Inter Press Service, 24. Juni 2010

"Wir fordern die Aufhebung der Strafurteile für die Cuban Five"

Von Patricia Grogg, 24. Juni 2010

Havanna, 24. Juni 2010 (IPS): "Es gibt in den Vereinigten Staaten viele Menschen, die die Fünf im Glauben an Gerechtigkeit unterstützen und täglich für deren Freiheit kämpfen," sagt die Arbeiter- und Gemeindeaktivistin Gloria La Riva, die Leiterin des "National Committee to Free the Cuban Five" auf die Fragen zu ihrem totalen Engagement für die Sache.
Die fünf kubanischen Geheimdienstbeauftragten Gerardo Hernández, Ramón Labañino, Antonio Guerrero, Fernando González und René González wurden 1998 in den Vereinigten Staaten verhaftet und wegen Spionage und anderer illegaler Aktivitäten 2001 zu langen Gefängnisstrafen verurteilt, die sie zurzeit in verschiedenen Hochsicherheitsgefängnissen in den USA verbüßen.
"Diese Männer taten etwas, was wirkliche Unterstützung verdient: Sie opferten ihr Privatleben, um ihr Volk und jedwedes andere mögliche Opfer vor dem Terrorismus zu verteidigen. Sie hätten nicht ins Gefängnis gesteckt werden dürfen," sagt die Sozialaktivistin in einem E-Mail-Interview mit IPS.
Die fünf Männer sagen, dass sie die Aktivitäten der cubano-amerikanischen Exilgruppen beobachtet hätten und leugneten, die Vereinigten Staaten ausspioniert oder Militärgeheimnisse gesammelt und übermittelt zu haben.
Sie leugneten auch ihre Beteiligung an dem Abschuss der beiden Flugzeuge 1996, der den Tod von vier Männern zur Folge hatte.
Am 24. Februar 1996 schoss die kubanische Luftwaffe zwei von drei Flugzeugen ab, die aus dem kubanischen in den internationalen Luftraum flogen. Der Zwischenfall forderte den Tod von zwei Piloten und zwei Passagieren, die zu den in Miami ansässigen Brothers to the Rescue, einer rechtsradikalen Anti-Castro-Gruppe gehörten, die zur Rettung von Bootsflüchtlingen von der Insel arbeiteten und die pro-demokratische Pamphlete über Kuba abwarfen.
Einer der Fünf, Gerardo Hernández, wurde in Verbindung mit diesen Toten wegen Verschwörung zum Mord verurteilt.
2005 erklärte die Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen, dass der Freiheitsentzug bei diesen fünf Männern willkürlich sei und drängte die US-Regierung darauf, Schritte zur Behebung der Situation zu unternehmen.

Frage: Also sind Sie sich der Unschuld der fünf Männer sicher?

Antwort: Ja, sie hatten nicht geplant, unser Land zu schädigen, sondern hatten das Netzwerk der terroristischen Gruppen, das Kuba seit dem Triumph der Revolution (1959) angegriffen hat, zu überwachen.
Da die Fünf in US-Gefängnissen sind, haben die Menschen dieses Landes die Pflicht, alles dafür zu unternehmen, dass sie freigelassen werden.

F.: Gibt es noch irgendwelche Rechtsmittel? Wie sehen Sie die Situation von Gerardo Hernández, der wegen der Anklagen der Verschwörung zum Mord zwei Mal lebenslänglich erhielt?

A.: Unglücklicherweise beschränkte der 1996 von (dem ehemaligen Präsidenten Bill) Clinton (1993-2001) unterschriebene "Antiterrorist and Effective Death Penalty Act" das Recht der zum Tode Verurteilten in den Vereinigten Staaten auf Berufung.
Das Gesetz beschränkt die Zahl der "habeas corpus petitions", das bei Gefangenen eingereicht werden kann, die jetzt im Todestrakt sind, auf nur eine Petition nach der letzten Berufung und räumt ihnen nur ein Jahr dafür ein.
Also, da die letzte Instanz für Gerardo am 15. Juni 2009 war, als der Supreme Court die Anhörung der Berufung im Fall der Cuban Five abgelehnt hatte, hatte er nur bis zum 14. Juni in diesem Jahr Zeit, eine Petition für einen Schriftsatz nach dem "Habeas Corpus" einzureichen. Gerardo ist in einer sehr schwierigen Situation.

