhe von 240.000 $ ... Zahlungen, die in einem Bericht des "Government Accountability Office" (GAO) [ein Organ des US-Kongresses, das überprüft, ob "die Zahlungsmoral der Regierung dem Wohl des amerikanischen Volkes dient" Anm. d. Ü.] später für illegal erklärt wurden.
Einen noch besseren Vergleich mit Absprachen zwischen der Regierung und Journalisten liefert die heimliche Zusammenarbeit des FBI mit Medienquellen, um während des infamen COINTELPRO-Übergriffs negative Presse gegen Afroamerikaner und Vietnamkriegsgegner in den 1960ern und frühen 1970ern zu erzeugen. COINTELPRO-Aktionen schlossen Einflussnahme auf Gerichtsverfahren ein, um Verurteilungen durchzusetzen.
"Viele der Propagandamaßnahmen des Büros bestanden darin, Informationen oder Artikel an ‚befreundete' Medienquellen weiterzugeben," behauptete ein Bericht des Senats von 1976 über die illegalen Aktionen von COINTELPRO.
Die vorsätzliche Sabotage des Verfahrens gegen die Cuban Five durch gedungene Journalisten, wie in den vom "National Committee" veröffentlichten Dokumenten dargestellt, wird in US-Mainstream-Medien, die die Geschichte ausblenden, anscheinend nicht für berichtenswert gehalten.
Eine nach der Pressekonferenz durchgeführte Prüfung bei Google, LEXIS und Yahoo ergab, dass es am nächsten Tag keine Berichterstattung in den einheimischen Mainstream-Medien gab.
"Die US-Nachrichten-Medien haben nie ausreichend über die Geschichte der Cuban Five berichtet," sagt die Koordinatorin des "National Committee" Gloria La Riva.

Linn Washington ist Gründungsmitglied der neuen von Journalisten in Eigenverantwortung betriebenen Online-Zeitung "ThisCantBeHappening" [das kann nicht passieren]. Seine Arbeit und die seiner Kollegen Dave Lindorff, John Grant und Charles Young kann bei www.thiscantbehappening.net eingesehen werden.

Deutsch: ˇBasta Ya! (jmb, db)

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