F.: In welcher Situation sind die anderen Vier?

A.: Die Strafurteile für Fernando, Ramón und Antonio wurden im Oktober und Dezember 2009 reduziert - Ihre Entlassungsdaten sind: René - 7. Oktober 2011, Fernando - 27. Februar 2014, Antonio - 18. September 2017 und Ramón - 30. Oktober 2024. Aber wir müssen diese Daten nicht als unabänderlich akzeptieren, wir alle müssen härter und härter kämpfen, um sie früher herauszubekommen.

F.: Was sind die neusten Aktivitäten des Komitees zugunsten der Fünf?

A.: Eine der wichtigsten Sachen, an der wir beteiligt sind, ist eine Untersuchung von Journalisten, die für ihre sehr feindselige und schädigende Berichterstattung über den Fall der Fünf von der Bundesregierung bezahlt wurden.
Eine Menge von Leuten hat dafür gearbeitet, es ist eine gemeinschaftliche Anstrengung des nationalen Komitees und der Unterstützer innerhalb des Landes und aus Übersee.
Obwohl die Bezahlungen der Reporter über eine Anfrage von 2006 nach dem FOIA (Freedom of Information Act) aufgedeckt wurden, bezogen sich diese nur auf Informationen aus dem Zeitraum 2001-2006. Durch unsere Arbeit entdeckten wir geheime Zahlungen, die die Fünf betrafen. Diese Information bildet jetzt einen Bestandteil der Grundlage für Gerardos letzte Berufung, die "Habeas Corpus Petition".

F.: Halten sie geheime Zahlungen für illegal? Und wenn ja, warum?

A.: Als die Propaganda-Sender der Regierung geschaffen wurden, um die Menschen in anderen Ländern über ihre Sendungen zu beeinflussen, wurden den Sendern und ihren Programmen auch einige Beschränkungen auferlegt.
Beispielsweise verbietet das Bundesgesetz (1948) der "Smith-Mundt Act", die Verbreitung dieser "Information" innerhalb den Vereinigten Staaten - grundsätzlich eine Anerkennung, dass es sich dabei um Propaganda handelt.
Wir glauben, diese Sender dürften nicht existieren, sie dürften sich nicht einmischen und die Souveränität anderer Länder verletzen, auch nicht die von Kuba.
Aber wenn es Radio und TV Martí, dem Sprachrohr der Konterrevolution schon verboten ist, innerhalb den USA zu senden, dann ist nichts Legales mehr daran, die Journalisten, die für diesen Medienabsatzmarkt arbeiten, heimlich dafür zu bezahlen, dass sie in Miami über die Verhaftung und den Prozess der Fünf für das Publikum in Miami berichten.
Aus diesem Grunde fordern wir, dass die über die Fünf verhängten Strafurteile unverzüglich aufgehoben werden. In diesem Bemühen ist der Druck auf die Regierung in Washington entscheidend.

F.: Gibt es Präzedenzfälle, das heißt, andere Fälle, in denen geheime Zahlungen zur Beeinflussung der Jury, während der Prozess noch lief, gemacht wurden?

A.: Ich kenne keinen Fall. Miami ist als das Operationsgebiet der äußersten Rechten so eine außergewöhnliche Stadt, dass die Terroristen in der Lage waren, offen zu operieren.
Es ist der ungeeignetste Ort der Welt für einen Prozess gegen jemanden, der Kuba verteidigt. Den Prozess dort abzuhalten, garantierte der Regierung, dass die Angeklagten in allen Anklagepunkten für schuldig befunden würden.
Abgesehen davon ist es in den Vereinigten Staaten nach einer einmal verhängten Strafe äußerst schwierig, sie wieder aufgehoben zu bekommen, egal wie unfair sie ist. Die Gerichte neigen dazu, die Politik oder das Urteil eines Richters nicht zu hinterfragen.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

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